Parlamentskorrespondenz Nr. 681 vom 16.09.2010

Berufskrankheiten weiter auf dem Vormarsch

Tätigkeitsbericht der Arbeitsinspektion 2009 liegt dem Parlament vor

Wien (PK) – Mit Fortentwicklung und Verbesserung des ArbeitnehmerInnenschutzes werde man sich, so der jüngst dem Parlament zugeleitete Tätigkeitsbericht der Arbeitsinspektorate (III-178 d.B.), auch in Zukunft intensiv beschäftigen. Unter allen Schritten, die hierzu gesetzt würden, nehme die Verwirklichung der österreichischen Arbeitsschutzstrategie 2007-2012 aber einen ganz besonderen Stellenwert ein, schreibt Sozialminister Rudolf Hundstorfer im Vorwort des Berichts. Dass man sich in diesem Zusammenhang auch mit der Evaluierung psychosozialer Belastungen und Gefährdungen auseinandersetze, die zum zahlenmäßigen Anstieg von Invaliditätspensionen in Folge psychiatrischer und psychosomatischer Erkrankungen führten, müsse als wesentlicher Schritt bezeichnet werden.

Die Realisierbarkeit solcher Projekte und die reibungslose Durchführung der täglichen Kontroll- und Beratungstätigkeit sieht Hundstorfer aber an das ausreichende Vorhandensein gut ausgebildeter ArbeitsinspektorInnen geknüpft. Dass die Arbeitsinspektorate trotz gegenwärtig angespannter Budgetsituation von der notwendigen Personalreduktion im Bundesdienst ab 2013 ausgenommen werden, könne man deshalb als Verhandlungserfolg bezeichnen. Das in seinem Auftrag erarbeitete neue Ressourcenmodell erlaube es außerdem, neu aufgenommene ArbeitsinspektorInnen anhand bestimmter objektiver Parameter auf die Arbeitsinspektorate zu verteilen.

Die Tätigkeit der Arbeitsinspektion in Zahlen und Fakten

Gemäß vorliegendem Bericht führten die Arbeitsinspektorate 2009 66.240 arbeitnehmerInnenschutzbezogene Tätigkeiten an 49.468 Arbeitsstätten sowie Baustellen und auswärtigen Arbeitsstellen von insgesamt 12.803 Unternehmen durch. Von den insgesamt 145.786 Tätigkeiten entfielen allein 44 % auf Besichtigungen und Überprüfungen.

Überdies kontrollierten die ArbeitsinspektorInnen 376.699 Arbeitstage von LenkerInnen und nahmen an 17.148 behördlichen Verhandlungen teil. Desweiteren verzeichnete man 17.776 Beratungen in Betrieben, 10.124 Vorbesprechungen betrieblicher Projekte sowie 24.282 sonstige Tätigkeiten.

Übertretungen von ArbeitnehmerInnenschutzvorschriften konnten bei 32 % aller besuchten Arbeitsstätten und Unternehmen, die auf Baustellen und auswärtigen Arbeitsstellen tätig waren (ausgenommen LenkerInnenkontrollen), festgestellt werden, was einem leichten Anstieg gegenüber dem Vorjahr (2008: 29,6 %) gleichkommt. Das Gros dieser Verstöße betraf den technischen und arbeitshygienischen ArbeitnehmerInnenschutz (62.633 Fälle).

Allerdings sei es auch zu einem Zuwachs bei den Übertretungen auf dem Gebiet des Verwendungsschutzes gekommen, wo man 6.294 Fälle (2008: 6.224 Fälle) verzeichnet habe. Von diesen stand rund 52 % in Verbindung zum Arbeitszeitgesetz. Die 7 im Bereich des Verwendungsschutzes verzeichneten Fälle von Kinderarbeit betrafen vorwiegend Töchter und Söhne von GewerbeinhaberInnen. Mehr Übertretungen (+23 %) wurden auch auf dem Gebiet des Mutterschutzes festgestellt. Die betroffenen Frauen arbeiteten vor allem im Handel bzw. Instandhaltungs- und Reparaturbereich (30 %), im Beherbergungs- und Gaststättenwesen (22 %) sowie im Gesundheits-, Veterinär- und Sozialwesen (12 %).

Was die LenkerInnenkontrolle anbelangt, so wurden im Berichtszeitraum 10.878 Verstöße festgestellt, von denen 3.022 die Lenkpausen, 1.606 die tägliche Ruhezeit, 1.290 die Tageslenkzeit und 386 das Fahrtenbuch oder Kontrollgerät betrafen.

Bei den 442 durchgeführten Besichtigungen von Bundesdienststellen wurden 427 Mängel (2008: 671) vorgefunden, die vor allem die Arbeitsstätten selbst (u. a. Brandschutz, Fluchtwege, Lüftung und Beleuchtung) betrafen und inzwischen behoben sind.

Der Personalstand der Arbeitsinspektorate sank 2009 im Vergleich zum Vorjahr um 8 Personen und hält nun bei 408 Beschäftigten. Die Zahl der ArbeitsinspektorInnen reduzierte sich von 302 auf 297 AußendienstmitarbeiterInnen.

Deutlicher Rückgang bei den anerkannten Arbeitsunfällen

Laut Bericht sank die Zahl der anerkannten Arbeitsunfälle unselbstständig Erwerbstätiger (ausgenommen Wegunfälle) von 116.407 auf 99.052 (-14,9 %). Ein Rückgang gegenüber dem Vorjahr ist außerdem bei den Unfällen mit tödlichem Ausgang zu verzeichnen: Waren es 2008 noch 115, sank ihre Zahl 2009 auf 98. Diese Entwicklung führt der Bericht aber auch auf die allgemeinen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen zurück, die eine geringere Zahl an Beschäftigten und den Anstieg der Kurzarbeit zur Folge hatten. Insgesamt sei die Entwicklung der Unfallquote aber durchaus zufriedenstellend. Die Quote der Männer, die vorwiegend im unfallgefährdeteren Dienstleistungsbereich arbeiteten, falle aber dreimal so hoch aus wie jene der Frauen.

In den Bundesdienststellen ereigneten sich im Berichtszeitraum 3.061 Arbeitsunfälle, von denen drei einen tödlichen Ausgang nahmen. Diese drei Fälle betrafen den Zuständigkeitsbereich des Bundesministeriums für Inneres (Absturz eines Polizeihubschraubers), des Bundesministeriums für Landesverteidigung und Sport (Explosion im Inneren einer Panzerhaubitze) und des Bundesministeriums für Justiz (Tötungsdelikt durch Kopfschuss).

Wie schon in den letzten Jahren sind die häufigsten Unfallursachen Stürzen und Fallen. Viele Verletzungen passieren außerdem durch den Kontakt mit scharfen und spitzen Gegenständen. Als die fünf am häufigsten unfallkausalen Tätigkeiten, die 73 % der Arbeitsunfälle zur Folge haben, benennt der Bericht manuellen Transport, Arbeit mit Werkzeugen, Bedienung von Maschinen, Bewegung und Lenken bzw. Mitbenützung eines Transportmittels.

Berufskrankheiten nehmen weiter zu

Im Jahr 2009 wurden insgesamt 1.589 Berufskrankheitsfälle verzeichnet, was ein Plus gegenüber dem Vorjahr (2008: 1.477) bedeutet. Als Ursache benennt der Bericht deutliche Anstiege bei den Erkrankungen an Asthma bronchiale durch allergisierende Stoffe (+41 Fälle) und bei der Zahl der Hauterkrankungen (+34 Fälle). Zuwächse sind außerdem bei den Erkrankungen der tiefen Atemwege und Lunge durch chemisch-irritativ oder toxisch wirkende Stoffe (+42 %), bei den bösartigen Neubildungen durch Asbest und bei den Asbeststaublungenerkrankungen (+12 %) zu verzeichnen.

Obwohl die Zahl der Gehörschäden gesunken ist, übertrifft sie nach wie vor jene der Hautkrankheiten. Damit führen Schädigungen des Gehörs, von denen fast ausschließlich Männer betroffen sind, mit einem Anteil von 54 % unverändert das Ranking der am häufigsten auftretenden Berufskrankheiten an.

Die 80 verzeichneten Todesfälle waren laut Bericht vorwiegend auf schwere Erkrankungen der Lunge und der Atemwege zurückzuführen. Dass die Zahl der tödlich verlaufenen Asbesterkrankungen in den letzten Jahren deutlich zugenommen hat, obwohl Herstellung und Verwendung asbesthaltiger Stoffe in Österreich schon jahrelang verboten sind, begründet der Bericht u. a. mit der langen Latenzzeit zwischen Asbestexposition und Ausbruch der Folgeerkrankung. Die AUVA finanziere außerdem seit 2002 ein Nachsorgeprojekt für ehemalige AsbestarbeiterInnen, die nicht mehr über ihre Betriebe erreichbar sind. (Schluss)