EU-Pläne für Arbeitsmarkt, Produktsicherheit und Antidiskriminierung
Sozialministerium informiert Nationalrat über Entsenderichtlinie und andere Unionsvorhaben
Wien (PK) – Der EU-Vorhabensbericht von Sozialminister Alois Stöger an den Nationalrat (III-346 d.B. und III-608-BR/2017) umfasst für das Jahr 2017 ein breites Spektrum an europäischen Initiativen und Themen für seinen Zuständigkeitsbereich, wie etwa das Mobilitätspaket, die Überarbeitung der Entsenderichtlinie, neue Karzinogen-Grenzwerte und Änderungen in der EU-Haushaltsordnung. Fortgeführt werden sollen unter anderem auch die Verhandlungen zur Bekämpfung von Diskriminierung, zum verpflichtenden Frauenanteil in Aufsichtsräten, zur Barrierefreiheit für bestimmte Produkte und Dienstleistungen und betreffend eine Revision der Verbraucherbehördenkooperation. Zur Produktsicherheits-Verordnung mit der strittigen Ursprungslandkennzeichnung ist derzeit keine Wiederaufnahme der Verhandlungen in Aussicht.
Zur Diskussion stehen zudem Änderungsvorschläge für die Europäischen Agenturen für Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen, für Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz und für das Zentrum für Förderung der Berufsbildung. Neue Initiativen sind beispielsweise im Jugendbereich, für den Finanzrahmen nach 2020, zur besseren Durchsetzung des EU-Rechts und in Form eines Weißbuchs über die Zukunft Europas geplant. Im Frühjahr 2017 soll auch ein Vorschlag einer "Europäischen Säule für soziale Rechte" vorgelegt werden, etwa zur Vereinbarkeit von Arbeits- und Berufsleben.
Mobilitätspaket und Entsenderichtlinie sollen erneuert werden
Der sozialversicherungsrechtliche Teil des so genannten Mobilitätspakets soll weiter modernisiert werden. Enthalten sind Vorhaben zu Arbeitslosenversicherung, Gleichbehandlung, Entsendung, Pflegeleistungen, Betrugsbekämpfung, Familienleistungen sowie verfahrensrechtliche Änderungen und delegierte Rechtsakte für den Bereich. Österreich unterstützt eine Reihe von Punkten, kritisch gesehen werden aber etwa eine geplante Ausdehnung des Exportzeitraums von Arbeitslosengeld von drei auf sechs Monate oder die Änderungsvorhaben bei der Grenzgänger-Regelung in der Arbeitslosenversicherung.
Eine Erneuerung der Entsenderichtlinie soll faire Arbeitsmobilität gewährleisten und unfairen Wettbewerb verhindern. Die derzeitige EU-Richtlinie spiegelt nicht die großen Lohnunterschiede zwischen den Mitgliedsstaaten wieder, so der Bericht. Zur Diskussion stehen hier Regelungen in den Bereichen Entsendedauer, Arbeitsbedingungen, Unterauftragsketten und Leiharbeit.
Barrierefreiheit von Produkten und Dienstleistungen, Kooperation der Verbraucherbehörden, Arbeitnehmerschutz vor krebserzeugenden Stoffen
Bestehende Unterschiede in den nationalen Rechtsvorschriften über die Barrierefreiheit von Produkten und Dienstleistungen sollen durch einen entsprechenden Richtlinienvorschlag angeglichen werden. Ziel sind einheitliche, harmonisierte Regeln für Barrierefreiheit in der ganzen EU, unter anderem mit Schwerpunkt in der Informations- und Kommunikationstechnologie. Es sind zahlreiche Verhandlungen im ersten Halbjahr 2017 geplant.
Als eine der Maßnahmen der Kommission im Rahmen des Legislativpakets zum digitalen Binnenmarkt (Digital Single Market) stehen Verhandlungen über eine Revision der Verbraucherbehördenkooperations-Verordnung auf dem Jahresplan. Ziel ist hier, die grenzüberschreitende Zusammenarbeit der Verbraucherbehörden bei der Durchsetzung von Verbraucherrechten effizienter zu gestalten und Schwachpunkte der bestehenden Verordnung, die etwa der steigende Internethandel aufzeigte, zu beheben. Strittigster Punkt ist laut Bericht ein erweiterter Befugniskatalog für Behörden bei der Durchsetzung von Verbraucherrechten, in Österreich besteht zudem teilweise großer Widerstand gegen den neuen Regelungsumfang des Vorschlages.
Mit einer Erneuerung der Karzinogengrenzwerte soll außerdem der Schutz von ArbeitnehmerInnen vor krebserzeugenden Arbeitsstoffen um den heutigen Stand des Wissens ergänzt werden.
Antidiskriminierung, Frauenanteil in Aufsichtsräten
Ziel einer Antidiskriminierungsrichtlinie ist die Bekämpfung von Diskriminierungen auf Grund der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Orientierung, weiters beim Sozialschutz, bei der Bildung sowie beim Zugang zu und Versorgung mit Waren und Dienstleistungen, die der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen. Anpassungen im nationalen Gleichbehandlungsgesetz wären demnach vor allem im Bereich Alter, Religion und Weltanschauung sowie sexueller Orientierung vorzunehmen, so der Bericht. Der maltesische Ratsvorsitz wird die Verhandlungen mit dem Schwerpunkt "sexuelle Orientierung" weiterführen. Ebenso werden die Beratungen zu einem verpflichtenden Frauenanteil in Aufsichtsräten börsennotierter Gesellschaften fortgesetzt.
Arbeitsweise der EU-Agenturen soll angepasst werden
Um die Kohärenz, Effizienz und Verantwortlichkeit zu verbessern, sollen drei EU-Agenturen an neue Entwicklungen angepasst werden, beispielsweise an das "gemeinsame Konzept für die EU-Agenturen" aus dem Jahr 2012. Die Vorhaben betreffen die Stiftung zur Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen (Eurofound), die Agentur für Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz (EU-OSHA) und das Zentrum für Förderung der Berufsbildung (Cedefop). Eine Überarbeitung der Verordnungen biete unter anderem die Möglichkeit, Ziele und Aufgaben der Agentur zu aktualisieren, so die Beschreibung der Vorhaben der Kommission.
EU-Haushaltsordnung: Verhandlungen über sektorspezifische Änderungen
Das Sozialministerium betreffende Vorschläge zur Änderung der EU-Haushaltsordnung umfassen den Globalisierungsfonds, den Sozialfonds, den Hilfsfonds für die am stärksten benachteiligten Personen und das EU-Programm für Beschäftigung und soziale Innovation. Unter anderem will die Kommission damit die Komplexität der EU-Fonds reduzieren und kohärentere und einfachere finanzielle Regelungen ermöglichen.
Während die zum Großteil technischen Änderungen für den Globalisierungsfonds und den Hilfsfonds aus österreichischer Sicht unstrittig sind, sei es nicht nachvollziehbar, weshalb "der sorgfältig austarierte Kompromiss" zur Aufteilung der Mittel im EU-Programm für Beschäftigung und soziale Innovation (EasI) ohne entsprechende Evaluierung des bisherigen Mitteleinsatzes aufgehoben werden soll, hält das Sozialministerium fest. Hier müssten die Ergebnisse aus der Halbzeitevaluierung abgewartet werden, bevor substantielle Änderungen der Verordnung vorgeschlagen werden.
Vorlage zu Produkt-Ursprungslandkennzeichnung derzeit blockiert
Zur Produktsicherheits-Verordnung mit der strittigen Ursprungslandkennzeichnung ist derzeit keine Wiederaufnahme der Verhandlungen in Aussicht, da es eine "doppelte Sperrminorität" von Befürwortern und Ablehnern dieser Produktkennzeichnung gibt. Österreich lehnte bis dato jede Form einer verpflichtenden Ursprungslandkennzeichnung ab, insbesondere weil diese in Bezug auf die Sicherheit und Rückverfolgbarkeit eines Produkts nicht aussagekräftig seien.
Prioritäten der Ratspräsidentschaft Malta und weitere Vorhaben
Erarbeitet wurde der Vorhabensbericht für 2017 auf Grundlage des Arbeitsprogramms der Kommission und des Achtzehnmonatsprogramms des Ratsvorsitzes Niederlande, Slowakei und Malta. Schwerpunktsetzungen des maltesischen Ratsvorsitzes im ersten Halbjahr 2017 sind demnach Migration, Binnenmarkt, Sicherheit, soziale Inklusion, südliche Nachbarschaft und Meerespolitik.
Weitere offene EU-Vorhaben umfassen unter anderem die Bereiche digitale Inhalte, den Online-Warenhandel, urheberrechtliche Aspekte sowie Geoblocking, Telekommunikation, die sogenannte Blue-Card-Richtlinie und das Thema Energie. Im Rahmen des REFIT-Programms zur Vereinfachung von EU-Recht und zur Reduzierung von Regulierungskosten sollen 2017 sieben verbraucherschutzrelevante Richtlinien, Bestimmungen für den Reisebusverkehr und Sozialvorschriften für die Straßenverkehrsindustrie überarbeitet werden. (Schluss) mbu