Parlamentskorrespondenz Nr. 87 vom 31.01.2008

NR thematisiert Zuwanderungspolitik und Kriminalitätsentwicklung

Platter: Zahl der Asylwerber innerhalb von zwei Jahren halbiert

Wien (PK) - Abgeordnete ROSENKRANZ (F) führte im Rahmen der Begründung des Dringlichen Antrages aus, in Österreich sei ein Prozess im Gange, der das Land entscheidend, "und nicht zu seinem Vorteil", verändern werde. Durch das Recht auf Familienzusammenführung ist Österreich ihr zufolge de facto von einem Gastarbeiter- zu einem Einwanderungsland geworden. Die FPÖ habe schon vor Jahren vor negativen Entwicklungen gewarnt, sagte Rosenkranz, sei für ihr Ausländervolksbegehren aber "massiv beschimpft" worden. Dabei seien alle Prophezeiungen eingetroffen bzw. noch übertroffen worden. Die damalige Forderung der FPÖ, maximal 30 % Kinder mit nicht-deutscher Muttersprache in einer Klasse, wäre, so Rosenkranz, heute gar nicht mehr umsetzbar.

"Österreich ist kein Einwanderungsland", bekräftigte die Abgeordnete. Ein Einwanderungsland betreibe gezielte Zuwanderungspolitik, argumentierte sie, nach Österreich kämen die Ausländer aber unkontrolliert. Ein besonderer "Dammbruch" ist ihrer Darstellung nach ab dem Jahr 2000 erfolgt. Das sei auch ein Grund, warum die Freiheitliche Partei mit ihrer Regierungsfraktion "ganz und gar nicht zufrieden war". Rosenkranz unterstrich, die Einwanderung unterstütze den Sozialstaat nicht, sondern zerstöre ihn. Konkret verwies sie auf enorme Probleme im Gesundheitssystem und auf die gestiegene Kriminalität.

Was Integration betrifft, führt nach Meinung von Rosenkranz kein Weg vorbei an der Trennung von Kirche und Staat und der Gleichberechtigung der Geschlechter. Zu letztem zählt sie auch das Einverständnis zum gemeinsamen Schwimmbadbesuch von Mädchen und Buben. Dass das neue Asyl- und Fremdenrecht einen Trendwechsel gebracht hätte, bestritt Rosenkranz. Ihr zufolge gibt es in Österreich nach wie vor sieben Mal so viel Asylanträge pro Einwohner wie in Deutschland.

Innenminister PLATTER meinte, der Dringliche Antrag der FPÖ komme um drei Jahre zu spät. Er wies darauf hin, dass das 2005 beschlossene Fremdenrechts- und Asylpaket zu einem starken Rückgang der Asylwerber und des Zuzugs von Ausländern nach Österreich geführt habe. So wurde ihm zufolge die Zahl der Asylwerber innerhalb von zwei Jahren halbiert. Gleichzeitig habe es 2006 um 62 % weniger Zuwanderung nach Österreich gegeben als 2005. Die leichte Steigerung 2007 führte er darauf zurück, dass Österreich den Zuzug von benötigten Schlüsselkräften erleichtert habe.

Besonderes Augenmerk möchte Platter, wie er betonte, der Integration widmen. Er wolle ein friedliches Zusammenleben in Österreich, bekräftigte er und nannte die Aussage der Grazer FPÖ-Politikerin Susanne Winter in diesem Zusammenhang als "schäbig". Platter kündigte an, seitens der Regierung noch vor dem Sommer ein Maßnahmenpaket vorzulegen.

Was die Kriminalitätsentwicklung betrifft, räumte der Innenminister ein, dass es zu Beginn des Jahres 2007 Probleme gegeben habe. Insgesamt sei im vergangenen Jahr aber ein positiver Trend zu verzeichnen gewesen. Die Behauptungen der FPÖ in Bezug auf die Schengen-Erweiterung wertete Platter als nicht wahr. An den neuen EU-Außengrenzen werde gut gearbeitet, versicherte er, und durch die verstärkte Zusammenarbeit der Polizeibehörden hätte Österreich bereits 40 Personen festnehmen können, nach denen in anderen Ländern gefahndet worden sei. Er habe, so Platter, auch keinen einzigen Hinweis, dass die Kriminalität seit dem 21. Dezember 2007 gestiegen wäre. Um eine klare Bilanz zu ziehen, erachtet er den Beleuchtungszeitraum jedoch noch für zu kurz.

Abgeordneter MAYERHOFER (F) sprach von einer beängstigenden Zuwanderungspolitik in Österreich zum Nachteil der angestammten Bevölkerung. Seiner Ansicht nach ist das "multikulturelle Projekt" gescheitert. Mayerhofer verwies auf einige "dramatische" Vorfälle wie die Verprügelung eines Schülers in der Theodor-Körner-Schule und Massenschlägereien zwischen Ausländern.

Dem Innenressort warf Mayerhofer vor, einen "Sicherheitszirkus" und eine "Sicherheitsshow" zu betreiben. Statt die Bevölkerung bei Veranstaltungen zu informieren, wie man das Heim sicherer machen könne, solle die Polizei sich lieber bemühen, das Problem an den Wurzeln zu packen und Kriminelle verfolgen, sagte er.

Abgeordnete WURM (S) wandte sich vehement dagegen, Zuwanderung und Kriminalität in einen Zusammenhang zu stellen. Sie zitierte aus dem jüngst veröffentlichten Integrationsbericht, wonach die Kriminalität von Ausländern im Kontext eher gering sei. Überdies erinnerte Wurm die FPÖ daran, dass die Kriminalitätsrate in Österreich unter der schwarz-blauen Regierung am höchsten gewesen sei und in diesen Jahren zahlreiche Wachzimmer zugesperrt wurden. Handlungsbedarf sieht Wurm bei der "beängstigend niedrigen" Aufklärungsquote.

Abgeordneter KÖSSL (V) sprach in Zusammenhang mit dem Dringlichen Antrag von einer politischen Inszenierung im Vorfeld der niederösterreichischen Landtagswahlen. Die FPÖ könne nicht so tun, als habe sie mit den Beschlüssen der letzten Jahre im Bereich innere Sicherheit nichts zu tun, konstatierte er. Gleichzeitig erinnerte er die FPÖ daran, dass sie zuletzt gegen die Ausweitung der Polizeibefugnisse gestimmt habe.

Kößl zufolge wirkt das Asyl- und Fremdenrechtspaket. Der eingeschlagene Weg müsse weiter beschritten werden, bekräftigte er und hob die Bedeutung des Prinzips "Integration vor Zuwanderung" hervor. Der im Rahmen der Schengen-Erweiterung gezogene "Sicherheitsgürtel" hat nach Überzeugung Kößls ein Mehr an Sicherheit in den Grenzgebieten Ostösterreichs gebracht.

Abgeordnete Mag. WEINZINGER (G) hielt fest, der FPÖ würde es gut anstehen, sich endlich von der "politischen Brandstiftung" seitens der Grazer FPÖ-Spitzenkandidatin Susanne Winter zu distanzieren. Generell mahnte sie ein Ende des Generalverdachts gegen MigrantInnen ein und sprach sich dagegen aus, MigrantInnen über Generationen hinweg zu stigmatisieren. "Welche andere Heimat soll jemand, der in Österreich geboren ist, haben?" fragte sie und sprach sich dafür aus, in Österreich geborenen Kindern von legal hier lebenden Ausländern automatisch die österreichische Staatsbürgerschaft zu gewähren.

Zur Forderung der FPÖ nach einem Stopp der Familienzusammenführung merkte Weinzinger an, die Familie sei ein Grundstock der Integration. Zudem gebe es ein Menschenrecht auf Familienleben. Kritik übte Weinzinger in diesem Zusammenhang auch an der ÖVP.

Abgeordneter SCHEIBNER (B) schickte voraus, das Zuwanderungsproblem sei permanent aktuell, es wäre unsinnig, jede Debatte darüber als Wahlkampf abzustempeln. Der Redner distanzierte sich ausdrücklich von Wortmeldungen, wie sie im Grazer Wahlkampf gefallen sind, warf den Grünen aber andererseits eine einseitige Sichtweise vor, bei der das Menschenrecht der einheimischen Bevölkerung auf Sicherheit auf der Strecke bleibe und problematische Aspekte wie Zwangsverheiratung oder Genitalverstümmelung nicht diskutiert werden. Scheibner warnte vor einer überbordenden Einwanderung und sprach von unhaltbaren Zuständen und der Gefahr des Entstehens einer Parallelgesellschaft. Er plädierte für Integrationsmaßnahmen vor allem im Schulbereich, wo er noch eine Reihe von Defiziten sah, gab aber andererseits zu bedenken, man könne nur eine kleinere Gruppe in eine größere integrieren.

Abgeordneter Dr. HAIMBUCHNER (F) zeigte sich alarmiert über die Entwicklung der Jugendkriminalität und warf der ÖVP vor, nur über Maßnahmen zu sprechen, ohne konkrete Taten zu setzen. Anstatt, wie er sagte, "unverständliches Geschwafel" wie einen Bericht über Gender-Mainstreaming in der außerschulischen Jugendarbeit herauszugeben, sollte die Regierung lieber dem Parlament einen Jugendbericht vorlegen, forderte Haimbuchner. Mängel ortete der Redner auch im Justizbereich, wo es seiner Meinung nach darum ginge, auf die Herausforderungen der Zeit mit geeigneten Maßnahmen und nicht mit Verurteilung ohne Strafe zu reagieren. Vorstellbar wäre für den Redner etwa eine "Schnupperhaft" für jugendliche Straftäter.

Abgeordnete Dr. HLAVAC (S) lehnte jegliche Verknüpfung von Kriminaltourismus und Migration scharf ab und warf der FPÖ vor, Ängste vor "den Ausländern" zu schüren. Integrationspolitik ist nach den Worten der Rednerin nur zu einem geringen Teil Sicherheitspolitik, vielmehr aber Ausbildungspolitik oder Arbeitsmarktpolitik. Für Hlavac geht es, wie sie betonte, vor allem darum, der zweiten und dritten Einwanderergeneration Perspektiven zu bieten und dabei verstärkt auch die männlichen Jugendlichen ins Auge zu fassen.

Bundesministerin Dr. BERGER teilte unter Hinweis auf die aktuelle Statistik mit, dass die Zahl der Verurteilungen ausländischer Straftäter um 8 % gesunken ist und der Rückgang bei den verurteilten ausländischen Jugendlichen sogar 23 % beträgt. Klar war für Berger, dass die Gesellschaft auf die Herausforderung der Jugendkriminalität reagieren müsse, eine kurze Strafhaft für Jugendliche, wie dies die FPÖ fordert, hielt sie aber nicht für die Wunderwaffe.

Abgeordneter KAINZ (V) bekannte sich zu einer klaren Linie in der Asylpolitik, die auf Herz und Menschenwürde aufbaut und jenen Asyl gibt, die tatsächlich verfolgt werden, Asylmissbrauch aber bekämpft. Der Redner gab zu bedenken, dass Niederösterreich mit dem Flüchtlingslager Traiskirchen die Hauptlast in der Asylpolitik trage, entnahm aber den rückläufigen Zahlen von Asylwerbern, dass die Maßnahmen und die klaren Regeln für die Erteilung von Asyl bereits greifen. Kainz bekannte sich mit Nachdruck zur Integration, meinte allerdings, diese setze auch die Bereitschaft seitens der Einwanderer zur Integration voraus.

Abgeordneter Mag. STEINHAUSER (G) bezeichnete das Operieren der FPÖ mit der Anzeigenstatistik als unseriös und betonte, allein die Verurteilungsstatistik habe Aussagekraft. Er erinnerte in diesem Zusammenhang an die jüngsten Zahlen, wonach es bei den Verurteilungen von Ausländern zu einem Rückgang gekommen ist. Missstände sah Steinhauser bei der Integration, insbesondere bezüglich der Ausbildung und beim Zugang von Asylwerbern zum Arbeitsmarkt. Eine funktionierende Sozialpolitik wäre nach Ansicht des Redners das beste Mittel im Kampf gegen die Kriminalität. Eine klare Absage erteilte er an Bestrebungen, einzelne Gruppen gegeneinander auszuspielen und die Gesellschaft zu segmentieren.

Abgeordneter PENDL (S) beklagte das Spiel der Länder bei der Unterbringung von Asylwerbern und erinnerte daran, dass nur drei Bundesländer die Quoten erfüllen.

Abgeordneter ÖLLINGER (G) wollte, wie er sagte, die Probleme im Zusammenleben zwischen In- und Ausländern nicht leugnen, verwehrte sich aber dagegen, Ausländer zu Sündenböcken zu machen. Besser wäre es nach Meinung Öllingers, etwa im Schulbereich weniger über Quotenverhältnisse zu sprechen, sondern vielmehr die Einsparungen bei den Stützlehrern zu thematisieren.

Abgeordnete KÖNIGSBERGER-LUDWIG (S) kritisierte, dass im Dringlichen Antrag einmal mehr die Integrationspolitik mit der Kriminalitätsentwicklung vermischt werde. Die FPÖ operiere mit falschen Fakten, stellte sie fest und äußerte einige Gedanken aus ihrer Sicht zu den beiden Themenbereichen, die man getrennt sehen müsse. So forderte sie in Bezug auf die Kriminalitätsbekämpfung mehr PolizistInnen und stellte in diesem Zusammenhang bedauernd fest, dass die ÖVP-BZÖ-Regierung 3.000 Stellen eingespart habe. Sie urgierte auch die versprochene Pool-Lösung. Was die Integrationspolitik betreffe, so müsse man neue Modelle andenken und vor allem in die Schul- und Sprachausbildung investieren. Man müsse alles daran setzen, den jungen Menschen eine Perspektive zu geben, sagte sie, das erreiche man aber nicht, wenn man sie kriminalisiere. Ausländische BürgerInnen brauchten ihre Kultur und ihre Religion nicht aufgeben, meinte Königsberger-Ludwig und bekräftigte, dass es um Integration, aber nicht um Assimilation gehen dürfe. Schließlich unterstrich sie die Bedeutung der Gender-Politik im Rahmen der Integrationspolitik.

Bei der Abstimmung wurde der Dringliche Antrag der FPÖ mehrheitlich abgelehnt. (Schluss)