Parlamentskorrespondenz Nr. 432 vom 22.05.2013

Spekulationsverbot wieder nicht auf der Tagesordnung

BZÖ verlangt Einwendungsdebatte im Nationalrat

Die Diskussion über das Spekulationsverbot in der österreichischen Verfassung müsse in die Tagesordnung zur heutigen Nationalratssitzung aufgenommen werden. Diese Forderung der Opposition verdeutlichte das BZÖ mit einem Verlangen auf eine Einwendungsdebatte, dem im Anschluss an die Aktuelle Europastunden Rechnung getragen wurde. Während die Oppositionsparteien dabei durchwegs kritisierten, die derzeitige Vorlage zum Verbot von Spekulation mit Steuergeldern gewähre den Bundesländern bei ihren Finanzgeschäften zu viel Entscheidungsfreiheit, orteten die Regierungsfraktionen die Blockade zum Beschluss dieses Verfassungsgesetzes allein bei der Opposition.

Die Einwände gegen die Tagesordnung wurden nur von den Oppositionsfraktionen unterstützt und blieben daher in der Minderheit.

Opposition kritisiert Ländereinfluss bei Spekulationsverbot

BZÖ-Klubobmann Josef BUCHER erklärte, angesichts der aktuellen Entwicklungen rund um die Verhandlungen über ein in der Verfassung verankertes Spekulationsverbot, müsse sich das Plenum ernsthaft mit der betreffenden Vorlage befassen. Konkret stieß er sich an den letzten Bemerkungen des Vorsitzenden der Landeshauptleutekonferenz, Markus Wallner, der dem Nationalrat Untätigkeit in dieser Frage unterstellt habe. Tatsächlich seien es nur die Regierungsparteien, die eine Umsetzung des Verbots behinderten. Seine Fraktion stehe dafür ein, so Bucher, Steuergeld unantastbar für Spekulanten zu machen, auch in ausgegliederten Gesellschaften, wo mit dem Vorschlag von SPÖ und ÖVP weiterhin eine Spekulieren ermöglicht werde.

Der Kritik am derzeitigen Vorschlag für ein österreichweites Spekulationsverbot hielt SPÖ-Klubobmann Josef CAP entgegen, Rechnungshofpräsident Moser habe diesem sehr wohl seine Zustimmung erteilt. Allerdings brauche es eine Zwei-Drittel-Mehrheit im Plenum, um die verfassungsrechtliche Regelung, die unter anderem ein einheitliches Haushaltsrecht vorsieht, zu beschließen. Das Grundproblem liege daher bei den Oppositionsparteien, vor allem bei FPÖ und den Grünen, mit denen keine Einigung über das Anti-Spekulationsgesetz zu erzielen sei.

FPÖ-Klubobmann Heinz-Christian STRACHE erinnerte daraufhin, die Opposition habe mit klaren Vorschlägen zu dem Gesetzesentwurf ihr Interesse an einer Durchsetzung des Spekulationsverbots in ganz Österreich verdeutlicht. Der Bestimmung über ein gemeinsames Haushaltrecht stimme man völlig zu, problematisch sei jedoch, dass den Landeshauptläuten durch 15a-Vereinbarungen die Möglichkeit zur Spekulation weiterhin offenstehe. Denn der Ausdruck "risikoavers" biete den Ländern zu viel Interpretationsspielraum, wenn es um die Definition von Risikogeschäften geht, der Begriff "mündelsicher" wäre hier eine weit bessere Formulierung, schlug Strache vor.

Regierung will Schuldenmanagement und volle Transparenz

Die Regierung habe nach Aufkommen des Finanzskandals in Salzburg sofort reagiert, replizierte Abgeordneter Günter STUMMVOLL (V) und bezog sich dabei auf die Anti-Spekulations-Vereinbarung zwischen Bund und Ländern. Die Begrifflichkeit "risikoavers" sage eindeutig aus, dass bei Finanzgeschäften jedes vermeidbare Risiko zu unterlassen ist, ging er näher auf Straches Kritik ein. Außerdem sehe der Entwurf auch eine strategische Jahresplanung des Schuldenmanagements und volle Transparenz über alle Transaktionen vor. Letztendlich habe auch der Rechnungshof die Vorlage als gangbar akzeptiert, die Opposition müsse daher nun entscheiden, ob das Spekulationsverbot noch vor dem Sommer als Verfassungsgesetz beschlossen werde, bekräftigte der ÖVP-Mandatar seinen Vorredner Cap.

Grün-Mandatar Werner KOGLER (G) machte klar, aus Sicht seiner Partei gebe der aktuelle Gesetzesentwurf den Bundesländern eine "Lizenz zur Spekulation" und sei daher abzulehnen. Dass darin Kreditaufnahmen zur Wiederveranlagung untersagt werden, sei zwar begrüßenswert, doch eigentlich unnötig, da dies ohnehin nicht mehr der Praxis entspreche. Gefährlich wertete Kogler, dass die Definition von "Risiko" in der Vorlage den Ländern überlassen werde, wodurch diese über 15a-Vereinbarungen munter weiter spekulieren könnten. Kogler appellierte an das Plenum, die Vorlage auf die Tagesordnung zu setzen, um sie nach einer eingehenden Ausschussverhandlung zur Beschlussfassung zu bringen.  

Team Stronach-Klubobmann Robert LUGAR war der Ansicht, Bundesländern müssten Eigenveranlagungen völlig verboten werden. Immerhin hätten sie die Möglichkeit über die Bundesfinanzierungsagentur Mittel zu erlangen. Um aber die damit einhergehende Kontrolle ihrer Finanzgeschäfte zu umgehen, schlössen die Länder lieber Bankkredite zu oft schlechten Zinssätzen ab und versuchten in Folge, die Verluste durch Zinstauschgeschäfte auszugleichen, skizzierte der Stronach-Politiker. Die Bundesländer hätten kein Interesse, ihre Finanzgeschäfte kontrollieren zu lassen, fasste Lugar zusammen, doch die Opposition stehe nicht für ein von Landeshauptläuten bestimmtes Gesetz zur Verfügung.

Der Bund habe in Österreich Steuerhoheit, hielt Abgeordneter Rainer WIDMANN (B) fest. Dennoch würden die Bundesländer mit Steuergeld spekulieren, monierte er und verbat sich, der Opposition die Schuld an den erfolglosen Umsetzungsversuchen eines bundesweiten Spekulationsverbots zu geben. Der derzeitige Entwurf dazu sei ein reines "Placebo-Papier", mit dem Vorkommnisse wie der niederösterreichische Wohnbaugeld-Skandal, das Spekulationsdesaster in Salzburg oder auch die SWAP-Geschäfte der Stadt Linz nicht unterbunden würden, sagte der BZÖ-Mandatar. Seine Partei fordere neben der verfassungsrechtlichen Verankerung des Spekulationsverbots und einem einheitlichen Haushaltsrecht, das Klarheit über Schulden und Haftungen der Länder gebe, auch die Einbindung des Rechnungshofpräsidenten in die Ausarbeitung des diesbezüglichen Gesetzes, so Widmann.

Abgeordneter Elmar PODGORSCHEK (F) zeigte auf, weitere Ausschussverhandlungen über die Gesetzesvorlage seien unbedingt nötig, um eindeutig abzusichern, dass keine Spekulationsgeschäfte durch Bund, Länder und Gemeinden mehr möglich sind. Die positive Beurteilung der Vorlage durch RH-Präsidenten Moser habe sich lediglich auf das darin festgelegte einheitliche Rechnungswesen bezogen, da dies die Rechnungshofkontrolle erleichtere. Anzukreiden sei dem Papier jedoch, dass es ausgelagerten Rechtsträgern weiterhin die Option biete, zu spekulieren. Aus diesem Grund könne die FPÖ dem nicht zustimmen, schloss Podgorschek.

Die Grünen verlangten ebenso nach einer "wasserdichten Regelung", die überprüfbar Spekulationen mit Steuergeld verunmögliche, betonte Abgeordneter Bruno ROSSMANN (G). Es gelte, in dem Gesetz klarzustellen, wie bei Veräußerungen von Landes- und Bundesvermögen hinsichtlich Veranlagungen zu verfahren ist, präzisierte der Grün-Mandatar die Vorstellungen seiner Fraktion. Erneut beanstandete er, dass mittels der 15a-Verträge den Bundesländern die Risikodefinition von Finanzgeschäften übertragen wird. Insgesamt müsse die Politik durch eine Modernisierung der Finanzverfassung sowie des bundesweiten Rechnungswesens Sorge für einen zukunftsfähigen Föderalismus in Österreich tragen, befand Rossmann.

Abgeordneter Gerald GROSZ (B) warf den Koalitionsparteien vor, aus den Spekulationsskandalen in Bundesländern und Gemeinden nichts gelernt zu haben. SPÖ und ÖVP blockierten die Verhandlungen über ein Spekulationsverbot, dem alle Oppositionsparteien sofort zustimmen würden, unter der Voraussetzung, dass es seinen Namen verdiene. Auch der Rechnungshof als Kontrollorgan des Nationalrats habe ein wirksames Spekulationsverbot eingefordert. Die Koalition sei aber nur zu einem Placebo bereit, so der Vorwurf des Abgeordneten, der dahinter Rücksichtnahme auf die Landeshauptleute vermutete. Die Abgeordneten von ÖVP und SPÖ befänden sich in Geiselhaft der Landespolitik. Sie sollten jedoch Anwälte der SteuerzahlerInnen, nicht der Spekulanten und Banken sein. (Schluss Einwendungsdebatte/Fortsetzung Nationalrat) red