Parlamentskorrespondenz Nr. 1347 vom 30.11.2016

Gesundheitsausschuss diskutiert Fragen der Sozialversicherungen und der Apotheken

Initiativen der Opposition abgelehnt bzw. vertagt

Wien (PK) – Der Gesundheitsausschuss befasste sich heute im Rahmen seiner 20 Punkte umfassenden Tagesordnung auch mit Initiativen der Abgeordneten zum Thema Sozialversicherung, Apotheken und Tierschutz. Die Anträge wurden zum Teil abgelehnt, zum Teil vertagt, jener zum Tierschutz wurde dem Justizausschuss zugewiesen.

Kosten der Gebietskrankenkassen für AsylwerberInnen

Nicht durchsetzen konnte sich die FPÖ mit ihrem Antrag nach Offenlegung der tatsächlichen Kosten der Gesundheitsbetreuung für AsylwerberInnen (1868/A(E) ). Dieser wurde mit den Stimmen von SPÖ, ÖVP, Grünen und NEOS mehrheitlich abgelehnt. Bundesministerin Sabine Oberhauser informierte in diesem Zusammenhang, dass derzeit Gespräche zur Verifizierung der laufenden Kosten geführt wurden.

Potentialanalyse in den Sozialversicherungen

Mit den Stimmen der Koalitionsparteien wurde die Forderung der Freiheitlichen nach Durchführung einer Potentialanalyse in den Sozialversicherungen (875/A(E) ) vertagt.

FPÖ-Gesundheitssprecherin Dagmar Belakowitsch-Jenewein drängt darauf, endlich etwaige Kostendämpfungs- und Einsparungsmöglichkeiten insbesondere in den Bereichen Beschaffung und Verwaltung zu erheben. Auf der Grundlage dieser Studie könne dann ein entsprechender Maßnahmenplan erstellt und das Fundament für eine Zusammenlegung der Sozialversicherungsträger unter Zugrundelegung einer einheitlichen Beitrags- und Leistungskomponente gelegt werden. Ulrike Weigerstorfer (T) wies im Ausschuss darauf hin, dass eine derartige Analyse in Auftrag des Team Stronach erstellt worden sei und sie diese ihren KollegInnen gerne zur Verfügung stellen würde. Laut Gesundheitsministerin Sabine Oberhauser will auch Sozialminister Alois Stöger eine derartige Studie in Auftrag geben.

Skepsis gegenüber freier Wahl für Versicherte bei Leistungsnachteilen

Allein im Ausschuss blieben die NEOS mit Ihrem Vorstoß, den BürgerInnen das gesetzliche Recht einzuräumen, die Krankenkasse zu wechseln, sofern nachweislich Leistungsnachteile bestehen (1787/A(E) ). Gerald Loacker weist in seinem Entschließungsantrag erneut auf den kritikwürdigen Umstand hin, dass die Versicherten aufgrund der Struktur des heimischen Gesundheitswesens (19 verschiedene Krankenversicherungsträger, regionale Fürsorgeanstalten und privilegierte Sondergruppen) oft sehr unterschiedliche Leistungen erhalten. Da eine Behebung dieses Missstands - beispielsweise durch eine Zusammenlegung der Träger - nicht in Sicht sei, weil die Kammern ihre Machtpoitionen nicht aufgeben wollen, wie Loacker erklärte, schlage er diesen gangbaren Weg vor. Ausschussvorsitzende Dagmar Belakowitsch-Jenewein (F) warnte jedoch ebenso wie Gesundheitsministerin Sabine Oberhauser davor, dass etwa PatientInnen mit chronischen Krankheiten von den einzelnen Kassen dann leicht abgelehnt werden könnten. Oberhauser sieht daher eine Leistungsharmonisierung als vorrangig an.

Ausstattung der E-Cards mit Fotos würde Kostenrahmen sprengen

Würde man die E-Cards mit Fotos ausstatten, so wie dies Abgeordneter Marcus Franz (o.F.) in seinem Entschließungsantrag (1861/A(E) ) fordert, würde das den Kostenrahmen sprengen, merkte die Gesundheitsministerin zu diesem Vorstoß an. Die ÄrztInnen seien angehalten, zu kontrollieren, ob die vorgezeigten E-Cards und die PatientInnen jeweils ein und dieselbe Person sind.

Franz argumentiert hingegen, dass die seit Jänner 2016 eingeführte Ausweispflicht in allen Ambulanzen und Ordinationen einen zu hohen bürokratischen Aufwand darstellt. Außerdem vertritt Franz die Auffassung, dass mit einer persönlichen Zuordenbarkeit per Foto auf der E-Card Missbrauchsfälle sofort erkannt und abgestellt werden könnten. Der Nutzen für den Sozialversicherungsträger würde anfallende Mehrkosten mehr als amortisieren, ist er überzeugt. Im Sinne einer Patienten- und Bürgerfreundlichkeit in der Verwaltung, könnte und sollte durch den Hauptverband der Sozialversicherungsträger auf gespeicherte und gesicherte Datensätze des Innenministeriums zugegriffen werden können. Der Antrag wurde schließlich mit SPÖ-ÖVP-Mehrheit vertagt.

Abermalige Forderung nach Fusion der Sozialversicherungsträger und Gesamtreform des Gesundheitswesens

Der parteifreie Mandatar Marcus Franz (o.F.) setzt sich mittels eines Antrags abermals für eine Gesamtreform des heimischen Gesundheitswesens ein, kam damit aber nicht durch (1738/A(E) ). Es gehe um Kostenwahrheit, sagte er, der Rechnungshof weise seit Jahren darauf hin, dass das derzeitige System zu teuer und zu ineffizient sei. Um eine straffere Organisation, eine bessere Planung und eine optimale Versorgung der PatientInnen zu gewährleisten, sollten die bestehenden 19 Sozialversicherungen zu einer gemeinsamen "Österreichischen Gesundheitsversicherung" (ÖGV) fusioniert werden, schlägt er daher vor. Die ÖGV, die für die Finanzierung und Steuerung aller notwendigen Gesundheitsleistungen zuständig wäre, würde von unabhängigen ExpertInnen geführt und wäre somit frei von politischer Willkür. Dem konnten sich aber SPÖ, ÖVP, Grüne und NEOS nicht anschließen, der Antrag wurde somit abgelehnt.

Teilaufhebung des Gebietsschutzes von öffentlichen Apotheken

Skepsis gab es auch im Hinblick auf zwei weitere Initiativen der NEOS. Zum einen geht es um die Teilaufhebung des Gebietsschutzes für öffentliche Apotheken (1373/A ), zum anderen um die Erweiterung der maximalen wöchentlichen Betriebszeit von Apotheken (1610/A(E) ). Beide Anträge wurden mit SPÖ-ÖVP-Merhrheit vertagt.

NEOS-Abgeordneter Gerald Loacker argumentiert, dass sich aufgrund des demographischen Wandels, der zunehmend eingeschränkteren Mobilität der PatientInnen, der geänderten Lebensformen sowie der deutlich gestiegenen Nachfrage nach Medikamenten vielerorts problematische Situationen ergäben, da die nächstgelegene Apotheke zu weit vom Wohnort entfernt ist. Während viele andere Grundversorger eine gestiegene Nachfrage in Ortsteilen durch Neuansiedlungen sehr schnell befriedigen können, sei dies bei Apotheken aufgrund des gesetzlich festgelegten Gebietsschutzes nicht möglich. Daher sollte diese jahrzehntealte Regelung reformiert werden.

Ebenso hält es Loacker für notwendig, die Betriebszeiten-Regelung für Apotheken nach dem Vorbild des Öffnungszeitengesetzes zu erweitern. Derzeit werden die Betriebszeiten für den Kundenverkehr für alle Apotheken eines Ortes einheitlich durch die Bezirksverwaltungsbehörde festgelegt. Diese Einschränkung widerspricht nach Ansicht Loackers marktwirtschaftlichen Prinzipen und schade damit nicht nur den PatientInnen, sondern auch engagierten ApothekerInnen, die gerne ein besseres Kundenservice anbieten würden. Apotheken sollte es daher frei stehen, eigene Öffnungszeiten festzulegen, fordert Loacker, damit wäre auch die Versorgung besser gewährleistet. Zur besseren Planbarkeit der Bereitschaftsdienste seien diese der Bezirksverwaltungsbehörde zu melden.

Apotheken sind keine Supermärkte, warf dazu Judith Schwentner (G) ein, der Vorstoß sei zu liberal und werfe zahlreiche Fragen auf. Auch Gesundheitsministerin Oberhauser, die die von Loacker angeführten Probleme durchaus sah, warb eindringlich dafür, all diese Punkte genau auf ihre Auswirkungen zu durchdenken. Man müsse an einem abgestimmten Konzept arbeiten, auch wenn dies schwierig sei, sagte sie.

Forderung nach Kennzeichnung von suchterzeugenden Medikamenten

Ebenfalls mit SPÖ-ÖVP-Mehrheit vertagt wurde der Antrag des Team Stronach, in dem  Ulrike Weigerstorfer für eine bessere Information der PatientInnen über das suchterzeugende Potential von Medikamenten eintritt (1918/A(E)). Hier gehe es darum, Bewusstsein zu schaffen, meinte sie und wurde darin auch von der Gesundheitssprecherin der Grünen Eva Mückstein unterstützt. Viele KonsumentInnen seien sich nicht über die Nebenwirkungen von Präparaten bewusst, da auch oft die Beipackzettel nicht gelesen würden, argumentierte Weigerstorfer. Besonders besorgniserregend sei die Tatsache, dass auch immer mehr Kinder suchterzeugende Medikamente wie Psychopharmaka verschrieben bekommen. Im konkreten ersucht sie die Gesundheitsministerin, den bereits bestehenden Warnhinweis "beeinträchtigt die Verkehrstüchtigkeit" bei Medikamenten, die laut Beipacktext in der Lage sind, Sucht zu erzeugen, durch die Kennzeichnung "suchterzeugend" zu ergänzen und weitere bewusstseinsfördernde Maßnahmen im Sinne einer Aufklärungskampagne zu setzen.

Laut Gesundheitsministerin will man sich in ihrem Ressort dazu etwas überlegen, Oberhauser machte jedoch darauf aufmerksam, dass diese Fragen im Kompetenzbereich der EU liegen.

Justizausschuss soll sich mit Tierschutz im ABGB befassen

Dem Justizausschuss zugewiesen wurde schließlich der Antrag des Team Stronach, auch im österreichischen ABGB Tiere als mit Empfindsamkeit ausgestattete lebende Wesen zu verankern (1287/A(E) ).

Ulrike Weigerstorfer erinnerte in diesem Zusammenhang daran, dass auch das französische Bürgerliche Gesetzbuch eine ähnliche Passage beinhaltet. Ebenso hätten andere Länder, wie beispielsweise Neuseeland, aber auch die kanadische Provinz Quebec, Tieren vor kurzem diesen Status zugesprochen. Eva Mückstein (G) und Josef Riemer (F) unterstützten den Antrag explizit. Tierschutz sei ein Beitrag zur Humanisiserung der Gesellschaft, betonte Mückstein. Für die Zuweisung an den Justizausschuss waren SPÖ, ÖVP, Grüne und NEOS. (Schluss Gesundheitsausschuss) sue/jan