Parlamentskorrespondenz Nr. 368 vom 24.04.2008

Großzügigkeit beim Umgang mit öffentlichen Geldern bei den ÖBB

Dringliche Anfrage an Minister Faymann

Wien (PK) - Bundesrat SCHENNACH (G) meinte in der Debatte zur Dringlichen Anfrage, die Öffentlichkeit sei sprachlos über den "golden Handshake" für den Generaldirektor und andere Manager der ÖBB, und ebenso sei sie sprachlos über die Reaktion des Vizekanzlers. Der Redner illustrierte diese Behauptung durch konkrete Briefe von Bürgern, die den Unmut der Bevölkerung überdeutlich zum Ausdruck bringen. Der zuständige Minister habe es bislang vorgezogen, abgesehen von einer dürren Aussendung zu schweigen, und dies sei der Grund für diese Debatte. Der Redner listete sodann penibel die sechs- bis siebenstelligen Summen auf, welche die Manager der ÖBB jeweils nach ihrer vorzeitigen Ablöse erhalten hätten.

In den ÖBB sei es zu skandalösen Zuständen gekommen, der Minister habe das Gros davon zwar nur geerbt, könne sich dennoch nicht auf Schweigen beschränken. Die ÖBB sei in ein Chaos gestürzt, was die Frage aufwerfe, weshalb man sich jetzt darauf berufe, diese Manager hätten gültige Verträge, während man die Verträge der ÖBB-Mitarbeiter bedenkenlos einseitig geändert habe. Dies sei umso unverständlicher, als es ja offensichtlich sei, dass sich diese Manager einiges zuschulden kommen ließen. Hier bestehe dringender Aufklärungsbedarf. Der Minister möge für diese Aufklärung Sorge tragen.

Besondere Kritik übte der Redner an der Haltung des Vizekanzlers, der sichtlich die völlig falschen Schlüsse aus der aktuellen Malaise gezogen habe. Seine Idee, die ÖBB zu privatisieren, sei, wie eine Zeitung heute schrieb, eine "Beleidigung für den Hausverstand". Eine solche Debatte auch nur anzuzetteln, sei mehr als kontraproduktiv. Umso mehr erwarte er sich vom zuständigen Minister, dass er hier nun sage, was Sache in der ÖBB ist. Österreich brauche die ÖBB, und Österreich brauche in den ÖBB geordnete Verhältnisse.

Bundesminister FAYMANN erklärte eingangs, ob allfällige Privatgeschäfte rechtens seien oder nicht, sei Angelegenheit der Staatsanwaltschaft, dafür komme einem Minister keine Verantwortlichkeit zu. Es sei daher die Aufgabe des Staatsanwalts, hier gegebenenfalls Erhebungen einzuleiten, und auf diese Trennung in einem Rechtsstaat lege er, Faymann, besonderen Wert. Zudem habe er kein Recht, personenbezogene Daten zu veröffentlichen. Dies werde auch seine Vorgangsweise in der Beantwortung dieser Anfrage determinieren. Man dürfe also von ihm nicht erwarten, dass er sich strafbar mache und diese Daten hier nun veröffentliche.

Nach prinzipiellen Aussagen zu den Finanzgeschäften der ÖBB meinte der Minister, er plädiere in solchen Fällen immer für konservative Veranlagungsformen. Eine andere Vorgangsweise sei deswegen aber noch lange nicht kriminell, hier gehe es einfach um unterschiedliche Einstellungen. Auch könne man nicht pauschal behaupten, die zuständigen Manager hätten nichts geleistet, vielmehr müsse man hier differenzieren und die jeweiligen Bereiche ganz genau analysieren. Er selbst habe diese Verträge nicht abgeschlossen, weil er damals noch keine Verantwortung trug, aber er glaube, alle Manager hätten gemäß ihren Verträgen ein Anrecht auf eine Abfertigung. Gehälter entstünden im Wettbewerb, er versuche daher, sparsam, aber dennoch marktkonform zu agieren. Generell müsse dieses Thema mit der nötigen Sachlichkeit behandelt werden, meinte Faymann, der sodann auf die Fragen im einzelnen einging und diese unter Berücksichtigung des zuvor genannten Kriterienkatalogs beantwortete.

Bundesrätin MÜHLWERTH (oF) bezeichnete die Antwort des Ministers als "wortreich, aber nicht sehr aussagekräftig". Der verantwortliche Minister dürfe es sich nicht so leicht machen, vielmehr müsse man sich mit den fraglichen Entwicklungen eingehend auseinandersetzen und entsprechende Schlüsse ziehen. Konkret übe der Rechnungshof heftige Kritik an manchen Geschäften im ÖBB-Umfeld, und darüber solle man nicht einfach hinweggehen. Der Minister dürfe sich hier nicht seiner Verantwortung entziehen.

Gerade bei den Gehältern der Manager gehe es um Verhältnismäßigkeit, entsprechende Korrekturen seien daher dringend geboten, um dieses krasse Missverhältnis zu beseitigen. Die Bevölkerung habe für diese beständige Verquickung von Politik und Postenbesetzungen in staatsnahen Betrieben keinerlei Verständnis mehr. Es habe sich hinlänglich gezeigt, dass diese Betriebe deswegen schlecht gewirtschaftet hätten, weil nicht die Leistung, sondern stets das Parteibuch gezählt habe. Aus dieser Verquickung müsse man sich endlich lösen. Bei der Bahn bestehe dringender Verbesserungsbedarf, die Wagen, die sanitären Einrichtungen, die Sauberkeit, die Pünktlichkeit usw., an all diesen Dingen müsse gearbeitet werden, und umso weniger sei die gegenwärtige Vorgangsweise zu erklären.

Bundesrat WINTERAUER (S) sah sich durch die beeindruckende Beantwortung der Anfrage durch den Bundesminister zufriedengestellt und warnte davor, dass die Opposition die ÖBB dazu nutze, politisches Kleingeld münzen zu wollen. Bei den ÖBB finde eine "Altlastensanierung" statt, die erforderlich wurde durch das Agieren der Vorgängerregierung. Der Bundesminister setze die richtigen Taten, die Kritik der Opposition gehe vor diesem Hintergrund ins Leere.

Bundesrat Mag. HIMMER (V) meinte gleichfalls, dass der Bundesminister zu Recht darauf verwiesen habe, wie die Dinge in einem Rechtsstaat zu handhaben seien. Der Minister agiere hier mit großer Sachlichkeit, und es sei schon bemerkenswert, dass just die Grünen Auskünfte, die dem Datenschutz unterlägen, begehrten. Erfreut zeigte sich der Redner darüber, dass der Minister auch auf die Verdienste der Manager verwiesen habe. Es wäre durchaus sinnvoll, sich generell zurückzunehmen. Die Politik solle die Rahmenbedingungen und die erforderlichen Richtlinien vorgeben, sich aber darauf beschränken. Im übrigen seien Verträge einzuhalten, dies sei in einem Rechtsstaat unbedingt geboten.

Bundesrätin KERSCHBAUM (G) ortete dringenden Reformbedarf in den ÖBB, sei doch der Standard der heimischen Bahn in den letzten Jahren neuerlich gesunken. Umso mehr bestehe Handlungsbedarf, ungeachtet allfälliger Schuldzuweisungen. In dieser Hinsicht sei der Minister einige Antworten schuldig geblieben. Es brauche bei den ÖBB generelle Strukturbereinigungen, um die ÖBB wieder zu einem Vorzeigeunternehmen im Interesse der Kunden zu machen, schloss Kerschbaum.

Bundesrat HERBERT (oF) unterstrich die Wortmeldung seiner Parteikollegin Mühlwerth. Auch Herbert kritisierte den minderen Standard der ÖBB und forderte nachhaltige und grundlegende Verbesserungen im Service der ÖBB. Dies sei umso dringender, als es bislang immer geheißen habe, dafür fehle der ÖBB das Geld. Geld sei offensichtlich genug vorhanden, es komme nur darauf an, wofür man es aufwende.

In einer zweiten Wortmeldung spezifizierte Bundesminister FAYMANN seine zuvor gemachten Ausführungen und hielt abschließend fest, dass eine Privatisierungsdebatte in dieser Gesetzgebungsperiode ausgemachter Weise nicht geführt und dass die Strukturreform sicher weitergehen werde, wenngleich in ruhigen und geordneten Bahnen unter beständigem Kontakt mit der Belegschaft. (Schluss)


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