Parlamentskorrespondenz Nr. 331 vom 25.04.2012

ORF bilanzierte 2011 besser als erwartet

Aktueller Jahresbericht liegt dem Nationalrat vor

Wien (PK) – Der ORF hat im Jahr 2011 ein besseres Ergebnis erreicht als erwartet. Grund dafür sind eine konsequente Umsetzung des Sparkurses und über den Prognosen liegende Werbeeinnahmen. Das geht aus dem Jahresbericht 2011 des ORF hervor, der vor kurzem von Bundeskanzler Werner Faymann dem Nationalrat vorgelegt wurde (III-321 d.B.). Auch sonst blickt das Unternehmen zufrieden auf das vergangene Jahr zurück, verwiesen wird etwa auf stabile Reichweiten und Marktanteile sowie die erneute Erfüllung des öffentlich-rechtlichen Kernauftrags.

Konkret lagen die Umsatzerlöse des ORF-Konzerns laut Bericht 2011 bei 924,1 Mio. € (2010: 920,4 Mio. €). Davon entfallen 584,2 Mio. € auf Programmentgelte und 216,7 Mio. € auf Werbeeinnahmen. Dazu kommen Erträge aus Sonderwerbeformen und Onlinewerbung, Erlöse aus Programmverwertungen, Koproduktionen und Lizenzen, Einnahmen des ORF-Shops, Beteiligungs- und Zinserträge sowie Erträge aus sonstigen kommerziellen Tätigkeiten. Zudem gelang es der ORF-Führung erneut, die Personalkosten zu senken. Sie lagen mit 335,4 Mio. € um 10,6 Mio. € unter dem Wert von 2010. Der Personalstand wurde um 68 Personen (Vollzeitäquivalente) reduziert. Das Konzern-EGT wird im Bericht mit 11,4 Mio. € - 3,6 Mio. € über Plan - angegeben, wobei noch keine Abstimmung mit der ORF-Prüfungskommission erfolgte.

Generell sieht sich der ORF sowohl wirtschaftlich als auch programmlich und technologisch "gut aufgestellt". Mit seinen Reichweiten und Marktanteilen sei er "einer der erfolgreichsten öffentlich-rechtlichen Programmanbieter Europas", heißt es mit Hinweis auf täglich rund 3,63 Millionen TV-ZuseherInnen und 5,2 Millionen RadiohörerInnen im Bericht. Auch das Online-Angebot und die neue ORF-TVthek werden gut angenommen.

Marktanteile und Reichweiten

Der starke Konkurrenzdruck im TV-Bereich machte sich allerdings auch 2011 bemerkbar. So sank der durchschnittliche Marktanteil der ORF-Fernsehprogramme von 37,8 % im Jahr 2010 auf 36,4 %. In Haushalten, die über einen Kabel- und/oder Satellitenanschluss verfügen, lag er nunmehr bei 34,6 %. Dabei ist ORF 2 mit einem durchschnittlichen Marktanteil von 22,6 % beim Publikum deutlich beliebter als ORF 1 (13,8 %). Das Angebot der neuen 24-Stunden-Spartenkanäle ORF III und ORF Sport+ hatten bis zum Zeitpunkt der Berichtslegung 3,49 Mio. (ORF III) bzw. 1,36 Mio. (Sport) ZuseherInnen genutzt.

Die Reichweite der ORF-Radioprogramme wird im Bericht mit 69,6 % angegeben, das entspricht einem Marktanteil von 75 %. Drei von vier in Österreich gehörten Radiominuten entfielen damit auf die ORF-Radios. Mit Abstand am erfolgreichsten ist Ö3 mit täglich rund 2,8 Millionen HörerInnen bzw. einem Marktanteil von 31 % (2010: 32 %). Besonders beliebt ist der Sender dabei bei Personen zwischen 14 und 49 Jahren (Marktanteil 42 %). Ö1 konnte seinen Marktanteil weiter bei 6 % halten, das mehrheitlich fremdsprachige FM4, das sich gezielt auf Musik abseits des Mainstreams konzentriert, erzielte sogar in allen Altersgruppen Reichweitenzugewinne. Der Marktanteil der Regionalradios im jeweiligen Bundesland schwankt zwischen 15 % (Radio Wien) und 45 % (Radio Kärnten).

Zunehmend an Bedeutung gewinnt die ORF-TVthek, die als Zusatzservice zum "linearen Fernsehen" angeboten wird. Mittlerweile werden bereits mehr als 100 Sendungen, in der Regel Eigen-, Auftrags- und Koproduktionen, innerhalb eines 7-Tage-Fensters zum individuellen Abruf bereitgestellt. Damit sind bereits bis zu 50 % des ORF-TV-Programms umfasst. Die TVthek kam 2011 im Schnitt auf 180.000 NutzerInnen pro Woche, insgesamt wurden jedes Monat rund 8,8 Millionen Videos abgerufen. Seit März 2011 ist die Plattform auch über alle gängigen Smartphones abrufbar.

Das zum Teil überarbeitete Online-Angebot des ORF konnte 2011 durchschnittlich 44,5 Millionen Visits von 5,46 Millionen Unique Clients (Endgeräten) pro Monat verzeichnen, was einem Plus gegenüber 2010 von 15 % entspricht. Allein auf news.ORF.at wurden 39.445 Beiträge bereitgestellt, um rund 7.200 mehr als noch 2010. Über Zuwächse kann sich auch der ORF-Teletext freuen: Pro Woche nutzten 2,22 Millionen LeserInnen das deutlich über 1.000 Seiten umfassende Angebot. Hingegen wurde der TV-Zusatzdienst MultiText mangels Erfolg mit 30. Juni 2011 eingestellt.

Wie groß die Konkurrenz für den ORF mittlerweile ist, veranschaulichen zwei Zahlen aus dem Bericht: Demnach können Satellitenhaushalte mit Digitalempfang im Durchschnitt 133 Sender, davon 95 in deutscher Sprache, empfangen.

Weitere Schärfung des öffentlich-rechtlichen Profils

Hervorgehoben wird im Bericht auch, dass der ORF sein öffentlich-rechtliches Profil weiter schärfen konnte. Dazu trug nicht zuletzt die zweite Tranche der Teilrefundierung aus dem Entgang von Gebührenbefreiungen bei, die laut ORF-Spitze zur Gänze in Programminnovationen und -vorhaben gesteckt wurde. Damit wurden etwa die gezielte Ausstrahlung von Eigenproduktionen wie "Schnell ermittelt" oder "Soko Donau" in ORF 1 und neue Formate wie "Wettlauf zum Südpol" oder die Talenteshow "Die große Chance" möglich. Zudem macht der Bericht auf die erfolgreiche Erweiterung der ORF-Sendefamilie durch die 24-Stunden-Spartenkanäle ORF III mit den Schwerpunkten Kunst, Kultur, Zeitgeschichte und Politik sowie ORF Sport+, die Erhaltung des ORF-Radiosymphonieorchesters und die generelle Aufstockung der ORF-Mittel zur Förderung der heimischen Film- und Produktionswirtschaft aufmerksam.

Insgesamt ist der ORF überzeugt, dass das Unternehmen sowohl seinen öffentlich-rechtlichen Kernauftrag erfüllt, als auch allen weiteren im ORF-Gesetz verankerten Vorgaben nachkommt.

Rekordwerte bei Informationssendungen

Rekordwerte erreichten laut Bericht 2011 die Informationssendungen und Magazine des ORF. Vor allem die Berichterstattung über den arabischen Frühling und die Atom-Katastrophe von Fukushima, aber auch die Ereignisse rund um die europäische Schuldenkrise wurden von der Bevölkerung mit Interesse verfolgt. So haben etwa rund 82 % der heimischen TV-ZuseherInnen zumindest einen der rund 550 ORF-Beiträge zum Umsturz in Ägypten verfolgt. Ebenfalls hervorragende Reichweiten konnten die Vorabendsendung "Heute in Österreich", verschiedene Show-Großevents, die Universum-Serie sowie einige österreichische Film- und TV-Produktionen erzielen.

Für den ORF zufriedenstellend hat sich auch die "Okidoki"-Leiste entwickelt: seit dem Start konnte in der Früh und am Wochenende mit neuen Formaten die Marktführerschaft bei den Kindern wieder übernommen bzw. gehalten werden.

Aufgeschlüsselt nach Programmkategorien, entfielen 2011 21 % des Gesamtprogramm-Outputs des ORF-Fernsehens auf den Bereich Information – davon 13 % auf Nachrichten sowie 8 % auf "Current Affairs", Politik, Magazine und Diskussionen) –, wobei dazu etwa auch die Live-Übertragungen der Hochzeit des britischen Thronfolgers Prinz William und der Beisetzung Otto Habsburgs gezählt wurden. Dazu kommen 45 % Unterhaltung, 5 % Kultur und Religion, 10 % Wissenschaft, Bildung und Lebenshilfe, 6 % Sport und 12 % Familie. Damit hat sich am jeweiligen Anteil der Programmkategorien gegenüber 2010 nur wenig geändert.

Die neun regionalen Ausgaben von "Bundesland heute" erzielten im Jahresdurchschnitt 2011 eine Sendungsreichweite von 1,04 Millionen Menschen, das entspricht einem Marktanteil von 55 %. Besonders beliebt ist die Regionalsendung dabei vor allem in Kärnten (Marktanteil 67 %) Vorarlberg (65 %) und Tirol (64 %). Dem gegenüber erreichen Wien und Niederösterreich nur einen Marktanteil von jeweils 41 %. Laut Bericht tragen die Landesstudios aber auch durch andere Sendungen zum Programmerfolg des ORF bei – insgesamt wurden für sie 14,7 % der ORF-Budgetmittel aufgewendet, ihr Anteil am Programmbudget lag bei 17,3 %.

Förderung der österreichischen Identität

Gemäß ORF-Gesetz ist der ORF zur Förderung der österreichischen Identität und zur angemessenen Berücksichtigung österreichischer Produktionen verpflichtet. Diesen Aufträgen ist der ORF laut Bericht eindeutig nachgekommen. Er widmete 60,7 % (2010: 59,6 %) seiner Sendezeit Produktionen, die zumindest eines dieser beiden Kriterien erfüllen, in der Primetime zwischen 18 Uhr und 20 Uhr betrug der Anteil der Sendungen mit Österreichbezug sogar 78,2 %. Auch die auf einer EU-Richtlinie basierende Vorgabe, außerhalb von Nachrichten, Sportberichten und Spieleshows bevorzugt europäische Werke zu senden, wurde mit einem Gesamtwert von 68,2 % (ORF 1 39,9 %, ORF 2 96,1 %) erfüllt.

Ebenso erfüllt sieht der ORF seine Verpflichtung, in den Hauptabendprogrammen des ORF-Fernsehens (20 Uhr bis 22 Uhr) in der Regel anspruchsvolle Sendungen zur Wahl zu stellen. Zum Beleg hat er zwei typische Musterwochen, eine im April und eine im September, dokumentiert. Dabei werden neben diversen Informationsmagazinen, der Opernproduktion Anna Bolena und der Universum-Reihe auch die Millionenshow, die Krimiserien "Schnell ermittelt" und "Tatort" sowie die Sendung "Wir sind Kaiser" angeführt.

Zusätzliches Angebot für Volksgruppen und für gehörlose Menschen

Das Programmangebot für die österreichischen Volksgruppen wurde laut Bericht seit 2001 kontinuierlich ausgeweitet und optimiert. So werden etwa mit dem im vergangenen Jahr erfolgten Start von ORF III nunmehr alle TV-Magazine für Volksgruppen österreichweit ausgestrahlt.

Die slowenische Redaktion im Landesstudio Kärnten produziert nicht nur das wöchentlichen TV-Magazin "Dober dan, Koroška" und Sendungen für die slowenische Volksgruppe auf Radio Kärnten, sondern stellt täglich auch ein achtstündiges Informations- und Unterhaltungsprogramm in slowenischer Sprache für Radio AGORA bereit, das in Kooperation mit dem ORF ein 24-stündiges Vollprogramm für die slowenische Volksgruppe bietet. Auf der Videoplattform ORF-TVthek haben Volksgruppenangehörige die Möglichkeit, rund um die Uhr und sieben Tage rückwirkend die ORF-Magazine für Volksgruppen zu sehen. Ebenso verweist der Bericht auf Live-Streams von Radio Burgenland, Radio Kärnten und Radio Agora sowie tägliche aktuelle muttersprachliche Informationen im Internet.

Sukzessive weiter ausgebaut hat der ORF auch das Gerhörlosenservice. Demnach wurden 2011 in ORF 1 und ORF 2 bereits mehr als 9.000 Sendestunden untertitelt, was einer Untertitelungsquote von 51,89 % und einer Steigerung von 10,76 Prozentpunkte gegenüber 2010 entspricht. Dabei wird bei Live-Sendungen, etwa Nationalratsdebatten, auch moderne Spracherkennungstechnik eingesetzt. Insgesamt wurden, wie der Bericht hervorhebt, nicht nur Standardsendungen der Information wie "Zeit im Bild" und "Heute in Österreich", sondern auch sämtliche österreichischen Fernsehfilme und internationalen Blockbuster untertitelt.

Weiters arbeitet der ORF am schrittweisen Ausbau der Audiodeskription für stark sehbehinderte Menschen. Mit insgesamt 676,5 Sendestunden wurde bereits 2011 das für 2013 geplante Etappenziel erreicht. Live-Audiokommentierung wird etwa bei der 6. Staffel der "Dancing Stars" angeboten, auch die neue Staffel von "Soko Donau" läuft als Hörfilmfassung im ORF.

In Zusammenhang mit "Humanitarian Broadcasting" erwähnt der Bericht unter anderem "Licht ins Dunkel", "Nachbar in Not" und die Telefonhotline für Kinder und Jugendliche "147 Rat auf Draht".

Umrüstung auf digitales Antennenfernsehen abgeschlossen

Was die Versorgung der Bevölkerung mit TV- und Radioprogrammen betrifft, macht der Bericht darauf aufmerksam, dass die Umrüstung auf digitales Antennenfernsehen 2011 abgeschlossen werden konnte. 96 % des Bundesgebiets sind nun digital über Antenne versorgt. Die technische Reichweite von ORF 1 und ORF 2 wird mit 99,99 % bzw. 8,3 Mio. EinwohnerInnen angegeben, der Versorgungsgrad der Radioprogramme erreicht in Monoqualität 98,2 % und in Stereoqualität 96,6 %. Die neuen Programme ORF III sowie ORF Sport+ können allein über Antenne mittlerweile von 86 % der Bevölkerung empfangen werden.

Das Programm ORF 2 Europe (ORF 2E) ist über den Digitalsatelliten Astra außerhalb von Österreich in 26 Ländern zu empfangen: über dieses Programm werden zwischen 6 Uhr und 24 Uhr rund 80 % des Angebots von ORF 2, darunter sämtliche Informationsformate, unverschlüsselt ausgestrahlt. Das Teletext-Angebot auf ORF 2E ist rund um die Uhr verfügbar.

Der ORF setzte 2011 auch seine Kooperationen mit 3sat und dem deutsch-französischen Kulturkanal ARTE fort, wobei der ORF-Anteil am 3sat-Programm rund 25 % betrug. Der Gesamtmarktanteil von 3sat in Österreich blieb mit 1,9 % stabil, in Deutschland erreichte er erneut 1 %, in der Schweiz 1,1 %. Zum bayerischen Bildungskanal BR-alpha trug der ORF rund 250 Programmstunden bei.

Ebenfalls im Bericht erwähnt wird die Wiederbestellung von Alexander Wrabetz zum ORF-Generaldirektor und die Wahl der ORF-DirektorInnen. (Schluss)