Parlamentskorrespondenz Nr. 671 vom 13.07.2009

Zukunftsthemen prägen Veranstaltungen im Hohen Haus

Jahresüberblick 2008/2009 zeigt vielfältiges Bild

Wien (PK) - Kinder und Jugendliche - die Zukunft des Landes - waren einmal mehr Hauptzielgruppe und Themenschwerpunkt bei den Veranstaltungen im Parlamentsjahr 2008/09. In der Demokratiewerkstatt herrschte Hochbetrieb, neue Workshops wurden eröffnet, im Herbst und im Frühjahr tagten Jugendparlamente, unter anderem zum Kampf gegen Kinderarmut, ein Thema, dem auch ein Ideenwettbewerb galt. Mädchen besuchten das Hohe Haus am Girl's Day, Nationalratspräsidentin Barbara Prammer sprach mit Lehrlingen über Berufschancen und Weiterbildung und lud zur Jubiläumsveranstaltung  "20 Jahre UN-Konvention über die Rechte des Kindes".

63.140 SchülerInnen zählten zu den mehr als 147.000 BesucherInnen des Parlaments und viele junge Menschen sah man auch unter den 91.000 BesucherInnen der "Republikausstellung" in der Säulenhalle, mächtiger Schlussakkord im "Gedenkjahr 2008", der in der Absicht weiterwirkt, eine neue, stärker gegenwarts- und zukunftsorientierte Gedenkkultur zu entwickeln. Dieses Bemühen drückte der Titel des "Gedenktags gegen Gewalt und Rassismus" im Mai 2009 programmatisch aus: "Gedenken ist mehr als Erinnerung – Vom Begräbnis aller menschlichen Würde zur Unteilbarkeit der Menschenrechte".

Runde Jahrestage boten Gelegenheit, markante Ereignisse der jüngeren Geschichte, die Erklärung der Menschenrechte, die Gründung des Europarats und seine Verdienste bei der Durchsetzung und beim Schutz von Menschenrechten, Rechtsstaatlichkeit und parlamentarischer Demokratie, die Einrichtung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte und die Überwindung des Eisernen Vorhangs zu reflektieren.

Viele Tagungen, Symposien und Buchpräsentationen fanden 2008/09 im Palais Epstein statt, dem Haus der Bankiersfamilie Epstein an der Ringstraße, das schon zur Zeit der Monarchie ein Treffpunkt modern denkender und sozial engagierter Menschen war. Diesem ursprünglichen Ansehen nähert sich das prachtvolle Gebäude Theophil Hansens seit der behutsamen Renovierung und Nutzung durch das Parlament Schritt für Schritt wieder an.

Republikausstellung - 91.000 BesucherInnen  

Am 12.11.2008 eröffnete Präsidentin Prammer in Anwesenheit von Bundespräsident Fischer gemeinsam mit Bundeskanzler Gusenbauer und Vizekanzler Molterer die von Stefan Karner und Lorenz Mikoletzky gestaltete "Republik-Ausstellung 1918/2008" in der Säulenhalle. "Ohne Wissen um Geschichte gibt es kein Demokratiebewusstsein und kein Bewusstsein für künftiges Handeln", sagte Prammer. Molterer sah im Glauben an Österreich, im unverbrüchlichen Ja zur Demokratie, im Bekenntnis zur sozialen Marktwirtschaft und im Konsens über die europäische Einigung Eckpunkte einer positiven Entwicklung des Landes. Gusenbauer nannte Arbeit, sozialen Zusammenhalt, Demokratie und kritische Zivilgesellschaft als Erfolgsfaktoren beim Aufstieg der Republik Österreich. - Mehr als 91.000 Menschen besuchten die Republikausstellung, die von 12. November 2008 bis 11. April 2009 in der Säulenhalle des Parlaments zu sehen war (14.4.2009).

Die Zeit von 1938 bis 1945 wurde in Begleitveranstaltungen thematisiert: Am 25.3.2009 rezitierte der Schauspieler Stephan Paryla-Raky im Epstein literarische Höhepunkte aus dem Schaffen Anton Kuhs; über Leben und Werk des Schriftstellers sprach der Koordinator der Republikausstellung Peter Fritz. Unter dem Titel "Entartete Musik(er)" präsentierten am 1.4.2009 Staatsarchiv-Generaldirektor Lorenz Mikoletzky, der Musikwissenschafter Richard Steurer und das "Koehne Quartett" Musik aus der Zwischenkriegszeit  am Beispiel von Bela Bartok, Ernst Krenek und Erwin Schulhoff.

Auf dem Weg zu einer neuen Gedenkkultur  

Am 5.5.2009 begingen Nationalrat und Bundesrat den Gedenktag gegen Gewalt und Rassismus unter dem Titel "Gedenken ist mehr als Erinnerung – Vom Begräbnis aller menschlichen Würde zur Unteilbarkeit der Menschenrechte". Zweiter Präsident Neugebauer verstand Gedenken als "Verpflichtung, Zeugnis abzulegen" und als "Verantwortung für Bildung und Erziehung". Bundesratspräsident Reisenberger sah im Gedenken eine politische Aufgabe. "Gedenktage sind keine Pflichtübung", sagte Präsidentin Prammer. "Erinnern ist zu wenig, man muss gegen Ausgrenzung auftreten, wo sie noch immer oder schon wieder Platz greift". Auch Bundespräsident Fischer ging über die Erinnerung an die NS-Verbrechen hinaus und befasste sich mit den Elementen dieses "Totalversagens der Humanität", mit Intoleranz und dem Phänomen des Wegschauens. Den Europarat würdigte Fischer für dessen Arbeit bei der Durchsetzung und beim Schutz von Menschenrechten, von Rechtsstaatlichkeit und parlamentarischer Demokratie.

Schon am 14.11.2008 hatte Präsidentin Prammer zum Gedenkjahr-Schwerpunkt "Kinder und Jugendliche im Nationalsozialismus" gemeinsam mit der Bundesjugendvertretung und Experten eine Enquete abgehalten. 1,5 Millionen jüdische Kinder waren wegen ihrer Herkunft, zehntausende Kinder wegen Krankheiten und Behinderungen ermordet worden. Viele mussten Österreich - oft ohne Eltern und Geschwister – verlassen, viele sahen ihre Familie nie mehr wieder.

Rat und Hilfe für Menschen, die in der Zeit der Shoa seelische Verletzungen erlitten haben, leistet die Hilfsorganisation AMCHA. Beim Festakt zum 20.Jahrestag von AMCHA mit Gründer Nathan Durst und AMCHA-Österreich-Präsident Karl Semlitsch am 17.11.2008 im Palais Epstein würdigte Präsidentin Prammer deren soziales Engagement. Zur Vorbereitung auf den Tag, an dem Holocaust-Zeitzeugen einmal nicht mehr zur Verfügung stehen werden, wies Prammer dem Nationalfonds die Aufgabe zu, eine neue Erinnerungskultur zu entwickeln. - Diesem Anliegen diente eine Konferenz der internationalen Arbeitsgruppe ITF, die Erziehung und Forschung zum Thema Holocaust unterstützt (16.12.2008). Präsidentin Prammer erteilte jeder Schlussstrich-Debatte eine Absage und warnte vor einem neuen Antisemitismus.

Demokratiewerkstatt und Jugendparlament: Junge Politik im Hohen Haus    

Hochbetrieb herrschte in der Demokratiewerkstatt. Den/die 11.111 Besucher/in in der "Demokratiewerkstatt" seit der Eröffnung im Oktober 2007 feierte Präsidentin Prammer mit SchülerInnen aus Enns und MandatarInnen aus National- und Bundesrat am 8.1.2009. Insgesamt nahm die Zahl der Kinder und Jugendlichen, die an Workshops der Demokratiewerkstatt teilnahmen, im Schuljahr 2008/09 gegenüber dem Vorjahr von 7.561 auf 9.419 zu.

Am 5.12.2008 und am 9.6.2009 zeichnete Präsidentin Prammer Kinder als "Demokratiewerkstatt-Profis" aus, die alle Demokratiewerkstatt-Workshops absolviert haben. Mit "Zeitreise Republik" startete am 18.12.2008 ein neuer Workshop mit SchülerInnen aus Mödling. Einen neuen "Europa-Workshop", der ab September 2009 jeweils am Mittwoch angeboten wird, eröffneten Präsidentin Prammer und Bundesratspräsident Reisenberger am 30.4.2009.

Thema des Jugendparlaments am 21.11.2008 war die Kinderarmut. Ideen zur Abhilfe entwickelten Jugendliche aus Vorarlberg in vier "Klubs" sowie in "Ausschüssen" und im "Plenum", das Präsidentin Prammer leitete. Hilfreich zur Seite standen MandatarInnen aller Fraktionen. Über die Arbeit des Bundesrates informierte Bundesratspräsident Jürgen Weiss. - Zum Thema Kinderarmut startete auf der Parlaments-Website für Kinder (www.demokratiewebstatt.at) am 18.3.2009 ein Ideenwettbewerb für SchülerInnen - Die Aufgabenstellung: Ein Gesetz für Kinder aus sozial benachteiligten Familien.

Ebenso praxisnah wie im Herbst, mit Präsidentin Prammer am Präsidium, mit Unterstützung von BR-Präsident Reisenberger und Abgeordneten aller Fraktionen tagte das Frühjahrs-Jugendparlament 2009 am 15.5.2009. Wiener SchülerInnen debattierten eine Schulreform und die Verankerung des Rechts auf Bildung in der Verfassung. Als hilfreich bei der politischen Arbeit erwies sich das neue Buch des Parlamentsjuristen Christoph Konrath "Und was macht eigentlich das Parlament" (Czernin-Verlag).

Am "Internationalen Tag der Demokratie" (15.9.2008) eröffnete Präsidentin Prammer gemeinsam mit Bildungsministerin Schmied im Palais Epstein die Ausstellung "Demokratie hat Geschichte. Parlamentarismus seit 1848". Die Schau ist ein Produkt der "Demokratiewerkstatt" und der "Demokratieinitiative der Regierung" und bietet den Schulen Grundlagen zur politischen Bildung.

Im Gespräch mit ihren jüngsten MitarbeiterInnen am 5.9.2008 bekannte sich Präsidentin Prammer zur Vorbildfunktion des Parlaments bei der Lehrlingsausbildung. Acht Lehrlinge werden derzeit i n den Abteilungen Gebäudeverwaltung, EDV, Sicherheit und "Demokratiewerkstatt" ausgebildet. Ihrer Weiterbildung soll künftig auch die "Demokratiewerkstatt" dienen, sagte die Präsidentin.


Am 23.4.2009 fand auf Einladung von Präsidentin Prammer und unter Mitwirkung weiblicher Abgeordneter und Bundesrätinnen der dritte "Girls' Day" im Parlament statt. 35 Mädchen informierten sich über die Arbeit in Politik, Parlamentsverwaltung und ORF-Stadtstudio.

Symposien, Tagungen, Informationsveranstaltungen

Lange Koalitionsverhandlungen lassen oft den Ruf nach einem Mehrheitswahlrecht laut werden. Präsidentin Prammer und die "Initiative Mehrheitswahlrecht" luden daher am 9.10.2008 zum internationalen Symposium "Demokratie im Umbruch-Perspektiven einer Wahlrechtsreform" über Vor- und Nachteile eines Mehrheitswahlrechts.  

Den mühevollen Weg der Roma und Sinti zur Anerkennung als österreichische Volksgruppe schilderte am 20.10.2008  Rudolf Sarközi, Vorsitzender des Volksgruppenbeirats der Roma, bei der Vorstellung seines Buches "Roma Österreichische Volksgruppe. Von der Verfolgung bis zur Anerkennung" (Drava Verlag). Es sprachen Bundeskanzler a.D. Franz Vranitzky und Nationalfonds-Generalsekretärin Hannah Lessing.

"Die Todesstrafe ist mit den Menschenrechten unvereinbar", sagte Präsidentin Prammer am 21.10.2008, 40 Jahre nach Abschaffung der Todesstrafe in Österreich. Claudia Kuretsidis-Haider, Heimo Halbrainer und Elisabeth Ebner präsentierten den Band "Mit dem Tode bestraft. Historische und rechtspolitische Aspekte zur Todesstrafe in Österreich im 20. Jahrhundert und der Kampf um ihre weltweite Abschaffung" vor (Verlag Clio Graz).

Bei der Eröffnung der internationalen AWEPA-UNICEF-Tagung "Schutz und Hilfe für Kinder vor HIV/AIDS", das am 21.11.2009 in den Räumlichkeiten des Palais stattfand, sprach Präsidentin Prammer die historische Tradition des "Epstein" als Treffpunkt sozial engagierter Intellektueller an.

Am Internationalen Tag der Menschen mit Behinderung, dem 2.12.2008, lud Präsident Michael Spindelegger B ehinderte zu Workshops mit dem Österreichischen Komitee für Soziale Arbeit (ÖKSA) in die Demokratiewerkstatt. Die Behinderten formulierten Vorschläge zur Verbesserung ihrer Lebenssituation in Wort, Text und Bild.

"Alle Menschen sind frei und gleich an Rechten geboren ... Jeder hat das Recht, an der Gestaltung seines Landes unmittelbar oder durch frei gewählte Vertreter mitzuwirken ... "Jeder hat als Mitglied der Gesellschaft das Recht auf soziale Sicherheit" - Zum 60. Jahrestag der "Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte" machte eine Diashow einige ihrer Artikel vor dem Parlament sichtbar. Die Verwirklichung der Menschenrechte nannte Präsidentin Prammer eine zentrale Aufgabe der Politik. (9.12.2008)

"In der Demokratie kann der Mensch am ehesten in Würde leben", sagte die deutsche Politologin und Präsidentschaftskandidatin Gesine Schwan in ihrem Referat über "Vertrauen und Politik" am 16.1.2009. Das Vertrauen der BürgerInnen zu Personen, Institutionen und in den politischen Dialog sei durch das absolute Konkurrenzdenken im Wirtschaftsliberalismus unterminiert worden, klagte Schwan und empfahl, moderne Technologien zu nützen, um den Glauben an staatliche Einrichtungen zu stärken. Präsidentin Prammer sah in den Kontrollrechten den Maßstab für die Qualität der Demokratie.

"Hat Qualitätsjournalismus eine Überlebenschance?", fragten "Reporter ohne Grenzen" in einem Seminar, das Präsidentin Prammer am 19.2.2009 im Palais Epstein eröffnete. Kontrolle sei das gemeinsame Interesse von Parlamentariern und Journalisten, sagte Prammer und betonte die Bedeutung der Qualitätsmedien für die Demokratie.

Das traditionelle Benefiz-Suppenessen der "Katholischen Frauenbewegung Österreichs" fand am 10.03.2009 im Palais Epstein statt. Den "Hunger nach Gerechtigkeit" stillten einfaches Essen und Spenden für Frauenprojekte in Asien und Lateinamerika. "Teilen auf Augenhöhe" nannte KFBÖ-Vorsitzende Margit Hauft den Sinn der Aktion. Zu Gast waren Bundespräsident Heinz Fischer in Begleitung seiner Gattin Margit, die eine Ansprache hielt, Justizministerin Claudia Bandion-Ortner und Bischof Maximilian Aichern.


Die Studie "Geschlechtergerechtigkeit und die Rolle der NGOs unter veränderten Bedingungen der EZA" wurde am 24.3.2009 auf Einladung von Präsidentin Prammer gemeinsam mit dem Wiener Institut für Internationalen Dialog und Zusammenarbeit (vidc) zum Thema Gender Budgeting und EZA im Palais Epstein vorgestellt und diskutiert.

"60 Jahre Europarat - 50 Jahre Europäischer Gerichtshofs für Menschenrechte" war Thema der 12. Europatagung der Pädagogischen Hochschule Niederösterreich. Multiplikatoren der Politischen Bildung debattierten unter der Leitung von Anton Salesny mit Politikern. Es sprachen Peter Schieder, ehemaliger Präsident der Parlamentarischen Versammlung des Europarats, Vizepräsidentin Gisela Wurm, Elisabeth Steiner (Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte) (8.5.2009).

Am 23.4.2009 empfing Präsidentin Prammer Heinrich Neisser und Karlheinz Hackl als Vertreter der "Plattform geistiges Eigentum". Prammer reagierte positiv auf den Wunsch nach einer Parlamentarischen Enquete über die Gefahren einer "Gratiskultur", die sich in Kunst, Musik, Wissenschaft und Journalismus ausbreite.

Ereignissen und Folgen des Jahres 1989 galt am 25.5.2009 eine Veranstaltung, zu der Präsident Neugebauer einlud. Erhart Busek sah Europa als "gemeinsamen Kulturraum", der "weit zu denken" sei. EU-Beauftragter für Bosnien und Herzegowina Valentin Inzko sprach von Europa als einer "Baustelle mit 27 Architekten" und warb für Südosteuropa als EU-Zukunftsregion. "Europa weiterentwickeln und institutionell stärken", sagte Vizekanzler Josef Pröll. Und Fritz Neugebauer nannte die Namen der drei Hügel, auf denen Europa aufbaue: Akropolis, Kapitol, Golgotha.

Dasselbe Thema wurde am 3.6.2009 auf Einladung von Präsidentin Prammer im Rahmen der Veranstaltungsserie "Geteilt/Geeint. 1989-2009 - Aufbruch in ein neues Europa" (http://www.1989-2009.at/) von Osteuropa-Journalisten diskutiert, die schilderten, wie sie die Zeit vor 1989 erlebten, was sich seither veränderte und welche Funktion die Medien im Prozess der europäischen Integration spielen (sollten). "Wir sollten darauf hinarbeiten, dass auch die Bevölkerung den Glücksfall 1989 stärker wahrnimmt", sagte Prammer.


Am 18.6.2009 eröffnete Präsidentin Prammer eine Sitzung des "New Club of Paris" zur Wissenspolitik in Österreich. Prammer bekannte sich zur Integration von Wissensmanagement in die Parlamentsarbeit und unterstrich die Bedeutung der Bildung vom Kindergarten bis zur Universität als Beispiele konkreter Wissenspolitik.

Zu einer Diskussion über die Entwicklung der Grund- und Freiheitsrechte seit 1848 lud Dritter Präsident Martin Graf am 18.06.2009. Es moderierte Abgeordneter Harald Stefan. Am Podium saßen Katharina Grieb (Gesellschaft für Menschenrechte), Andreas Unterberger (Wiener Zeitung), Rechtsanwalt Eike Lindinger und Christian Neschwara (Universität Wien). Graf warnte vor den Gefahren  des Totalitarismus.


Am 19.06.2009, dem "Welttag des Flüchtlings" lud Präsidentin Prammer gemeinsam zur Vorführung des Films "Ein Augenblick Freiheit" des Regisseurs Arash T. Riahi (siehe PK-Meldung 549/2009). Prammer bekannte sich zur Verpflichtung, Flüchtlingen Asyl zu gewähren. "Flucht ist kein Verbrechen", sagte Michael Landau (Caritas) und warnte vor einem "Generalverdacht" gegenüber Asylwerbern. Fragen der Asyl- und Menschenrechtspolitik diskutierten die Abgeordneten Marianne Hagenhofer, Beatrix Karl, Alev Korun und Bernhard Vock.


Festakte, Preisverleihungen, Jubiläen

"Bis zur völligen Gleichstellung homosexueller Menschen sind noch große Hürden zu bewältigen", sagte Präsidentin Prammer beim 10-Jahr-Jubiläum des Vereins "austrian gay Professionals" (agpro) am 25.9.2008. Unter der Moderation von Heide Schmidt erläuterte "agpro"-Präsident Manfred Wondrak sein Bemühen um Gleichstellung Homosexueller in der Wirtschaft. Tatjana Oppitz (IBM) präsentierte das Diversity-Managament ihres Unternehmens und überreichte "agpro"-Preise an Claudia Spring, Martin Lücke und Claus Bender für deren wissenschaftlichen Arbeiten zum Thema Homosexualität.

Das von Waris Dirie in "Schmerzenskinder" erstmals öffentlich dargestellte Leid genital verstümmelter Frauen war das Thema der Internationalen Konferenz zur Entwicklung nationaler Aktionspläne gegen weibliche Genitalverstümmelung im Oktober 2008. Am 10.10.2008 empfing Präsidentin Prammer TeilnehmerInnen und wurde von Khady Koita, der Präsidentin des EURONET-FGM-Netzwerkes für ihr langjähriges Engagement ausgezeichnet.  

"Jetzt ist der Kreis der Versöhnung geschlossen", sagte der in Los Angeles lebende Musikkritiker, Lehrer und Komponist Walter Arlen, als ihm Präsidentin Prammer am 13.10.2008 das Goldene Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich überreichte. Der bedeutende Österreicher hatte nach der Vertreibung seiner Familie aus Wien im Jahr 1938 gemeinsam mit seiner Schwester lange erfolglos um Entschädigung für den Raub des Familienbesitzes gekämpft.

Zum 30-Jahr-Jubiläum der Opferhilfeorganisation "Weisser Ring" am 17.10.2008 gratulierten Präsidentin Prammer und Ministerin Silhavy dem Präsidenten des Weissen Ringes Udo Jesionek. Bundespräsident Fischer verlangte in seiner Festansprache eine wirksame Verbrechensprävention, der Viktimologe Jan van Dijk (Universität Tilburg) erklärte die Grundsätze moderner Opferfürsorge.

Beim Festakt zum 30. Geburtstag des Kuratoriums für Journalistenausbildung (KfJ) am 31.10.2008 unterstrich Präsidentin Prammer die Bildungsaufgabe der Medien. Auch die Politik sei bei "blinden Flecken im Demokratiebewusstsein der Menschen" gefordert.

Eine Wiener Ganztagsvolksschule und die Initiative muslimischer ÖsterreicherInnen erhielt am 13.11.2008 von Präsidentin Prammer gemeinsam den mit 15.000 Euro dotierten Demokratiepreis 2008 der Margaretha Lupac-Stiftung. Historiker Oliver Rathkolb und VfGH-Vizepräsidentin Brigitte Bierlein lobten den Einsatz der Preisträger für Demokratie und Toleranz. Bernhard Perchinig (Akademie der Wissenschaften) wies darauf hin, dass 15 % der in Österreich lebenden Menschen nicht hier geboren sind. In den Haushalten werden mehr als 50 Sprachen gesprochen. Die alltäglichen Leistungen von Zuwanderern und Einheimischen bei der Integration seien enorm.

Am 10.12.2008 überreichte Präsidentin Prammer Moshe Hans Jahoda das Große Silberne Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich. Jahoda sei ein Zeuge der Geschichte Österreichs und Europas im 20. Jahrhundert und eine ganz besondere Persönlichkeit, führte Prammer aus und schilderte das Leben des 1926 geborenen Wieners, der 1938 mit einem Kindertransport nach Palästina gelangte, seine Familie in Auschwitz verlor und sich später für die Opfer der Shoa einsetzte. Prammer lud Jahoda und alle noch lebenden Zeitzeugen zur Mitarbeit an einer künftigen Erinnerungs- und Gedenkkultur ein.


"Der Landtagspräsident von Baden-Württemberg Peter Straub und frühere Präsident des Ausschusses der Regionen ist ein Politiker, der das Verbindende der Bodensee-Länder über das Trennende stellt", lobte Bundesratspräsident Jürgen Weiss den deutschen Politiker am 12.12.2008 bei der Überreichung des "Großen Goldenen Ehrenzeichens mit dem Stern für Verdienste um die Republik Österreich". Weiss plädierte für selbstbewusste Landesparlamente und warnte davor, die Kumulation von Zuständigkeiten bei der EU resignativ hinzunehmen. Auch wenn die EU Verdienste um die großen Themen Europas habe, dürfe das "Europa der Regionen" keine Leerformel bleiben. Wo möglich, sollten Aufgaben vor Ort erfüllt werden, so Jürgen Weiss.


Am 30.3.2009 erhielt die Galeristin Grita Insam für ihre Verdienste um die Förderung der Gegenwartskunst das Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst. Präsidentin Prammer und Bundesministerin Claudia Schmied würdigten das Wirken Grita Insams, wobei sie die Konzeptkunst als Ingrams Schwerpunkt sowie Grenzüberschreitungen von bildender Kunst zu Sound, experimenteller Musik, Tanz, Film und Video nannten. Friederike Mayröcker las zu Ehren Ingrams aus ihren Werken.

Wie aus einer Gesetzes- und Büchersammlung in "acht Kästen aus hartem Holz und neun Kästen aus weichem Holz" die heutige Parlamentsbibliothek mit 330.000 Büchern, 380 Fachzeitschriften, 200 Loseblattausgaben und Zugang zu Online-Datenbanken wurde, schilderte Bibliotheksleiterin Elisabeth Dietrich-Schulz am 11.5.2009 zum 140. Jubiläum der Parlamentsbibliothek.

Zu einem "Fairen Frühstück" in der Säulenhalle des Parlaments luden am 20.5.2009 Präsidentin Prammer, Zweiter Präsident Neugebauer und  Fair Trade Österreich-Geschäftsführer Hartwig Kirner, der das neue Projekt Fair Trade Code vorstellte, der es Konsumenten ermöglicht,  im Internet zu erfahren, von wem sein Einkauf produziert wurde.

Kunst im Parlament

Ihrer Absicht folgend, das Haus für zeitgenössische Kunst zu öffnen, gab Präsidentin Prammer am 29.7.2008 die Säulenhalle für eine Darbietung des Wiener Tanzfestivals "ImPulsTanz" frei. Tausende weiße Luftballons - William Forsythes "Choreographisches Objekt" - schwebten, durch die Bewegung der BesucherInnen in immer neue Figuren gebracht, im Raum und erweckten - so Initiator Ismael Ivo -  Träume von Kindheit, Frieden und Hoffnung. Im Vestibül war der "Prix Jardin d'Europe", der Festival-Preis für Jungchoreographen zu sehen.

Im Palais Epstein eröffnete Präsidentin Prammer am 6.10.2008 eine Ausstellung der beim Architekten-Wettbewerb zur Neugestaltung des Plenarsaales eingereichten Entwürfe. Der siegreiche Architekt Andreas Heidl erläuterte seinen Plan - den Präsidentin Prammer als zeitgemäße Antwort auf Anforderungen des modernen Sitzungsbetriebes lobte - in einer Diskussion mit der Österreichischen Gesellschaft für Architektur (ÖGFA) am 19.1.2009. (Siehe dazu auch PK-Meldung vom 16.1.2009).

"Kunst ist ein elementarer Bestandteil des öffentlichen Lebens und spielt eine wichtige Rolle bei der Erneuerung der Gesellschaft. Im Umgang mit Kunst werde die demokratische Verfasstheit eines Gemeinwesens deutlich, sagte der Kunstkurator des Parlaments Gerald Matt bei der Eröffnung der Sonderausstellung "Hommage an die Fotografie" am 10.12.2008. Matt erläuterte das Projekt "Kunst im Parlament" und den neuen Schwerpunkt "Zeichnung und Fotografie" und kündigte die Herausgabe eines Oral-History-Bandes mit Gesprächen österreichischer KünstlerInnen der sechziger Jahre an.

Bücher über Europa, Minderheiten und große Frauen  

Das Buch behauptet seine zentrale Rolle als Bildungsmedium auch nach dem Siegszug des Internet bravourös. Jedenfalls im Parlament, wo AutorInnen und Herausgeber ihre Neuerscheinungen an vielen Abenden des vergangenen Arbeitsjahres vorstellten und mit ExpertInnen diskutierten.  

Am 15.10.2008 lud Präsidentin Prammer zur Präsentation des von Waldemar Hummer bei Böhlau edierten Sammelbandes "50 Jahre Österreich im Europarat". Vizekanzler a.D. Erhart Busek, der ehemalige Generalsekretär des Europarates Walter Schwimmer und der ehemalige Präsident der Parlamentarischen Versammlung des Europarates Peter Schieder würdigten die Arbeit heimischer ParlamentarierInnen im Europarat.

"Der Umgang mit Minderheiten ist Gradmesser für die Grundrechte in einer Gesellschaft", sagte Präsidentin Prammer und mahnte die vollständige Umsetzung des Staatsvertrags samt Verpflichtung zur Aufstellung zweisprachiger Ortstafeln in Kärnten ein. Anlass bot die Dokumentation eines Symposions im Bildungshaus Tinje/Tainach zum Thema "Schutz und Durchsetzung der Rechte nationaler Minderheiten", die am 2.10.2008 vorgestellt wurde.

Am 23.10.2008 lud Präsidentin Prammer zur Präsentation eines Buches des Chefredakteurs der "Parlamentskorrespondenz" Franz Josef Weißenböck, der in "Coaching für Platon" (edition va bene) fiktive Gespräche mit historischen Personen, unter ihnen Platon, Caesar und Pontius Pilatus, führt und damit literarische Brücken zwischen Moderne und Antike schlägt.

Adolf Schärfs "Tagebuchnotizen im Staatsvertragsjahr 1955" (Studienverlag Innsbruck), wurden am 30.10.2008 vorgestellt.  


Peter Reichel las am 7.11.2008 aus seiner Biographie des Revolutionärs und Vorkämpfers für Recht und Freiheit, Robert Blum. Harald Edelbauer sang dazu Lieder aus dem Vormärz.

Um die Außenpolitik von morgen geht es in "Alte Staaten, neue Welt" von Wendelin Ettmayer (Verlag Trauner). Auf Einladung von Präsident Spindelegger (20.11.2008) analysierte der Autor aktuelle Veränderungen in der internationalen Politik, sprach von der wachsenden Rolle der Parlamente und von neuen Paradigmen: Wohlfahrt, Umwelt, Menschen- und Frauenrechte.

Drei Zeitzeugen-Biographien wurden am 4.12.2008 vorgestellt: Ilse Reiters "Gustav Harpner 1864-1924" (Böhlau) gilt dem Rechtsanwalt von Victor und Friedrich Adler, Thomas G. Masaryk und Otto Glöckel, Renate Schreibers "Es geschah in Wien. Erinnerungen von Elsa Björkman-Goldschmidt" (Verlag Böhlau) einer sozial engagierten Krankenschwester. "Die Wodaks. Exil und Rückkehr" (Braumüller-Verlag) von Bernhard Kuschey handelt vom Leben der Chemikerin Erna Mandel und dem Diplomaten Walter Wodak zwischen London und Wien.

Ein wichtiges Thema im abgelaufenen Arbeitsjahr waren "Frauen in der Politik". Am 10.2.2009 stellte der Studien-Verlag Brigitte Dorfers Biographie "Die Lebensreise der Martha Tausk" und Johanna Dohnals "Innenansichten österreichischer Frauenpolitiken" (herausgegeben von Erika Thurner und Alexandra Weiss) vor. Martha Tausk kämpfte in der Monarchie für Frauenrechte, Alleinerzieherinnen, Heimarbeiterinnen und für das Eherecht weiblicher Beamter. Sie floh vor den Nazis und starb - zu Unrecht vergessen - 1957 in Holland. Erika Thurner besprach Dohnals "Innsbrucker Vorlesungen" als Vermächtnis und Auftrag, auch in schweren Zeiten für Gendergerechtigkeit zu kämpfen.

Am 3.3.2009 lud zur Vorstellung von Martina Madners Buch "Bevor der Tod uns scheidet. Frauen, die sich von Gewalt in der Familie befreit haben" (Verlag Carl Ueberreuter). Es sprachen Staatssekretärin Christine Marek und Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek. "Augen auf für die Gewalt-Dynamik in manchen Beziehungen", sagte Maria Rösslhumer (Autonome Frauenhäuser).

Zum Internationalen Frauentag am 9.3.2009 brachte die "Parlamentskorrespondenz" ein Porträt der Parlamentarierin Adelheid Popp, die mit ihren sechs sozialdemokratischen Fraktionskolleginnen und der Christlichsozialen Hildegard Burjan zu den ersten Frauen zählte, die aufgrund des Frauenwahlrechts am 4.3.1919 in die Konstituierende Nationalversammlung einzogen.


Am 10.3.2009 lud Zweiter Präsident Neugebauer zur Präsentation der Biographie "Hildegard Burjan. Frau zwischen Politik und Kirche" (Wiener Dom-Verlag), mit der Ingeborg Schödl die bedeutende Frauen- und Sozialpolitikerin der Ersten Republik und "Caritas Socialis"-Gründerin würdigt und den Lebensweg einer Frau nachzeichnet, die als Katholikin "nicht zusehen wollte, wie die Massen verelenden". (Siehe auch PK-Ausgaben Nr. 205, 206 und 207 aus 2008).   


"Adelheid Popp – Eine Frau schreibt Geschichte" - unter diesem Titel gedachte das Hohe Haus am 28.4.2009 des 3. Aprils 1919, als erstmals eine Frau, die Abgeordnete Adelheid Popp, an das Rednerpult trat. Die Schauspielerin Anna Hauer las aus dem Stenographischen Protokoll und machte Engagement und rhetorische Kraft der "Vorzeigefrau der österreichischen Sozialdemokratie" deutlich, die sich mit Disziplin und Idealismus als Autodidaktin aus problematischen sozialen Verhältnissen zu einer modernen Politikerin emporgearbeitet hatte. (Siehe auch PK-Ausgaben Nr. 364 /2009 und Nr. 190 /2009.).

(Hinweis: Die Statistik über die Gesetzgebung in der abgelaufenen Tagungsperiode siehe PK Nr. 669 /2009, über die internationalen Beziehungen des Parlaments siehe PK Nr. 670 /2009!) (Schluss)