Parlamentskorrespondenz Nr. 180 vom 02.03.2006

Nationalrat debattiert Berichte des Rechnungshofs

Themen: ÖBB, Behördenfunknetz ADONIS, Autobahnmaut, Semmeringtunnel

Wien (PK) – Berichte des Rechnungshofs bestimmten am Nachmittag die Debatte des Nationalrats. Auf der Tagesordnung standen zunächst der Rechnungshofbericht betreffend Ruhestandsversetzungen bei den ÖBB. Unter einem diskutiert wurden zwei weitere Wahrnehmungsberichte (III-126 d.B. und III-151 d.B.) des Rechnungshofs.

Abgeordneter Dr. KRÄUTER (S) kam auf die ÖBB zu sprechen und zog eine erschütternde Bilanz dieses Unternehmens. Der Redner ortete hinsichtlich des "Postenschachers" glatten Rechtsbruch und übte massive Kritik am Agieren der Regierung als Eigentümervertreter der ÖBB und machte seine Vorwürfe an überhöhten Beraterkosten, teurer Politpropaganda und Versäumnissen beim Semmering Basistunnel fest.

Abgeordneter SCHÖLS (V) meinte, sein Vorredner könne diese Aussagen hier nur tätigen, weil er im Schutze der Immunität stehe. Kräuter gehe es nicht um die ÖBB oder um die Kritik des Rechnungshofes, sondern um parteipolitische Propaganda. Huber habe klargestellt, dass die vom RH konstatierten Missstände bereits behoben worden seien, zudem habe der Vorredner bewusst die Fakten falsch dargestellt. Seit die Bundesregierung Verantwortung für die ÖBB trage, gehe es nämlich bergauf. Die in Rede stehenden Missstände fielen nämlich noch in die Verantwortung der SPÖ-Minister, erklärte der Redner.

Abgeordneter Mag. KOGLER (G) sagte, die Kritik des RH sei weniger umfangreich ausgefallen als dies vielleicht erwartet oder erhofft worden sei. Kritikwürdig seien jedoch die "Beratungsorgien", zudem sei die von der Regierung initiierte Reform in ihren Erfolgen äußerst mäßig. Es werde noch viele Berichte brauchen, bis man die mit dieser Reform in Zusammenhang stehenden Entwicklungen wirklich evaluieren könne, hielt der Redner fest.

Abgeordneter WITTAUER (F) wies die Kritik der Sozialdemokraten zurück. Huber habe eine schwierige Situation vorgefunden, für welche die Sozialdemokraten verantwortlich zeichneten. Ihn dafür in die Ziehung zu nehmen sei unstatthaft, zumal die ÖBB konsequent an der Behebung der Missstände arbeite. Das Unternehmen werde gut geführt, die Reformen würden umgesetzt, das Verhalten der SPÖ sei daher unangebracht.

Abgeordnete Mag. LAPP (S) warf den Regierungsparteien vor, sich diesem Thema abgehoben und arrogant zu nähern. Die Mitarbeiter der ÖBB arbeiteten vorbildlich, hingegen sei die Kritik der SPÖ vollinhaltlich bestätigt. Besonders scharf prangerte die Rednerin die enormen Beraterkosten an.

Abgeordneter STEINDL (V) sprach sich dafür aus, die ÖBB zu einem zukunftsorientierten Unternehmen umzugestalten, wie dies gegenwärtig auch entsprechend betrieben werde. Die Kritik der Opposition sei vor diesem Hintergrund wenig zweckmäßig. Sodann setzte sich der Redner mit einzelnen Aspekten des Berichts des RH auseinander.

Abgeordneter ÖLLINGER (G) unterstrich den Standpunkt der Grünen in dieser Frage und übte Kritik an der Politik der vorzeitigen Ruhestände durch die Bundesregierung. Ein überaus nüchterner Rechnungshofbericht bringe diese Fakten auf den Punkt, die Regierung möge sich nun entsprechend an der eigenen Nase nehmen.

Staatssekretär Mag. KUKACKA meinte, die Kritik der Sozialdemokraten sei sachlich ungerechtfertigt und müsse dementsprechend zurückgewiesen werden. Sodann äußerte er sich zum Semmering-Basistunnel, wo der Redner auf die Verantwortung von Verkehrsminister Klima hinwies, und zu den Beratungskosten, bei denen Verkehrsminister Gorbach erst den Prüfungsauftrag erteilt habe. Es sei also unfair, diese Fehlentwicklungen der Regierung anzulasten. Die Regierung sei in dieser Frage sehr sparsam gewesen, hielt der Staatssekretär fest.

Der Rechnungshof kritisiere seit vielen Jahren die Missstände bei der ÖBB, diese Regierung sei nun die erste, die sich an die Umsetzung der Anregungen des RH mache, erklärte der Staatssekretär und illustrierte dies mit einzelnen Beispielen. So habe man in diesem Bereich Gerechtigkeit geschaffen, indem man die Sonderrechte abgeschafft habe. Auf diese Weise sei ein modernes Dienstleistungsunternehmen geschaffen worden, so der Staatssekretär.

Abgeordneter NEUDECK (F) wies die Kritik des Abgeordneten Kräuter zurück. Er kritisierte die SPÖ, sie habe die ÖBB über Jahre als Selbstbedienungsladen angesehen. 134 Bedienstete seien dienstfrei gestellt gewesen, erst diese Bundesregierung habe aus der ÖBB ein Unternehmen gemacht und die Dienstfreistellungen reduziert. Vorher seien aber noch rasch viele ÖBB-DienstnehmerInnen in den Beamtenstatus versetzt worden, die heute nicht mehr entsprechend eingesetzt werden könnten. Neudeck hinterfragte aber auch kritisch, warum die ÖBB Automaten aufstelle, obwohl offensichtlich genügend Arbeit und Personal vorhanden sei.

Abgeordneter Ing. KAIPEL (S) sah die Dinge anders und meinte demgegenüber, der Rechnungshofbericht zeige deutlich, dass die Regierung Schüssel die ÖBB herabgewirtschaftet hat, sodass dem Unternehmen heute der Konkurs drohe. Die Umsetzung des Generalverkehrsplanes würde die ÖBB in eine ruinöse Situation treiben, und der Finanzierungsbedarf von 70 Mill. € würde ein riesiges Problem darstellen. Kaipel kritisierte auch das Strukturgesetz 2003, mit dem einander gegenseitig behindernde Gesellschaften geschaffen worden seien. Der Fahrdienst komme immer stärker unter Druck, 9000 Eisenbahner sollen gekündigt werden, gleichzeitig fehlen aber Lokführer. Der Abgeordnete hielt Staatssekretär Kukacka auch vor, beharrlich die Auskunft zu verweigern.

In seiner ersten Rede zeigte sich Abgeordneter Dr. DERNOSCHEG (V) enttäuscht über den Stil der Diskussionen anlässlich des Dringlichen Antrags und der Kurzdebatte. Er wandte sich dann dem Rechnungshofbericht zu und thematisierte die Ausgliederung der bundesstaatlichen bakteriologischen und serologischen Untersuchungsanstalt Innsbruck. Da der Leiter der Anstalt mitgeteilt habe, Schritte zur Bereinigung der aufgezeigten Mängel in die Wege geleitet zu haben, könne man durchaus feststellen, dass die Ausgliederung in eine privatwirtschaftlichere Form der Anstalt eine Erfolgsstory ist.

Abgeordnete REST-HINTERSEER (G) schloss sich der Kritik des Rechnungshofs an der Schienen-Control-GmbH vollinhaltlich an, sprach von hohen Ausgaben trotz unklarer Aufgaben und warf zudem Minister Gorbach vor, Parteifreunde mit der Geschäftsführung betraut zu haben.

Abgeordneter BÖHM (V) wies die Anschuldigungen der Opposition gegen die ÖBB-Führung scharf zurück und betonte, die Bundesregierung habe die Rahmenbedingungen so gestaltet, dass es in den nächsten Jahren möglich wird, positive Zahlen zu erwirtschaften.

Rechnungshofpräsident MOSER meinte, die ÖBB habe zwar Maßnahmen in Richtung einer Harmonisierung der Pensionen ergriffen, die Pensionslücke gehe aber weiter auf. Es sei sehr wohl zu überlegen, ob die Sonderbegünstigungen noch vertretbar und finanzierbar sind. So gebe es u.a. nach wie vor Regelungen, die es für ÖBB-Bedienstete attraktiv machen, in Frühpension zu gehen, problematisch sei auch die Bemessungsgrundlage von 83 %.

Abgeordnete SCHÖNPASS (S) kritisierte "astronomische" Gehälter für ÖBB-Vorstände und zeigte kein Verständnis für die Anhebung der Zahl der Managerposten bei gleichzeitigem Abbau von einfachen ÖBB-Bediensteten.

Abgeordneter KRIST (S) stellte fest, durch die Zerteilung der ÖBB sei vieles schlechter geworden, Unsummen würden in Beraterverträgen verschwinden, die Regierung versorge darüber hinaus ihre Parteifreunde mit Aufsichtsratsposten.

Abgeordneter FAUL (S) beklagte überhöhte Gagen und doppelte Ausgaben bei der ÖBB und erhob den Verdacht, "dass da etwas in Parteikassen geflossen sein muss".

Abgeordneter Dr. PUSWALD (S) zeigte sich empört über die hohen Beraterkosten bei der ÖBB und sah die ÖBB-Politik der Bundesregierung von dem Motto geprägt "Rot raus, Schwarz und Blau rein".

Bei der Abstimmung wurden die Berichte des Rechnungshofs mit V-F-Mehrheit zur Kenntnis genommen.

Ein weiterer Rechnungshofbericht

Abgeordneter Mag. GASSNER (S) relevierte die Kritik des Rechnungshofs am Behördenfunknetz ADONIS und schloss daraus, 3 Mill. € seien völlig in den Sand gesetzt worden. Für den Redner stellte sich dabei die Frage nach der politischen Verantwortung für das Scheitern des Projektes.

Abgeordneter GAHR (V) sah die Richtigkeit der Vorgangsweise der Bundesregierung bei der Einführung des Lkw-Mautsystems durch die positive Stellungsnahme des Rechnungshofs bestätigt. In der Debatte über die ÖBB wiederum forderte er mehr Sachlichkeit, wobei er bemerkte, die Bahn dürfe nicht für Parteitaktik missbraucht werden.

Abgeordnete Mag. BECHER (S) meinte im Gegensatz zu ihrem Vorredner, das Maut-System sei wegen seiner hohen Fehlerhäufigkeit keineswegs eine Erfolgsgeschichte. Kritisch sprach sie überdies von Plänen der Bundesregierung, nach der Wahl auch Pkw in das Maut-System einzubeziehen.

Abgeordneter WATTAUL (F) kam ebenfalls auf das Maut-System zu sprechen und konstatierte, während die SPÖ in ihrer Regierungszeit ein "Steinzeitmodell" ohne Ausschreibung entwickeln wollte, sei es dieser Koalition gelungen, europaweit ein Vorzeigemodell auf die Beine zu stellen. Die Opposition schaffe es aber auch noch, diesen Erfolg schlecht zu machen.

Abgeordneter DI REGLER (V) befasste sich mit der Gerichtsmedizin und unterstrich, den Empfehlungen des Rechnungshofs sei erfolgreich Rechnung getragen worden. Er begrüßte insbesondere die genaue Regelung für die Abgeltung der externen Tätigkeiten.

Abgeordneter LEDOLTER (V) nahm zum Semmering-Basis-Tunnel Stellung und betonte mit Nachdruck, Landeshauptmann Pröll habe die Interessen der Menschen der Region vertreten. Die Planung sei unzulänglich gewesen, man habe versucht, das Projekt gegen den Willen der Bevölkerung durchzusetzen. Nun sei aber der Weg frei für eine bessere Lösung.

Abgeordneter Mag. KOGLER (G) befasste sich in seiner Wortmeldung zunächst mit dem Projekt "Adonis" (Austrian Digital Operating Network for Integrated Services), das nach zahlreichen Problemen immer wieder neu gestartet wurde. Weiters wird im Bericht auch der Bereich Gerichtsmedizin näher untersucht, wo hervorragende Recherchen durchgeführt und sehr gute Empfehlungen formuliert wurden. Ein Thema, das den Ausschuss wahrscheinlich auch in Zukunft noch öfters beschäftigen wird, ist der Neubau von Krankenhäusern. Es gebe nämlich fast keine Neuerrichtung, wo nicht mit dem Vergaberecht kollidiert wurde, meinte Kogler.

Der Wahrnehmungsbericht wurde mehrheitlich zur Kenntnis genommen.

(Schluss RH-Berichte/Forts. NR)