Parlamentskorrespondenz Nr. 543 vom 18.06.2009

Vorlagen: Familie

Koalition legt Familienrechts-Änderungsgesetz vor

Ein Bündel von Gesetzesänderungen in mehreren Rechtsmaterien sieht das Familienrechts-Änderungsgesetz vor, das von der Koalition jetzt in Gestalt eines Initiativantrags im Nationalrat eingebracht worden ist (673/A). Einzelnen in der Begutachtung des Entwurfs des Justizministeriums vorgebrachten Einwänden wurde Rechnung getragen. Ziel der Initiative ist es, wie es in der Einleitung heißt, moderne Familienformen – Stichwort "Patchwork-Familie" - stärker zu berücksichtigen, wobei vor allem auf die Lebensbedingungen von Stiefkindern und auf nichteheliche Lebensgemeinschaften Bedacht genommen wurde. Die im Unterhaltsvorschussgesetz vorgesehenen Änderungen lassen vorübergehend auch budgetäre Belastungen erwarten, die aber nach vier Jahren auf Null sinken und danach sogar zu Entlastungen führen sollen. Andrerseits wird auch mit Auswirkungen auf den Stellenplan des Bundes gerechnet.

Im ABGB wird nach dem Vorschlag der Koalition u.a. klar gestellt, dass Ehegatten nicht nur für gemeinsame Kinder Verantwortung haben, sondern dass sie auch den Partner in dessen Obsorgeaufgaben für in die neue Verbindung "mitgebrachte" Kinder übernehmen müssen; der Stiefvater bzw. die Stiefmutter gilt dem Stiefkind gegenüber familienrechtlich nicht mehr als "Fremder". Dabei betrifft die Beistandspflicht ausschließlich den Bereich der Obsorge und nicht den Unterhalt. Auch ist festgehalten, dass der Stiefelternteil den mit der Obsorge betrauten Partner und nicht das betroffene Kind vertritt. Das Vertretungsrecht des Stiefelterenteils hängt dabei vom Bestand der Ehe ab, durch deren Ende erlischt auch das Vertretungsrecht. Dem Globalziel der Stärkung des Kindeswohls entspricht die Erweiterung der Beistandspflicht auf alle volljährigen Personen, die mit einem Elternteil und dessen Kind in einem gemeinsamen Haushalt wohnen. Zur Modernisierung des Eherechts zählt die Streichung nicht mehr üblicher Begriffe und Sachverhalte wie Heiratsgut, Morgengabe und Widerlage bzw. deren moderne Fassung unter der Überschrift "Gütergemeinschaft".

Änderungen bringt das Familienrechts-Änderungsgesetz hinsichtlich der Aufhebung des Heiratsguts auch in der Anfechtungsordnung, in der Ausgleichsordnung, im Gebührengesetz, im Gerichtsgebührengesetz, in der Konkursordnung und im Notariatsaktgesetz; weitere Änderungen betreffen das Urheberrechtsgesetz. Mit Änderungen im Außerstreitgesetz reagiert der Entwurf auf in der Praxis festgestellte Mängel: Durch verstärkte Beratung sollen Nachteile im Zuge von einvernehmlichen Scheidungen hintangehalten werden. Änderungen im Ehegesetz betreffen u.a. die Vermögensaufteilung nach Auflösung einer Ehe; dabei wird einvernehmlichen Regelungen der Vorzug gegeben, gerichtlich Aufteilungsverfahren sind nur im Fall der Nichteinigung vorgesehen. In der Exekutionsordnung wird klargestellt, dass der "vorläufige Unterhalt" höchstens bis zum jeweiligen altersabhängig bestimmten Betrag der Familienbeihilfe bewilligt werden kann. Durch eine Änderung im Unterhaltsvorschussgesetz wird die frühere Auszahlung von Unterhaltsvorschüssen ermöglicht; einstweilige Verfügungen im Unterhaltsvorschussverfahren sollen wie sonstige Exekutionstitel behandelt werden.

In der Strafprozessordnung werden durch das Familienrechts-Änderungsgesetz Ungleichbehandlungen von LebensgefährtInnen gegenüber Verheirateten beseitigt. Analog dazu wird in der Zivilprozessordnung der Kreis von Personen, denen der Zeuge durch familiäre oder familienähnliche Beziehungen verbunden ist, erweitert. Das Aussageverweigerungsrecht wird auf Fälle ausgedehnt, in denen das eheliche Verhältnis nicht mehr besteht. (Schluss)