Parlamentskorrespondenz Nr. 206 vom 03.03.2016

Crowdfunding im Tourismus: Koalitionsappell ist Opposition zu unkonkret

SPÖ-ÖVP-Vorstoß zur praktikablen Umsetzung der Pauschalreise-Richtlinie erhält im Tourismusausschuss mehr Unterstützung

Wien (PK) - Crowdfunding wurde im Vorjahr erleichtert – jetzt soll auch die Tourismuswirtschaft von alternativen Finanzierungsmöglichkeiten profitieren, meinen generell alle Parlamentsparteien. Vom Tourismusausschuss des Nationalrats kam heute dennoch nur von SPÖ und ÖVP eine per Antrag formulierte Willenserklärung, die Möglichkeiten alternativer Finanzierungsmethoden im Freizeitsektor bekannter zu machen. Der Opposition fehlt es bei dieser Entschließung an konkretem Nutzen.

Mehr Zustimmung erhielt ein SPÖ-ÖVP-Antrag auf unbürokratische Handhabung der EU-Pauschalreiserichtlinie, die Kombi-Angebote in der Hotellerie stärker reguliert. Weil Kombinationsangebote bei Zimmerbuchungen einen Mehrwert für die kleinstrukturierte heimische Hotellerie schaffen, sei Österreich bei den Ratsverhandlungen klar für praxistaugliche Regelungen eingetreten, bestätigte Staatssekretär Harald Mahrer diesen Vorstoß. "Einige Giftzähne" habe man der Richtlinie dadurch ziehen können. Außer den NEOS, denen der Antrag nicht weit genug geht, stimmten alle Oppositionsparteien in den Aufruf von SPÖ und ÖVP ein.

Zu Beginn der Sitzung wählten die Ausschussmitglieder einstimmig Gerald Hauser als neuen Obmann, er löst in dieser Funktion Abgeordneten Haider ab.

Koalitionsparteien wollen Crowdfunding im Tourismus propagieren

Vom im Vorjahr in Kraft getretenen Alternativfinanzierungsgesetz (AltFG) soll auch die kleinstrukturierte heimische Tourismuswirtschaft profitieren, finden grundsätzlich nicht nur die Regierungsfraktionen. Die übrigen Ausschussmitgliedern sind zwar auch überzeugt, alternative Finanzierungsinstrumente wie Crowdfunding bilden eine sinnvolle Ergänzung zu bestehenden Instrumenten der Tourismusförderung. Von der Opposition kamen aber Zweifel, inwieweit der heute dazu debattierte SPÖ-ÖVP-Antrag Wirkung zeitigt.

Die Notwendigkeit, eigenkapitalschwachen Familienbetrieben bessere Finanzierungsmöglichkeiten zu eröffnen, betonte etwa für die FPÖ Thomas Schellenbacher, problematisierte aber den vorliegenden Antrag, der die Frage aufwerfe, worauf er eigentlich abziele. "Das bringt uns nicht weiter", sagten auch Josef Schellhorn (N), Georg Willi (G) und Gerald Hauser(F), die es für sinnlos hielten, nach dem Beschluss des Alternativfinanzierungsgesetzes eine spezielle Entschließung zu verabschieden, die der Regierung über deren Informationspflicht hinaus auftragen soll, über das Gesetz zu informieren. – Demgegenüber hielten es Maximilian Unterrainer (S) und Gabriel Obernosterer (V) für wichtig, die Unternehmen darüber aufzuklären wie sie das neue Finanzierungsinstrument nützen können. - Der Entschließungsantrag wurde mit der Mehrheit der Regierungsparteien verabschiedet.

Indem Fremdkapital von Anlegern ohne Verpflichtung zur Veröffentlichung eines Kapitalmarktprospekts generiert werden kann, falle Klein- und Kleinstbetrieben die Erhöhung ihrer Eigenkapitalquote leichter, beschreiben die Koalitionsparteien in ihrem Antrag (1568/A(E)) den Nutzen von Schwarmfinanzierung (Crowdfunding). Dadurch könnten UnternehmerInnen selbstbewusster mit Banken in Verhandlung über weitere Kreditoptionen treten. Laut Alternativfinanzierungsgesetz ist erst ab einem Emissionsvolumen von 5 Mio. € der volle Kapitalmarktprospekt zur Information der Anleger notwendig, nicht wie davor ab 250.000 €. Bei Emissionen zwischen 1,5 Mio. € und 5 Mio. € genügt ein vereinfachter Prospekt

Mahrer: Pauschalreise-Richtlinie wurden Giftzähne gezogen

Auf breites Verständnis im Ausschuss stieß auch die Sorge der Hotellerie, die 2015 verabschiedete Pauschalreise-Richtlinie (PTD) der Europäischen Union werde Beherbergungsunternehmen übermäßig belasten. In einem Antrag (1569/A(E)) kritisieren Obernosterer und Unterreiner, dass genannte Richtlinie bei einer Zimmerbuchung mit Kombiangeboten für zusätzliche Dienstleistungen einen Schwellenwert von 25% des Gesamtpreises vorsieht, ab dem die Buchung zu einer Pauschalreise wird. Eine solche anzubieten, erfordert gemäß österreichischem Recht wiederum eine Reisebürolizenz, so die Antragsteller, die auch in der dadurch doppelt schlagend werdende Kammerumlage eine finanzielle Schädigung des Gastgewerbes sehen. Für eine praktikable Anwendung der EU-Bestimmung machen sich nicht nur die Ausschussmitglieder stark. Staatssekretär Mahrer berichtete, man habe auf EU-Ebene einige Schärfen des Richtlinienvorschlags im Sinne der heimischen Tourismuswirtschaft wegverhandelt.

Während Josef Schellhorn (N) dennoch vor den Mehrkosten warnte, die die Umsetzung der gegenständlichen EU-Normen durch Bankgarantien für zusätzliche Konzessionen, mehr bürokratischen Aufwand und Prozesskosten mit sich bringen, sah Maximilian Unterrainer (S) die Richtlinie teilweise positiv und plädierte dafür, den bürokratischen Aufwand ihrer Umsetzung so gering wie möglich zu halten. Gabriel Obernosterer (V) informierte über die Absicht der Sparte "Tourismus und Freizeitwirtschaft" in der Wirtschaftskammer, die Richtlinie ohne zusätzliche Kosten für die Wirtschaft umzusetzen und klärte darüber auf, dass den Betrieben durch Ausübung eines Nebengewerbes keine zusätzlichen Kosten bei der Kammer entstehen würden. Georg Wille von den Grünen stimmte zu, auch wenn er sich beim Thema "Kostenneutralität" eine andere Formulierung gewünscht hätte.

Den Vorwurf von Josef Schellhorn (N), die Bundesregierung habe sich in Brüssel als "EU-Musterschüler" verhalten, wies Staatssekretär Harald Mahrer zurück, indem er daran erinnerte, das Österreich gegen die Richtlinie aufgetreten sei und sich in den Verhandlungen mit Erfolg für eine extrem praxistaugliche Umsetzung stark gemacht habe. Dem ursprünglichem Richtlinienentwurf konnten einige "Giftzähne" gezogen werden, sagte Mahrer. - Der Entschließungsantrag passierte den Ausschuss mit den Stimmen von SPÖ, ÖVP, FPÖ, Grünen und des Teams Stronach. (Fortsetzung Tourismusausschuss) rei/fru


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