Parlamentskorrespondenz Nr. 463 vom 21.05.2014

Schlagabtausch in der Budgetdebatte geht weiter

Nationalrat diskutiert über Rechnungshof, Volksanwaltschaft sowie Kunst und Kultur

Wien (PK) – Heftig kritisiert wurde in der heutigen Sitzung des Nationalrats die prekäre budgetäre Situation des Rechnungshofs, vor allem seitens der Opposition. Aber auch die Regierungsparteien bekundeten, dass sie sich für eine adäquate budgetäre Ausstattung des Kontrollorgans ab 2016 einsetzen werden. Weitere Themen in dieser Debatte über die Budgets der Jahre 2014 und 2015 betrafen unter anderem die Volksanwaltschaft sowie das Kapitel Kunst und Kultur.

Moser: Rechnungshof droht ein Loch von 3,8 Mio. € im Jahr 2016

In vielen Redebeiträgen machten sich Abgeordnete für eine bessere budgetäre Ausstattung des Rechnungshofs stark. Die Parlamentarierinnen und Parlamentarier müssten ein originäres Interesse daran haben, dass das eigene Kontrollorgan die hervorragende Arbeit auch fortsetzen kann, meinte etwa Daniela Musiol (G). Erschüttert zeigte sich auch Gabriela Moser (G). Der Rechnungshof helfe den Abgeordneten, ihre Kontrollpflichten wahrzunehmen, sagte sie. Demgegenüber würde der Rechnungshof mit realen Kürzungen konfrontiert sein, obwohl dessen Anforderungen steigen. Es könne somit nicht mehr garantiert werden, dass der Rechnungshof seine Aufgaben auch wahrnehmen kann. In diesem Sinne brachte sie einen Entschließungsantrag ein, in dem eine angemessene budgetäre Ausstattung des Rechnungshofs zur Abgeltung seines Mehraufwands gefordert wird. Zudem legte Ihr Klubkollege Dieter Brosz einen Abänderungsantrag zur Erhöhung des Rechnungshofbudgets vor.

Auch Wolfgang Zanger (F) setzte sich mittels eines Entschließungsantrags für eine höhere Dotierung des Rechnungshofs ein. Es sei pervers, dass ein Kontrollorgan von dem abhängig ist, den es kontrollieren soll, so Zanger. Ebenso kritisierte Martina Schenk (T) die "Aushungerung" des Rechnungshofs scharf. Dieser sei in der Verwaltungsreform vorbildlich vorangegangen, müsse aber nun seine Rücklagen aufbrauchen. Er laufe Gefahr, seine Kernaufgaben nicht mehr erfüllen zu können, befürchtete Schenk. Auch sie forderte in einem Entschließungsantrag, dem Rechnungshof die erforderlichen Mittel zur Wahrung seiner Aufgaben zur Verfügung zu stellen.

"Der Rechnungshof ist so stark wie das Parlament und das Parlament ist so stark wie sein Kontrollorgan", leitete Rechnungshofpräsident Josef Moser seine Stellungnahme ein. Er schilderte nochmals dramatisch die budgetäre Lage seiner Institution, die durch Reformen im eigenen Haus in den letzten Jahren 7,1 Mio. € an Rücklagen trotz höherer Anforderungen erarbeitet hat. Ab 2017 entstehe aber ein Loch von 3,8 Mio. €, rechnete er vor. Auch wenn seine Funktion mit 2016 ende, sehe er sich verpflichtet, die Verantwortung wahrzunehmen, um für Nachhaltigkeit in der budgetären Ausstattung des Rechnungshofs zu sorgen.

Zum Budget selbst meinte Moser, es sei richtig, dass Österreich besser dastehe als andere Staaten, aber ohne Strukturreformen werde dieser Vorteil rasch schwinden. Er untermauerte seine Argumente mit dem Hinweis darauf, dass Österreich bereits vor der Finanz- und Wirtschaftskrise Probleme hatte. So seien im Jahr 2006 trotz wesentlich höherer Steuereinnahmen noch mehr Schulden aufgenommen worden. Das zeige, dass Maßnahmen erforderlich seien und das derzeitige Handeln nicht ausreiche. Moser erinnerte an die Vorschläge seines Hauses etwa im Schulbereich. Dort gebe es trotz hoher Mittelausstattung schlechte Ergebnisse und das liege an den Fehlern des Systems. Moser kritisierte auch die 117 familienbezogenen Leistungen, wobei niemand wüsste, wie viel Geld tatsächlich bei den Familien ankommt. Für Behinderte stünden 16 verschiedene Anlaufstellen zur Verfügung, sagte Moser. Beispielhaft für den Gesundheitsbereich führte er das AKH an, das als Spital der Gemeinde Wien gehört und als Universität dem Bund. Dort fehlten eine gemeinsame Betriebsführung, Planung und Berichterstattung. Für das Budget 2015 sieht Moser noch Risiken, vor allem im Bereich Recht und Sicherheit.

Auch die Volksanwaltschaft kämpft ab 2016 mit Budgetproblemen

Wie die Arbeit des Rechnungshofs fand auch jene der Volksanwaltschaft großes Lob seitens der Abgeordneten. Auch wenn die Volksanwaltschaft mit ihren Mitteln bis 2015 die Aufgaben bewältigen kann, werde die Situation ab 2016 problematisch und ab 2017 nicht mehr lösbar, wie Volksanwalt Günther Kräuter betonte. Er wies auf den enormen Anstieg bei den Individualbeschwerden hin sowie auf die Anforderungen im Bereich Menschenrechtsschutz. In diesem Sinne appellierte er an die Abgeordneten, der Volksanwaltschaft die finanzielle Basis zu sichern.

Wie Kräuter präsentierte auch Volksanwalt Peter Fichtenbauer dem Nationalrat das Anliegen, die Kontrolltätigkeit der Volksanwaltschaft auszuweiten und zwar - wie beim Rechnungshof - auf ausgegliederte staatsnahe Betriebe. Volksanwältin Gertrude Brinek legte den Fokus auf die präventive Prüfung zur Einhaltung der Menschenrechte und meinte, die jüngsten Vorkommnisse in der Justizanstalt Stein machten deutlich, wie notwendig diese seien. Sie habe daher ein Sonderprüfverfahren eingeleitet. Hinsichtlich der Individualbeschwerden machte Brinek darauf aufmerksam, dass von diesem Instrument vornehmlich Männer Gebrauch machen. Die Volksanwaltschaft werde dem nachgehen und Maßnahmen in die Wege leiten, um mehr Frauen und junge Menschen von den Beschwerdemöglichkeiten zu informieren.

Die Anregung der Volksanwaltschaft, deren Prüfkompetenzen zu erweitern, wurde insbesondere von den Abgeordneten Carmen Gartelgruber (F), Norbert Sieber (V) und Johann Hell (S) positiv aufgenommen. Auch seien die budgetären Bedenken seitens der Volksanwaltschaft angekommen, bemerkte Sieber. Hell unterstützte ausdrücklich auch Überlegungen zur Ausweitung ihrer Rechte, etwa ein Rederecht in den Landtagen. Gertrude Aubauer (V) hob besonders die Arbeit zum Schutz der Menschenrechte hervor und forderte für den Betrieb von Pflegeheimen einheitliche Mindeststandards.

Lob für die Volksanwaltschaft und den Rechnungshofs kam auch von Josef Cap (S). Diese machten immer wieder Reformvorschläge, die auch der Verwaltung sparen helfen, sagte Cap. Unter Verweis auf Aussagen des Ökonomen Thomas Piketty, thematisierte er die wachsende Kluft zwischen Arm und Reich, die auch enorme soziale Kosten verursache. Bei aller Kritik an der Abgabenquote dürfe man nicht übersehen, dass hier auch Sozialversicherungsbeiträge und ähnliches eingerechnet seien. Veränderungen in diesem Bereich müssten richtig ansetzen, da sie sonst zu Lasten derer gingen, die auf den Sozialstaat angewiesen sind, warnte Cap.

Unterschiedliche Bewertungen der Kunst- und Kulturpolitik

Die Abgeordneten nahmen aber auch umfassend zum Thema Kunst und Kultur Stellung. Für ein modernes und zeitgerechtes Urheberrecht, das sich den neuen Gegebenheiten des Internets anpasst, sprachen sich Elisabeth Hakel (S) und Maria Fekter (V) aus. Hakel forderte eine gerechte Vergütung, wobei man über Bagatellbeträge reden müsse. Sie sprach sich ebenso für ein starkes Urhebervertragsrecht und transparente Verwertungsgesellschaften aus. Wolle man den Kulturschaffenden eine entsprechende Vergütung ihrer Leistungen sicherstellen, müsse man auf neue technische Entwicklungen reagieren, führte Fekter aus. Die ehemalige Finanzministerin hoffte darüber hinaus, dass das neue Film/Fernsehabkommen bald abgeschlossen werden kann. Hakel richtete sich direkt an den ORF und meinte, dass dieser in Punkto Film an der falschen Stelle spare. Sie trat auch vehement für einen höheren Anteil österreichischen Musikschaffens im ORF ein und warnte, sollte die Selbstverpflichtung nicht funktionieren, müsse man über eine Quote nachdenken. 

Maria Fekter zeigte sich erfreut darüber, dass das Kunst- und Kulturbudget in gleicher Höhe bleibe. Österreich könne damit seine Position als Kulturnation ausbauen. Dazu brauche man einige Legislativmaßnahmen. Zufrieden äußerten sich auch Katharina Kucharowits (S) und Ruth Becher (S). Kucharowits wies insbesondere auf den Gratiseintritt für Kinder und Jugendliche in den Bundesmuseen hin und propagierte das Projekt "Musik macht Schule". Beim EU-Programm Erasmus+ kommen ihr Kunst und Kultur zu kurz. Becher wiederum unterstütze die Programme für weibliche Kulturschaffende, und dabei vor allen das diesbezügliche Mentorenprogramm. Wie Christine Muttonen (S) unterstrich sie die Bedeutung der internationalen Vernetzung von Künstlerinnen und Künstlern und merkte an, dass Minister Ostermayer darauf besonderen Wert lege.

Weniger positiv sah Wolfgang Zinggl (G) das Kulturbudget. Mit einem Anteil von 0,6 % am Gesamtbudget sei man seit Jahren auf dem niedrigsten Niveau, kritisierte er. Hätte der Sozialminister nicht 30 Mio. € dazugeschossen, wäre noch weniger Geld vorhanden. Die Tatsache, dass Jahr für Jahr das gleiche Budget vorliege und die gleiche Aufteilung vorgenommen werde, treffe vor allem die Kleinen sowie neue Initiativen. Er forderte daher ein Kulturentwicklungsprogramm.

Die Freiheitlichen wiederum warfen der Kulturpolitik vor, zu viele StaatskünstlerInnen heranzuziehen. Diese würden sich gegenseitig die Subventionen zuschanzen, womit auch politische Willfährigkeit einhergehe, sagte etwa Walter Rosenkranz (F). Sein Klubkollege Wendelin Mölzer (F) brachte daher einen Entschließungsantrag zur steuerlichen Absetzbarkeit von Kunst- und Kultursponsoring ein. Das würde die öffentliche Hand entlasten und Kunst- und Kulturbetrieben mehr Geld bringen, argumentierte er. Außerdem wären Künstlerinnen und Künstler unabhängiger vom öffentlichen Subventionsmonopol.

Rosenkranz stellte seinerseits auch fest, dass Kunst seine Grenzen dort habe, wo dies der Anstand gebiete und Kinder und Jugendliche gefährdet würden. Er wandte sich auch gegen Verunglimpfung christlicher Symbole und kritisierte scharf das aktuelle Plakat des Life-Balls. Josef Riemer (F) griff aus den Wirkungszielen den offenen Kunst- und Kulturbetrieb heraus und meinte, das müsse man genau definieren, denn dafür zahlten die SteuerzahlerInnen. Die Forderung von Elisabeth Hakel nach einem fixen Anteil an deutschsprachiger Musik im ORF unterstütze er und brachte dazu auch einen Entschließungsantrag ein. Ein weiterer Entschließungsantrag der Freiheitlichen betrifft die Auflösung der Bundestheater-Holding. 

Verwaltungsreform, Verfassungsgerichtshof, Datenschutz und Presseförderung

In der weiteren Diskussion widmete sich Nikolaus Berlakovich (V) der Volksgruppenförderung. Österreich zeige vor, wie ein friedliches Zusammenleben möglich sei. Die Volksgruppen seien auch ein Bindeglied zu den Nachbarländern. Es sei daher positiv, dass diese Förderungen nicht gekürzt werden.

Angela Lueger (S) sah die Neuordnung im Bundeskanzleramt als Beispiel für sinnvolle Einsparungen in der Verwaltung. Dort werde auch die Abwicklung der Anträge an den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) durchgeführt, eine wichtige Aufgabe, wie sie feststellte.

Reinhard Eugen Bösch (F) kritisierte hingegen, dass der Elan der Bundesregierung in Bezug auf die Verwaltungsreform erlahmt sei. Einsparungspotential sah er vor allem durch eine Reform der Schulverwaltung, durch Straffung der Sozialversicherung und durch mehr Effizienz im Förderwesen.

Auch der Verfassungsgerichtshof war Thema der Debatte. Philip Schrangl (F) setzte sich in einem Entschließungsantrag dafür ein, dem Gericht alle notwendigen budgetären Mittel zur Verfügung zu stellen. Der Verfassungsgerichtshof habe trotz zunehmender Aufgaben 17 % seines Gesamtbudgets eingespart und die Verfahrensdauer bei Asylsachen von 21 Monaten auf 2 Monate kürzen können, lobte er das Höchstgericht. Daniela Musiol (G) sieht auf den Verfassungsgerichtshof zusätzliche Aufgaben durch den Beitritt der EU zum EMRK zukommen. Sie forderte darüber hinaus zu evaluieren, ob die Reform der Verwaltungsgerichtshöfe auch ihre Ziele erreicht hat.

Harald Stefan (F) meinte, die angekündigte Stärkung der direkten Demokratie könne er in der derzeitigen Politik der Regierung und im Budget nicht wiederfinden. Das selbe gelte für die Stärkung des Rechtsstaats. Der Verfassungsgerichtshof erhalte trotz neuer Aufgaben keine zusätzlichen Mittel.

Die mangelte Ressourcenausstattung der Datenschutzbehörde wurde von Albert Steinhauser (G) einer heftigen Kritik unterzogen. Die Bundesregierung schaue in einem sensiblen Bereich weg, sagte er und meinte: "Daten sind das neue Gold." Sie müssten geschützt werden, und wenn man das nicht garantiere, sei das bedenklich.

Sein Klubkollege Dieter Brosz (G) bezeichnete die gegenwärtige Form der Presseförderung als überholt, diese habe mit einer modernen zeitgemäßen Medienpolitik nichts zu tun. Er fand auch kein Verständnis für die weitere Kürzung der Presseförderung, zumal die indirekte Presseförderung, nämlich durch Inseratenvergabe nicht gekürzt werde. Damit sei keine qualitative Anforderung verbunden, so Brosz.

Michaela Steinacker (V) widmete sich dem Parlamentsbudget und unterstrich, dass man mit den Mitteln sorgsam umgehen werde. Die Parlamentssanierung bezeichnete sie als eine notwendige Maßnahme.

Für eine Dienstfreistellung öffentlich Bediensteter für die Dauer ihres Einsatzes im Rahmen der Freiwilligen Feuerwehr machte sich Gernot Darmann (F) durch einen Entschließungsantrag stark.

Schließlich stellte Hermann Gahr (V) fest, das Budget sehe nicht nur Einsparungen vor, es investiere auch an den richtigen Stellen. Was den Rechnungshof betreffe, so trage auch er durch Auflösung von Rücklagen seinen Teil zur Budgetkonsolidierung bei. Ganz sicher werde die Kontrolle nicht gekürzt, wies Gahr Kritik der Opposition zurück. Gabriele Tamandl (V) gab zu bedenken, wenn immer man von einer Verschlankung der Verwaltung sowie von den Pensionsausgaben spreche, dann stünden Menschen dahinter. Auch sie sah höchste Zeit für eine steuerliche Entlastung, diese sei aber erst dann möglich, wenn der Konsolidierungskurs eingehalten wird und damit Spielräume frei werden. Einer Vermögenssteuer erteilte Tamandl eine klare Absage, lediglich den Eingangssteuersatz zu senken, ist ihr zu wenig, sie sprach sich daher für eine strukturelle Reform auch mit dem Ziel der Vereinfachung aus. (Fortsetzung Nationalrat) jan/sox