Parlamentskorrespondenz Nr. 417 vom 28.04.2015

Neu im Innenausschuss

Fremdenrechtsänderungsgesetz, Abkommen mit Italien über polizeiliche Zusammenarbeit

Fremdenrechtsnovelle schafft Basis für neues Betreuungsmodell für AsylwerberInnen

Wien (PK) – Die Regierung schlägt umfassende Änderungen im Fremdenrecht vor. Mit dem dem Nationalrat vorgelegten Fremdenrechtsänderungsgesetz 2015 (582 d.B.) sollen insbesondere zwei neue EU-Richtlinien umgesetzt sowie die gesetzlichen Rahmenbedingungen für das mit den Ländern vereinbarte neue Betreuungsmodell für AsylwerberInnen geschaffen werden. Außerdem sind mehrere höchstgerichtliche Urteile zu berücksichtigen. Geändert werden das Asylgesetz, das Fremdenpolizeigesetz, das Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz, das Grundversorgungsgesetz und jenes Gesetz, das die Verfahren beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA-Verfahrensgesetz) regelt.

Konkret entfällt künftig die Verpflichtung der Sicherheitsbehörden, AsylwerberInnen nach Einbringung eines Asylantrags in eines der – neben dem Flughafen Wien-Schwechat – bestehenden beiden Erstaufnahmezentren, Traiskirchen oder Thalham, zu bringen. Vielmehr kann das Zulassungsverfahren auch von einer der regionalen Außenstellen (Regionaldirektionen) des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl (BFA) durchgeführt werden. Im Anschluss daran ist eine Verteilung der Flüchtlinge auf Quartiere in den Bundesländern vorgesehen. Nur unbegleitete minderjährige Flüchtlinge sollen künftig in den Erstaufnahmezentren registriert werden.

Gesetzlich verankert wird auch die Möglichkeit von beschleunigten Asylverfahren mit einer Entscheidungsfrist von maximal fünf Monaten. Sie sollen unter anderem dann greifen, wenn ein Asylwerber aus einem sicheren Herkunftsstaat stammt, schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass der Asylwerber eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung darstellt, die vorgebrachte Bedrohungssituation offensichtlich nicht den Tatsachen entspricht oder sich ein Asylwerber weigert, seine Fingerabdrücke abnehmen zu lassen. In diesen Fällen kann das BFA auch die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde über einen abgelehnten Asylantrag beim Bundesverwaltungsgericht aberkennen. Nicht mehr möglich ist dies hingegen in jenen Fällen, in denen ein Asylwerber erst mehrere Monate nach seiner Einreise nach Österreich einen Asylantrag gestellt hat.

Versagt auch das Bundesverwaltungsgericht einer Beschwerde über einen abgelehnten Asylantrag die aufschiebende Wirkung, fallen AsylwerberInnen in Hinkunft aus der Grundversorgung. Nur wenn die Betroffenen an der freiwilligen Ausreise mitwirken, werden sie weiter vom Staat versorgt. Außerdem wird von der EU-rechtlich eingeräumten Möglichkeit Gebrauch gemacht, Personen, die über ausreichende eigene Mittel verfügen, von der Grundversorgung auszuschließen. Bislang wurde AsylwerberInnen in solchen Fällen ein Kostenersatz vorgeschrieben. Durch eine gesetzliche Klarstellung wird es künftig überdies nicht mehr möglich sein, länger als vier Monate nach Asylgewährung in der Grundversorgung zu bleiben.

Ausdrücklich klargestellt wird auch, dass es keinen Anspruch von AsylwerberInnen auf Versorgung in einer bestimmten Betreuungseinrichtung ihrer Wahl bzw. in einem bestimmten Bundesland gibt. Ebenso besteht jederzeit die Möglichkeit einer Verlegung in eine andere Betreuungseinrichtung. AsylwerberInnen, die innerhalb der Einrichtung gewalttätig geworden sind, und bei denen anzunehmen ist, dass dies neuerlich passiert, können künftig aus Einrichtungen verwiesen werden. Bei der Aufnahme in die Bundesbetreuung wird künftig gemäß den EU-Vorgaben erhoben, ob ein besonderer Schutzbedarf besteht und der Betreuungsbedarf danach ausgerichtet.

Gänzlich neu gefasst werden die Bestimmungen über die Verhängung von Schubhaft. So wird etwa genauer als bisher determiniert, unter welchen Voraussetzungen AsylwerberInnen, für die ein anderer EU-Staat zuständig ist, in Schubhaft genommen werden dürfen. Grundsätzlich haben wie bisher "gelindere Mittel" Vorrang vor Schubhaft. Je länger ein Fremder bereits in Österreich und je stärker er hier sozial verwurzelt ist, desto stärker müssen auch die Hinweise und Indizien für eine Fluchtgefahr sein, heißt es dazu in den Erläuterungen.

Auch die Regelungen über das Beschwerdeverfahren bei Festnahme, Anhaltung und Schubhaft werden adaptiert. Bei Beschwerden von AsylwerberInnen an das Bundesverwaltungsgericht ist eine erweiterte Rechtsberatung vorgesehen. Die Entscheidungsfrist des Bundesverwaltungsgerichts bei Verfahren zur Aberkennung des Asylstatus wird verkürzt. Überarbeitet werden überdies die Regelungen für die Rückkehrberatung. In Hinkunft kann außerdem nicht nur Asyl, sondern auch subsidiärer Schutz von Amts wegen gewährt werden. Im Sinne der Judikatur des EuGH wird klargestellt, dass Drittstaatsangehörige, die im Besitz eines gültigen Aufenthaltstitels eines anderen Schengen-Mitgliedstaates sind, kein zusätzliches Visum für die Erbringung einer vorübergehenden Arbeitsleistung in Österreich benötigen.

Bei bestimmten Verwaltungsübertretungen nach dem Fremdenpolizeigesetz ist es in Hinkunft möglich, anstelle einer Anzeige eine Organstrafverfügung im Ausmaß von bis zu 200 € bzw. 500 € auszustellen. Konkret betrifft das etwa Fälle eines rechtswidrigen Aufenthalts in Österreich oder einer rechtswidrigen Einreise, die Missachtung von Auflagen des BFA oder der Verletzung von Meldepflichten nach dem Asylgesetz. Bei geringfügigen Beanstandungen kommt auch eine Abmahnung in Frage.

Die jährlichen Mehrkosten durch das Gesetzespaket werden von der Regierung mit rund 3,3 Mio. € angegeben. Grund dafür ist vor allem erhöhter Personalbedarf beim BFA, zudem werden zusätzliche Aufwendungen beim Bundesverwaltungsgericht erwartet.

Österreich und Italien wollen polizeiliche Zusammenarbeit verbessern

Die Regierung hat dem Parlament ein Abkommen zwischen Österreich und Italien über die polizeiliche Zusammenarbeit zur Genehmigung vorgelegt (586 d.B.). Es soll an die Stelle einer 1997 abgeschlossene Vereinbarung zwischen den Regierungen der beiden Länder treten. Das Innenministerium erwartet sich davon, wie von ähnlichen Abkommen mit anderen Ländern, mehr Effizienz bei der Kriminalitätsbekämpfung.

Wie aus den Erläuterungen hervorgeht, wird mit dem Abkommen unter anderem die Möglichkeit der "grenzüberschreitenden Nacheile" wesentlich ausgeweitet. Während flüchtige Verdächtige bisher nur 20 Kilometer auf Autobahnen und 10 Kilometer auf Landstraßen auf dem Hoheitsgebiet des jeweils anderen Landes verfolgt werden durften, besteht künftig keine zeitliche und räumliche Beschränkung mehr. Auch eine Nacheile auf dem Luftweg ist nunmehr zulässig. Außerdem werden die Befugnisse zur grenzüberschreitenden Observation erweitert, die rechtliche Basis für einen gemeinsamen Streifendienst geschaffen und erstmals Regelungen für die Zusammenarbeit beim Zeugen- und Opferschutz festgelegt. Auch eine gegenseitige Unterstützung im Bereich der illegalen Einwanderung ist vorgesehen. Bei Bedarf können gemeinsame Zentren zur Erleichterung des Informationsaustauschs und zur Unterstützung der zuständigen Behörden eingerichtet werden. (Schluss) gs