Parlamentskorrespondenz Nr. 278 vom 17.03.2016

Staatsanwaltschaft Steyr darf gegen FPÖ-Abgeordneten Deimek ermitteln

Keine Mehrheit im Nationalrat für Fristsetzungsantrag der NEOS

Wien (PK) – Schlusspunkt der heutigen Nationalratssitzung bildete ein Auslieferungsbegehren der Staatsanwaltschaft Steyr. Die Abgeordneten folgten mehrheitlich der Empfehlung des Immunitätsausschusses und machten den Weg für Ermittlungen gegen FPÖ-Abgeordneten Gerhard Deimek wegen des Vorwurfs der Verhetzung frei. Es bestehe kein Zusammenhang zwischen der inkriminierten Handlung und Deimeks Tätigkeit als Abgeordneter, so die Begründung. Konkret geht es um die Weiterverbreitung eines islamfeindlichen Beitrags eines umstrittenen deutschen Autors in den Sozialen Medien.

Kein Verständnis für die Auslieferung Deimeks zeigte FPÖ-Abgeordneter Walter Rosenkranz. Er sprach von einem "echten Tiefpunkt des Parlamentarismus" und warf den BefürworterInnen der Entscheidung vor, das Prinzip der Immunität aufzugeben. Die Feststellung des Immunitätsausschusses, dass kein Zusammenhang zwischen der politischen Tätigkeit Deimeks und der ihm vorgeworfenen Handlung besteht, ist seiner Meinung nach in keiner Weise haltbar. Schließlich benützten heute viele PolitikerInnen die sozialen Medien im Rahmen ihrer Tätigkeit, es könne wohl nicht verboten sein, Kommentare, unabhängig von ihrem Inhalt, weiterzusenden. SPÖ und ÖVP würden sich, so Rosenkranz, dem "grünen Wächterrat" ausliefern.

Klaus Uwe Feichtinger (S) räumte ein, dass im Immunitätsausschuss sehr kontroversiell über die Auslieferung Deimeks diskutiert wurde. Für ihn ist die Entscheidung aber gerechtfertigt. Schließlich solle die Immunität die Arbeits- und Funktionsfähigkeit des Parlaments sicherstellen und sei damit ein Recht des Parlaments und kein individuelles Recht des Abgeordneten. Für Feichtinger ist es überdies kein Zufall, dass der Nationalrat wieder einmal über die Immunität eines FPÖ-Abgeordneten beraten müsse.

Verteidigt wurde die Entscheidung des Immunitätsausschusses auch von Grün-Abgeordnetem Dieter Brosz (G). Er las einige Passagen aus dem von Deimek weiterverbreiteten Text vor und meinte, es gehe nicht an, dass Abgeordnete Hasspostings und Aufrufe zu Gewalt unterstützten. Auch der Vorwurf, die FPÖ würde unfair behandelt, geht seiner Meinung nach ins Leere. Brosz erinnerte daran, dass der letzte Abgeordnete, der vom Nationalrat aufgrund der Immunitätsbestimmungen nicht ausgeliefert wurde, FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache gewesen sei.

ÖVP-Klubobmann Reinhold Lopatka bekannte, dass in seiner Fraktion einige Abgeordnete der Auslieferung Deimeks nur mit Bauchweh zustimmen würden. Wenig abgewinnen konnte er der Wortmeldung von Brosz. "Spielen Sie nicht ständig den Sittenwächter", mahnte er.

Auch Team-Stronach-Abgeordnete Waltraud Dietrich wertete die Sachlage als nicht so einfach. Viele Abgeordnete hätten Facebook-Accounts, es brauche eine generelle Regelung, forderte sie. Dietrich schlug vor, die Beratungen zu vertagen und ein Gutachten einzuholen, um die Frage zu klären, inwieweit ein politischer Zusammenhang zwischen der Tätigkeit Deimeks als Abgeordneter und der ihm vorgeworfenen Handlung besteht.

Nicht amtsführende Wiener Stadträte: Nationalrat gegen Fristsetzung

Schließlich lehnte der Nationalrat einen Fristsetzungsantrag der NEOS ab. Abgeordneter Nikolaus Scherak und seine FraktionskollegInnen hatten darauf gedrängt, die Beratungen im Verfassungsausschuss über einen Entschließungsantrag der NEOS betreffend die Abschaffung der nichtamtsführenden Stadträte in Wien bis zum 17. April abzuschließen.

Eine weitere (120.) Sitzung des Nationalrats diente formalen Mitteilungen und Zuweisungen. (Schluss Nationalrat) gs