Parlamentskorrespondenz Nr. 258 vom 16.03.2016

Nationalrat beschließt gesetzliche Grundlage für Bank-Austria-Pensionstransfer

Abänderungsantrag sorgt für breite Mehrheit

Wien (PK) – In Bezug auf das Vorhaben der Bank Austria, mehr als 3.000 MitarbeiterInnen in die gesetzliche Pensionsversicherung überzuleiten, wurde heute ein entscheidender Schritt gesetzt. Der Nationalrat stimmte mit breiter Mehrheit einer ASVG-Novelle zu, mit der eine gesetzliche Grundlage für diesen Transfer geschaffen wird. Die neuen Bestimmungen im ASVG sollen rückwirkend ab 1. Februar bzw. 1. März 2016 gelten, zuvor muss die EU-Kommission allerdings noch bestätigen, dass die festgelegten Konditionen für die Überleitung keine verbotene staatliche Beihilfe sind.

Gemäß den finanziellen Erläuterungen zur Gesetzesnovelle geht das Sozialministerium von einem Überweisungsbetrag der Bank Austria an die Pensionsversicherungsanstalt (PVA) von rund 728,73 Mio. € aus. Dabei handelt es sich aber lediglich um eine vorläufige Schätzung auf Basis der dem Ressort vorliegenden Daten, wie Sozialminister Alois Stöger vergangene Woche im Bundesrat erklärt hatte. Der endgültige Betrag hängt von einer Reihe von Faktoren wie der tatsächlichen Zahl der übergeleiteten MitarbeiterInnen, ihrem aktuellen Gehalt und der bisher zurückgelegten Dienstjahre ab. Die vorliegende ASVG-Novelle sieht jedenfalls eine Überweisungssumme von 22,8% des letzten Monatsgehalts der vom Transfer betroffenen MitarbeiterInnen vor, und zwar für jeden geleisteten Arbeitsmonat. Das entspricht den ASVG-üblichen Pensionsbeiträgen, wie in der Debatte betont wurde. Für Stöger ist damit gewährleistet, dass für die Bank Austria und deren MitarbeiterInnen die gleichen Regelungen gelten wie für andere Unternehmer und Versicherte.

Mitberücksichtigt beim Beschluss wurde auch ein von den Koalitionsparteien vorgelegter Abänderungsantrag, mit dem unter anderem etwaige Versorgungslücken für MitarbeiterInnen verhindert werden sollen. Demnach hat die Bank Austria so lange sämtliche Pensionszusagen zu erfüllen, bis alle mit dem Pensionstransfer verbundenen Verfahren abgeschlossen sind und der vorgeschriebene Überweisungsbetrag in der Höhe von 22,8% geleistet wurde. Außerdem wurden mit dem Abänderungsantrag auch jene Paragraphen des ASVG adaptiert, die bei einem Ausscheiden aus einem nach dem ASVG pensionsversicherungsfreien Dienstverhältnis bzw. bei einem Eintritt in ein solches anzuwenden sind. Auch hier gilt künftig ein Überweisungsbetrag von 22,8% des letzten Monatsgehalts anstelle der bisher vorgesehen gewesenen 7%.

Neben den Koalitionsparteien und den Grünen, stimmten, anders als noch im Sozialausschuss, auch die FPÖ und das Team Stronach für die Gesetzesnovelle. Durch den Abänderungsantrag sei sichergestellt, dass der Bank Austria nicht mehr das Schlupfloch von Änderungskündigungen bleibe, begründete FPÖ-Abgeordnete Dagmar Belakowitsch-Jenewein den Meinungsumschwung in ihrer Fraktion. Sie und Grün-Abgeordnete Judith Schwentner zeigten sich überdies darüber erfreut, dass der Prozentsatz von 22,8% nicht nur für die Bank Austria, sondern künftig für alle Überleitungen in die gesetzliche Pensionsversicherung gilt. Einzig und allein die NEOS blieben bei ihrer massiven Kritik, ihrer Meinung nach geht der "Pensionsdeal" zu Lasten der SteuerzahlerInnen.

NEOS sehen in Pensionstransfer verbotene staatliche Beihilfe

In der Debatte äußerte sich nicht nur NEOS-Klubobmann Matthias Strolz, sondern auch seine FraktionskollegInnen Gerald Loacker und Claudia Gamon über die "Lex Bank Austria" empört. Ihrer Meinung nach erwächst der Bank Austria durch den Transfer von 3.300 MitarbeiterInnen in die gesetzliche Pensionsversicherung ein enormer Profit, selbst wenn sie nun rund 730 Mio. € statt der ursprünglich erwarteten 300 Mio. € an die Pensionsversicherungsanstalt überweisen müsse. Zum Handkuss komme der Steuerzahler, klagte Strolz. Strolz und Gamon verwiesen in diesem Zusammenhang auch auf die Kritik des Rechnungshofs, der in einem Schreiben an die Abgeordneten die mangelhafte Folgekostenabschätzung der Gesetzesnovelle bemängelt hat.

Loacker sieht überhaupt keinen Anlass für die vorliegende ASVG-Novelle. Statt überhastet eine gesetzliche Grundlage für den Pensionstransfer zu schaffen und diese rückwirkend in Kraft zu setzen, wäre ihm zufolge die einzige korrekte Vorgangsweise, dass die Gebietskrankenkassen die mit 1. März erfolgte Anmeldung der betroffenen MitarbeiterInnen zur gesetzlichen Sozialversicherung per Bescheid ablehnen. Ein entsprechender Entschließungsantrag der NEOS fand bei der Abstimmung allerdings keine Mehrheit. Laut SPÖ-Abgeordnetem Johann Hechtl wäre eine derartige Ablehnung durch die Gebietskrankenkassen gar nicht möglich, weil die betroffenen Bank-Austria-MitarbeiterInnen kein Pensionsäquivalent haben. Die NEOS wollen jedenfalls nicht klein beigeben und auch die nunmehrige gesetzliche Regelung bei der EU-Kommission als verbotene staatliche Beihilfe anzeigen, wie Loacker erklärte.

Gesetzesnovelle soll Rechtssicherheit für MitarbeiterInnen bringen

Seitens der ÖVP wies Sozialsprecher August Wöginger den Vorwurf zurück, es handle sich bei der vorliegenden Gesetzesnovelle um eine "Lex Bank Austria". Man treffe eine Regelung, die künftig für alle derartigen Fälle gelte, hob er hervor. Mit der Gesetzesnovelle werde jedenfalls sichergestellt, dass die Bank Austria 22,8% des Letztbezugs der betroffenen MitarbeiterInnen an die Pensionsversicherungsanstalt überweisen müsse. Von einem gerechten Überweisungsbetrag bzw. einer guten, runden Lösung sprachen auch SPÖ-Sozialsprecher Josef Muchitsch und ÖVP-Seniorensprecherin Gertrude Aubauer.

Kein Verständnis für die Ablehnung des Gesetzentwurfs durch die NEOS äußerte Judith Schwentner von den Grünen. Offenbar gehe hier "die Logik spazieren", meinte sie in Richtung Strolz und Loacker. Schließlich stelle die Gesetzesnovelle einheitliche Pensionsregelungen sicher.

Schwentner und Team-Stronach-Abgeordnete Waltraud Dietrich hoben außerdem die Notwendigkeit hervor, Rechtssicherheit für die MitarbeiterInnen der Bank Austria zu schaffen. Den NEOS sei das offenbar kein Anliegen, lautete auch der Vorwurf von Seiten der Koalitionsparteien. Sozialminister Stöger stellte die Vermutung in den Raum, dass die NEOS deshalb gegen die Gesetzesnovelle stimmen, weil sie generell ein kapitalgedecktes Pensionssystem dem umlagenorientierten vorziehen wollen. Ein solches funktioniere in einer Krise aber nicht, wie sich gezeigt habe, warnte er.

Allgemein übte Dietrich (T) herbe Kritik am Sparkurs der Bank Austria. Das Parlament könne nur tatenlos zusehen, wie Geschäftsfelder nach Italien verlagert und das Retailgeschäft in Österreich geschlossen werde, nachdem die Politik in den vergangenen Jahren Rahmenbedingungen für die Globalisierung der Wirtschaft geschaffen habe, hielt sie fest.

Mit zur Diskussion im Plenum standen auch zwei Anträge der FPÖ, die jedoch keine Mehrheit fanden. Neben einer Änderung des §311 ASVG ging es Abgeordneter Belakowitsch-Jenewein vor allem darum, durch einen detaillierten Bericht von Sozialminister Stöger mehr Licht in den "Pensionsdeal" zu bringen. Beide Anträge seien durch den heute zum Regierungsentwurf vorgelegten Abänderungsantrag miterledigt, sah selbst Belakowitsch-Jenewein keine Notwendigkeit einer gesonderten Beschlussfassung. (Fortsetzung Nationalrat) gs