Parlamentskorrespondenz Nr. 850 vom 23.07.2015

Bundesrat: Crowdfunding-Gesetz wird Start-up-Szene vorantreiben

Auch einstimmig: Neuorganisation für Wissenschaftsfonds

Wien (PK) – Crowdfunding wird in Österreich erstmals auf eigene rechtliche Beine gestellt. Das entsprechende Alternativfinanzierungsgesetz (AltFG) wurde heute vom Bundesrat einstimmig beschlossen. Die Länderkammer sieht darin vor allem hohes Potential für die heimische Start-up- und Gründerszene. Einstimmig angenommen wurde auch eine Novelle zum Forschungs- und Technologieförderungsgesetz (Wissenschaftsfonds-Novelle 2015), die eine klarere Aufgabenverteilung zwischen den Organen des Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung (FWF) schafft.

Mit dem Crowdfunding-Gesetz kann ein Anleger pro Projekt und Jahr höchstens 5.000 € investieren. Eine Grenze, die überschritten werden kann, verdient etwa ein Investor im Monat mehr als durchschnittlich 2.500 € netto. Künftig ist mit dem Crowdfunding-Gesetz erst ab einem Emissionsvolumen von 5 Mio. € der volle Kapitalmarktprospekt notwendig, nicht wie davor ab 250.000 €. Bei Emissionen zwischen 1,5 Mio. € und 5 Mio. € genügt ein vereinfachter Prospekt, die sogenannte Prospektpflicht light.

In der Länderkammer wurden die neuen rechtlichen Rahmenbedingungen für die alternative Finanzierungsform fraktionsübergreifend positiv bewertet. Nur Grüne und FPÖ hätten sich bei der Anlegergrenze pro Projekt und Jahr von 5.000 € mehr Spielraum nach oben gewünscht. Klar im Fokus der BundesrätInnen stand das laut ihrer Sicht nunmehrige Potential für die heimische Gründerszene.

"Wir erleichtern dadurch zahlreichen Neugründern und kreativen Köpfen in Österreich den Weg in die Selbstständigkeit", sagte etwa Magnus Brunner (V/V). Durch den erweiterten Zugang zu finanziellen Mitteln könnten Ideen nun einfacher realisiert werden, was wiederum einen Beitrag zum Wirtschaftswachstum leistet. Crowdfunding ist für Brunner zudem ein interessantes Marketing-Tool, das Start-ups helfen kann, ihr Produkt am Markt zu platzieren.

Auf die Chancen und Risiken sowohl für KMUs als auch für AnlegerInnen von alternativen Finanzierungsformen machte Ilse Fetik (S/W) aufmerksam. Mit dem vorliegenden Gesetzesentwurf ist aus ihrer Sicht ein guter Kompromiss gefunden worden, von Bedeutung sei die Verpflichtung von Information, Transparenz oder Betragsgrenzen. Damit sei der Anlegerschutz entsprechend berücksichtigt worden.

"Es ist wichtig für Österreich, sich mit der Gründerszene zu beschäftigen, denn diese Gründer schaffen Arbeitsplätze", sagte Reinhard Pisec (F/W). Nicht verstehen konnte er den aus seiner Sicht "übererzogenen Anlegerschutz", denn das würde den Start-ups nicht weiterhelfen. Pisec sprach sich dementsprechend für eine Willkommenskultur für junge Menschen als GründerInnen aus. Er ist sich sicher, dass das Crowdfunding-Gesetz in den nächsten Jahren nach oben geöffnet wird.

Auch die Grünen sind der Meinung, dass die Beschränkung von 5.000 € zu restriktiv ist, wie Marco Schreuder (G/W)für seine Fraktion geltend machte, zumal die AnlegerInnen in Eigenverantwortung entscheiden könnten. "Tun wir nicht so, als ob andere Anlegeformen nicht risikobehaftet sind", sagte der Bundesrat, die Menschen würden in Zukunft nämlich wieder vermehrt wissen wollen, in was und mit welchem Nutzen sie investieren.

Die Hauptursache für das instabile Wirtschaftssystem in Österreich sei zu wenig Eigen- und zu viel Fremdkapital, sagte Gerald Zelina (T/N). Deswegen sei das Crowdfunding-Gesetz zu begrüßen, das Team Stronach unterstütze jede Initiative, die die Schuldenstände reduziert, wie er meinte. In Österreich als auch in Europa würde man einen unterentwickelten Eigenkapitalmarkt vorfinden, was es dem Bundesrat zufolge braucht ist eine geringere Abhängigkeit von Bankkrediten.

Staatssekretär Harald Mahrer bedankte sich für die fraktionsübergreifende gute Zusammenarbeit. Es gehe nicht darum, "Nein" zu guten Ideen zu sagen, sondern gemeinsam Kompromisse zu finden. In den nächsten Jahren gehe es, und hier verwies Mahrer auf die internationale Konkurrenz, um "Jobs, Jobs, Jobs, die Steuerleistung bringen", das Crowdfunding-Gesetz sei dazu ein kleiner Mosaikstein.

FWF wird neu organisiert

Im Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung (FWF) wird es in Zukunft eine klarere Aufgabenverteilung zwischen den Organen geben. Damit soll die Entscheidungsfindung erleichtert werden. Neben Änderungen der Zusammensetzung des Präsidiums sieht das Gesetz auch die Stärkung der Delegiertenversammlung, den Ausbau der Aufgaben des Aufsichtsrats und eine Optimierung der Geschäftsführungsregelungen für das Präsidium vor.

Auch für diese Novelle gab es von der Länderkammer grundsätzlich nur positive Wortmeldungen. Durch die Neuorganisation werde der Forschungsfonds wesentlich effizienter gemacht, sagte etwa Josef Saller (V/S). Es gehe um das "fit machen für Neues" im wissenschaftlichen Bereich. Österreich müsse ein interessanter Wirtschaftsstandort mit einer soliden Grundlage für Forschungstätigkeit bleiben, wie Saller forderte. Für Elisabeth Reich (S/O) wurden mit der Novelle zukunftsweisende Maßnahmen in den Organisationsstrukturen, etwa durch die Aufwertung des Präsidiums, gesetzt. Auch die Kritik des Rechnungshofs wurde aus ihrer Sicht im positiven Sinne eingearbeitet. Von einem "guten Gesetz" sprach auch Reinhard Pisec (F/W). Besonders positiv wertete er die Umsetzung der Empfehlung des Rechnungshofs, wonach mit der Novelle die kaufmännische Agenda nun unabhängig von der Wissenschaft besteht. Für die Grünen drückte Efgani Dönmez (G/O), unter anderem aufgrund der Maßnahmen zur Beschleunigung von Entscheidungsprozessen oder die Stärkung der Delegiertenversammlung seine Zustimmung aus. Einer Demokratie wie in Österreich stehe es gut an, Freiraum für die Forschung zu schaffen, sagte Staatssekretär Harald Mahrer. Es brauche neue, exzellente Organisationsstrukturen, diese würden Mahrer zufolge von der Novelle auch sichergestellt. (Fortsetzung Bundesrat) keg


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