Parlamentskorrespondenz Nr. 102 vom 13.02.2013

RH-Präsident wünscht sich klare Richtlinien beim Spekulationsverbot

Debatte über Tätigkeitsbericht des Rechnungshofs 2012

Wien (PK) – Die umfassende Tätigkeit des Rechnungshofs im Jahr 2012 stand im Mittelpunkt des zweiten Teil des heutigen Ausschusses. RH-Präsident Josef Moser präsentierte einleitend eine Zusammenfassung des diesbezüglichen Berichts (III-372 d.B.), der auf über 360 Seiten einen Überblick über die stattgefundenen Prüfungen, ausgewählte Themen der öffentlichen Finanzkontrolle, den Stand der Nachfrageverfahren und die neuen Sonderaufgaben gibt.

Im Rahmen der Debatte über das Kapitel "Anforderungen an das Rechnungswesen der Länder und Gemeinden" nahm Moser auch Stellung zu jenen Gesetzesentwürfen, mit denen die Einigung zwischen Bund und Ländern über ein Spekulationsverbot umgesetzt werden soll. Sein Haus habe bereits in einer Stellungnahme darauf hingewiesen, dass das angestrebte bundesweite Spekulationsverbot durch das vorgesehene Regelungsregime nicht erreicht werden könne. Sollte sich am derzeitigen Vorschlag nichts mehr ändern, dann wäre es besser, den Rechnungshof als zuständiges Kontrollorgan herauszustreichen. Hinsichtlich der finanziellen Ausstattung seines Hauses wies Moser darauf hin, dass seine Mitarbeiter aufgrund der angespannten Budgetsituation und der zusätzlichen Fülle an Aufgaben, die dem Rechnungshof in der letzten Zeit übertragen wurden, die Prüftätigkeit im bisherigen Ausmaß nicht aufrechterhalten können.

Kogler: Bedenken des Rechnungshofes zum Spekulationsverbot ernst nehmen

Ausschussvorsitzender Werner Kogler (Grüne) konzentrierte sich in seiner Wortmeldung vor allem auf die im Bericht geäußerte Forderung des Rechnungshofs, das Rechnungswesen der Länder und Gemeinden dringend weiterzuentwickeln. Genau die angeführten Probleme und Missstände – nämlich mangelnde Aussagekraft und Transparenz sowie mangelnde Vollständigkeit und Vergleichbarkeit – seien die Ursache dafür, dass es zu solchen Finanzskandalen wie in Salzburg überhaupt kommen konnte. Aufgrund des öffentlichen Drucks hätte der Bundesgesetzgeber nun die historische Chance, wirklich wirksame Instrumente zu schaffen, die auch den Ländern nützen würden, betonte Kogler.

Wenn man sich allerdings die aktuellen Entwürfe sowie die 15a-Vereinbarung mit den Ländern ansieht, dann komme man zum Schluss, dass es besser sei, gar kein Gesetz zu beschließen, als eines, das so tut als ob es etwas verhindern würde. Außerdem müsste man zumindest ein Expertenhearing veranstalten, in dem auch Ländervertreter zu Wort kommen sollen. Einer seiner vielen Kritikpunkte war etwa, dass jedes Bundesland selbst entscheiden könne, was unter einem risikoreichen Finanzgeschäft zu verstehen ist; dies sei völlig absurd. Auch könnte man mit den neuen Bestimmungen nicht verhindern, dass weiterhin Wohnbaudarlehen wie etwa in Niederösterreich verkauft werden, wodurch ein realer Verlust von über einer Milliarde Euro verursacht wurde.

Was die Pläne bezüglich eines Spekulationsverbots anbelangt, so müsse auch nach Ansicht des Abgeordneten Alois Gradauer (FPÖ) ein entsprechendes Verfassungsgesetz verabschiedet werden, das jegliche Spekulation mit Steuergeldern verhindert. Wenn man sich die aktuellen Vorschläge der Regierung aber ansieht, dann werde dies in Zukunft noch immer möglich sein, stellte er kritisch fest.

Präsident Josef Moser trat unter Bezugnahme auf den Bericht dafür ein, das zukünftige Rechnungswesen einheitlich und nach internationalen Standards zu gestalten. Die derzeitigen Regelungen zum Rechnungswesen der Länder und Gemeinden entsprechen diesen Kriterien nicht. Eine Weiterentwicklung in Richtung Klarheit, Transparenz und Vergleichbarkeit sei dringend erforderlich, um Vorfälle wie in Salzburg, wo der Rechnungshof bewusst hinters Licht geführt wurde, vermeiden zu können. An den derzeitigen Vorschlägen kritisierte er u.a., dass es zum Beispiel keine klare Definition "risikoreicher" Gebarungsvorgänge der Gebietskörperschaften gebe. Dies bleibt einem Bundesgesetz, neun Landesgesetzen und zehn Richtlinien vorbehalten. Daraus ergebe sich ein zu großer Gestaltungsspielraum für die Gebietskörperschaften. Wenn der Gesetzgeber keine Mindeststandards festlegt und keine konkreten Zielvorgaben macht, dann könne auch der Rechnungshof nicht entsprechend prüfen, warnte Moser.

Abgeordneter Werner Kogler (Grüne) appellierte noch einmal eindringlich an die Mandatare aller Fraktionen, in ihren Klubs auf eine Änderung beim Spekulationsverbot hin zu wirken. "Was müsse der Rechnungshofpräsident noch sagen", fragte sich Kogler, damit erkannt werde, dass die derzeitigen Bestimmungen völlig unzureichend sind.

Ein arbeitsreiches Jahr für den Rechnungshof

Die Abgeordneten nahmen den umfassenden Tätigkeitsbericht zum Anlass, um detaillierte Fragen zu den einzelnen Kapiteln zu stellen. Abgeordneter Hermann Gahr (ÖVP) sprach die Gemeindeprüfungen an und wollte wissen, wie viele Spenden nach dem Parteiengesetz bis dato gemeldet wurden. Abgeordnete Gabriela Moser (Grüne) ging auf die umgesetzten Empfehlungen des Rechnungshofs ein und machte darauf aufmerksam, dass gewisse Ministerien säumig bei der Einhaltung von legistischen Rahmenbedingungen seien. Abgeordnete Martina Schenk (BZÖ) war der Auffassung, dass der Rechnungshof die Kompetenz erhalten sollte, auch Gemeinden unter 10.000 Einwohnern prüfen zu können, da sich diese oft hoch verschulden. Außerdem erkundigte sie sich danach, ob der Rechnungshof seine Fülle an Aufgaben trotz der geforderten Einsparung von 30 Planstellen noch erfüllen kann. Abgeordnete Christine Lapp (SPÖ) befasste sich insbesondere mit der Umsetzung der Empfehlungen des Rechnungshofs und entnahm dem Bericht, dass etwa drei Viertel davon übernommen werden. Als besonders hilfreich stufte sie die vorgenommen Querschnittsprüfungen ein, die sowohl für die überprüften Stellen als auch die politischen Entscheidungsträger eine wichtige Grundlage darstellen.

Abgeordneter Alois Gradauer (FPÖ) sprach von einem sehr guten Bericht und zeigte sich beeindruckt von der Arbeitsleistung der Mitarbeiter des Rechnungshofs. Seine konkreten Fragen galten der Zusammenarbeit mit den Landesrechnungshöfen, den Pensionsregelungen bei den ÖBB sowie dem Stand hinsichtlich der Durchforstung des Förder- und Subventionssystems, wo es ein großes Einsparungspotential geben würde. Sein Fraktionskollege Heinz-Peter Hackl (FPÖ) fragte nach dem ESM-Kontrollorgan und merkte schließlich noch an, dass kein Vertreter des Team Stronach bei der Sitzung anwesend ist, obwohl dies schon möglich wäre.

RH-Präsident Josef Moser wies eingangs darauf hin, dass der Rechnungshof ab dem 1.1.2013 die Dienstgeberbeiträge aus der Sozialversicherung selbst tragen müsse, was das Budget mit 9,4 Mio. € belastet. Abzüglich der zusätzlichen Mittel von 1,7 Mio. € ergebe sich noch immer eine Differenz von etwa 7,6 Mio. €, informierte Moser. Mit dem Medientransparenzgesetz und dem neuen Parteiengesetz seien aber zugleich sehr viele neue Aufgaben hinzugekommen, wodurch dem Rechnungshof für seine Kernaufgaben weniger Ressourcen zur Verfügung stünden. Seit 2011 ist der RH auch berechtigt, Gemeinden ab 10.000 Einwohnern zu prüfen, erklärte der Präsident. Um die ausgeweitete Zuständigkeit bestmöglich zu nutzen, habe man ein Gemeinde-Monitoring entwickelt, das von etwa 100 Kommunen bereits in Anspruch genommen wurde.

Mit einem Großteil der Empfehlungen, die der RH im Jahr 2011 in seinen Berichten an den Nationalrat ausgesprochen hatte, konnte eine Wirkung erzielt werden, d.h. es erfolgte eine Umsetzung bzw. eine Umsetzungszusage durch die überprüfte Stelle, erläuterte Moser. Nicht ganz so gut schaue es in jenen Bereichen aus, wo echte Strukturbereinigungen notwendig wären (z.B. Gesundheit, Bildung, Landeslehrer, Förderungsbereich etc.). Zu den begutachteten 212 Gesetzes– und Verordnungsentwürfen des Bundes könne festgehalten werden, dass eine Kalkulation und Darstellung der finanziellen Auswirkungen lediglich in rund 56 % der Fälle in ausreichendem Umfang erfolgt ist. Dem Abgeordneten Gahr teilte Moser noch mit, dass bis dato sieben Meldungen bezüglich Spenden nach dem Parteiengesetz (über 50.000 €) erfolgt sind. Die Pensionsregelungen der ÖBB sind Prüfgegenstand im heurigen Jahr, entgegnete er dem Abgeordneten Gradauer. (Schluss) sue