Parlamentskorrespondenz Nr. 138 vom 29.02.2012

Freiwilligenarbeit erhält neue gesetzliche Grundlage

Urlaubsanspruch nach Karenz wird sichergestellt

Wien (PK) – Der letzte Block der heutigen Debatte im Nationalrat betraf soziale Fragen. An dessen Spitze stand das Freiwilligengesetz, mit dem das freiwillige Engagement besonders gefördert werden soll. Mittels einer Änderung des Opferfürsorgegesetzes werden Kompetenzen der Opferfürsorge an das Bundessozialamt übertragen. Eine weitere Novelle, die angenommen wurde, betraf das Urlaubsgesetz und das Landarbeitsgesetz, das aufgrund eines EuGH Urteils den Urlaubsanspruch nach dem Mutterschutz und der Väterkarenz sicherstellt.

Einer Ersten Lesung wurde ein Antrag der FPÖ zur Änderung des Mineralrohstoffgesetzes unterzogen, in der die AntragstellerInnen eine Erhöhung des Förderzinses verlangen.

Schließlich gab der Nationalrat den Weg frei zur behördlichen Verfolgung von Abgeordnetem Wolfgang Zinggl (G). Der Immunitätsausschuss hatte im Vorfeld festgestellt, dass kein Zusammenhang zwischen der inkriminierten Handlung und der politischen Tätigkeit des Abgeordneten zum Nationalrat besteht. Ihm wird unter anderem Verletzung Telekommunikationsgeheimnisses und des Geschäfts-oder Betriebsgeheimnisses sowie Missbrauch von Computerprogrammen oder Zugangsdaten vorgeworfen.

Breite Zustimmung zu Freiwilligengesetz

Breite Zustimmung erhielt die Gesetzesvorlage zum Freiwilligengesetz. Das Freiwillige Sozialjahr und die anderen Freiwilligen-Dienste stehen künftig allen Personen ohne einschlägige abgeschlossene Berufserfahrung offen, die zumindest 17 - in Ausnahmefällen 16 - Jahre alt sind. Die Einsatzdauer muss zwischen sechs und zwölf Monate betragen, darüber hinaus sind maximal 34 Wochenstunden erlaubt. Wer jünger als 24 Jahre ist, hat Anspruch auf Familienbeihilfe, im Gegenzug entfällt die seit 2005/06 gewährte Ersatzzahlung in Höhe von 150 € für TeilnehmerInnen am Freiwilligen Sozialjahr. Außerdem ist ein verpflichtendes Taschengeld von Seiten der Trägerorganisationen in zumindest der halben Höhe der Geringfügigkeitsgrenze vorgesehen. Auch der Kinderabsetzbetrag kann geltend gemacht werden. Damit wird etwa der Gedenkdienst, der bisher fast ausschließlich von Zivildienern absolviert wurde, auch für Frauen attraktiver. Für sämtliche Trägerorganisationen gelten strenge Qualitätskriterien. Der Freiwilligenrat wird als institutionalisiertes Dialogforum eingerichtet, um mit dem Sozialministerium Richtlinien zu erarbeiten und es ihn in Fragen der Freiwilligenpolitik zu beraten.

Abgeordneter Norbert HOFER (F) begrüßte, dass mit dieser Vorlage endlich geklärt werde, was man unter dem Begriff "Freiwilligenarbeit" zu verstehen habe. Allerdings fehle in dem Entwurf die Klärung der Frage, wie man diese freiwillige Arbeit unterstütze. Konkret regte der Redner an, Personen, die freiwillige Arbeit leisten, bei Stellenbewerbungen im Bund bei gleicher Qualifikation zu bevorzugen. Der Entwurf sei ein Schritt in die richtige Richtung, man stimme ihm aber deswegen nicht zu, weil die konkreten Umsetzungsmaßnahmen fehlten.

Abgeordnete Renate CSÖRGITS (S) erklärte, mit dieser Vorlage werde freiwilliges Engagement in einen gesetzlichen Rahmen eingebunden, wobei man gleichzeitig sicherstelle, dass diese freiwillige Arbeit nicht in Konkurrenz zum herkömmlichen Arbeitsmarkt tritt. Man habe es mit einem guten Schritt in die richtige Richtung zu tun. Die Rednerin nutzte die Gelegenheit, sich bei allen zu bedanken, die freiwillig karitative Tätigkeit ausüben.

Abgeordneter Sigisbert DOLINSCHEK (B) signalisierte die Zustimmung seiner Fraktion zur Vorlage, wiewohl das BZÖ nicht mit allen Bestandteilen der Vorlage zufrieden sei. Wenngleich der Entwurf nicht weitreichend genug sei, so bedeute er doch einen Schritt in die richtige Richtung, betonte er.

Abgeordnete Ridi STEIBL (V) erwartete sich eine neue Dynamik und eine soziale Absicherung der Freiwilligenarbeit durch diese Vorlage. Es handle sich um die Umsetzung jahrelanger Forderungen, man könne dem Entwurf guten Gewissens die Zustimmung geben.

Abgeordnete Tanja WINDBÜCHLER-SOUSCHILL (G) bezeichnete die Vorlage als wichtigen und richtigen Schritt, auf den man allerdings lange habe warten müssen. Das Gesetz könne ein Startschuss für eine Umgestaltung des Zivildienstes sein, meinte die Rednerin, die darauf verwies, dass der Entwurf zahlreiche weitere Verbesserungsmöglichkeiten beinhalte. In diesem Sinne brachte die Rednerin auch einen Entschließungsantrag ein, wonach die Auszahlung der Familienbeihilfe bei Ableistung eines freiwilligen Sozialjahres entsprechend verlängert werden sollte.

Sozialminister Rudolf HUNDSTORFER erläuterte die Inhalte der Vorlage und warb für deren Annahme. Man habe etwas sehr Positives geschaffen, und auch wenn es noch Verbesserungspotential gebe, so könne man dennoch mit dem hier Erreichten zufrieden sein, merkte er an, zumal weitere Schritte folgen würden.

Zustimmung zum Entwurf kam schließlich auch von Abgeordnetem Franz RIEPL (S). Mit dieser Vorlage würde freiwillige Arbeit besser unterstützt und abgesichert, weshalb er sie befürworte, zumal der Wert der freiwilligen Arbeit evident sei.

Abgeordneter Franz-Joseph HUAINIGG (V) wies darauf hin, dass es einige Jahre gedauert habe, bis es zu einer klaren gesetzlichen Regelung für das Freiwillige Soziale Jahr gekommen ist. Er begrüßte es ausdrücklich, dass diejenigen, die künftig das Freiwillige Soziale Jahr absolvieren, krankenversichert und unfallversichert sind sowie Familienbeihilfe und Taschengeld erhalten. Generell dankte er den Jugendlichen für ihr Engagement und bekräftigte: "Ehrenamt zahlt sich aus".

Abgeordnete Christine LAPP (S) sprach von einem "historischen Moment". Ihrer Ansicht nach ist das vorliegende Gesetz ein gutes Fundament für Freiwilligentätigkeit. In Österreich gebe es einen hohen Anteil an Freiwilligenengagement, skizzierte sie, mit 44 % sei Österreich "ein Topland" in Europa. Männer engagierten sich vor allem im Sport, in der Katastrophenhilfe und im Rettungswesen, Frauen mehr in kirchlichen und kulturellen Organisationen.

Abgeordneter Bernhard VOCK (F) bedauerte, dass verschiedene Anregungen der FPÖ nicht aufgegriffen worden seien. Als Beispiele nannte er die bevorzugte Aufnahme von Freiwilligen in den öffentlichen Dienst bei gleicher Qualifikation mit anderen BewerberInnen und die Mehrwertsteuerrückerstattung für technische Geräte. Vock wies auch auf kritische Stellungnahmen zum Freiwilligengesetz im Begutachtungsverfahren hin.

Das Freiwilligengesetz wurde vom Nationalrat mit S-V-G-B-Mehrheit verabschiedet. Der Entschließungsantrag der Grünen betreffend Anspruch auf Familienbeihilfe bis 25 nach Absolvierung eines Freiwilligen Jahres blieb in der Minderheit.

In thematischem Zusammenhang damit stand auch ein Antrag des BZÖ, in dem gefordert wird, freiwilliges Engagement, etwa bei der Feuerwehr oder beim Roten Kreuz, mehr zu fördern. Dieser fand jedoch nicht die erforderliche Zustimmung.

Opferfürsorgeangelegenheiten beim Bundessozialamt konzentriert

Eine weitere Regierungsvorlage, die dem Nationalrat vorlag, betraf die Übertragung der Kompetenzen im Bereich der Opferfürsorge an das Bundessozialamt, die einstimmig angenommen wurde. Somit werden künftig in erster Instanz nicht mehr die Landeshauptleute, sondern das Bundessozialamt für Opferfürsorgeangelegenheiten zuständig sein. Begründet wird der Schritt damit, dass das Bundessozialamt auch für alle anderen Bereiche der Sozialentschädigung - u.a. Kriegsopferversorgung, Verbrechensopferentschädigung, Impfschadenentschädigung - verantwortlich ist und damit Synergien genutzt werden könnten.

Abgeordnete Ulrike KÖNIGSBERGER-LUDWIG (S) wies darauf hin, dass das Opferfürsorgegesetz ursprünglich nur für österreichische Widerstandskämpfer gegolten habe, der Kreis der Anspruchsberechtigten für eine Opferrente und andere Vergünstigungen später aber laufend erweitert worden sei. Damit habe Österreich seine Verantwortung für die Folgen der Verbrechen des Nationalsozialismus wahrgenommen, unterstrich sie. Die Zuständigkeit für das Opferfürsorgegesetz soll nun laut Königsberger-Ludwig von den Landeshauptleuten zum Bundessozialamt wechseln. Ursprüngliche Bedenken von Opferverbänden konnten ihr zufolge ausgeräumt werden.

Abgeordneter Oswald KLIKOVITS (V) machte auf die Verantwortung Österreichs für die Opfer des Nationalsozialismus aufmerksam. Derzeit würden noch rund 1.900 Personen eine Opferrente erhalten, skizzierte er. Die nunmehr vorgesehene Kompetenzverschiebung wertete Klikovits als einen Beitrag zur Verwaltungsvereinfachung.

Abgeordneter Karl ÖLLINGER (G) hielt fest, dass Opferfürsorgeangelegenheiten bisher Ländersache gewesen sind und das sei in vielen Fällen nicht gut gewesen. Es habe große Unterschiede zwischen den Bundesländern und zum Teil unerklärbare Verfahrensverzögerungen in einzelnen Bundesländern gegeben, sagte er. Er begrüßte daher die künftige Bundeskompetenz in diesem Bereich.

Abgeordneter Sigisbert DOLINSCHEK (B) erwartet sich von der Kompetenzverschiebung eine Nutzung von Synergien und eine Verkürzung der Verfahrensdauer. Das Bundessozialamt sei bereits jetzt für Kriegsopfer, Verbrechensopfer und Impfschadenopfer zuständig, erläuterte er.

Abgeordneter Dietmar KECK (S) führte aus, Österreich habe Verantwortung für die Opfer des Nationalsozialismus. Viele Betroffene hätten keine Berufsausbildung machen können und bleibende Gesundheitsschäden, konstatierte er. Keck zufolge sinken die Leistungen aus dem Opferfürsorgegesetz durch die demographische Entwicklung sukzessive. Ein von ihm eingebrachter S-V-G-Abänderungsantrag betrifft die Arbeit der Rentenkommission.

Abgeordneter Erwin SPINDELBERGER (S) meinte, es sei höchst an der Zeit gewesen, die Opferfürsorge von der Landeskompetenz in die Bundeskompetenz zu übertragen. Bedauern äußerte er darüber, dass es im Bereich des Jugendschutzes und der Bauordnungen bisher noch zu keinen bundeseinheitlichen Regelungen gekommen ist.

Die Änderung des Opferfürsorgegesetzes wurde unter Berücksichtigung des S-V-G-Abänderungsantrages vom Nationalrat einstimmig und damit mit der erforderlichen Zweidrittelmehrheit beschlossen.

Gleichzeitig lag ein Antrag der Grünen vor, in dem sich diese für eine Verdoppelung der Beträge für Opfer des NS-Terrors gemäß dem Opferfürsorgegesetz einsetzen. Dieser blieb jedoch in der Minderheit.

Urlaubsanspruch soll nach Karenz nicht verfallen

Der Nationalrat nahm auch einstimmig einen Antrag der Koalitionsparteien auf Änderung des Urlaubs- und Landarbeitsgesetzes an, der auf ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 22. April 2010 zurückgeht. Dadurch soll nun sichergestellt werden, dass Zeiten einer Karenz nach dem Mutterschutzgesetz oder dem Väterkarenzgesetz uneingeschränkt den Verjährungstermin für die Inanspruchnahme des Jahresurlaubs hinausschieben, erworbene Urlaubsansprüche also nicht aufgrund von Karenzzeiten verfallen können.

Abgeordnete Sabine OBERHAUSER (S) erklärte, die vorliegende Gesetzesänderung sei ein großer Schritt in Richtung Gleichstellung von Frauen. Bisher sei der Verfall eines erworbenen Urlaubsanspruches bei Antritt einer Mütter- bzw. Väterkarenz lediglich 10 Monate aufgeschoben worden, schilderte sie, in Hinkunft verfalle der Anspruch während der Karenz zeitlich unbeschränkt nicht.

Abgeordneter Johann HÖFINGER (V) wertete es als gerechtfertigt, dass erworbene Urlaubsansprüche während der Karenz aufrecht bleiben. Damit würde auch der "Mut zum Kind" unterstützt.

Auch Abgeordneter Karl ÖLLINGER (G) begrüßte die vorgesehene Gesetzesänderung.

Abgeordneter Sigisbert DOLINSCHEK (B) erklärte, die Anpassung im Urlaubsgesetz schaffe Rechtssicherheit nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs. Das BZÖ werde dem zustimmen.

Abgeordneter Johann HECHTL (S) hielt fest, es handle sich zwar nur um eine kleine gesetzliche Änderung, diese bringe aber wesentliche Vorteile für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.

Antrag der FPÖ zum Mineralrohstoffgesetz dem Wirtschaftsausschuss zugewiesen

Schließlich stand ein Antrag der FPÖ im Rahmen einer Ersten Lesung zur Diskussion. Darin wird auf die inländische Produktion von Rohöl und Gas hingewiesen und beklagt, die Republik als Eigentümerin der Vorräte habe es in den letzten Jahren verabsäumt, angesichts gestiegener Energiepreise den von den Förderunternehmen eingehobenen Förderzins anzupassen. In einem Antrag auf Änderung des Mineralrohstoffgesetzes drängt die FPÖ nun auf eine Erhöhung des Förderzinses, von der man sich zusätzliche Einnahmen für den Staat erwartet, die in die verstärkte Nutzung von erneuerbaren Energien eingesetzt werden könnten. Der Antrag wurde schließlich dem Wirtschaftsausschuss zugewiesen.

Abgeordneter Norbert HOFER (F) führte aus, die FPÖ befinde sich derzeit in Gesprächen mit den Grünen und dem BZÖ über einen gemeinsamen Antrag der Opposition zum vorliegenden Anliegen. Er sprach sich dafür aus, die Abgaben für die Förderung von Rohöl und Gas in Österreich anzuheben, da auch der Wert der heimischen Rohstoffvorkommen durch die hohen Weltmarktpreise für Öl und Gas gestiegen sei. Kritisch äußerte sich Hofer zum Schiefergasabbau und urgierte die Einbindung der Bevölkerung.

Abgeordneter Wolfgang KATZIAN (S) machte darauf aufmerksam, dass die OMV Dividenden an den Staat zahle. Die Abgaben für den Abbau von Erdöl und Erdgas in Österreich weiter zu erhöhen, erachtet er angesichts der erst im vergangenen Jahr beschlossenen Förderzinsnovelle nicht für sinnvoll. Damals habe man eine Lösung mit Augenmaß gefunden, zeigte er sich überzeugt.

Abgeordneter Peter HAUBNER (V) schloss sich den Ausführungen seines Vorredners an. Der Förderzins sei bereits im vergangenen Jahr um durchschnittlich 25 % angehoben worden, sagte er. Durch eine Verteuerung der Förderkonditionen für heimische Rohstoffgewinnung würde man die Importabhängigkeit Österreichs weiter erhöhen.

Abgeordneter Karl ÖLLINGER (G) wertete die Argumente von Abgeordnetem Katzian dem gegenüber als "schräg". Er selbst signalisierte Zustimmung zum Antrag der FPÖ.

Auch Abgeordneter Rainer WIDMANN (B) zeigte kein Verständnis für die Argumentation der Koalitionsparteien. Seiner Meinung nach wäre es durchaus legitim, bei den "fetten Gewinnen" der Ölkonzerne "mitzuschneiden". Zu den Abbauplänen von Schiefergas merkte er an, er sei skeptisch, obwohl es mittlerweile ausgereifte Abbaumethoden gebe.

Abgeordneter Wolfgang Zinggl wird ausgeliefert

Schließlich stimmten der Nationalrat der Auslieferung von Abgeordnetem Wolfgang Zinggl (G) zu, gegen den eine Anzeige wegen widerrechtlichen Zugriffs auf ein Computersystem (§ 118 StGB), Verletzung des Telekommunikationsgeheimnisses (§ 119 StGB), missbräuchlichen Abfangens von Daten (§ 119a StGB), Auskundschaften eines Geschäfts-oder Betriebsgeheimnisses (§123 StGB) sowie Missbrauchs von Computerprogrammen oder Zugangsdaten (126c StGB) vorliegt. Die Anzeige steht in Zusammenhang mit der Causa des suspendierten Direktors der Kunsthalle, Gerald Matt.

Abgeordneter Otto PENDL (S) zeigte sich erfreut über den einstimmigen Beschluss des Immunitätsausschusses. Viele mühsame Diskussionen, die anlassbezogen immer auf das Neue geführt werden müssen, würde man sich durch ein neues Immunitätsgesetz ersparen, meinte er und lud die Abgeordneten ein, den letzten Schritt zur Verwirklichung dieser Reform zu tun.

Abgeordneter Wolfgang GROSSRUCK (V) stimmte seinem Vorredner zu. Der konkrete Fall wäre aber auch unter dem neuen Immunitätsgesetz zu behandeln gewesen. Dem Abgeordneten Zinggl werde von der Staatsanwaltschaft die Verletzung des Datenschutzes vorgeworfen. Da dabei kein Zusammenhang mit der politischen Tätigkeit erkennbar sei, war vom Ausschuss der Auslieferung zuzustimmen.

Abgeordneter Johannes HÜBNER (F) meinte, der Fall sei schwieriger, als er von seinen Vorrednern dargestellt wurde, denn ein politischer Zusammenhang im weiteren Sinne sei sehr wohl zu finden. Trotzdem wäre die Verfolgung zuzulassen, denn der Vorfall sollte aufgeklärt werden.

Abgeordneter Dieter BROSZ (G) vertrat die Auffassung, die Causa bedürfe einiger Erläuterungen. Abgeordneter Zinggl habe im Bereich der Kultur immer wieder Aufklärungsarbeit geleistet, was auch zu Resultaten geführt habe. Im konkreten Fall habe er einen Datenstick zugespielt bekommen, durch den sich letztlich die Verbindung zu ihm herstellen habe lassen. Die Form der Datenverwendung durch den Abgeordneten Zinggl stehe in Zusammenhang mit seiner politischer Tätigkeit. Zur Anzeige kam es, weil bei einer Sachverhaltsdarstellung vom Direktor der Kunsthalle angegeben wurde, dass unbekannte Täter sich Zugang zu Daten der Kunsthalle verschafft haben müssten. Daraus sei automatisch der geäußerte Verdacht konstruiert worden, Zinggl persönlich habe sich Zutritt zu Computern der Kunsthalle verschafft. Das sei natürlich leicht als unsinnig zu erkennen, und man stimme der Auslieferung zu, damit die Anschuldigung entkräftet werden könne. Bedenklich wäre es aber, wenn in Zukunft die Weitergabe von Informationen an PolitikerInnen, die Missstände aufdecken, stets zu solchen Vorwürfen führen würden. Wäre das der Fall, würden die Grünen die Vorgehensweise der Staatsanwaltschaft in einer Anfrage an die Justizministerin hinterfragen.

Abgeordneter Gerald GROSZ (B) erwiderte, es gebe keinen Grund für die "Wehleidigkeit" der Grünen. Der Zweck heilige auch hier nicht die Mittel. Nötigung und Erpressung seien beispielsweise von der Immunität nicht geschützt, sogar wenn sie in einem politischen Zusammenhang stünden. Im Anlassfall bestehe ein durchaus schwerwiegender Verdacht einer Verletzung des Datenschutzes. Es sei nicht einzusehen, dass eine solche den Grünen nachgesehen werden müsste, während bei ähnlichen Fällen ein Abgeordneter der FPÖ oder des BZÖ sofort angegriffen werde. Die Staatsanwaltschaft müsse jedenfalls hier aufklären. Die einzig richtige Konsequenz wäre letztlich die Abschaffung der Immunität, wie sie das BZÖ fordere.

Der Nationalrat stellte auf Empfehlung des Immunitätsausschusses einhellig fest, dass kein Zusammenhang zwischen der inkriminierten Handlung und der politischen Tätigkeit von Abgeordnetem Wolfgang Zinggl besteht. Damit ist der Weg für eine behördliche Verfolgung Zinggls wegen des Verdachts der Verletzung des Telekommunikationsgeheimnisses, des widerrechtlichen Zugriffs auf ein Computersystem und ähnlicher Delikte frei.

Abschließend kam der Antrag des BZÖ zur Abstimmung, dem Verfassungsausschuss zur Berichterstattung über den Antrag betreffend Umgestaltung des Parteigesetzes zur Verhinderung von Korruption und Machtmissbrauch eine Frist bis 3. Juli 2012 zu setzen. Dieser Fristsetzungsantrag wurde mehrheitlich abgelehnt.

Nach Schluss dieser Sitzung wurde eine weitere Sitzung des Nationalrats einberufen, die der geschäftsordnungsmäßigen Zuweisung von Vorlagen diente. (Schluss Nationalrat)