Parlamentskorrespondenz Nr. 584 vom 07.07.2010

Neue Kriterien für Einstufung der Behinderung

Nationalrat beschließt weitere Sozialgesetze

Wien (PK) – Mit Themen aus dem Sozialbereich ging es auch nach dem Beschluss über die Mindestsicherung weiter. Auf der Tagesordnung standen zunächst die Änderung des Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungsgesetzes und ein Antrag des BZÖ.

Abgeordneter Herbert KICKL (F) rückte die Problematik des Sozialbetrugs im Baubereich in den Mittelpunkt seiner Wortmeldung und unterstützte mit Nachdruck die Initiative des BZÖ auf Weiterentwicklung der Arbeitgeberhaftung als Gewinn für die öffentliche Hand, den ArbeitnehmerInnenschutz und die Unternehmen. Die Gesetzesvorlage hinsichtlich der Verlängerung der Anwartschaft bei der Bauarbeiter-Urlaubszeit lehnte er ab, zumal er darin Verschlechterungen für die Arbeitnehmer sah.

Abgeordneter Josef MUCHITSCH (S) erwiderte, es sei der Gewerkschaft in Verhandlungen gelungen, allfällige finanzielle Einbußen bei der Bauarbeiter-Urlaubszeit im Zuge der Umstellung auf das Kalenderjahr durch höhere KV-Löhne zu kompensieren.

Abgeordneter Karl ÖLLINGER (G) sah im vorliegenden Gesetz in der Substanz eine Reihe von Verbesserungen und signalisierte die Zustimmung seiner Fraktion.

Abgeordneter Martin BARTENSTEIN (V) wandte sich gegen eine Verschärfung der Haftungsregelung für redliche Bauunternehmer, wie dies vom BZÖ verlangt wurde.

Abgeordneter Sigisbert DOLINSCHEK (B) ortete in der Verlängerung der Urlaubs-Anwartschaft um fünf Wochen finanzielle Verluste für die Bauarbeiter und kündigte die Ablehnung der Vorlage durch das BZÖ an. Weiters forderte er eine Verschärfung der Generalunternehmerhaftung am Bau, um Sozialbetrug einzudämmen.

Abgeordneter Johann HECHTL (S) stellte fest, das vorliegende Gesetz bleibe auch nach seinen Änderungen ein Jahrhundertwerk zum Wohl der oft unter schwersten Bedingungen arbeitenden Bauarbeiter.

Die Vorlage wurde mehrheitlich angenommen. Hinsichtlich des B-Antrags folgte das Plenum mehrheitlich dem negativen Ausschussbericht.

Neue Kriterien für Einstufung der Behinderung im

BEinstG

Abgeordnete Ulrike KÖNIGSBERGER-LUDWIG (S) sah wesentliche Verbesserungen für die Betroffenen durch die neue Art der Einschätzung und hob vor allem die nunmehr funktionsbezogene Einschätzung, die Berücksichtigung psychischer Erkrankungen sowie die Einschätzung von Sinnesbehinderungen hervor. Ein von der Rednerin eingebrachter Fünf-Parteien-Abänderungsantrag hatte insbesondere eine Regelung der Vergütung für den Vorsitzenden des Monitoring-Ausschusses für Menschen mit Behinderungen zum Inhalt.

Abgeordneter Franz-Joseph HUAINIGG (V) schloss sich der zustimmenden Wortmeldung seiner Vorrednerin an, wies aber auf den Umstand hin, dass sich viele Behinderte nicht mehr einschätzen lassen, weil sie dadurch Nachteile am Arbeitsmarkt befürchten. Huainigg sprach sich deshalb für die Umwandlung des Kündigungsschutzes in einen Beschäftigungsschutz aus.

Bundesminister Rudolf HUNDSTORFER zeigte sich erfreut, dass es im allgemeinen Konsens möglich war, nach 45 Jahren eine neue Einschätzungsverordnung vorzulegen. Was das vom Abgeordneten Huainigg vorgebrachte Anliegen betrifft, verwies der Minister auf diesbezügliche Gespräche und kündigte für spätestens September die Vorlage eines Entwurfs an. Wichtig sei es jedenfalls, psychologische Barrieren, die Behinderte von einer Beschäftigung abhalten, zu beseitigen, stand für Hundstorfer fest.

Abgeordnete Dagmar BELAKOWITSCH-JENEWEIN (F) nannte die Vorlage eine definitive Verbesserung, die auch von ihrer Fraktion goutiert werde. Allerdings seien in der Behindertenpolitik weitere Schritte zu setzen; so hoffe sie, dass die Vorlage in der Zukunft entsprechend ergänzt würde. Gleichzeitig appellierte sie an den Minister, allfällige Einsparungen nicht auf Kosten der Schwächsten in der Gesellschaft vorzunehmen.

Abgeordnete Helene JARMER (G) sprach von einer positiven Sache, die schon lange notwendig war. Wünschenswert wäre es jedoch, wenn man vermehrt vom medizinischen zum sozialen Modell überginge. Man habe somit zwar einen wichtigen Schritt gesetzt, weitere müssten aber folgen, um das große Ziel der Inklusion der Betroffenen zu erreichen.

Abgeordneter Sigisbert DOLINSCHEK (B) meinte, die geltende Regelung entspreche bei weitem nicht mehr dem heutigen Standard, weshalb es zu begrüßen sei, dass hier eine ansprechende Adaption vorgenommen werde. Froh sei er darüber, dass man sich in dieser wichtigen Frage auf eine Fünfparteien-Regelung habe einigen können.

Die Vorlage wurde einstimmig in der Fassung eines Fünfparteien-Abänderungsantrags angenommen.

Sozialrechts-Änderungsgesetz

bringt administrative Änderungen

Abgeordneter Erwin SPINDELBERGER (S) erläuterte die Hintergründe der geplanten Änderung und wies bei dieser Gelegenheit auf die besondere Situation von BeamtInnen hin, wobei man mit der Vorlage danach trachte, ein Überwechseln von pensionsnahen BeamtInnen in das ASVG unattraktiv zu gestalten.

Abgeordneter August WÖGINGER (V) erklärte, der Vorschlag beruhe im Wesentlichen auf Vorschlägen der Sozialpartner. Das gelte auch für das Überwechseln von BeamtInnen in das ASVG, was unfair und mit beachtlichen Mehrkosten verbunden wäre.

Abgeordnete Dagmar BELAKOWITSCH-JENEWEIN (F) signalisierte die Zustimmung ihrer Fraktion zur vorliegenden Neuerung. Es handle sich um eine Fünfparteien-Materie, die auch von ihrer Seite goutiert würde.

Abgeordneter Karl ÖLLINGER (G) kündigte an, auch seine Fraktion werde der vorliegenden Regelung zustimmen. Sodann befasste er sich mit Detailaspekten der gegenständlichen Vorlage, wobei er vor einer zu befürchtenden Benachteiligung der Frauen warnte. Schließlich kritisierte er die zerfaserte Debatte zum Sozialrecht. Besser wäre es gewesen, eine Generalnovelle vorzubereiten.

Abgeordnete Ursula HAUBNER (B) meinte, die Situation, die zu dieser Novelle geführt habe, zeige einmal mehr auf, dass die Versicherungslandschaft auf diesem Gebiet zu zersplittert ist, um zu einer wirklich allgemein akzeptablen Regelung kommen zu können. Daher sei sie froh, dass es gelungen ist, sich zu einigen. So sollte es auch bei verwandten Problemfeldern gemacht werden.

Bundesminister Rudolf HUNDSTORFER erläuterte Details zu den Themenfeldern "Gesundheitsstraße" und Verwaltungsvereinfachung. Die "Gesundheitsstraße" habe man nun ein Jahr getestet, die Ergebnisse seien ermutigend. 

Abgeordneter Walter SCHOPF (S) zeigte sich optimistisch, hier eine zufriedenstellende Lösung gefunden zu haben und plädierte für die Annahme der Vorlage. Der Redner bedankte sich beim Minister für dessen Bemühungen.

Der Entwurf wurde einstimmig angenommen.

(Schluss Soziales/Forts. NR)


Themen