Parlamentskorrespondenz Nr. 635 vom 05.06.2018

Behördenkontrolle: Volksanwaltschaft fordert einmal mehr gleiche Prüfkompetenzen wie im Rechnungshof ein

Volksanwaltschaftsausschuss befasst sich mit Problemen in der heimischen Verwaltung

Wien (PK) – Geht es nach der Volksanwaltschaft, gibt es für das Parlament einigen Handlungsbedarf. Neben dem dringenden Appell, das Heimopferrentengesetz vor dem Sommer zu reformieren, wurde seitens der Volksanwälte im heutigen Volksanwaltschaftsausschuss des Nationalrats einmal mehr die Forderung laut, der Ombudsstelle dieselben Prüfkompetenzen wie dem Rechnungshof einzuräumen. Demnach sind die Volksanwälte immer wieder mit Bürgerproblemen mit Unternehmen konfrontiert, an denen die öffentliche Hand zu 50% beteiligt ist. Diese Prüflücke sei zu schließen, "die Legislaturperiode ist noch lang genug", sagte Volksanwalt Peter Fichtenbauer im Ausschuss.

Bei der verpflichtenden Umrüstung auf intelligente Stromzähler, die sogenannten Smart Meter, mahnte Fichtenbauer zudem bürgerrechtskonforme Regeln ein. Durch den Smart Meter könne auf die hundertstel Sekunde gemessen werden, ob jemand zuhause ist, wann jemand fernsieht oder wann jemand aufsteht. Wieder ins Rollen bringen will Fichtenbauer zudem eine Haftpflichtversicherung für Naturkatastrophen. "Wir haben hier einen versicherungsrechtlichen Defekt. Das ist eine reale Lücke im österreichischen Rechtsschutzsystem", sagte Fichtenbauer auf die Nachfrage von Carmen Schimanek (FPÖ).

Volksanwaltschaft regt erneut Masern-Impfpflicht an

Nach Meinung von Volksanwalt Günther Kräuter fehlt es wiederum an einer konsequenten Gesundheitspolitik, wenn es um die Impfrate bei Masern geht. Er spricht sich für eine Impfpflicht, beispielsweise geknüpft an den Mutter-Kind-Pass, aus.

Auch bei der Heimopferrente zeigte Kräuter die Mängel im bestehenden Gesetz auf. Der Opferanspruch müsse auf Krankenhäuser und private Heime ausgebaut werden, auch für Menschen mit Behinderung gebe es Verbesserungsbedarf. Notwendig sei zudem die Möglichkeit von Feststellungsbescheiden für Heim- oder Pflegekinder, die Opfer von Gewalt geworden, aber aktuell noch nicht im Pensionsalter sind. Zu dem Zeitpunkt, in dem diese Menschen bereit sind, über das Erlebte zu sprechen, sollten alle notwendigen Erhebungen durchgeführt werden können, so Kräuter.

Mehr passieren muss laut Volksanwältin Gertrude Brinek in Österreich zudem bei der Gewaltprävention und im Opferschutz für Frauen.

Unbefriedigende Personalsituation bei der Polizei

Angesprochen von Muna Duzdar (SPÖ) auf die Personalsituation bei der Polizei, bezeichnete diese Fichtenbauer als "offenkundig unbefriedigend". Überforderung und Überbelastung seien per se schlecht in diesem Bereich. Auch wenn die Regierung eine Aufstockung der Polizei beabsichtige, handle es sich dabei um keinen Lichtschalter, den man an- und abstellen könne.

Was die hohe Anzahl von Beschwerden aufgrund zu langer Asylverfahren betrifft, informierte Fichtenbauer, dass der Rückstau unerledigter Asylanträge im Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) mit der befristeten Verlängerung der Entscheidungsfrist auf 15 Monate abgearbeitet werden konnte. Ab 1. Juli wird wieder die sechsmonatige Entscheidungsfrist gelten, laut Informationen des BFA könne diese nun eingehalten werden. Nach Einschätzung Fichtenbauers werden sich die Asylrechtsbeschwerden künftig von der ersten auf die zweite Instanz im Bundesverwaltungsgericht verlagern. Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts oder Gutachten über die Sicherheitslage in Herkunftsländern könnten von der Volksanwaltschaft nicht geprüft werden. "Alles andere wäre ein Eingriff in die unabhängige Rechtsprechung", so Fichtenbauer.

Kräuter kritisch gegenüber staatlicher Rechtsvertretung in Asylverfahren

Angesichts der zunehmenden Beschwerden über Mängel bei der rechtlichen Vertretung von unbegleiteten Minderjährigen in den Asylverfahren, meinte Kräuter , dass man zwar nicht alles in ein gesetzliches Korsett zwingen müsse, es aber zu keinen Interessenskonflikten zulasten des Kindeswohls kommen dürfe. Diese Gefahr könnte bestehen, wenn der Vertreter des Minderjährigen im Asylverfahren auch für die Organisation der Unterbringung

oder für die Betreuung verantwortlich ist. Die Volksanwaltschaft regt daher einen Kontrollmechanismus an, der die notwendige Unabhängigkeit bzw. Unvoreingenommenheit sicherstellt. Bei der Idee einer staatlichen Rechtsvertretung in Asylverfahren müsse das Parlament sehr aufmerksam sein. Er sehe das kritisch, wie Kräuter auf Nachfrage von Stefanie Krisper (NEOS) sagte.

Erneutes Beschwerdeplus bei der Behördenkontrolle

Das erneute Beschwerdeplus in der Behördenkontrolle im Jahr 2017 auf 20.097 korreliert laut Volksanwältin Brinek stark mit den Asylzahlen von vor zwei Jahren. Sie geht davon aus, dass die asylrechtlichen Beschwerden wieder zurückgehen werden. Dennoch bleibe genug zu tun, allein bei 50% der Bürgerprobleme mit der öffentlichen Verwaltung sei ein formales Prüfverfahren eingeleitet worden. Das Beschwerdeverhalten habe sich allerdings auch geändert. "Es soll schneller gehen", meinte Brinek gegenüber Martina Diesner-Wais (ÖVP), zeitgleich brauche es aber verständliche und korrekte Rechtsauskünfte.

Die Volksanwaltschaft will demnach auch weiterhin daran arbeiten, BürgerInnen darüber zu informieren, mit welchen Beschwerden sie sich an die Ombudsstelle wenden können. Für viele Bürgerbeschwerden habe die Volksanwaltschaft keinen Auftrag, aber "solange die Menschen dastehen und sagen, dass sie nicht mehr weiter wissen, werden wir helfen", so Brinek. Abgeordneter Alfred Noll von der Liste Pilz regte dazu an, die Volksanwaltschaft etwa durch Kooperationen mit anderen Institutionen wie Schulen gesamtgesellschaftlich weiter auszubauen. (Schluss) keg