Parlamentskorrespondenz Nr. 194 vom 03.03.2020

Gesundheitsausschuss: Keine Mehrheit für Risikostrukturausgleich bei Krankenkassen

Zahlreiche Oppositionsanträge vertagt

Wien (PK) – Der heutige Gesundheitsausschuss befasste sich mit einer Reihe an Anträgen der Opposition, die allesamt vertagt oder abgelehnt wurden. Darin ging es unter anderem um einen Risikostrukturausgleich in der Krankenversicherung, Nachholbedarf bei psychischen Erkrankungen und sozialversicherungsrechtlichen Selbstbehalten.

Opposition fordert Risikostrukturausgleich bei Krankenkassen

SPÖ und NEOS setzten sich für gleich gute Gesundheitsleistungen für alle Versicherten ein (325/A(E) ). Abgeordneter Gerald Loacker plädierte in diesem Zusammenhang für die Etablierung eines Risikostrukturausgleichs im Bereich der Krankenkassen (321/A(E) ). Als Vorbilder nannte Loacker die Schweiz sowie die Niederlande und wollte die Ergebnisse von drei Sozialversicherungsstudien richtungsweisend heranziehen. Des Weiteren schlug Loacker vor, eine ausführliche Studie zu den Unterschieden bei den Kassenleistungen erstellen zu lassen (304/A(E) ).

Seitens der Regierungsparteien konterte Laurenz Pöttinger (ÖVP), dass ein Risikostrukturausgleich in Deutschland Probleme schaffe. Vertagt wurde der Antrag mit den Stimmen von ÖVP und Grünen, die sich auf eine verfassungsrechtliche Entscheidung aus dem Jahr 2004 bezogen. Ebendiese Entscheidung nannte auch Markus Koza (Grüne) als Vertagungsgrund, wobei ihm ein Strukturausgleich sinnvoll erschien. Auch für die von den NEOS geforderte Studie zeigte Koza Interesse, dies betreffe jedoch die Kompetenzen der Länder, erklärte er die Vertagung.

Gleiche Leistungen für gleiche Beiträge zu erhalten, sei eine Frage der Gerechtigkeit, argumentierte Philip Kucher (SPÖ) und machte sich für eine Zusammenarbeit bei der Verfassungsangelegenheit stark. Wenig Verständnis für die Vertagungen zeigte auch Dagmar Belakowitsch von der FPÖ, zumal es in Österreich keine freie Versicherungswahl gebe und der Wettbewerb zwischen den Versicherungen fehle. Für Gabriela Schwarz (ÖVP) stand derzeit die Leistungsharmonisierung im Vordergrund. Die Anträge wurden mit den Stimmen von ÖVP und Grünen vertagt.

SPÖ sieht Nachholbedarf im Bereich psychischer Erkrankungen

Die steigende Zahl an psychisch kranken Menschen und gleichzeitig bestehende Versorgungslücken nahm die SPÖ zum Anlass, um die Bereitstellung ausreichender ambulanter Behandlungsangebote, sowie den Auf- und Ausbau von Kassenplätzen für klinische PsychologInnen, PsychiaterInnen und PsychotherapeutInnen zu fordern. Langfristig brauche es einen "Masterplan: Psychisch gesundes Österreich", wobei alle relevanten Professionen - PsychiaterInnen, PsychotherapeutInnen oder klinische PsychologInnen – bei der Erstellung einbezogen werden müssten (326/A(E) ). Christian Drobits (SPÖ) ortete großen Nachholbedarf im Umgang mit psychischen Erkrankungen, etwa im ländlichen Bereich, wo die Wartezeiten lang seien, oder in der Prävention. Durch den Antrag solle hier aufgeholt werden.

Grundsätzlich positiv stand Ralph Schallmeiner (Grüne) dem Antrag gegenüber. Es habe aber nicht genug Zeit gegeben, sich ausreichend über alle Fraktionen hinweg damit auseinanderzusetzen und etwa einen Allparteienantrag zu erarbeiten. Er stellte daher einen Antrag auf Vertagung und kündigte gleichzeitig an, auf alle Fraktionen zuzugehen, um bis zum nächsten Ausschuss eine gemeinsame Vorgangsweise zu finden. Gerald Loacker (NEOS) zeigte sich von dieser Begründung überrascht, schließlich hätten die Grünen bereits mehrmals die Dringlichkeit des Themas betont.

Josef Smolle (ÖVP) sah wichtige Punkte wie den Bereich der Kinder- und Jugendpsychiatrie und eine Ausbildung auf europäisch vergleichbarem Niveau im Antrag nicht angesprochen und begrüßte daher die Vertagung. Auch für Gabriela Schwarz war der Antrag zu kurz gegriffen, es sei aber extrem wichtig, gemeinsam etwas zu unternehmen. Rosa Ecker (FPÖ) hinterfragte die Finanzierung. Der Antrag wurde mit den Stimmen von ÖVP und Grünen vertagt.

SPÖ gegen Selbstbehalte bei Arztbesuchen und in Ambulanzen

Alarm schlug die SPÖ wegen des drohenden Defizits bei der Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK). Das mögliche Finanzloch könnte durch neue Selbstbehalte für ÖGK-Versicherte gestopft werden, befürchteten die Sozialdemokraten (328/A ). Sie forderten, die Kompetenz des Dachverbandes zur Festlegung von Selbstbehalten für Arztbesuche, Zahnbehandlungen und die Inanspruchnahme von Spitalsambulanzen ersatzlos zu streichen. Laut Angela Baumgartner (ÖVP) sei der Beschluss von Selbstbehalten nur möglich, wenn zuvor ein Beschluss zur Selbstverwaltung gefällt wurde. Dieser werde nicht angedacht, sagte sie.

Die Grünen signalisierten Einigkeit mit der SPÖ, stimmten aber schließlich für den Vertagungsantrag. Ralph Schallmeiner zeigte sich offen für eine Abstimmung der weiteren Vorgehensweise. Er stellte eine Evaluierung von Selbstbehalten in den Raum und wollte dieses Thema im nächsten Gesundheitsausschuss erneut aufgreifen. Die SPÖ nahm den Gedanken auf und setzte sich für ein Expertenhearing im nächsten Gesundheitsausschuss ein. Die FPÖ stimmte für den Antrag, ortete aber einen Unwillen bei der ÖVP. Schließlich wurde der Tagesordnungspunkt mit den Stimmen von ÖVP und Grünen vertagt. (Fortsetzung Gesundheitsausschuss) gla/kar