Parlamentskorrespondenz Nr. 1067 vom 12.10.2016

Auch zahlreiche Gemeinden machen gegen TTIP und CETA mobil

Nationalrat befasst sich am Ende der Sitzung mit Petitionen und Bürgerinitiativen

Wien (PK) – Zum Ende der heutigen Sitzung des Nationalrats ging es noch einmal um TTIP und CETA. Nicht nur zivilgesellschaftliche Organisationen, auch zahlreiche Gemeinden wie Schwaz, Paternion und Spittal an der Drau sind besorgt, dass durch die Freihandelsabkommen die hohen österreichischen und europäischen Standards, etwa in Sachen Konsumentenschutz und Lebensmittelsicherheit, in Gefahr sein könnten. Mit insgesamt neun derartigen Resolutionen hat sich der Petitionsausschuss des Nationalrats auf Initiative von Grün-Abgeordnetem Wolfgang Pirklhuber auseinandergesetzt. Der entsprechende Ausschussbericht wurde heute vom Plenum mehrheitlich zur Kenntnis genommen.

Gegenstand des Berichts sind auch andere Bürgeranliegen. So haben sich etwa tausende BürgerInnen für die verfassungsrechtliche Absicherung von Bargeld als Zahlungsmittel stark gemacht. Ebenso fand die Forderung nach einem günstigen Öffi-Ticket für Studierende großen Widerhall. Weitere Initiativen betreffen etwa eine menschenwürdige Aufnahme von AsylwerberInnen, die Bereitstellung eines ausreichenden Budgets für das Bundesheer und die Beibehaltung von Sonderschulen bzw. Sonderschulklassen in Modellregionen für die Gesamtschule. Ebenfalls aus dem Schulbereich stammt die Forderung, die Mitwirkungsrechte der Schulpartner bei der Umwandlung von Neuen Mittelschulen bzw. Gymnasien in eine gemeinsame Schule nicht einzuschränken.

In der Debatte wiesen Hermann Lipitsch (S) und Michael Bernhard (N) darauf hin, dass sich das österreichische Parlament intensiv mit CETA und TTIP befasst habe. Es habe nicht nur eine Parlamentarische Enquete, sondern auch ein Hearing im Petitionsausschuss gegeben. Bernhard begrüßte in diesem Zusammenhang den direkten Austausch mit einzelnen Gemeinden. Das Engagement der Kommunen wurde ausdrücklich auch von Wolfgang Pirklhuber (G) und Leopold Steinbichler (T) begrüßt.

FPÖ warnt vor Abschaffung von Bargeld und fordert Beibehaltung von Sonderschulen

Der Forderung nach einer verfassungsrechtlichen Absicherung des Zahlungsverkehrs mit Bargeld schlossen sich Christian Hafenecker (F) und Rupert Doppler (o.F.) an. Die EU wolle die BürgerInnen in die elektronische Zahlung treiben und so vollständig überwachbar machen, glaubt Hafenecker. Zudem hätte sie in Krisenzeiten Kontrolle über das Geld. Als Indizien für seinen Verdacht nannte der Abgeordnete die geplante Abschaffung des 500-Euro-Scheins und die in Diskussion stehende Einführung einer Bargeldgrenze. ÖVP-Abgeordneter Erwin Rasinger kann allerdings keine Pläne der EU zur Abschaffung des Bargelds ausmachen. Auch das Finanzministerium sei für die Beibehaltung des uneingeschränkten Bargeldverkehrs, bekräftigte er.

Edith Mühlberghuber (F) unterstützte die Forderung nach Einführung eines leistbaren österreichweiten Studierendentickets für den öffentlichen Verkehr. Es sei an der Zeit, das schon seit Jahren diskutierte Anliegen endlich umzusetzen, meinte sie. Verständnis für das Anliegen zeigte auch Norbert Sieber (V), er gab aber zu bedenken, dass eine Ausweitung des in der Ostregion erhältlichen TOP-Jugendtickets auf das gesamte Bundesgebiet 150 Mio. € kosten würde.

Mühlberghubers Fraktionskollege Gerhard Hauser sagte zur Bürgerinitiative Nr. 102, nicht alle Kinder mit Behinderung könnten in das Regelschulwesen eingegliedert werden. Wolle man Eltern die Wahlfreiheit lassen, müssten sonderpädagogische Zentren erhalten bleiben. Dem schloss sich auch ÖVP-Abgeordnete Martina Diesner-Wais im Grundsatz an. Das Neue dürfe nicht der Feind des Bewährten sein, warnte sie. Es werde von den LehrerInnen in den Sonderschulen hervorragende Arbeit geleistet.

Ulrike Königsberger-Ludwig (S) gab demgegenüber zu bedenken, dass sowohl der Nationale Aktionsplan für Menschen mit Behinderung als auch die UN-Behindertenrechtskonvention die Bedeutung eines inklusiven Schulangebots unterstreichen. Man solle auch die Chance einer gemeinsamen Schule sehen. Johann Hechtl begrüßte in diesem Zusammenhang die höheren Budgetmittel für den Bildungsbereich.

Assistierter Suizid: ÖVP sieht keinen Bedarf für Gesetzesänderung

Mit der an den Justizausschuss weitergeleiteten Petition Nr. 73 befasste sich Wolfgang Gerstl (V). Er wies darauf hin, dass in Österreich noch nie jemand wegen assistiertem Suizid oder wegen Tötung auf Verlangen verurteilt worden sei. Für eine Gesetzesänderung sieht er keinen Bedarf. Anhand aktueller Zahlen aus den Niederlanden, wo Töten auf Verlangen erlaubt ist, warnte er vor Fehlentwicklungen. Dort würden täglich durchschnittlich 14 Personen mit fremder Hilfe getötet. Wichtig wäre es Gerstl zufolge, die Empfehlungen der Enquete-Kommission zum Thema "Würde am Ende des Lebens" umzusetzen.

Wendelin Mölzer (F) betonte, dass mehr als 2.000 BürgerInnen eine Petition zur Wiedereröffnung der Polizeistation am Klagenfurter Hauptbahnhof unterschrieben hätten. Er hält das Anliegen angesichts steigender Übergriffe im Umfeld des Bahnhofs für berechtigt und beklagte, dass die Initiative vom Nationalrat "schubladisiert wird". Es sei das Ziel der Zusammenlegung von Polizeiinspektionen gewesen, mehr PolizistInnen auf die Straße zu bringen, hielt Friedrich Ofenauer (V) dem entgegen.

Team Stronach urgiert Statistik über Schwangerschaftsabbrüche

Martina Schenk (T) brachte eine Petition zur Sprache, die sich nicht im Sammelbericht findet. Man brauche fundierte Zahlen und Daten über Schwangerschaftsabbrüche, um den Frauen besser helfen zu können, unterstützte sie die Forderung nach der Erstellung einer anonymisierten Abtreibungsstatistik. Schenk bedauerte in diesen Sinn den Widerstand von Seiten der SPÖ und der Grünen.

Hermann Gahr (V) machte auf die breite Unterstützung einer Bürgerinitiative aufmerksam, die sich gegen ein Kaputtsparen des Bundesheers gewandt hatte. Verteidigungsminister Doskozil habe inzwischen ein Maßnahmenpaket vorgelegt, mit dem den meisten Forderungen der Initiative Rechnung getragen wird, hob er hervor. Auf die zusätzlichen Budgetmittel für das Heer wiesen auch Hannes Weninger und Erwin Preiner (beide S) hin.

Lob von SPÖ und ÖVP für private FlüchtlingshelferInnen

Johann Hell (S) verwies darauf, dass, neben dem Bundesheer, der Polizei und Hilfsorganisationen, auch private Personen einen wesentlichen Beitrag zur Bewältigung der Flüchtlingskrise geleistet haben. Durch ihre Unterstützung habe der Flüchtlingsandrang bewältigt werden können. Mittlerweile steht, wie ÖVP-Abgeordneter Johann Singer festhielt, nicht mehr der Zuzug, sondern die Integration im Mittelpunkt. Auch er wollte sich bei all jenen bedanken, die sich bemühen, hilfs- und schutzbedürftige Menschen zu unterstützen. Der fraktionslose Abgeordnete Gerhard Schmid glaubt allerdings, dass viele Flüchtlinge die Grundversorgung nicht entsprechend zu schätzen wissen. Für eine Begrenzung der Zahl von AsylwerberInnen im Sinne der Notverordnung machte sich Erwin Preiner (S) stark. Bei aller notwendigen Hilfe müsse man aufpassen, dass die heimische Bevölkerung durch Großquartiere nicht überfordert werde, meinte auch Johannes Rauch (V).

Dietmar Keck (S) sprach sich generell dafür aus, Diskussionen über Bürgeranliegen nicht wie so oft erst am Ende der Tagesordnung zu führen.

Mit der Kenntnisnahme des Sammelberichts des Petitionsausschusses sind die Beratungen über die Petitionen Nr. 60, 64, 66, 70, 81, 82, 83, 84, 86, 68, 69, 71 und 77 sowie über die Bürgerinitiativen Nr. 86 und 100 abgeschlossen. Die Petition Nr. 73 betreffend Prüfung der Möglichkeit und Konsequenzen der Entkriminalisierung von assistiertem Suizid wurde dem Justizausschuss zugewiesen. Der Verkehrsausschuss wird sich mit der Bürgerinitiative Nr. 101 zur Schaffung eines österreichweiten Studierendentickets für den öffentlichen Verkehr befassen. An den Unterrichtsausschuss weitergeleitet wurde die Bürgerinitiative Nr. 102, die sich für die Beibehaltung eines bedarfsgerechten Angebots an Sonderschulen bzw. Sonderschulklassen stark macht.

Keine Mehrheit fand ein von Leopold Steinbichler eingebrachter Entschließungsantrag des Team Stronach. Darin wurde die Erstellung eines Lebensmittelkrisenplans für Österreich durch Landwirtschaftsminister Andrä Rupprechter gefordert.

In einer weiteren (147.) Sitzung des Nationalrats wurden in der Geschäftsordnung vorgesehene Mitteilungen und Zuweisungen vorgenommen. (Schluss Nationalrat) gs