Parlamentskorrespondenz Nr. 731 vom 14.07.2011

Vorlagen: Verfassung und Geschäftsordnung

Regierung schlägt mehr Transparenz bei Regierungsinseraten vor

Die Regierung spricht sich für mehr Transparenz bei Inseraten und Medienkooperationen der öffentlichen Hand aus und hat dem Nationalrat einen Entwurf für ein entsprechendes Bundesverfassungsgesetz und begleitende Gesetzesänderungen vorgelegt (1276 d.B.).

Mit dem Gesetzentwurf werden insbesondere Ministerien und andere Bundesstellen, Länder, größere Gemeinden, Gemeindeverbände, gesetzliche Interessenvertretungen, Sozialversicherungsträger und im öffentlichen Einflussbereich stehende Unternehmen, Stiftungen und Fonds verpflichtet, Inserate und andere Werbeaufträge sowie Förderungen bekanntzugeben, die Zeitungen und andere periodische Druckwerke, sowie Radio- und TV-Sender von ihnen erhalten. Die Meldung muss halbjährlich erfolgen und die Gesamthöhe der an das jeweilige Medium geleisteten Entgelte umfassen. Behördliche Bekanntmachungen, Ausschreibungen und Stellenangebote sind ausdrücklich ausgenommen.

Veröffentlicht werden sollen die Daten durch die Regulierungsbehörde KommAustria, die säumigen Stellen gegebenenfalls eine Nachfrist setzen kann. Bei einer Verletzung der Veröffentlichungspflichten oder Falschmeldungen drohen Verwaltungsstrafen von bis zu 20.000 € bzw. bis zu 60.000 € im Wiederholungsfall. Der Rechnungshof ist angehalten, bei seinen Prüfungen auch die korrekte Bekanntgabe von Werbeschaltungen und Medienförderungen zu prüfen.

Für die Beschlussfassung des Bundesverfassungsgesetzes ist sowohl im Nationalrat als auch im Bundesrat eine Zweidrittelmehrheit erforderlich, da auch in die Zuständigkeit der Länder eingegriffen wird.

FPÖ drängt auf Verwaltungsreform

Abgeordneter Harald Stefan und Abgeordneter Walter Rosenkranz haben namens der FPÖ einen Entschließungsantrag vorgelegt, um die Verwaltungsreform in Österreich voranzutreiben (1622/A[E]). Unter Bezugnahme auf Empfehlungen des Rechnungshofs fordern sie unter anderem eine umfassende Aufgabenkritik auf allen staatlichen Ebenen, Deregulierungen, eine sachgerechte Zuordnung von Aufgaben und Verantwortungen, eine Zusammenführung von Finanzierungs- und Ausgabenverantwortung, eine zielgerichtete Personalreduktion im Öffentlichen Dienst und eine Flexibilisierung des Personaleinsatzes, eine verstärkte Ziel- und Wirkungsorientierung der öffentlichen Verwaltung, die Modernisierung des Rechnungswesens der Gebietskörperschaften, eine Straffung der Behördenorganisation, eine verstärkte Bürgerorientierung, den weiteren Ausbau von E-Government und eine effizientere Gestaltung des Förderungswesens. Gezielte Reformen mahnen sie außerdem im Schulbereich, im Gesundheitsbereich, bei der Wohnbauförderung und im Bereich Siedlungswasserwirtschaft ein.

BZÖ will schriftliche Anfragen auch in tagungsfreier Zeit einbringen

Das BZÖ hat kein Verständnis dafür, dass schriftliche Anfragen von Abgeordneten an Regierungsmitglieder nur innerhalb einer Tagungsperiode des Nationalrats gestellt werden können, und beantragt eine entsprechende Novellierung des Geschäftsordnungsgesetzes des Nationalrats (1623/A). Nach Meinung von Abgeordnetem Ewald Stadler und seinen FraktionskollegInnen ist die derzeitige Regelung nur historisch begründbar, sie sehen keine nachvollziehbare Erklärung dafür, dass während der zweimonatigen Sommerpause des Nationalrats keine schriftlichen Anfragen möglich sind.

FPÖ will Interessenvertretungen Spezialförderungen streichen

Die FPÖ will der Arbeiterkammer, der Landwirtschaftskammer und dem ÖGB jene Förderungen streichen, die diese für "integrationspolitische Tätigkeiten" erhalten. Zudem sprechen sich Abgeordneter Wolfgang Zanger und seine FraktionskollegInnen dafür aus, den MitarbeiterInnen der Sozialpartner, die in die Ständige Vertretung Österreichs in Brüssel integriert sind, den diplomatischen Status abzuerkennen (1627/A[E]). Begründet wird die Initiative mit einem kritischen Bericht des Rechnungshofs über die Brüsseler Vertretung. Laut Antrag erhielten die genannten Interessenvertretungen im Zeitraum zwischen 1995 und 2008 für integrationspolitische Tätigkeiten insgesamt Förderungen in der Höhe von 36,4 Mio. €.

FPÖ beantragt Änderung des Gehaltsgesetzes

Eine von der FPÖ beantragte Änderung des Gehaltsgesetzes hat Änderungen bei der Wachdienstzulage zum Inhalt, die Exekutivbeamte unter bestimmten Voraussetzungen erhalten (1630/A). Für Abgeordneten Werner Herbert ist es nicht einsichtig, dass die Höhe dieser Zulage von der Verwendungsgruppe abhängt, obwohl die betroffenen PolizistInnen seiner Auffassung nach derselben Gefährdung ausgesetzt sind und sich auch den gleichen dienstlichen Aufgabenbereich teilten. Er fordert in diesem Sinn eine Gleichbehandlung der Gruppen E1, E2a und E2b.

Grüne und FPÖ fordern Entschädigung für Opfer der "Testamentsaffäre"

In einem gemeinsamen Entschließungsantrag sprechen sich die Grünen und die FPÖ sowohl für eine Novellierung des Amtshaftungsgesetzes als auch für eine Entschädigung der Opfer der "Vorarlberger Testamentsaffäre" aus (1641/A[E]). Die Finanzprokuratur soll zur Vermeidung von Härtefällen ermächtigt werden, Schadenersatzzahlungen an die Betroffenen zu leisten, fordern die Abgeordneten Harald Walser (G), Peter Fichtenbauer (F) und Christoph Hagen (F). Ihrer Ansicht nach wäre es angebracht, dass der Staat für das strafrechtliche Fehlverhalten von Gerichtsbediensteten, das im Zusammenhang mit der Erfüllung hoheitlicher Aufgaben gesetzt wurde, die Haftung übernimmt. Schließlich hätten die geschädigten Personen den Gerichten im Vertrauen auf das Funktionieren der Justiz die Abwicklung ihrer Erbangelegenheiten anvertraut, machen sie geltend. Grüne und FPÖ orten ein Versagen der Revisions- und Aufsichtsmaßnahmen.

EU-Mitwirkungsrechte: Geschäftsordnung des Nationalrats wird geändert

Mit dem Vertrag von Lissabon haben die nationalen Parlamente der EU-Mitgliedstaaten erweiterte Mitwirkungsmöglichkeiten im Rahmen der EU-Gesetzgebung erhalten. Um diesen zusätzlichen Rechten Rechnung zu tragen, soll nun die Geschäftsordnung des Nationalrats geändert werden. SPÖ, ÖVP und Grüne haben sich auf einen entsprechenden Gesetzesantrag geeinigt (1657/A), der auch in engem Zusammenhang mit dem geplanten EU-Informationsgesetz (siehe PK Nr. 710/2011) steht. Vorgesehen sind unter anderem eine Adaptierung der Verfahrensbestimmungen der für EU-Angelegenheiten zuständigen Ausschüsse des Nationalrats (Hauptausschuss und EU-Unterausschuss), die Verankerung neuer Instrumente im Geschäftsordnungsgesetz, eine Erweiterung des Katalogs an Verhandlungsgegenständen sowie spezielle Bestimmungen über die Verteilung und die Behandlung von EU-Dokumenten.

Unter anderem sollen in den Fachausschüssen des Nationalrats künftig neben konventionellen "Aktuellen Aussprachen" mit dem zuständigen Minister auch Aussprachen über aktuelle EU-Fragen auf die Tagesordnung gesetzt werden können. Überdies erhalten die Abgeordneten die Möglichkeit, "Enqueten des Nationalrats über Angelegenheiten der Europäischen Union" abzuhalten, um sich etwa mit SpitzenrepräsentantInnen der Europäischen Union zu einem bestimmten Thema fachlich auszutauschen. Eine Zweimonatsfrist soll die unverzügliche Behandlung der Jahresvorschauen der einzelnen Regierungsmitglieder über Vorhaben der Europäischen Kommission und des jeweiligen EU-Ratsvorsitzes gewährleisten.

Neu im Katalog der Verhandlungsgegenstände sind unter anderem Anträge von Abgeordneten auf Erhebung einer Subsidiaritätsklage beim Europäischen Gerichtshof gegen einen EU-Gesetzgebungsakt, Berichte und Anträge des EU-Unterausschusses des Nationalrats – er kann künftig dem Nationalrat direkt berichten – sowie Vorlagen der Bundesregierung über Initiativen und Beschlüsse des Europäischen Rates bzw. des Rates, in die das österreichische Parlament gemäß Art. 23i B-VG eingebunden werden muss. Dazu gehören etwa Beschlüsse, die auf EU-Ebene in einer bestimmten Materie den Übergang vom Einstimmigkeitsprinzip zur qualifizierten Mehrheit vorsehen, sowie Beschlüsse über neue Kategorien von Eigenmitteln der Europäischen Union.

Die Vorberatung von beantragten Subsidiaritätsklagen wird laut Gesetzentwurf dem Hauptausschuss des Nationalrats obliegen. Ihm und dem EU-Unterausschuss wird außerdem ausdrücklich das Recht eingeräumt, bei Bedenken gegen EU-Vorhaben "Subsidiaritätsrügen" in Form von "begründeten Stellungnahmen" auszusprechen bzw. die Organe der Europäischen Union in Form von Mitteilungen über den Standpunkt der Abgeordneten zu informieren. Neu ist auch eine Bestimmung, wonach der EU-Hauptausschuss innerhalb von zwei Wochen einzuberufen ist, wenn der zuständige Minister bzw. 20 Abgeordnete dies verlangen, wobei jedes Mitglied des Nationalrats ein solches Verlangen nur einmal im Jahr unterstützen darf. Für Vorlagen der Regierung über Initiativen und Beschlüsse gemäß Art. 23i B-VG bzw. Anträge von Abgeordneten auf Ablehnung solcher Initiativen und Beschlüsse wird in der Regel der Verfassungsausschuss zuständig sein.

In der Geschäftsordnung des Nationalrats verankert werden auch die laut EU-Informationsgesetz künftig verpflichtenden ausführlichen schriftlichen Informationen der jeweils zuständigen Ressorts über jene EU-Vorhaben, die in den EU-Ausschüssen des Nationalrats und des Bundesrats eingehender beraten werden. Aus diesen Erläuterungen müssen neben dem aktuellen Verhandlungsstand auch die Auswirkungen des Vorhabens auf Österreich und die vom Minister auf EU-Ebene vertretene österreichische Position hervorgehen. Neu ist außerdem das Recht jedes Klubs, solche ausführlichen Informationen auch zu weiteren EU-Dokumenten zu verlangen, wobei diese Verlangen zahlenmäßig beschränkt sind.

Grundsätzlich sollen alle EU-Dokumente künftig über eine Datenbank bereitgestellt und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. Ausgenommen sind sensible und vertrauliche Dokumente, für die spezielle Zugangsbeschränkungen und Verteilungsregeln vorgesehen sind. Auch Beratungen über solche Dokumente wären laut Gesetzesantrag vertraulich.

Immunität von Abgeordneten soll neu gestaltet werden

Ein weiterer Antrag auf Änderung des Geschäftsordnungsgesetzes des Nationalrats (1618/A) betrifft die Neugestaltung der Immunität der Abgeordneten und wurde gemeinsam mit einem Antrag auf Änderung der Bundesverfassung (1619/A) von SPÖ, ÖVP, FPÖ und Grünen eingebracht (siehe PK Nr. 710/2011).

ÖVP, SPÖ und Grüne beantragen Änderung des Textes der Bundeshymne

Ein gemeinsamer Gesetzesantrag von ÖVP, SPÖ und Grünen zielt auf eine Änderung des Textes der Österreichischen Bundeshymne ab (1658/A). Anstelle von "Heimat bist du großer Söhne" solle in Zukunft "Heimat großer Töchter, Söhne" gesungen werden, fordern die Abgeordneten Maria Rauch-Kallat (V), Renate Csörgits (S), Judith Schwentner (G) und weitere Mandatarinnen. Sie wollen damit Bewusstsein dafür schaffen, dass auch Frauen große Leistungen für Österreich erbracht haben. Mit der Änderung des Textes sei weder eine Änderung der Melodie noch sonst großer Aufwand verbunden, heißt es in der Begründung. Schulbücher sollten jeweils bei Neuauflagen adaptiert werden. (Schluss)