Parlamentskorrespondenz Nr. 598 vom 19.06.2008

Ortstafel-Konflikt: Verfassungsausschuss setzt Unterausschuss ein

Volksgruppenförderung soll im kommenden Jahr erhöht werden

Wien (PK) – In die Diskussion um zweisprachige Ortstafeln in Kärnten könnte wieder etwas Bewegung kommen. Der Verfassungsausschuss des Nationalrats setzte zur Vorberatung einer Reihe von Anträgen aller fünf Fraktionen zu dieser Thematik einen Unterausschuss ein. Dem Ausschuss sollen je fünf Abgeordnete von SPÖ und ÖVP, je zwei Abgeordnete der Grünen und der FPÖ und ein Mitglied des BZÖ angehören.

Ob ein Unterausschuss tatsächlich einen Beitrag zur Lösung des Konflikts leisten kann, darüber sind sich die Abgeordneten allerdings uneinig. Sowohl die Grünen als auch das BZÖ zeigten sich skeptisch und stimmten gegen diese Vorgangsweise. Abgeordneter Herbert Scheibner (B) wertete die Einsetzung des Unterausschusses in erster Linie als Versuch, unliebsame Anträge abzulegen, und verwies auf den fehlenden Zeitplan für die Unterausschuss-Beratungen.

Generell erinnerte Scheibner daran, dass man in den vergangenen Jahren bereits zweimal knapp vor einer Einigung gestanden sei. Einmal hätten die Kärntner Bürgermeister eine Lösung verhindert, das andere Mal ist eine solche seiner Meinung nach aus parteipolitischen Gründen im Nationalrat gescheitert. Kein Verständnis zeigte Scheibner dafür, dass seitens der Regierungsparteien eine Volksgruppenerhebung abgelehnt wird.

SPÖ und ÖVP werteten dem gegenüber die Einsetzung eines Unterausschusses durchaus als probates Mittel zur Lösung des Konflikts. Zweiter Nationalratspräsident Michael Spindelegger sieht in Bezug auf die Lösung der Ortstafel-Frage dennoch in erster Linie Bundeskanzler Alfred Gusenbauer gefordert. Gusenbauer solle alle Beteiligten zu neuerlichen Gesprächen einladen, monierte er.

Abgeordneter Franz Morak (V) führte die langwierigen Verhandlungen über zweisprachige Ortstafeln nicht zuletzt darauf zurück, dass von allen Seiten immer wieder Öl ins Feuer gegossen worden sei. Es sei überdies "wahnsinnig schwer", mit den Volksgruppen zu verhandeln, weil auch unter diesen keine einheitliche Meinung herrsche, skizzierte er. Zudem ist die ablehnende Haltung des Kärntner Landeshauptmanns Jörg Haider seiner Ansicht nach Mehrheitsmeinung in Kärnten.

Abgeordneter Wolfgang Zinggl (G) ortet massive Versäumnisse seitens der Bundesregierung. Diese ist ihm zufolge aufgefordert, die bestehenden Verordnungen verfassungskonform zu adaptieren. In der Ortstafel-Frage herrsche seit einem Jahr Stillstand, kritisierte Zinggl, dieser Stillstand mache bestehendes Unrecht nicht besser. Für ihn ist der Ortstafel-Konflikt, wie er sagte, "ein sehr trauriges Beispiel für großkoalitionäre Scharmützel", die auf Kosten der Minderheiten gingen.

Abgeordnete Marianne Hagenhofer (S) trat für die Einrichtung von so genannten "Kosensausschüssen" zur Entwicklung der zweisprachigen Gebiete in Österreich ein. Österreich mache sich mit der ständigen Aufschiebung einer Lösung international lächerlich, sagte sie.

Staatssekretärin Heidrun Silhavy bedauerte, dass Bemühungen von Bundeskanzler Alfred Gusenbauer im vergangenen Jahr zu keinem Konsens geführt hätten. Sie setzt nun auf die Beratungen im Unterausschuss.

Insgesamt wurden dem Unterausschuss acht Gesetzes- und Entschließungsanträge zugewiesen, wobei die einzelnen Fraktionen durchaus unterschiedliche Standpunkte vertreten. So sieht etwa ein Gesetzentwurf der SPÖ zweisprachige Ortstafeln in 163 Kärntner Ortschaften und die Einrichtung eines "Konsensausschusses" für die Entwicklung des gemischtsprachigen Kärntner Gebiets vor, während FPÖ und BZÖ auf Volksgruppenerhebungen in Südkärnten drängen und erst auf dieser Grundlage über die endgültige Regelung der Ortstafelfrage in Kärnten entscheiden wollen (96/A[E] bzw. 160/A[E]).

Die ÖVP spricht sich für ein Verfassungsgesetz auf Basis eines zwischen maßgeblichen Kärntner Organisationen erzielten Konsenses aus, der die stufenweise Anbringung von zweisprachigen Ortstafeln in 158 Ortschaften vorsieht (168/A[E]). Die Grünen wiederum urgieren eine sofortige Umsetzung der Erkenntnisse des Verfassungsgerichtshofs zur Ortstafel-Frage und verlangen eine neue Topographieverordnung für Kärnten (90/A[E], 563/A[E] und 564/A[E]). Ihrer Ansicht nach ist nicht nur Bundeskanzler Alfred Gusenbauer, sondern auch Verkehrsminister Werner Faymann gefordert. Schließlich liegt dem Unterausschuss ein Entschließungsantrag der SPÖ (239/A[E]) zur Vorberatung vor.

Silhavy: Volksgruppenförderung soll im nächsten Budget erhöht werden

Zuvor hatte sich der Verfassungsausschuss mit dem Bericht der Bundesregierung über die Volksgruppenförderung für das Jahr 2006 befasst. Dieser gibt nicht nur Rechenschaft über die verteilten Förderungen in der Höhe von 3,77 Mill. €, sondern geht auch auf die bestehenden Rahmenbedingungen für die österreichischen Volksgruppen und deren Entwicklung ein.

Im Rahmen einer kurzen Diskussion über den Bericht bedauerte Abgeordnete Silvia Fuhrmann, dass nicht hervorgehe, wie viele Mitglieder die einzelnen geförderten Volksgruppenorganisationen haben. Gleichzeitig wies sie darauf hin, dass manche Organisationen, etwa jene der Roma, mit Überalterung zu kämpfen hätten. Es müsse sichergestellt werden, dass Fördermittel zukunftsorientiert eingesetzt werden, forderte Fuhrmann.

Abgeordneter Wolfgang Zinggl (G) hielt fest, die Grünen würden den vorliegenden Volksgruppenbericht nicht zur Kenntnis nehmen. Er begründete dies damit, dass die Volksgruppenförderung seit 1995 nicht erhöht worden sei. Das sei ein Realverlust von 40 %, rechnete Zinggl vor und sprach in Zusammenhang von einzelnen Förderungen von "Peanuts". Er trat auch für eine Überarbeitung der Förderrichtlinien ein.

Abgeordneter Robert Aspöck (F) betonte, die FPÖ sei grundsätzlich für eine "kräftige Unterstützung" der Volksgruppen. Er brachte aber vor, dass schon seit langem keine Volksgruppenerhebung mehr stattgefunden habe. Wie könne man die Fördermittel auf die Volksgruppen aufteilen, wenn man nicht einmal wisse, wie viele Mitglieder die Volksgruppen haben, fragte er.

Staatssekretärin Heidrun Silhavy lehnte eine Muttersprachenerhebung unter den Volksgruppenangehörigen dezidiert ab. Solche Erhebungen seien sehr zweifelhaft, argumentierte sie. Die Förderungen werden Silhavy zufolge auf Basis der Empfehlungen der Volksgruppenbeiräte vergeben. Es gebe allerdings Probleme mit der Überalterung mancher Organisationen, räumte sie ein. Dem soll nicht zuletzt durch einen neuen Fördertopf für interkulturellen Dialog begegnet werden. Silhavy kündigte auch eine Erhöhung der Volksgruppenförderung im nächsten Budget an.

Silhavys Ankündigungen wurden von Abgeordneter Marianne Hagenhofer (S) ausdrücklich begrüßt. Sie hofft, mit dem neuen Sondertopf für interkulturellen Dialog vor allem auch junge Volksgruppenmitglieder ansprechen zu können. Abgeordneter Franz Morak wies auf zusätzliche Förderungen für Volksgruppenradios hin.

Der Bericht über die Volksgruppenförderung 2006 wurde mit S-V-B-Mehrheit zur Kenntnis genommen. (Fortsetzung Verfassungsausschuss)