Parlamentskorrespondenz Nr. 1182 vom 13.12.2017

Nationalrat: SPÖ für Verlängerung der Beschäftigungsaktion 20.000

Kern kündigt Widerstand gegen "unvernünftige Politik" der zukünftigen Bundesregierung an

Wien (PK) – Die Fortsetzung und finanzielle Absicherung der noch unter der letzten Regierung beschlossen Beschäftigungsaktion 20.000 stand im Fokus eines SPÖ-Antrags, der in der heutigen Nationalratssitzung nach einer kontroversen Debatte dem Finanzausschuss zugewiesen wurde. Demnach sollten auch nach dem Jahr 2019 jährlich bis zu 540 Mio. € für die berufliche Integration von langzeitarbeitslosen Personen über 50 zur Verfügung gestellt werden. Im Rahmen der Aktion können bis zu 20.000 Arbeitsplätze in Gemeinden bzw. über gemeinnützige Trägervereine gefördert werden (5/A).

Es wäre "in höchstem Maße schädlich und herzlos", diese erfolgreiche Beschäftigungsinitiative zu stoppen. Mit diesen Worten kritisierte Kern scharf die Pläne der türkis-blauen Koalitionsverhandler, "eines der wichtigsten Projekte der letzten Regierung" wieder abzuschaffen. Generell zeichne sich ein "Rodeo der Rückschritte" ab, urteilte der SPÖ-Chef, der u.a. auf die geplante Aufhebung des Rauchverbots anspielte. Dies belege, dass für ÖVP und FPÖ nicht die Gesundheit der Bevölkerung und vor allem der ArbeitnehmerInnen im Vordergrund stehe, sondern vielmehr die Interessen der Lobbys und der Tabakindustrie. Die zahlreichen negativen Reaktionen zeigten bereits deutlich, dass sich das auch die Zivilgesellschaft nicht bieten lassen werde. 

SPÖ-Antrag: Beschäftigungsaktion 20.000 zeitigt bereits erste Erfolge

Die Beschäftigungsaktion 20.000 wurde mit 1. Juli 2017 in Form von Pilotprojekten (je Bundesland in einem Arbeitsmarktbezirk) gestartet. Mit Jänner 2018 soll die österreichweite Implementierung erfolgen. Die Mittel für die Beschäftigungsinitiative – bis zu 778 Mio. € (2017-2019) - wurden vorläufig auf zwei Jahre befristet zur Verfügung gestellt. Begründet wird der Antrag u.a. mit den positiven Erfahrungen in der Pilotphase des Projekts. Zwischen Juli und Mitte Oktober seien demnach bereits 1.200 zusätzliche Arbeitsverhältnisse geschaffen worden. Gleichzeitig konnte in acht von elf Modellregionen der Trend zum Anwachsen der Langzeitarbeitslosigkeit Älterer gestoppt werden.

Kern fordert bundesweite Umsetzung der Beschäftigungsaktion 20.000

Bundeskanzler Christian Kern wies darauf hin, dass in den letzten Monaten erstmals die Arbeitslosenrate auch bei den über 50-Jährigen zurückgegangen ist. Dazu beigetragen hätten natürlich die positiven Entwicklungen auf den Exportmärkten sowie die Leistungen der tüchtigen ArbeitnehmerInnen und UnternehmerInnen in Österreich. Einen wesentlichen Anteil hatte aber auch die aktive Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik der letzten Regierung, war der SPÖ-Chef überzeugt. Denn dort, wo der Markt versagt, dürfe man nicht zuschauen. Es sei nämlich eine Illusion, nur darauf zu warten, bis älteren Menschen, die womöglich noch eine gesundheitliche Beeinträchtigung haben, Jobs angeboten werden. Dies funktioniere in einem Europa der offenen Grenzen und der Arbeitnehmerfreizügigkeit nicht. Deshalb sei die Fortsetzung der Beschäftigungsaktion von so großer Bedeutung. Dabei gehe es um konkrete Schicksale, das heißt um "20.000 Mal Respekt, 20.000 Mal Würde und 20.000 Zukunftsperspektiven", unterstrich Kern. Man dürfe diesen Menschen nicht die Tür vor der Nase zuschlagen und sagen "schau, wo du bleibst". Angesichts des herausragenden Wirtschaftswachstums ist das auch überhaupt nicht notwendig, argumentierte der SPÖ-Chef. Die nächste Bundesregierung könne sich ins gemachte Bett legen, zumal im Jahr 2019 bereits mit einem Budgetüberschuss zu rechnen ist. Sein Fraktionskollege Josef Muchitsch machte darauf aufmerksam, dass die Beschäftigungsaktion in den ersten Monaten sehr gut angelaufen sei und über 1.500 Menschen, die in der Vergangenheit oft hunderte Bewerbungen geschrieben haben, wieder Hoffnung gegeben hat. Dieses Projekt müsse daher finanziell abgesichert und unbefristet verlängert werden, forderte er.

Unterstützung für das Anliegen kam von der Liste Pilz. Für Abgeordnete Daniela Vogtenhuber-Holzinger war die Beschäftigungsaktion 20.000 ein zentraler und wichtiger arbeitsmarktpolitischer Schritt. Sie forderte vor allem die ÖAAB-VertreterInnen innerhalb der ÖVP auf, ihre Versprechen zu halten und Rückgrat zu beweisen.

ÖVP, FPÖ und NEOS bezweifeln Sinnhaftigkeit der Beschäftigungsaktion und schlagen andere Modelle vor

Es sei unbestritten, dass Arbeit einen wichtigen Platz im Leben der Menschen einnimmt und sehr viel mit Würde zu tun hat, meinte Abgeordneter Karl Nehammer (ÖVP). Die zentrale Frage sei für ihn jedoch, ob gut gemeinte Lösungen auch immer gut im Sinne der Betroffenen sind. Da die durch die angesprochene Aktion geförderten Jobs immer ein Ablaufdatum haben, sollte man darüber nachdenken, ob es nicht sinnvoller sei, die Mittel für Qualifizierungsmaßnahmen sowie für ein Eingliederungsmanagement in den ersten Arbeitsmarkt einzusetzen. Er werde sich jedenfalls im Ausschuss dafür einsetzen, dass gute Modelle entwickelt werden, die echte Zukunftsperspektiven für die Menschen bieten, um ein würdevolles und selbstbestimmtes Leben führen zu können.

FPÖ-Vertreter Robert Lugar bezeichnete die Beschäftigungsaktion 20.000, die sogar vom AMS-Chef kritisch hinterfragt wird, als Wahlkampfgag. Statt einer sozialistisch geprägten Förderpolitik mit der Gießkanne sollte man etwa auf den Ausbau von Qualifizierungsmaßnahmen setzen. Gerald Loacker (NEOS) sprach von einer grundlegenden "Fehlkonzeption", da die Aktion zu Verdrängungseffekten führe bzw. dazu, dass die Arbeit einfach auf mehrere Personen verteilt werde. Wenn man arbeitssuchende Menschen wirklich unterstützen will, dann gibt es bessere Modelle, wie etwa die Einführung von Eingliederungsbeihilfen oder Kombilöhnen, schlug der Redner vor. (Fortsetzung Nationalrat) sue