Parlamentskorrespondenz Nr. 611 vom 01.07.2009

Bundesbahnstruktur soll flexibler und produktiver werden

Verkehrsausschuss beschließt Zusammenlegung der Bahn-Infrastruktur

Wien (PK) – Der Verkehrsausschuss verabschiedete in seiner heutigen Sitzung Änderungen des Bundesbahngesetzes, des Privatbahngesetzes und des Eisenbahngesetzes, die darauf ausgerichtet sind, die Bundesbahnstruktur im Sinne von mehr Flexibilität und Produktivität weiterzuentwickeln. Demnach sollen nun die ÖBB-Infrastruktur Bau AG, die ÖBB-Infrastruktur Betrieb AG und die Brenner Eisenbahn GmbH mit dem Ziel der Schaffung eines integrierten Anlagenmanagements in einen gemeinsamen Verantwortungsbereich zusammengelegt werden. Gleichzeitig bezweckt das mit den Stimmen der Regierungsparteien und der Grünen beschlossene Gesetz, durch strukturelle Vorkehrungen die Transparenz des Einsatzes öffentlicher Mittel im Infrastrukturbereich sicherzustellen. Dabei geht es darum, die gesetzlich vorgegebene und damit eher starre Organisation und Zuordnung der Bereiche Traktion, Verschub, technische Services und Dienstleistungen insgesamt flexibler zu gestalten, um sich den wechselnden Verhältnissen innerhalb des Konzerns rascher anpassen zu können.

Abgeordneter Ferdinand Maier (V) hob in der Debatte die Zusammenführung von Betrieb und Bau positiv hervor und sprach von einem wichtigen Schritt zur Sicherstellung der Wettbewerbsfähigkeit der ÖBB.

Abgeordneter Wilhelm Haberzettl (S) nannte die Zusammenführung ein Gebot der Stunde und erwartete sich insbesondere einen Abbau der Doppelgleisigkeiten in der Organisation. Er betonte mit Nachdruck, dass sämtliche Änderungen mit der Belegschaft abgesprochen wurden. Ein von Haberzettl eingebrachter Abänderungsantrag der Regierungsparteien zur Regierungsvorlage hatte vor allem die Beibehaltung des Berichts an das Parlament über die gemeinwirtschaftlichen Leistungen der Bahn sowie eine Regelung von bestimmten Haftungsübernahmen des Bundes im Sinne eines Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofs zum Inhalt.

Zufrieden mit den Gesetzesänderungen zeigte sich auch Abgeordnete Gabriela Moser (G), die die Zustimmung ihrer Fraktion ankündigte. Sie rechnete vor allem mit einer Bereinigung der Schnittstellenproblematik und meinte im Übrigen, die jetzt gefundene Lösung verfolge die Intentionen der Grünen und sei überdies von ihrer Fraktion bereits drei Mal beantragt worden.

Nicht durchsetzen konnte sich Moser hingegen mit ihrem Entschließungsantrag auf Aufrechterhaltung des Personenverkehrs auf der Gesäusebahn.

Weniger positiv äußerte sich hingegen Abgeordneter Christoph Hagen (B), der kein Verständnis für die abermalige Umstrukturierung der ÖBB aufbrachte und vor allem keinerlei sachliche Gründe erkennen konnte. Er vermutete, bei den Änderungen würden in erster Linie politische Überlegungen im Vordergrund stehen. Hagen bemängelte weiters, dass das Gesetz nicht auf die vom Rechnungshof kritisierten Ruhestandsversetzungen bei der ÖBB reagiere.

Abgeordneter Werner Königshofer (F) verwies auf die prekäre Situation der ÖBB und befürchtete einen Verlust von einer Milliarde Euro für das laufende Jahr, was von Abgeordnetem Wilhelm Haberzettl (S) allerdings mit Nachdruck bestritten wurde. Heftige Kritik übte Königshofer an den aktuellen Tariferhöhungen der ÖBB und an Bonifikationen für ÖBB-Mitarbeiter vor dem Hintergrund des schlechten Betriebsergebnisses.

Verkehrsministerin Doris Bures verwies auf die umweltpolitische, verkehrspolitische und sozialpolitische Bedeutung der ÖBB und erinnerte daran, dass die Bahn zusätzlich zu ihren 42.000 MitarbeiterInnen allein durch ihr hohes Investitionsvolumen weitere 50.000 Arbeitsplätze sichere. Angesichts dieses Umstandes wünschte die Ressortchefin ein, wie sie sagte, kritisch positives Verhältnis der Öffentlichkeit zur ÖBB. 

Die vorliegenden Gesetzesänderungen begrüßte Bures, wobei sie betonte, die Bahn erhalte dadurch eine moderne Struktur, die es dem Unternehmen erlaube, sich in einer schwierigen wirtschaftlichen Situation so effizient wie möglich aufzustellen, ihre Wettbewerbsfähigkeit zu steigern und die Investitionen in das Schienennetz umzusetzen. Sie erwartete sich vor allem auch einen Abbau der Reibungsverluste und die Bereinigung von Schnittstellen und zeigte sich insgesamt zuversichtlich, dass die Zusammenlegung von Bau und Betrieb eine weitere Effizienzsteigerung bringen werde.

Gemeinsam mit den Änderungen bei der Bahn-Infrastruktur behandelte der Ausschuss auch Anträge der Opposition, in denen FPÖ und BZÖ das Thema Seniorenermäßigungen bei der ÖBB ansprachen, die aber unter Hinweis auf entsprechende Überlegungen seitens der ÖBB mehrheitlich vertagt wurden. So forderte Abgeordneter Bernhard Vock (F) in seinem Entschließungsantrag eine altersunabhängige Vergabe der Vorteilscard Senior auch an Bezieher geringer Pensionen, Abgeordneter Werner Neubauer (F) wiederum trat in einer Initiative für eine generelle Ausweitung der ÖBB-Aktion "7 Euro-Ticket für Senioren" auf das ganze Jahr ein, Abgeordneter Gerald Grosz (B) schließlich brachte einen Vorstoß auf Erweiterung der Fahrpreis-Ermäßigung auf FrühpensionistInnen ein.

Schienen-Control, EU-Verkehrspolitik: Einstimmige Kenntnisnahme der Berichte

Einstimmig zur Kenntnis genommen wurde weiters der Tätigkeitsbericht der Schienen-Control GmbH, der vor allem den Konsens bei der Bahnregulierung hervorhob und auf positive Erfahrungen mit der Schlichtungsstelle verweist.

Verkehrsministerin Doris Bures teilte zu der von Abgeordnetem Johann Hell (S) angeschnittenen Verlagerung des Güterverkehrs auf die Schiene mit, Österreich nehme mit seinem 30-prozentigen Anteil des Bahn-Güterverkehrs eine Spitzenposition im europäischen Vergleich ein. Dies zeige, dass es der ÖBB gelungen ist, in diesem Bereich ein attraktives Angebot zu legen. Nun gelte es, sich nicht auf den Lorbeeren auszuruhen, sondern weiter am Ausbau des Güterverkehrs auf der Bahn zu arbeiten, unterstrich Bures.

Zum Thema Streckenstilllegungen hielt die Ministerin fest, die von Abgeordneter Gabriela Moser (G) genannte Zahl von 1.800 geplanten Kilometern gebe es in ihrem Haus nicht.

Ebenfalls einstimmig zur Kenntnis genommen wurde der Bericht betreffend die Jahresvorschau 2009 auf der Grundlage des Legislativ- und Arbeitsprogramms der Europäischen Kommission, der die Bereiche Nachhaltigkeit und Wettbewerbsfähigkeit als Ziele der EU hervorhebt, aber auch die Verkehrssicherheit als wichtiges Anliegen unterstreicht.

Zu dem in der Debatte von den Abgeordneten Norbert Hofer (F) und Gabriela Moser (G) angesprochenen Thema der Elektromobilität bemerkte Verkehrsministerin Doris Bures, zentrale Herausforderung in diesem Bereich sei es, die entsprechende Forschung durch hohe Bundeszuschüsse zu unterstützen, um dem Automobilsektor in der Krise neue Impulse zu geben und den Wechsel in Richtung Energieeffizienz zu schaffen. Wichtig war es für die Ministerin, die Kosten bei der Elektromobilität so zu reduzieren, dass eine Anwendung von Elektroautos als Leuchtturmprojekte im öffentlichen Bereich, etwa bei der Post, möglich wird.

In Sachen Wegekosten-Richtlinie, die von Abgeordnetem Franz Hörl (V) zur Sprache gebracht wurde, meinte Bures, es gebe nunmehr eine positive Entwicklung in der EU und ein neues Bewusstsein für spezifisch regionale Situationen wie jene der Alpenländer. Viele für Österreich wichtige Punkte in der Verkehrspolitik seien überdies auch von der schwedischen Präsidentschaft aufgenommen worden.

Im Laufe der Verhandlungen wurden folgende oppositionelle Anträge vertagt:

B-Antrag betreffend regelmäßige Kontrollen über die Einhaltung der vorgeschriebenen Grenzwerte bei Mobilfunkanlagen;

B-Antrag hinsichtlich Maßnahmen zur Bekämpfung von Handy-Diebstählen;

B-Antrag zum Erhalt der Inlandsflugverbindungen;

B-Antrag bezüglich qualitativ hochwertige flächendeckende Versorgung mit Postdienstleistungen;

G-Antrag betreffend ja zur flächendeckenden Versorgung der Bevölkerung mit Post-Dienstleistungen – nein zu weiteren Postamts-Zusperrkonzerten – umgehende, umfassende Verschärfung der Post-Universaldienstverordnung;

G-Antrag betreffend umgehende Ausarbeitung eines Postmarktgesetzes;

F-Antrag bezüglich qualitativ hochwertige, flächendeckende und allgemein erschwingliche Versorgung mit Postdienstleistungen.

In der Debatte über die Postdienstleistungen und ein Postmarktgesetz wies Bundesministerin Doris Bures darauf hin, dass sie intensive Gespräche über das Postmarktgesetz geführt habe. In der Begutachtung eingebrachte Veränderungen wurden im Entwurf aufgenommen. Die Stellungnahmen zu diesem Gesetz könne man auf der Homepage des BMVIT und des Parlaments abrufen. Die Ressortleiterin will die Postversorgung auf eine bessere Basis stellen. Sie unterstrich, dass eine flächendeckende Versorgung mit Postdienstleistungen (durch Postpartner oder Postservicestelle) gegeben sein muss, anderenfalls werde das Postamt nicht geschlossen. Zudem bedauerte sie, dass es bisher mit dem Koalitionspartner zu keiner Einigung gekommen ist, sodass diese Vorlage vor den Sommerferien nicht beschlossen werden kann. (Schluss)