Parlamentskorrespondenz Nr. 245 vom 26.03.2014

Opposition kritisiert Versagen des landwirtschaftlichen Förderwesens

Landwirtschaftsminister Rupprechter verspricht dauerhafte Lösung für Almflächen

Wien (PK) – Das Team Stronach thematisierte in Rahmen einer Kurzen Debatte während der heutigen Nationalratssitzung das "Almchaos", für das die Agrarförderverwaltung von Landwirtschaftsministerium, AMA und Landwirtschaftskammer verantwortlich zu machen sei. Anlass für die Debatte über die Zukunft der Almwirtschaft bot die Beantwortung einer Anfrage von Abgeordnetem Leopold Steinbichler (T) durch Landwirtschaftsminister Andrä Rupprechter zum weiteren Umgang mit den Rückforderungen und Strafen, mit denen Almwirtschaft betreibende Bäuerinnen und Bauern konfrontiert sind. Der Kritik des Team Stronach schlossen sich Abgeordnete von FPÖ und Grünen an. Auch die Vertreter der Koalition unterstrichen die Bedeutung der Almwirtschaft und hoben hervor, dass frühere Probleme der Vermessungsmethoden nun behoben und die entstandenen Problemfälle individuell geprüft werden.

Landwirtschaftsminister Andrä Rupprechter wies den Vorwurf von Chaos im Förderwesen zurück. Es gebe klare Regelungen, nach denen hier vorgegangen werde. Die Task Force Alm habe zudem bereits konkrete Empfehlungen zur Verbesserung der Almflächenfeststellung erarbeitet und auch Wege gezeigt, wie die Zahl der Fälle, wo tatsächlich Rückzahlungen zu leisten seien, stark reduziert werden könne, sagte der Minister. Eine Aufrollung von Fällen könne es nur dort geben, wo eine rechtliche Basis dafür vorhanden sei.

Team Stronach: Verantwortung für "Almchaos" liegt bei Bürokratie

Abgeordneter Leopold Steinbichler (T) setzte sich für die Almbauern und Almbäuerinnen ein, die seit vier Jahren mit hohen Rückforderungen für erhaltene Förderungen und teilweise mit Strafbescheiden konfrontiert seien. Dabei treffe sie in den allermeisten Fällen gar keine Schuld an falschen Flächenfeststellungen, sondern der Fehler sei im System festgelegt. Von den Landwirtschaftskammern wurden falsche Bescheide ausgestellt, gegen die den LandwirtInnen kein ausreichender Rechtsschutz gewährt werde. Es sei daher staatliche Aufgabe, die Systemfehler zu sanieren. Das sei nicht nur die Meinung der Bäuerinnen und Bauern, sondern auch der Volksanwaltschaft.

Landwirtschaftsminister Rupprechter habe zwar das "Almchaos" von seinem Vorgänger geerbt und sich rasch um eine Lösung bemüht, aber was er vergangene Woche präsentiert habe, sei noch nicht ausreichend. Noch immer gebe es neue Rückforderungen und Strafandrohungen. Die Betroffenen brauchten, wie auch die so genannten Altfälle, endlich eine Lösung. In der Anfragebeantwortung des Ministers sei das wahre Ausmaß des Versagens der Behörden geschickt verschleiert und die Haftungsfrage bewusst ausgeklammert worden. Der Minister müsse für lückenlose Aufklärung sorgen, die Behördenfehler eingestehen und die Betroffenen umfassend entschädigen, forderte Steinbichler.

Seine Parteikollegin Waltraud Dietrich (T) bekräftigte, das System der Almflächenfeststellung sei eine bürokratische Fehlgeburt, und die dafür Verantwortlichen müsste im Grunde eine Amtshaftungsklage treffen. Sie habe sogar den Eindruck, es sei von vornherein darauf angelegt worden, sich einen Teil der Förderungen wieder zurückzuholen. Die LandwirtInnen würden für Systemfehler verantwortlich gemacht, auf die sie keinen Einfluss hatten. Weder die ÖVP, noch das Landwirtschaftsministerium oder die AMA dürften sich jetzt aus der Verantwortung stehlen. Dietrich meinte, es werde ein immer größeres Kontrollsystem für immer weniger Bäuerinnen und Bauern aufgebaut und forderte einen Bürokratieabbau.

Rupprechter: Neues Fördermodell reduziert ab 2015 Rückforderungen

Landwirtschaftsminister Andrä Rupprechter betont eingangs, die Arbeit der 28.000 Almbauern sei für die Kulturlandschaft in Österreich unverzichtbar und die Lösung der Frage der Flächenfeststellung ihm ein Herzensanliegen. Die von ihm unmittelbar nach Amtsantritt eingesetzte Task Force Alm habe bereits viele Lösungen anbieten können. Es gebe eine Reihe von Möglichkeiten, bei Antragstellern, die ersichtlich keine Schuld an falschen Angaben trifft, von Zahlungen abzusehen oder einen Ausgleich für sie zu schaffen. An der genaueren Erfassung der Almflächen werde weiter gearbeitet. Auch die Forderungen der EU zur Flächenberechnung und Förderverwaltung würden umgesetzt. Die Verfahren sollen einfacher und sicherer werden. 2014 wird die Flächenfeststellung zentral durch die AMA erfolgen. Für die neue Förderperiode solle zudem ein neues Fördermodell zur Anwendung kommen, das auch bei etwaigen Flächenabweichungen die Rückzahlungsforderungen begrenzt. Es sei ein Zukunftsmodell, dass Teil der von seinem Ressort bereits zur Begutachtung vorgelegten Marktordnungsnovelle sei und ab 2015 zur Anwendung kommen soll.

Rupprechter stellte fest, die Rückzahlungsforderungen für die Periode 2005-2012 in Höhe von insgesamt 26 Mio. € sollten in Relation zu einer Gesamtsumme von 9 Milliarden an ausbezahlten Förderungen gesehen werden. Er sei auch sicher, dass im Großteil der Fälle ein für die LandwirtInnen akzeptabler Weg der Reduzierung der Forderungen gefunden werden könne. Zahlungen, die für gar nicht vorhandene Flächen geleistet wurden, müssten allerdings in jedem Fall zurückgefordert werden. Die rechtliche Grundlage müsse stets beachtet werden, daher könne es keine Generalabsolution geben, so der Minister.

Preiner: Ministerium soll Kosten der Rückforderungen tragen

Erwin Preiner (S) stellte fest, es gehe in dieser Frage letztlich um die gerechte Verteilung der Fördergelder, damit profitable Familienbetriebe und eine kleinstrukturierte Landwirtschaft auch im Almbereich gesichert bleiben. Preiner betonte die Bedeutung von Rechtssicherheit für die LandwirtInnen. Den Kern des Problems erkannte Preiner darin, dass es bei den von den Landwirtschaftskammern mit den Vermessungen Beauftragten Interessenskonflikte zwischen den Aufgaben der Vollziehung und ihrer Funktion als Interessensvertreter gab. Solche Unschärfen müssten in Zukunft vermieden werden. Preiner setzte sich dafür ein, dass für Ansuchen, die im guten Glauben gestellt wurden, allfällige Rückforderungen das Ministerium trägt.

Gahr: Jeder Fall wird geprüft und eine Lösung gesucht

Seitens der ÖVP wies Abgeordneter Hermann Gahr darauf hin, dass das bisherige System der Almflächenfeststellung überholt sei, und plädierte dafür, den betroffenen Betrieben rasch Recht und Gerechtigkeit widerfahren zu lassen. Dem neuen Landwirtschaftsminister hielt Gahr zugute, dass er sich dem schweren Erbe, das er übernommen habe, gestellt und rasch eine Lösung präsentiert hätte. Er sei sicher, dass viele der Sanktionen entschärft oder abgewandt werden können. Es werde jeder Fall geprüft, versicherte er. Es gelte nun, die seit 2009 aufgetauchten Probleme zu lösen und Antworten für die Zukunft zu finden. Der Almleitfaden werde einfacher und praktikabler gestaltet. Das vom Minister vorgestellte System lege den Schwerpunkt nicht mehr auf Flächenförderungen und stelle mehr Bezug zur tatsächlichen Tierhaltung auf den Almen her.

Jannach: Verantwortung klären und sich nicht an LandwirtInnen schadlos halten

Abgeordneter Harald Jannach (F) sah einen Widerspruch zwischen den Worten seiner Vorredner von SPÖ und ÖVP und der Realität. Wenn bei 28.000 Betrieben mit Almwirtschaft nicht weniger als 18.000 mit Beanstandungen konfrontiert seien, gelte es, einen grundlegenden Systemfehler zu beheben. Die Verwaltung habe zudem mehrmals das System der Flächenfeststellung geändert. Nun seien die LandwirtInnen mit Rückforderungen wegen fehlerhafter Flächenfeststellungen konfrontiert, obwohl sie weder ein Mitwirkungs- noch ein Stellungnahmerecht gehabt hätten. Die Verantwortung der Behörden müsse eindeutig geklärt werden, diese dürften sich nicht an den LandwirtInnen "abputzen". Die Landwirtschaftskammern und die AMA sollten sich daher für ihren Fehler entschuldigen, verlangte Jannach.

Pirklhuber hat Zweifel an den Versprechen Rupprechters

Der Agrarsprecher der Grünen Wolfgang Pirklhuber meinte, bei den Almflächenberechnungen handle es sich um einen der größten Agrarskandale der vergangenen Legislaturperiode. Das entstandene Almchaos sei das Resultat der Weigerung der Regierung, Kritik aus der EU zur Kenntnis zu nehmen. Der neue Landwirtschaftsminister habe zweifellos ambitioniert begonnen. Seine Anfragebeantwortung selbst zeige aber auf, dass nur in den acht Monaten, seit er, Pirklhuber, an den damaligen Minister Berlakovich eine ähnliche Anfrage gestellt habe, sich die Zahl der Betroffenen und der Forderungen nahezu verdoppelt habe. Pirklhuber meinte daher, der einzige Weg einer umfassenden Sanierung des Problems müsse darin bestehen, die jetzt vorgeschlagene Lösung rückwirkend anzuwenden. Pirklhuber sprach auch das weitere Vorgehen des Ministers beim Programm Ländliche Entwicklung für die neue Förderperiode an. Der Minister habe den Abgeordneten zwar zugesagt, dass sie dazu umfassend informiert würden und mitwirken könnten. Nun entstehe bei ihm der Eindruck, dass dies nicht gewährleistet sei. Er sehe hier Erklärungsbedarf des Ministers, sagte Pirklhuber. (Fortsetzung Nationalrat) sox