Parlamentskorrespondenz Nr. 338 vom 03.05.2005

DIE WACHSENDE KOMPLEXITÄT DER EU

Außenpolitischer Ausschuss erledigt EU-Vorhabensbericht 2005

Wien (PK) - Der Bericht der Außenministerin betreffend Jahresvorschau 2005 auf der Grundlage des operativen Jahresprogramms des Rates sowie des Legislativ- und Arbeitsprogramms der Kommission und des Strategieprogramms der Kommission 2005 - 3009 (III-135 d.B.) - gleichfalls zur Enderledigung vorgesehen - bot den Abgeordneten der Opposition im Außenpolitischen Ausschuss zunächst die Möglichkeit einer Kritik des Berichts. Den Antrag der G-Abgeordneten Lunacek, den Bericht nicht im Ausschuss endzuerledigen, könne er nicht unterstützen, weil er nicht wisse, was endzuerledigen sei oder was im Plenum diskutiert werden solle, sagte etwa SP-Mandatar Josef Cap. Auch G-Abgeordnete Ulrike Lunacek monierte, sie habe an dem Bericht weder konkrete österreichische Positionen ablesen noch österreichische Pläne erkennen können. Auch Ausschuss-Obmann Peter Schieder (S) übte Kritik an dem seiner Meinung "lieblos" gemachten Bericht und forderte für die Zukunft Verbesserungen. Der Antrag auf Nicht-Enderledigung blieb in der Minderheit der Fraktion der Grünen. Der Bericht wurde nach zum Teil heftiger Debatte mit Stimmenmehrheit zur Kenntnis genommen.

V-Abgeordneter Walter Murauer verteidigte den Bericht (wie auch sein Fraktionskollege Michael Spindelegger und F-Abgeordneter Herbert Scheibner) und forderte im Zusammenhang mit der EU-Verfassung eine Verstärkung der Öffentlichkeitsarbeit.

Auch die Außenministerin verteidigte den Bericht und führte die hohe Komplexität der Prozesse in der EU wie auch innerösterreichisch an, die in dem Bericht gespiegelt seien. Es sei dies der erste Bericht und damit eine "neue Erfahrung", man werde aber Verbesserungsmöglichkeiten wahrnehmen.

Abgeordneter Reinhard Eugen Bösch (F) wandte sich in Anknüpfung an die finanzielle Vorschau im Bericht kritisch gegen die Aufnahme Bulgariens und Rumäniens in die EU. Die beiden Länder erfüllten weder die wirtschafts- noch die sicherheitspolitischen Kriterien und würden sie auch bis 2007 nicht erfüllen. Außerdem thematisierte Bösch die Asylfrage und die Grenzkontrollen. Zur Ratifikation der EU-Verfassung gebe es offenbar keinen "Plan b" - wie aber solle weiter vorgegangen werden, wenn die Verfassung nicht ratifiziert werde, möglicherweise sogar in EU-Gründungsländern? Schließlich ventilierte Bösch das Thema einer EU-weiten Volksabstimmung zur EU-Verfassung.

Die Motive für die Aufnahme von Rumänien und Bulgarien in die EU seien die gleichen wie für die Osterweiterung im Vorjahr, betonte die Ministerin, die Kosten beträfen strukturpolitische und sicherheitspolitische Felder sowie die ländliche Entwicklung. Plassnik zeigte sich zuversichtlich, dass - entsprechend einem zuletzt veränderten Meinungsbild - die französischen WählerInnen die EU-Verfassung annehmen würden. Einen "Plan b" für den Fall der Nichtannahme öffentlich zu diskutieren hielt sie für nicht zielführend. Zusätzliche Informationsarbeit für die EU-Verfassung werde es geben, kündigte sie an.

In der Debatte wurde - ausgehend von den EU-Ambitionen der Türkei - auch der Fall eines österreichischen Lehrers am St. Georg-Kolleg in Istanbul angesprochen. Die Abgeordneten Ulrike Lunacek und Peter Pilz (beide G) wollten von der Außenministerin wissen, was das Außenamt in der Causa - der Lehrer war wegen der Verwendung des Begriffs "Kurdistan" in Schwierigkeiten geraten und schließlich suspendiert worden - unternommen habe.

Außenministerin Plassnik stellte fest, dass Seitens der österreichischen Botschaft interveniert worden sei; der türkische Außenminister habe mitgeteilt, dass er um eine positive Erledigung bemüht sei. Von Österreich sei dem Lehrer ein Anwalt beigestellt worden. Inzwischen sei allerdings das Arbeitsverhältnis des St. Georgs-Kollegs mit dem Lehrer beendet worden. (Fortsetzung)