Parlamentskorrespondenz Nr. 1280 vom 18.11.2015

Brandstetter sieht keinen Spielraum für große Gebührensenkungen

Voranschlag für Justiz auf dem Prüfstand des Budgetausschusses

Wien (PK) -  Für eine große Senkung der Gerichtsgebühren gibt es derzeit keinen Spielraum. Bei den Beratungen des Budgetausschusses über die Untergruppe Justiz gab Bundesminister Wolfgang Brandstetter heute zu bedenken, er sei an die Vorgaben des Finanzministeriums gebunden, sein Ressort komme aber mit der angespannten Budgetlage gut zurecht. Wichtige Vorhaben wie der Ausbau im Strafvollzugsbereich seien jedenfalls gesichert, auch würden keinerlei Planstellen bei RichterInnen und StaatsanwältInnen gekürzt.

Im Einzelnen sind im Budgetentwurf für den Bereich Justiz im allgemeinen Finanzierungsvoranschlag Aufwendungen (Ausgaben) in der Höhe von 1,30 Mrd. € veranschlagt, was gegenüber dem Jahr 2015 eine Verminderung um 3,9 Mio. € bedeutet. Die Einzahlungen (Einnahmen) betragen 1,02 Mrd. € und sind damit um 40 Mio. € höher als im letzten Jahr. Laut Ergebnisvoranschlag machen die Einnahmen aus dem Titel der Rechtsprechung mit 976,5 Mio. € den höchsten Anteil aus. Als größter Posten bei den Ausgaben schlägt sich im Ergebnisvoranschlag die Rechtsprechung (819,39 Mio. €) zu Buche, in den Strafvollzug fließen 448,58 Mio. €, die Zentralstelle erhält 93,77 Mio. €.

Als Wirkungsziele gibt der Budgetentwurf die Gewährleistung der Rechtssicherheit und des Rechtsfriedens, aber auch die Sicherstellung des Zugangs zu Leistungen der Gerichtsbarkeit durch Ausgleich von einkommensmäßigen, sozialen und sonstigen Benachteiligungen vor. Priorität wird auch der fairen, objektiven und unabhängigen Führung und Entscheidung von Verfahren eingeräumt, was der Voranschlag im Übrigen noch durch das Ziel der Sicherstellung der organisatorischen, personellen und sachlichen Voraussetzungen für eine geordnete Rechtsverfolgung und Rechtsdurchsetzung durch die Justizverwaltung unterstreicht. Beim Strafvollzug wiederum werden der Reintegration und Rückfallprävention, sowie der Lebenssituation weiblicher Insassen besonderes Augenmerk geschenkt.

Wichtige Vorhaben trotz angespannter Budgetlage gesichert

Das Finanzministerium mache auch für sein Ressort die budgettechnischen Vorgaben, die er nicht ändern könne, schickte Justizminister Wolfgang Brandstetter voraus, betonte aber, bezüglich der Finanzierung der großen Vorhaben – so etwa beim Ausbau im Strafvollzugsbereich – sei er in einem guten Einvernehmen mit Hans Jörg Schelling. Der Ressortchef reagierte damit auf den Vorwurf von Albert Steinhauser (G), der die Budgetwahrheit angezweifelt und von absichtlich zu niedrig angesetzten Einnahmen gesprochen hatte. Die Mehreinnahmen würden nicht ins Justizressort, sondern ins Budget fließen, klagte auch NEOS-Justizsprecher Nikolaus Scherak. Brandstetter versicherte den beiden Abgeordneten mit Nachdruck, dass Maßnahmen wie die Familiengerichtshilfe oder die medizinische Betreuung von Patienten jedenfalls mit den vorhandenen Mitteln aufrecht erhalten werden können. Zur dauerhaften Absicherung des Bewährungshilfevereins Neustart wäre er notfalls auch bereit, Rücklagen aufzulösen. Ausreichende Vorsorge sei zudem auch für die Dolmetscher-Kosten getroffen, erklärte der Minister gegenüber FPÖ-Abgeordnetem Johannes Hübner. Bei den Planstellen von RichterInnen und StaatsanwältInnen gebe es überdies keinerlei Einsparungen, Personal werde ausschließlich im Verwaltungsbereich reduziert.

Was nun die Gerichtsgebühren betrifft, die von den SPÖ-Abgeordneten Johannes Jarolim und Gisela Wurm sowie von Christoph Hagen (T) angesprochen wurden, wies Brandstetter auf die bereits wirksame Senkung bzw. Streichung im familienrechtlichen Bereich hin und meinte, wo es möglich sei, werde es zu Rücknahmen kommen. Für größere Gebührensenkungen bestehe derzeit aber kein budgetärer Spielraum. Geplant sei jedenfalls eine Senkung der Gebühren im Rechtsmittelverfahren außerhalb von streitigen Verfahren sowie bei Firmenbuchabfragen. Erhöht sollen wiederum die Transferzahlungen an die Vereine der Sachwalterschaft und die Patientenanwaltschaft werden.

Brandstetter kündigt Ausbau von Haftplätzen an

Im Bereich des Strafvollzugs, für den sich die Abgeordneten Christian Lausch (F) und Harald Troch (S) interessierten, ist zunächst der Ausbau der Strafanstalt Gerasdorf in ein Jugendhaftkompetenzzentrum geplant, wobei Brandstetter allerdings noch die Auswirkungen der in der Jugendgerichtsgesetz-Novelle enthaltenen alternativen Maßnahmen auf die Haftzahlen abwarten möchte. Die Haftanstalt Simmering wiederum wird durch den Ausbau des sogenannten Zöglingstraktes um 90 Haftplätze erweitert. Der diesbezügliche Auftrag lieg bereits bei der BIG, die Fertigstellung soll 2017 erfolgen. 84 zusätzliche Haftkapazitäten peilt das Ministerium auch für die Strafanstalt Hirtenberg an. An den Standorten Göllersdorf und Mittersteig wiederum sollen sozialtherapeutische Zentren für PatientInnen im Maßnahmenvollzug errichtet werden.

Die Notwendigkeit der Erweiterung von Haftkapazitäten erschließt sich für Brandstetter allein schon aus dem Umstand, dass es im Zuge der Bekämpfung von Schlepperei zunehmend zur Verhängung von Haft kommt. Wie der Minister ÖVP-Abgeordnetem Bernd Schönegger mitteilte, befinden sich derzeit 508 Personen im Zusammenhang mit Schlepperei in Haft, 261 davon in Untersuchungshaft.

Weitere Themen: WirtschaftsexpertInnen bei der Staatsanwaltschaft, Reform der Sachwalterschaft, "Auslandseinsätze" der Justiz

Die Beiziehung von ExpertInnen aus dem Bereich der Wirtschaft für die Staatsanwaltschaft begrüßte Brandstetter ebenso wie ÖVP-Justizsprecherin Michaela Steinacker. Dies sei ein Modell der Zukunft, zumal es neben Kosteneinsparungen auch eine deutliche Verfahrensbeschleunigung bewirkt. Bei der Reform der Sachwalterschaft wiederum – ein Anliegen von SPÖ-Abgeordneter Elisabeth Grossmann – hat der Minister vor allem die Selbstbestimmung der Menschen im Auge. Geplant sei in diesem Sinn eine eingeschränkte Form der Besachwalterung. Forcieren will Brandstetter zudem auch Instrumente wie die Vorsorgevollmacht von PatientInnen.

Im Rahmen eines auf 22 Monate angelegten EU-Projekts befindet sich derzeit ein österreichischer Richter in Griechenland, um die Athener Behörden bei der Umsetzung wichtiger Justizreformen zu unterstützen, ließ Brandstetter die ÖVP-Mandatarin Beatrix Karl wissen. Wichtige Themen sind dabei der Abbau von Verfahrensrückständen, die Einführung eines modernen Justizmanagements sowie die Implementierung von Streitbeilegungsmechanismen. (Fortsetzung Budgetausschuss) hof