Parlamentskorrespondenz Nr. 564 vom 27.05.2015

Fördermittel für ältere Arbeitslose werden deutlich aufgestockt

Sozialausschuss stimmt einhellig für Änderung des Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetzes

Wien (PK) – Die Fördermittel für ältere Arbeitslose werden deutlich aufgestockt. Sowohl im kommenden Jahr als auch 2017 werden jeweils 250 Mio. € aus Mitteln der Arbeitslosenversicherung bereitgestellt, um über 50-Jährige, die länger als sechs Monate auf Jobsuche sind, wieder in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Das sieht eine Novelle zum Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetz vor, die heute vom Sozialausschuss des Nationalrats gebilligt wurde. 60% der Fördermittel können demnach für Eingliederungsbeihilfen und Kombilohn und 40% für sozialökonomische Betriebe und gemeinnützige Beschäftigungsprojekte verwendet werden. Auch für Kurzarbeitsbeihilfen werden weiter Mittel zur Verfügung stehen. Der Beschluss fiel einstimmig, auch wenn NEOS und FPÖ einen anderen Schlüssel bei der Mittelaufteilung bevorzugt hätten.

Zur Diskussion im Ausschuss stand auch rund ein Dutzend Oppositionsanträge, wobei die FPÖ nach wie vor fordert, den Zugang zum österreichischen Arbeitsmarkt auch für EU-BürgerInnen zu beschränken. Den Grünen geht es unter anderem um einen Mindestlohn für ArbeitnehmerInnen ohne Kollektivvertrag. Die NEOS wenden sich gegen das weitgehende Arbeitsverbot für AsylwerberInnen. Schließlich wurde mit breiter Mehrheit noch ein Bericht zur Kenntnis genommen, der über die Situation der Freiwilligentätigkeit in Österreich informiert.

20 Mio. € jährlich für Kurzarbeit bis 2019

Begründet wird die Novelle zum Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetz (587 d.B.) mit dem überdurchschnittlichen Anstieg der Zahl älterer Arbeitsloser. Die Jobchancen für Personen über 50 seien aus verschiedenen Gründen derzeit besonders ungünstig, wird in den Erläuterungen zum Gesetzentwurf hervorgehoben. Heuer stehen für die Beschäftigungsinitiative 50+ gemäß den geltenden Bestimmungen 120 Mio. € zur Verfügung, 2016 wird der Betrag nun von ursprünglich 150 Mio. € auf 250 Mio. € erhöht. Für Kurzarbeit werden in den Jahren 2016 bis 2019 jeweils 20 Mio. € (2015: 30 Mio. €) aus Mitteln der Arbeitslosenversicherung bereitgestellt.

ÖVP-Sozialsprecher August Wöginger wies darauf hin, dass die Arbeitslosigkeit bei den über 50-Jährigen im Vergleich zu den anderen Altersgruppen nicht stärker ansteige. Das Probleme liege vielmehr in der Reintegration in den Arbeitsmarkt.

Grundsätzlich begrüßt wurde die Gesetzesinitiative auch von den NEOS. Abgeordneter Gerald Loacker übte allerdings Kritik an der Mittelaufteilung. Seiner Ansicht nach wäre es sinnvoller, 25% der für ältere Arbeitslose reservierten Fördergelder für Schulungs- und Qualifizierungsmaßnahmen zu verwenden und lediglich 40% für Eingliederungsbeihilfen und 25% für sozialökonomische Betriebe. "Training on the job" sei wichtig, es gebe aber viele ältere Arbeitslose, die über kaum geeignete Qualifikationen verfügen, argumentiert er. Ein von Loacker eingebrachter Abänderungsantrag fand allerdings nur die Zustimmung der FPÖ.

Um die Arbeitsmarktchancen für ältere Arbeitslose zu verbessern, sprach sich Loacker überdies dafür aus, das in der österreichischen Arbeitswelt weit verbreitete Senioritätsprinzip und den Kündigungsschutz für über 50-Jährige zu überdenken. Sozialminister Rudolf Hundstorfer zufolge gilt das Senioritätsprinzip allerdings nur für einen gewissen Teil der Kollektivverträge, etwa im Banken- und Versicherungsbereich. Die Masse der Kollektivverträge, beispielsweise der Baubereich und der Handel, kenne dieses Prinzip hingegen nicht, bekräftigte er.

Zugangsbeschränkungen zum Arbeitsmarkt: FPÖ lässt nicht locker

Intensiv diskutiert wurde im Ausschuss über die zum wiederholtem Mal von der FPÖ vorgebrachte Forderung, den Zugang zum österreichischen Arbeitsmarkt nicht nur für Drittstaatsangehörige, sondern auch für EU-BürgerInnen zu beschränken, abhängig etwa von der Branche und vom Ausbildungsniveau (1130/A(E)). Nach Meinung von Abgeordneter Dagmar Belakowitsch-Jenewein wäre ein entsprechender Schritt das einzige taugliche Mittel, um der nach wie vor steigenden Arbeitslosigkeit in Österreich Herr zu werden. Der FPÖ gehe es nicht um eine komplette Schließung des österreichischen Arbeitsmarkts, sondern nur um gewisse Bereiche wie die Baubranche, versicherte sie.

Andere Länder wie etwa England überlegten ebenfalls ähnliche Schritte, zeigte ihr Fraktionskollege Peter Wurm auf. Dass Österreich aufgrund seiner geographischen Lage ein Einfallstor für Arbeitskräfte aus den angrenzenden Ländern sei, sehe man allein schon an der Entwicklung der Arbeitslosenzahlen. Seit dem Jahr 2010 habe es einen massiven Anstieg der Jobsuchenden aus dem osteuropäischen Raum gegeben, und zwar eine Steigerung um 133,9 %. Die Regierung müsse auf EU-Ebene endlich selbstbewusst auftreten und damit argumentieren, dass Österreich diese massive Zuwanderung alleine nicht stemmen könne.

Sozialminister Rudolf Hundstorfer lehnt eine sektorale Beschränkung des österreichischen Arbeitsmarkts allerdings vehement ab. Er machte geltend, dass die Arbeitnehmerfreizügigkeit zu den vier grundlegenden Rechten innerhalb der EU gehöre und schließlich auch hunderttausende ÖsterreicherInnen im Ausland arbeiteten und lebten. Hundstorfer fürchtet außerdem negative Auswirkungen auf die Exporte in die betroffenen Länder, würde man den Arbeitsmarkt für bestimmte EU-BürgerInnen dicht machen.

Hundstorfer hob überdies hervor, dass die Zuwanderer der letzten fünf Jahre viel höher qualifiziert seien, als jene, die vor 20 Jahren oder früher nach Österreich gekommen sind. In der Regel hätten alle eine Berufsausbildung, 30 % sogar einen akademischen Abschluss. Dass es im Baubereich einen Verdrängungswettbewerb gibt, räumte Hundstorfer ein, es würden aber vor allem schlecht qualifizierte Zuwanderer aus früheren Jahren von jungen qualifizierten Neuzuwanderern verdrängt.

Was die Arbeitslosenstatistik betrifft, bekräftigte Hundstorfer gegenüber der FPÖ, dass jeder Arbeitssuchende in Österreich ausgewiesen werde, auch jene, die keine Arbeitslosenunterstützung erhalten. Ihm zufolge sind das etwa 15 % der arbeitslos gemeldeten Personen. Wer krank ist und damit nicht für den Arbeitsmarkt zur Verfügung steht, scheine in der Statistik selbstverständlich nicht auf, so der Minister, das sei aber in ganz Europa so.

Mit der Antwort Hundstorfers zeigte sich Dritter Nationalratspräsident Nobert Hofer (F) allerdings nicht zufrieden. Man könne die Forderung nach einer sektoralen Schließung des Arbeitsmarkts nicht einfach wegwischen, sagte er. Für Hofer ist außerdem klar, dass für die hohe Arbeitslosigkeit in Österreich nicht nur äußere Einflüsse verantwortlich sind, es gebe auch hausgemachte Ursachen. Der Antrag wurde schließlich vertagt.

Arbeitserlaubnis für AsylwerberInnen: FPÖ dagegen, NEOS dafür

Zwei konträre Anträge lagen dem Sozialausschuss zur Frage des Arbeitsmarktzugangs für AsylwerberInnen vor. Während die NEOS fordern, Asylsuchenden spätestens neun Monate nach Einbringung eines Asylantrags eine allgemeine Arbeitserlaubnis zu erteilen (740/A(E)), fordert die FPÖ eine Beibehaltung der bestehenden restriktiven Regelungen (1131/A(E)). Abgeordneter Peter Wurm (F)fürchtet anderenfalls einen zusätzlichen enormen Druck auf den heimischen Arbeitsmarkt, zumal es derzeit pro Woche 1.000 Asylanträge gibt. Eine Studie in Tirol habe zudem gezeigt, dass 60 % der anerkannten Flüchtlinge Mindestsicherung beziehen, da sie den Jobeinstieg nicht schaffen. Überdies seien seiner Meinung nach die vorhandenen Beschäftigungsmöglichkeiten - acht Lehrberufe, 20 Mangelberufe, Selbstständigkeit etc. - ausreichend.

Demgegenüber argumentierte Abgeordneter Gerald Loacker (N), dass es keinen Sinn mache, Menschen jahrelang in der Untätigkeit verharren zu lassen, zumal dabei auch vorhandene Qualifikationen verloren gehen. Außerdem betreffe dies nur eine kleinere Gruppe von Menschen; von einem Ansturm auf den Arbeitsmarkt könne man sicherlich nicht sprechen. Erst durch die Integration in den Arbeitsmarkt können die Asylanten mit ihren Steuern und Abgaben zum Sozialsystem beitragen. - Beide Anträge wurden schließlich vertagt.

Eindämmung von All-In-Verträgen: Muchitsch stellt Vorschlag in Aussicht

Einen neuen Vorschlag haben die Grünen zur Frage der Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns vorgelegt. Abgeordnete Birgit Schatz regt an, im Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuch (ABGB) für alle Arbeitsverhältnisse, die nicht einem Kollektivvertrag unterliegen, ein Mindestentgelt von 9,30 € pro Arbeitsstunde zu verankern und diesen Betrag jährlich gemäß Tariflohnindex zu valorisieren (1113/A). Gleichzeitig will sie das Bundeseinigungsamt dazu bewegen, öfter von der Möglichkeit Gebrauch zu machen, Mindestlohntarife für Wirtschaftszweige festzulegen, in denen wegen fehlender Kollektivvertragspartner kein Kollektivvertrag wirksam ist (1114/A(E)). Es gehe dabei um gar nicht so wenige Personen, wie immer behauptet werde, gab sie zu bedenken. Als Beispiel führte sie Beschäftigte in der Tourismus- und Freizeitwirtschaft (z.B. in Fitnesscentern) an.

Ein Dorn im Auge sind Schatz außerdem All-In-Verträge, sie fordert restriktivere Regelungen, insbesondere für Beschäftigte in niedrigen Einkommensgruppen ohne Führungsverantwortung (1190/A(E)). In der Praxis handle es sich dabei nämlich oft um verdeckte Ausbeutungsmöglichkeiten von Menschen mit niedriger Qualifikation. Dies könnte man einfach durch die Einführung einer Lohngrenze unterbinden.

Die beiden Anträge zum Mindestlohn wurden von den Koalitionsparteien mit der Begründung abgelehnt, dass es sinnvoller sei, den bisherigen Weg über die Sozialpartner zu beschreiten. Die Beratungen über das Thema All-In-Verträge wurden hingegen vertagt. Es sei wichtig, darüber noch ausführlich zu diskutieren, argumentierte SPÖ-Abgeordneter Markus Vogl, der wegen des offensichtlichen Trends in Richtung Pauschalverträge ebenfalls Handlungsbedarf sieht. Ausschussvorsitzender Josef Muchitsch (S) zeigte sich zuversichtlich, dass es gelingen wird, eine Lösung in diesem Bereich zu finden und stellte für die nächsten Monate einen Vorschlag in Aussicht. Es könne nicht sein, dass All-In-Verträge missbräuchlich verwendet würden, um ArbeitnehmerInnen kollektivvertraglich vorgesehene Leistungen vorzuenthalten, übte auch er Kritik. Aufgrund der Zusicherung von Muchitsch stimmten auch die Grünen dem Vertagungsantrag zu.

Grüne und NEOS für Bildungs- bzw. Weiterbildungskonto

Ein weiteres Anliegen ist den Grünen die Schaffung eines Bildungskontos und ein damit verbundener Rechtsanspruch auf Weiterbildung und Qualifikation für alle Personen, die eine niedrige Ausbildung und Probleme am Arbeitsmarkt haben (1146/A(E)). Eine Umsetzung des Antrags würde Arbeitslosen die Möglichkeit eröffnen, selbst eine Ausbildung oder eine Qualifikationsmaßnahme zu wählen, je nach Interesse und Stärken, skizzierte Abgeordnete Schatz. Gleichzeitig sollten auch das AMS-Service neu strukturiert und intensivere Beratungen angeboten werden, regte sie an.

Einen anderen Vorschlag haben die NEOS: Sie fordern ein individuelles Weiterbildungskonto für alle ArbeitnehmerInnen, das aus Beiträgen zur Arbeitslosenversicherung und aus staatlichen Prämien gespeist wird und zum lebenslangen Lernen motivieren soll (1160/A(E)). Diesem Ansinnen schlossen sich auch die Freiheitlichen an, da davon Menschen, die sich im Erwerbsprozess befinden, ebenfalls profitieren würden.

Sozialminister Hundstorfer plädierte hingegen dafür, den Fokus zunächst auf die Ausbildungspflicht für junge Menschen zu richten. Ein "Bildungskonto auf ewig" sei zwar eine gute Idee, aufgrund fehlender Mittel aber nicht umsetzbar, sagte er. Ähnlich argumentierte auch Team-Stronach-Klubobfrau Waltraud Dietrich. Die Anträge wurden schließlich mit S-V-F-T-Mehrheit bzw. S-V-T-Mehrheit abgelehnt.

Schwerarbeit: NEOS für rechtzeitige Umschulung von ArbeitnehmerInnen

Um Menschen länger im Berufsleben zu halten, treten die NEOS außerdem dafür ein, neue Wege im Bereich der aktiven Arbeitsmarktpolitik einzuschlagen und ArbeitnehmerInnen, die in gesundheitsbeeinträchtigenden Berufen tätig sind, bereits frühzeitig Umschulungen zu ermöglichen (1083/A(E)). Damit könnte man späteren gesundheitlichen Beeinträchtigungen, die zu einer Invaliditäts- oder Berufsunfähigkeitspension oder der Inanspruchnahme einer Schwerarbeiterpension führen, vorbeugen, machte Abgeordneter Loacker geltend, konnte sie mit seiner Argumentation jedoch nicht durchsetzen. Letztendlich stimmten alle anderen Fraktionen bis auf das Team Stronach gegen den Antrag.

Grüne wollen einheitliche und verbesserte Mindestsicherung, FPÖ neue Pendlerverordnung

Schließlich befasste sich der Sozialausschuss heute im ersten Diskussionsblock noch mit der Forderung der FPÖ nach einer umfassenden Überarbeitung der Pendlerverordnung (912/A(E)) und dem Verlangen der Grünen nach verbesserten bundeseinheitlichen Mindeststandards für die bedarfsorientierte Mindestsicherung (1147/A(E)). Grün-Abgeordnete Judith Schwentner urgiert unter anderem ein vierzehnmalige Auszahlung der Mindestsicherung und eine Abdeckung der vollen Wohnkosten. Überdies vermisst sie aufgrund der fehlenden Zuverdienstmöglichkeiten Anreize für MindestsicherungsbezieherInnen, eine Beschäftigung aufzunehmen. Die Mindestsicherung sei das letzte soziale Netz, das zur Verfügung stehe, es liege einiges im Argen, so Schwentner.

Die Forderungen Schwentners wurden von ÖVP-Abgeordnetem August Wöginger allerdings kritisch bewertet. Besser sei es, Anreizsysteme für die Betroffenen zu schaffen, um wieder in Beschäftigung zu kommen. Auch SPÖ-Abgeordnete Ulrike Königsberger-Ludwig sieht keinen aktuellen Handlungsbedarf. Die Mindestsicherungs-BezieherInnen würden gut beraten, ihnen stehe wie allen anderen zudem ein breites Bildungs- und Qualifikationsangebot zur Verfügung. Sie kenne auch niemanden, der Anspruch auf Mindestsicherung hätte, diese aber nicht bekomme, betonte Königsberger-Ludwig. Ausschussvorsitzender Josef Muchitsch (S) merkte an, es sei wichtig, dass es zwischen der Mindestsicherung und niedrigen Löhnen einen ausreichend großen Unterschied gebe. Seitens der NEOS lehnte Gerald Loacker den Antrag mit der Begründung ab, dass die Forderung, die Mindestsicherung 14 mal jährlich auszuzahlen, nicht schlüssig sei.

Zu kritischen Anmerkungen der FPÖ hielt Sozialminister Rudolf Hundstorfer fest, dass die durchschnittliche Bezugsdauer der Mindestsicherung 8,1 Monate betrage. 17 % der MindestsicherungsbezieherInnen sind ihm zufolge berufstätig, 27 % Kinder und Jugendliche, 8 % bereits über der Pensionsgrenze und 7 % stehen aus verschiedenen Gründen, etwa wegen fehlender Kinderbetreuungsplätze, für den Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung. Hundstorfer hob überdies hervor, dass das Weiterbestehen der Bezugsvoraussetzung in einigen Bundesländern jährlich überprüft wird, ein Missbrauch also ausgeschlossen werden könne. Da die Vereinbarung mit den Bundesländern ausläuft, gibt es laut Hundstorfer zur Mindestsicherung derzeit Verhandlungen mit den Ländern. Der G-Antrag wurde mit den Stimmen der anderen Fraktionen abgelehnt.

Was die Pendlerverordnung betrifft, ist nach Meinung der FPÖ nicht nur die Abgrenzung zwischen kleinem und großem Pendlerpauschale, also die Frage der Zumutbarkeit der Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel, unbefriedigend geregelt. Abgeordneter Peter Wurm bemängelt auch, dass Aufwendungen für Fahrten zum Arbeitsplatz nicht zur Gänze steuerlich geltend gemacht werden können, sondern pauschal abgegolten werden. Der Antrag soll an den Finanzausschuss weitergeleitet werden.

Über 3,3 Millionen ÖsterreicherInnen engagieren sich auf freiwilliger Basis

Mit den Stimmen von SPÖ, ÖVP, NEOS, Grünen und Team Stronach nahm der Ausschuss den 2. Freiwilligenbericht zur Kenntnis. Daraus geht hervor, dass sich im Jahr 2012 rund 3,3 Millionen Menschen in Österreich freiwillig engagiert haben, und zwar entweder formell in Vereinen bzw. Organisationen oder informell wie zum Beispiel im Rahmen der Nachbarschaftshilfe. Gegenüber dem Jahr 2008 sei somit der Anteil an BürgerInnen, die auf freiwilliger Basis tätig sind, noch einmal angestiegen, hob Sozialminister Hundstorfer hervor. All diesen Menschen sei ausdrücklich zu danken.

Auch die VertreterInnen der politischen Fraktionen drückten ihre Wertschätzung gegenüber den zahlreichen freiwillig Tätigen aus, ohne deren Leistung viele gesellschaftliche Bereiche nicht funktionieren würden. Es sei aber auffällig, dass Frauen im Gegensatz zu Männern besonders in jenen Bereichen aktiv sind, wo es keine Orden und Auszeichnungen gibt, gab Waltraud Dietrich vom Team Stronach zu bedenken. Ihrer Meinung nach sollte ein Modell entwickelt werden, um noch mehr Jugendliche zur Mitarbeit in den diversen Organisationen zu motivieren.

Die Rednerin der Grünen, Judith Schwentner, wünschte sich einen bundeseinheitlichen Versicherungsschutz, während die FPÖ die zu hohen bürokratischen Auflagen für Vereine beklagte. Franz-Joseph Huainigg (V) trat dafür ein, ein Freiwilliges Sozialjahr (FSJ) auch im Ausland, vor allem in Entwicklungsländern, absolvieren zu können.

Die Etablierung von rechtlichen Rahmenbedingungen in Form des Freiwilligengesetzes war ein guter Schritt, urteilte Gerald Loacker von den NEOS. Dennoch müsse man genau darauf achten, dass es zu keiner Verdrängung von Erwerbstätigen und zu einem Lohndruck durch freiwillige MitarbeiterInnen kommt. Außerdem dürfe die Professionalisierung nichts ins Hintertreffen geraten. 

ÖVP-Abgeordneter August Wöginger sprach im Zusammenhang mit dem Freiwilligenengagement von einer unverzichtbaren Säule der Gesellschaft. Er war auch überzeugt davon, dass die Nachwuchsarbeit sehr intensiv betrieben wird, egal ob es sich um Rettungsorganisationen, die Feuerwehr oder Musikvereine handelt. Er glaube auch, dass im Hinblick auf die Vereinsfeste eine praktikable Lösung gefunden wurde. Nachholbedarf gebe es eher bei der Bereitstellung von adäquater Infrastruktur, wie er aus persönlichen Gesprächen mit den Betroffenen erfahren habe.

Sozialminister Hundstorfer stimmte mit seinem Vorredner darin überein, dass die Freiwilligenorganisationen eine sehr gute und intensive Nachwuchsarbeit betreiben, wobei es aber natürlich ein Stadt-Land-Gefälle gebe. Außerdem versuche man durch diverse Aktionen – z.B. Preisverleihung an BerufsschülerInnen – das Freiwilligenengagement von jungen Menschen "vor den Vorhang zu holen". Generell könne man jedoch feststellen, dass die 50- bis 69-Jährigen die aktivste Gruppe darstellt. Die von Loacker angesprochenen Abgrenzungsprobleme sehe er eher nicht, da in der Praxis ein vernünftiger Mix aus hauptamtlich und freiwillig Tätigen gelebt werde.

703 Personen absolvieren derzeit Freiwilliges Sozialjahr

In Verbindung mit den digitalen Medien haben sich auch neue Formen des zivilgesellschaftlichen Engagements herausgebildet, wie etwa das "Virtual Volunteering", das neue Chancen für Menschen mit Beeinträchtigungen bietet. Auch die Wirtschaft hat ein Konzept, nämlich das "Corporate Volunteering", entwickelt. Der G-Abgeordneten Schwentner teilte der Ressortchef mit, dass insgesamt sechs Trägereinrichtungen im Rahmen des Freiwilligen Sozialjahres, an dem derzeit 703 Personen teilnehmen, tätig sind. Der Anerkennungsfonds ist mit 500.000 € ausgestattet. (Fortsetzung Sozialausschuss) sue/gs


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