Parlamentskorrespondenz Nr. 690 vom 10.07.2014

Einigkeit über Anschubfinanzierung für Ganztagsschulen

Mittel für Ausbau des Betreuungsangebots trotz Budgetkonsolidierung zugesichert

Wien (PK) – Nach langen Verhandlungen konnte diese Woche zuerst im Unterrichtsausschuss (siehe PK Nr. 663) und dann im Plenum Einstimmigkeit über die weitere Ausbaufinanzierung für Ganztagsschulen erzielt werden. Laut der nunmehr geänderten 15a-Vereinbarung über den Ausbau des institutionellen Kinderbetreuungsangebots wird der Bund heuer die Auszahlung überschüssiger Mittel für schulische Tagesbetreuung in Höhe von 50,2 Mio. € als Beitrag zur Budgetkonsolidierung auf 2017/18 bzw. 2018/19 verschieben. Außerdem will man die Gelder bedarfsgerechter eingesetzt wissen. Eigentlich für Personalaufwendungen veranschlagte Beträge können die Schulen mit der Gesetzesänderung auch für Infrastrukturmaßnahmen heranziehen. FPÖ und NEOS brachten im Laufe der Debatte außerdem Entschließungsanträge ein, die mehrheitlich abgelehnt wurden.

Bundesministerin Gabriele Heinisch-Hosek dankte dem Nationalrat für seine Zustimmung zur novellierten 15a-Vereinbarung. Durch die Novelle könne ihr Ressort einerseits die Sparvorgaben des Finanzministers erfüllen, gleichzeitig aber eine Anstoßfinanzierung für den Ausbau der Ganztagsbetreuung in beachtlicher Höhe sichern, sagte sie. Die Bildungsministerin warb außerdem dafür, gemeinsam die nächsten Schritte in der notwendigen Bildungsdebatte zu setzen.

SPÖ erfreut über mehr Mittel für Ausbau der Ganztagsbetreuung

Eine durchwegs gelungene Vereinbarung sah Elisabeth Grossmann (S), die sich bei allen bedankte, die einen Beitrag dazu geleistet haben. Positiv sei, dass das Ressort seinen Konsolidierungsbeitrag leiste, ohne dass im Klassenzimmer gespart werden müsse. Die ausbezahlte Gesamtsumme bleibe dabei gleich. Damit werde es gelingen, die Wahlfreiheit der Familien zu erweitern, zeigte sich Grossmann zuversichtlich. SPÖ-Mandatarin Andrea Gessl-Ranftl schloss sich dieser Einschätzung an und forderte zudem, mehr Klassen mit verschränktem Unterricht zu schaffen. Marianne Gusenbauer-Jäger (S) meinte, als Bürgermeisterin freue es sie besonders, dass die Mittel auch für Verbesserungen der Infrastruktur eingesetzt werden können. Damit komme man den Bedürfnissen der Gemeinden entgegen. Erfreut über die zusätzlichen Offensivmittel zeigte sich auch SPÖ-Mandatarin Daniela Holzinger (S). Befürchtungen der Opposition, die Mittel seien nicht ausreichend gesichert, bezeichnete sie als unbegründet. Die Summe sei im Finanzrahmen bis 2018 fest eingeplant.

Elmar Mayer (S) unterstrich, die 15a-Vereinbarung enthalte genaue Regelungen, wofür die Gelder eingesetzt werden können, damit sie zielgerichtet für die Erweiterung des Angebots an Ganztagsbetreuung und nicht für bereits bestehende Angebote eingesetzt werden. Damit trage man auch einer Kritik des Rechnungshofs Rechnung. Hinter der Maßnahme stehe das Bestreben nach einer Verbesserung der Chancengleichheit und der dafür wichtigen Frühförderung aller Kinder. Walser forderte auch eine effiziente gemeinsame Schule der Zehn- bis Vierzehnjährigen ein.

ÖVP unterstreicht Bekenntnis zur Anhebung der Betreuungsquote

Den Aspekt der verbesserten Wahlfreiheit durch die Erweiterung des Betreuungsangebots betonte auch Asdin El Habbassi (V). Der Bedarf an einem guten Angebot der Ganztagsbetreuung von Kindern sei jedenfalls sehr groß. Er wertete es daher positiv, dass es seitens der Bundesregierung ein klares Bekenntnis zur Anhebung der Betreuungsquote gebe, um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu erhöhen. An diesem Ziel werde trotz Budgetkonsolidierung festgehalten.

FPÖ: Wahlfreiheit setzt Stärkung der Familien voraus

Wahlfreiheit sei das Wort des Tages, meinte Gerald Hauser (F). Entscheidend sei dafür aber nicht nur das staatliche Betreuungsangebot, sondern auch, ob die Familien finanziell entsprechend abgesichert seien. Solange für viele Eltern die Entscheidung für Kinder ein Leben an der Armutsgrenze bedeutet, könne man nicht von Wahlfreiheit reden, meinte Hauser.

Zur 15a-Vereinbarung merkte der FPÖ-Mandatar kritisch an, die Gelder für den Ausbau der Ganztagsbetreuung seien deshalb noch verfügbar, weil viele Gemeinden aufgrund fehlender Eigenmittel die Anschubfinanzierung nicht abholen konnten. Die Gemeinden, welche die Vereinbarung letztlich umzusetzen hätten, seien auch diesmal nicht ausreichend eingebunden worden. Von ihnen erwarte man aber als Schulerhalter hohe Investitionen. Gleichzeitig wurde von den Ländern keine ausreichende Unterstützungszusage eingefordert. Hauser sah die Gemeinden daher als überfordert an und brachte einen Entschließungsantrag ein, sie von der Schulerhaltungspflicht zu entbinden. Dieser Schritt werde sicher nicht einfach umzusetzen sein, aber die Debatte darüber müsse begonnen werden, sagte er.

Grüne: Ganztagsschule braucht neue Formen des Lernens

Der Entschließungsantrag von Abgeordnetem Hauser würde tief in die österreichische Realverfassung einschneiden, erwiderte Harald Walser (G). Mit den Verpflichtungen des Schulerhalters müssten die Gemeinden auch wichtige Mitspracherechte abgeben. Er sei zu einer Diskussion gern bereit, meine Walser, vertrete jedoch die Ansicht, dass man im Gegenteil die Gemeinden mehr und nicht weniger in Schulfragen einbinden müsse. Auf der Tagesordnung stehe die Reparatur einer verpfuschten Regelung. Sein Vorredner habe hier zu Recht darauf hingewiesen, dass die Abholung der Gelder bisher an bürokratischen Hürden gescheitert sei. Die Grünen stimmten der Reparatur der Regelung in der Erwartung zu, dass sich das nun ändere. Insgesamt werde aber nur ein kleiner Schritt zur Entwicklung einer Gesamtschule gemacht, wie sie die Grünen für notwendig halten. Für die Entwicklung ganztägiger Schulformen sei ein Gesamtkonzept notwendig, dass auch neue Lernformen enthalte. Das große Ziel müsse sein, in der Schule die Talente aller Kinder zu fördern, anstatt nur zu versuchen, Schwächen zu beheben, stellte Walser fest. Dazu sei jedoch mehr Schulautonomie und Entscheidungskompetenzen für die Schulpartner nötig.

NEOS stoßen mit Vorschlag zu neuer Ferienordnung auf wenig Gegenliebe

Auch die NEOS werden die Vereinbarung mittragen, erklärte NEOS-Klubobmann Matthias Strolz. Unbestritten sei, dass das Schulsystem grundsätzlich erneuert werden müsse. Ein Konsens, wohin die Reise gehen soll, zeichne sich jedoch erst teilweise ab. Aus seiner Sicht müsse die Stärkung der Autonomie der Schulpartner im Mittelpunkt stehen. Als "kleinen Mosaikstein" zum großen Gesamtbild, das es zu entwerfen gelte, brachte Strolz einen umfassenden Entschließungsantrag über die Änderung der seiner Meinung nach nicht mehr zeitgemäßen Ferienordnung ein.

Abgeordneter Walter Rosenkranz (F) hielt in Reaktion auf diesen Antrag fest, die FPÖ sei für eine Neuordnung der Ferienordnung offen. Der von den NEOS vorgelegte Entschließungsantrag enthalte jedoch leider sehr viele detaillierte, aber nicht hinreichend durchdachte Forderungen. Die Freiheitlichen könnten ihm daher aus sachlichen Gründen nicht zustimmen. Diese Sichtweise teilte auch der Abgeordnete der Grünen Harald Walser. Im Mittelpunkt einer geänderten Ferienordnung müssten pädagogische Überlegungen stehen, argumentierte er. (Fortsetzung Nationalrat) sox