Parlamentskorrespondenz Nr. 698 vom 13.07.2006

S-Dringliche zur Steuerbelastung der ArbeitnehmerInnen

Grasser: ÖVP steht für Entlastung und Rekordbeschäftigung.

Wien (PK) - Laut Abgeordnetem Christoph Matznetter (S) wollte man durch die Dringliche Anfrage eine Bilanz der Regierung Schüssel ziehen, die für ihn negativ ausfällt. So rechnete er vor, dass es ein mäßiges, aber doch vorhandenes Realwachstum von knapp unter 8 % innerhalb von sechs Jahren zu verzeichnen gebe, die Löhne seien aber nur um 1 % real gestiegen. Dem gegenüber könnten die 20 größten Konzerne einen Gewinn um 53 % verbuchen. Die Steuerbelastung der Unternehmen sei gleichzeitig gesunken. Eine derartige Differenz habe es seit 1945 nicht gegeben, sagte Matznetter. In Bezug auf die Lohnquote konstatierte er einen "schauderlichen Zustand". 1999 sei diese bei 58,1 % des BIP gelegen, 2005 nur mehr bei 54,7 %. Die ArbeitnehmerInnen seien durch diese Politik "verraten worden", und die Regierung habe auch wesentliche Teile der Klein- und Mittelbetriebe enttäuscht. Diese könnten keine Rekordzuwächse verbuchen, sondern schlitterten von einem Pleiterekord in den anderen. Mit seinem Wirtschaftswachstum liege Österreich nur an 18. Stelle der EU, kritisierte Matznetter.

Eine ähnliche negative Entwicklung stellte er aus seiner Sicht bei den Steuern fest. Die Menschen könnten sich nicht entlastet fühlen, wie der Finanzminister dies immer wieder propagiere, sondern zahlten 400 Mill. € mehr an Lohnsteuer gegenüber dem Vorjahr. Noch nie sei so viel Lohnsteuer gezahlt worden wie heute, hielt Matznetter fest, und die Progression betreffe vor alle den Mittelstand. Auch die Heizkostenerhöhung bedeute für viele Menschen eine erhebliche Verschärfung der Lebensbedingungen. Der Finanzminister führe einen Beutezug in die Geldtaschen der arbeitenden Menschen.

Matznetter untermauerte seine Analyse mit der Feststellung, dass die Lohnsteuern im Verhältnis zum gesamten Steueraufkommen um fast 6 % gestiegen seien, die Körperschaftssteuer jedoch um 15 % gefallen sei. Darüber hinaus habe die Regierung ein Gruppenbesteuerungsprivileg eingeführt. Damit werde deutlich, so der Redner, dass die Gelder aus den Taschen der ArbeitnehmerInnen und PensionistInnen sowie aus den Klein- und mittleren Unternehmen in die Taschen der Großunternehmen geschaufelt werden. Das komme einem Verrat an den Interessen der Mehrzahl der SteuerzahlerInnen gleich, so der massive Vorwurf in Richtung des Finanzministers und der Bundesregierung.

Die Regierung habe die Absetzbeträge gekürzt, die Kilometergelder und das Pendlerpauschale kaum angehoben, die Investitionszuwachsprämie und den Entgeltfortzahlungsfonds abgeschafft und keinerlei Entlastungen gewährt. Die PensionistInnen hätten Kürzungen hinnehmen müssen, das Erwerbsalter sei verlängert worden, man sei mit stagnierenden Reallöhnen konfrontiert sowie mit Teilzeit- statt Vollzeitarbeitsplätzen. Nach Matznetters Resümee ist die Politik der Regierung Schüssel als investitionsfeindlich mit negativen Folgen für die Beschäftigung zu bezeichnen. Die Zahl der Armen hätte sich vervielfacht, kritisierte er.

Abschließend fasste Matznetter die Forderungen der SPÖ zusammen, die diese im Falle einer Regierungsbeteiligung verwirklichen wolle: sofortige Senkung der Steuerbelastung um 300 bis 400 € für den Mittelstand, Schaffung von Investitionsbegünstigungen und eines Wachstums- und Stabilitätsfonds, Abschaffung der Mindestkörperschaftssteuer, 100.000 neue Kinderbetreuungsplätze, 100.000 Ganztagsplätze, Erhöhung des Pendlerpauschales und Erhöhung des Kilometergeldes.

Finanzminister Mag. GRASSER versuchte die Politik der SPÖ jener der Bundesregierung gegenüber zu stellen, um die positive Bilanz, die er zog, zu untermauern: Während es im Jahr 1999 3,107 Mill. unselbständig Beschäftigte gegeben habe, seien dies nun 3,228 Mill. Damit gebe es in Österreich eine Rekordbeschäftigung, sagte er. Keine Regierung zuvor habe mehr für die aktive Arbeitsmarktpolitik getan, sodass man nun eine Wende am Arbeitsmarkt feststellen könne. Während 25 Jahren SPÖ-Finanzministern sei das Budgetdefizit bei 3,1 % gelegen, die Bundesregierung habe in den ersten zwei Jahren ein ausgeglichenes Budget geschafft, nun liege man wegen der Steuerentlastung bei durchschnittlich 1,1 %. Die Abgabenquote habe vor 2000 44 % betragen, nun 40,7 %; die Schuldenquote sei ursprünglich bei fast 70 % gelegen, nun bei fast 60 %; die Sparguthaben hätten vor dem Jahr 2000 122 Mrd. € erreicht, nun lägen sie bei 140 Mrd. €.

Die SPÖ stehe für hohe Steuern, Schulden und für den Bruch des Generationenvertrags; die Regierung Schüssel für stabilitätsorientierte Staatsfinanzen, für den Generationenvertrag, für eine Entlastung, für die Freiheit des Einzelnen und für eine Rekordbeschäftigung. Dieser Erfolgsweg werde international beachtet, sagte Grasser. Österreich wachse stärker als die größten Handelspartner Deutschland, Italien und Schweiz: Österreich habe das dritthöchste BIP und die viertniedrigste Inflationsrate. Die Unternehmen seien Exporteuropameister und in Österreich gebe es einen Rekord an neu gegründeten Unternehmen und ausländischen Investoren zu verzeichnen. Österreich selbst sei führender Investor in Ost- und Südosteuropa. Dies sei durch die Rahmenbedingungen möglich geworden, durch die Österreich moderner, sicherer und menschlicher geworden sei.

Die SPÖ hingegen habe immer wieder Belastungen verlangt, dies sei auch in dem Buch von Bürgermeister Häupl dokumentiert. Im von Gusenbauer letztlich gestoppten SPÖ-Wirtschaftsprogramm seien eine höhere Sparbuchsteuer, höhere Krankenkassenbeiträge und eine höhere Vermögenssteuer gefordert worden.

Bei der Beantwortung der konkreten Fragen erläuterte Grasser, dass das Lohnsteueraufkommen deshalb stärker steige, weil mehr Menschen über einen Arbeitsplatz verfügten und damit auch mehr Steuern zahlten. Durch die Steigerung der Lohnsumme von 82,7 Mrd. € im Jahr 1999 auf 96,76 Mrd. € im Jahr 2006 sei auch die Bemessungsgrundlage gestiegen. Die Umsatzsteuer nehme aufgrund der höheren Wertschöpfung und aufgrund des höheren Konsums zu. Außerdem sei man erfolgreich gegen Umsatzsteuerbetrug vorgegangen. Alle Steuerzahlerinnen und Steuerzahler würden gleich behandelt, betonte Grasser, selbstverständlich habe man aber Interesse an Investitionen, und diese seien seit 1999 von 23 Mrd. € auf 52,9 Mrd. € gestiegen.

Abgeordnete BURES (S) bedauerte es, dass der Finanzminister die Chance nicht genützt habe, sich nur eine Sekunde in die eher traurige Lebenssituation eines durchschnittlichen Österreichers zu versetzen. Von all dem, was er gesagt habe, spürten die Menschen nichts. Trotz Beschäftigungswachstums sei man mit der höchsten Arbeitslosigkeit konfrontiert, es gebe 85.000 weniger Vollzeitarbeitsplätze, aber viel mehr geringfügig Beschäftigte. Viele Menschen könnten von ihrem Einkommen nicht leben. Seit dem Jahr 2000 seien 170.000 Menschen mehr von akuter Armut bedroht. Ihnen könnte es besser gehen, meinte Bures, wenn man die Steuergeschenke nicht nur an Große verteilte. Zusammenfassend sei festzustellen, dass es weniger Jobs, weniger Ausbildungschancen, einen ungleichen Zugang zu guten Gesundheitsleistungen und geringere Pensionen gebe. Sollte die SPÖ die Regierung bilden, würde sie gerechter verteilen. Im Mittelpunkt würde die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit stehen und Investitionen würden in Bildung und Wissenschaft getätigt werden.

Abgeordneter Dr. STUMMVOLL (V) konnte nicht verstehen, warum sich die SPÖ für ihre Dringliche Anfrage einen Bereich aussucht, der von Erfolg gekrönt sei, und damit einen für sie "desaströsen Vergleich" provoziere. Die 3 Mrd. € Gesamtschulden der BAWAG entsprächen den 3 Milliarden, die die Steuersenkung ausgemacht habe. Durch den BAWAG-Skandal seien die ÖGB-Mitgliedsbeiträge von 15 Jahren in der Karibik versenkt worden. Stummvoll konnte auch nicht nachvollziehen, warum für die SPÖ die verstaatlichten Betriebe, die Schulden gemacht und Arbeitsplätze vernichtet haben, gut waren und nun als Privatbetriebe, die mehr Arbeitsplätze schaffen und Aufträge für die Klein- und Mittelbetriebe schaffen, schlecht sind. Steuersenkung bedeute Wirtschaftsaufschwung, mehr Einkommen, mehr Arbeitsplätze und mehr Steueraufkommen, bekräftigte Stummvoll. Sozial sei, wer Arbeit schaffe, denn der könne auch Gewinne verteilen. In Österreich habe es auch jedes Jahr eine Pensionserhöhung gegeben. Alles in allem sei man gut unterwegs, und die Ziele der strategischen Planung bis 2010 werde man früher erreichen, zeigte sich Stummvoll überzeugt.

Die heute eingebrachte Dringliche Anfrage sei eigentlich eine Verhöhnung eines Oppositionsinstruments, urteilte Abgeordneter SCHEIBNER (F). Wenn zum Beispiel von der Erhöhung der indirekten Steuern (Umsatzsteuer) die Rede sei, dann könne nur Deutschland gemeint sein, denn für Österreich stimme dies sicher nicht. Auch die Kritik an den zu niedrigen Löhnen gehe an die falsche Adresse, meinte Scheibner, denn die Kollektivverträge legen immer noch die Sozialpartner, und damit auch der Gewerkschaftsbund, fest.

Es sei richtig, dass die Regierung im Jahr 2000 die Steuerquote anheben musste. Diese Maßnahme war aber notwendig, um das von den Sozialdemokraten hinterlassene Budgetdefizit zu sanieren. Dann wurde aber der zweite wichtige Schritt gesetzt, nämlich die Senkung der Steuern- und Abgabenquote, rief Scheibner in Erinnerung. Hätte man nicht die Schulden und Zinsen der früheren Regierungen abbauen müssen, dann wäre in den letzten sechs Jahren ein Überschuss in der Höhe von 20 Mrd. € erwirtschaftet worden. Die SPÖ-Redner stellen sich heute heraus und fordern die Entlastung der unteren Einkommensschichten. Gleichzeitig hat man im roten Wien aber eine gewaltige Gebührenerhöhung (Kanal +28 %, Müll +20%, Gas +17 % und Strom +5 %) beschlossen, die alle Menschen, also auch die Schwächsten, treffe. Die Wähler werden dieses Schauspiel der Sozialdemokraten sicher durchschauen.

Abgeordneter Mag. KOGLER (G) schlug vor, sich den wirklich wichtigen Fragestellungen, wie etwa der Höhe der Steuer- und Abgabenquote, zuzuwenden. Im Konkreten heißt das etwa, sind genügend Mittel vorhanden, um die notwendige Bildungsoffensive zu finanzieren oder um die Armut zu bekämpfen. Der zweite wichtige Punkt ist die Struktur des Steuer- und Abgabenaufkommens, wobei sich die Probleme kaum verändert haben; teilweise haben sie sich sogar verschärft. Unterm Strich komme heraus, dass es in Österreich in Summe (Lohnsteuer, Sozialversicherungsabgaben etc.) ein kaum umverteilendes Steuersystem gibt, die indirekten Steuern haben einen relativ hohen Anteil und die ökologischen Effekte sind relativ bescheiden ausgebaut. Außerdem gibt es eine Vermögensverteilung, die wesentlich ungleicher ist als in der BRD oder anderen europäischen Staaten: 1 % der Menschen in Österreich besitzen ein Drittel des Vermögens, 10 % besitzen das zweite Drittel und für die restlichen 89 % bleibt nur mehr das letzte Drittel. Österreich sei auch Schlusslicht in Europa bei den Vermögenssteuern, zeigte Kogler auf. Seiner Meinung nach sollte endlich einmal mit ein paar Privilegien aufgeräumt werden; mittlerweile gibt es schon mehr Stiftungen als Aktiengesellschaften.

Die Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen wissen, was sie von den Aussagen von Scheibner, der sich heute demaskiert hat, zu halten haben, meinte Abgeordneter KATZIAN (S). Er habe nämlich kein Wort über die zunehmende Armut in Österreich verloren, er freue sich aber über die steigenden Gewinne; dem sei nichts hinzuzufügen. Die Regierungsfraktionen machen es sich zu einfach, wenn sie all jenen Menschen, die auf den dramatischen Anstieg der Armut, der Arbeitslosigkeit und der prekären Beschäftigungsverhältnisse hinweisen, den Vorwurf machen, das Land "schlecht zu reden" oder schwarz zu malen. Es sei eine Tatsache, dass es heute um 85.000 Vollzeitbeschäftigte weniger gibt als vor sechs Jahren; gleichzeitig gab es Zunahme bei den prekären Beschäftigungsverhältnissen und den Teilzeitjobs um 43 % seit dem Jahr 2000. Katzian erinnerte Scheibner noch daran, dass die Sozialpartner auf eine erfolgreiche Kollektivvertragspolitik mit Abschlüssen über der Inflationsrate zurückblicken können. Wenn dann trotzdem die realen Einkommen stagnieren, dann heißt das, dass es weniger Vollzeitbeschäftigung gibt und dass aufgrund der Steuer- und Abgabenpolitik den Menschen ihre Lohnzuwächse wieder weggenommen werden.

Abgeordnete TAMANDL (V) gab ihrem Vorredner gegenüber zu bedenken, dass er sich fragen müsse, warum seine Gewerkschaft die Forderung nach einem 1.000-Euro-Mindestlohn noch immer noch nicht durchgesetzt hat. Die Dringliche Anfrage der SPÖ war ihrer Meinung nach ein "aufgelegter Elfer", da der Finanzminister die Gelegenheit erhielt, seine erfolgreiche Steuer- und Finanzpolitik zu präsentieren. Sie verstehe auch nicht, warum die SPÖ der Steuerreform der Regierung, die vor allem die untersten Einkommen entlastet hat ("2,555.000 Menschen zahlen keine Steuer mehr"), nicht zugestimmt hat. Positive Entwicklungen gibt es auch am Arbeitsmarkt, führte Tamandl weiter aus, Ende Juni verzeichnete man eine Rekordbeschäftigung. Schließlich erinnerte die Rednerin noch an die zahlreichen familienpolitischen Maßnahmen der Bundesregierung.

Die Wortmeldung des Kollegen Matznetter habe gezeigt, dass er von Finanz- und Wirtschaftspolitik wenig Ahnung hat, meinte Abgeordneter BUCHER (F). Nicht die Regierung habe die Steuerzahler verraten, wie dies Matznetter behauptet hat, sondern die SPÖ, die 130 Mrd. € an Schulden hinterlassen hat. Es müssen immer noch jährlich 7 Mrd. € an Zinsen bezahlt werden, wobei 70 % der Mittel ins Ausland fließen. Wenn man sich die Entwicklung in den letzten Jahren ansieht, dann solle man sich freuen, dass es gelungen sei, den Haushalt zu sanieren und einen Primärüberschuss von 20 Mrd. € zu erzielen. Diese Politik werde von den Wählern geschätzt und nicht die Vorschläge des SPÖ-Wirtschaftsexperten Matznetter, der u.a. einen Entfall der Steuerbegünstigung der Sonderzahlungen, eine Steuer auf Zweitwohnsitze und Beitragserhöhungen zur Finanzierung des Gesundheitssystems vorschlägt.

In einer tatsächlichen Berichtigung stellte Abgeordneter BROUKAL (S) gegenüber der V-Mandatarin Tamandl fest, es sei nicht richtig, dass man in Wien seit Februar dieses Jahres mehr für Gas und Strom zahlen müsse. Der Gas- und der Strommarkt sind seit Jahren liberalisiert, erklärte Broukal, niemand sei daher in Wien gezwungen, Gas und Strom bei der Wien Energie zu kaufen. Richtig sei aber auch, dass Wien Energie laut Berechnungen der E-Control die günstigsten Tarife aufweist. Weiters stellte er richtig, dass ein Drittel der Eltern, die in Wien ihre Kinder in den Kindergarten geben, Null Euro zahlen; ein weiteres Drittel zahlt zwischen Null und 264 €, nur das wohlhabende Drittel zahlt den Vollbetrag (264 €).

Das Problem bei Durchschnittswerten sei immer, dass es viele Menschen gibt, die "drüber sind und ganz viele, die drunter sind", gab Abgeordnete SBURNY (G) zu bedenken. Das Wifo-Institut habe im September 2005 festgestellt, dass die Verteilung der Einkommen in Österreich ungleicher wurde. Das gelte sowohl für die Verteilung innerhalb der unselbständig Beschäftigten als auch zwischen den Lohneinkommen einerseits und Einkommen aus Besitz und Unternehmung andererseits. Das Abgabensystem habe kaum umverteilende Wirkung, resümieren die Experten. Es müsste endlich etwas getan werden, damit diese Ungleichbehandlung und –belastung von armen und reichen Regionen, großen und kleinen Betrieben und Wohlhabenden und armen Leuten ein Ende hat, forderte sie.

Abgeordneter Mag. MOSER (S) erinnerte Bundesminister Grasser daran, dass der ehemalige Finanzminister Lacina im Jahr 1992 von einer renommierten britischen Fachzeitschrift zum besten Finanzminister gekürt wurde. Grasser habe in seiner ökonomischen Analyse auch vergessen, darauf hinzuweisen, dass zwei Drittel des Zuwachses beim Mehrwertsteueraufkommen auf die "kalte Progression" zurückzuführen sind. Richtig sei zwar, dass das Sparguthaben zugenommen hat; aber deshalb, weil den Reichen mehr Geld zur Verfügung steht. Dass den Wohlhabenden immer mehr Geld zur Verfügung steht, komme nicht von ungefähr. Im Gegensatz dazu ist die Konsumquote aber gesunken, zeigte Moser auf. Er könne auch nicht nachvollziehen, warum Österreich immer als Exporteuropameister bezeichnet wird.

Abgeordneter AUER (V) sprach von einer dünnen und dürftigen Dringlichen Anfrage; das ist "politische Selbstverstümmelung". Während Matznetter Horrorszenarien an die Wand malt, weist die Arbeiterkammer Oberösterreich auf den deutlichen Rückgang bei den Arbeitslosen, die höhere Beschäftigungsquote und den Anstieg bei den offenen Stellen hin. Die Politik der Bundesregierung könne daher nicht so falsch sein, meinte Auer. Sogar die SPD in Deutschland spricht sich jetzt für eine Senkung der Körperschaftssteuer aus, um den Wirtschaftsstandort zu festigen.

Kollege Matznetter sollte sich das nächste Mal die Dringliche Anfrage, die unrichtige Aussagen enthalten, besser anschauen, schlug Abgeordneter WALCH (F), denn dies könnte negative Auswirkungen auf seinen Betrieb haben. Die Verantwortung dafür, dass viele Menschen mit einem Vollzeitjob nicht lebensfähig sind, tragen die Gewerkschaften, die es in den wirtschaftlich guten Zeiten verschlafen haben, höhere Löhne auszuverhandeln, warf der Redner der Abgeordneten Bures vor. Die Bundesregierung hingegen habe die Familien gestärkt, die Arbeitsplätze gesichert, die Wirtschaft angekurbelt und die größte Steuerentlastung in der Zweiten Republik durchgeführt. Er hoffe, dass die Wähler aus der Penthouse-Politik der SPÖ die Lehren ziehen und verhindern, dass sie wieder an die Regierung kommt.

Abgeordnete Mag. WEINZINGER (G) sieht, wie sie sagte, eine "deutliche Schieflage" bei der Steuerreform. So haben ihr zufolge nicht nur Besserverdiener von der Reform weitaus mehr profitiert als Beschäftigte mit geringem Einkommen, vielmehr sei diese auch Männern viel stärker als Frauen zugute gekommen. Viele Alleinerzieherinnen hätten nichts von den Steuerentlastungen, da diese netto meist unter 1.000 € verdienten. Die jüngsten Beschäftigungszuwächse gehen nach Meinung Weinzingers hauptsächlich auf das Konto von prekären Dienstverhältnissen und von Teilzeitbeschäftigten.

Abgeordnete SILHAVY (S) ging auf die Aussage von Finanzminister Grasser ein, wonach Österreich zu den reichsten Ländern der Welt gehöre. Die Frage sei: "Wer hat was davon?", meinte sie. Für jene 480.000 Menschen, die in Österreich in Armut lebten, seien die Ausführungen des Finanzministers "blanker Zynismus". Auch viele Pensionistinnen und Pensionisten könnten sich von ihrer Pension heute weniger leisten als vor sechs Jahren. Als Reaktion auf die hohe Jugendarbeitslosigkeit brachte Silhavy einen Entschließungsantrag ein, der auf die Sicherstellung ausreichender finanzieller Mittel für die Lehrlingsförderung abzielt.

Abgeordneter NEUDECK (F) hielt in Richtung SPÖ fest, "so schlecht, wie Sie behaupten, geht es den Leuten nicht". Die Bevölkerung sei nicht so unzufrieden, wie die SPÖ den Anschein erwecken wolle. Zudem verwies Neudeck auf Lob vom Internationalen Währungsfonds für die Reformpolitik in Österreich.

Abgeordneter Dr. MAIER (V) meinte, die Dringliche Anfrage habe nicht nur die mangelnde Wirtschaftskompetenz, sondern auch eine gewisse "Orientierungslosigkeit, Ahnungslosigkeit und Konzeptlosigkeit" der SPÖ aufgezeigt. Höhere Steuern und höhere Defizite seien kein adäquates Rezept, bekräftigte er. Den SPÖ-Klub bezeichnete Maier in Anlehnung an einen Zeitungskommentar als "Selbstmordbrigade".

Abgeordneter ÖLLINGER (G) sprach sich gegen einen Steuerwettkampf nach unten aus. Wenn man öffentliche Aufgaben finanzieren wolle, werde man auch Steuereinnahmen brauchen, betonte er. In diesem Sinn zeigte er sich bezüglich der Steuersenkungsvorschläge der SPÖ skeptisch. Den Regierungsparteien warf Öllinger vor, Kritik an der ungleichen Verteilung von Einkommen und Vermögen in Österreich "weggewischt" zu haben.

Abgeordneter Dr. CAP (S) übte scharfe Kritik an der "Überheblichkeit" der ÖVP und von Finanzminister Grasser. Grasser habe aus PR-Gründen in Kauf genommen, dass die Wirtschaft stagniere und Arbeitsplätze verloren gingen, klagte er. Überdies hielt er Grasser Dilettantismus bei Börsegang- und Privatisierungsversuchen vor.

F-Klubobmann SCHEIBNER wertete die Dringliche Anfrage als "Rohrkrepierer". Würde die Debatte im Fernsehen übertragen, hätte die SPÖ mit jeder Dringlichen einen Prozentpunkt weniger an Stimmen, mutmaßte er.

Der Entschließungsantrag der SPÖ betreffend zusätzliche Mittel für die "Blum-Förderung" und Maßnahmen gegen Missbrauch blieb in der Minderheit. (Dringliche Schluss)