Parlamentskorrespondenz Nr. 276 vom 20.03.2020

Budgetausschuss ebnet Weg für zweites Covid-19-Gesetzespaket

Initiativantrag mehrheitlich angenommen; Opposition stimmt bei Teilen zu

Wien (PK) – Knapp eine Woche nach dem Beschluss erster gesetzlicher Maßnahmen in Reaktion auf die Corona-Krise hat der Budgetausschuss des Nationalrats den Weg für weitere Schritte geebnet. Insgesamt werden 39 Gesetze geändert, dazu kommen fünf neue Bundesgesetze. Erhielt das erste Covid-19-Gesetzespaket noch die Stimmen aller Parlamentsfraktionen, stieß das zweite gesetzliche Maßnahmenbündel heute auf reichlich Kritik bei der Opposition. Die Beschlussfassung im Nationalrat ist für morgen in Aussicht genommen, der Bundesrat will am Samstag über die Maßnahmen beraten.

Die Oppositionskritik am zweiten Covid-19-Gesetzespaket fiel vielfältig aus. Neben dem Fehlen von Berichtspflichten im Zusammenhang mit dem Härtefallfonds sowie Sunset-Klauseln bei mehreren vorübergehenden Maßnahmen sorgte unter anderem insbesondere der Umgang mit Geschäftsraummieten bei Liquiditätsproblemen für Sorge. Entsprechende Anträge auf eine Ausschussfeststellung von sowohl SPÖ als auch FPÖ, um den Begriff "Seuche" auf die Corona-Krise in den relevanten Paragrafen 1104 und 1105 des ABGB anzuwenden, fanden jedoch keine Mehrheit. Abgelehnt wurde ebenso ein Abänderungsantrag der SPÖ, Verordnungs- und Gesetzprüfungsverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof von den geplanten Fristhemmungen auszunehmen. Zwei weitere Anträge der SPÖ wurden vertagt. Sie hätten einen Automatismus für Herabsetzungsanträge der Einkommenssteuer-Vorauszahlung für EPUs und kleine Unternehmen sowie Fristhemmungen zur Inanspruchnahme staatlicher Leistungen zum Ziel gehabt.

Die FPÖ stimmte weiten Teilen des Gesetzespakets zu. Mit einem Antrag auf getrennte Abstimmung brachte die SPÖ zum Ausdruck, dass sie mit einigen Gesetzeselementen nicht einverstanden ist. Die NEOS wollten das Gesetzespaket in der derzeitigen Form nicht unterstützen, eine Zustimmung im morgigen Plenum wurde von Seiten der Oppositionsfraktion allerdings nicht ausgeschlossen.

Plenumsreif gemacht wurde das zweite Covid-19-Gesetzespaket unter Berücksichtigung eines von der ÖVP und den Grünen eingebrachten Abänderungsantrags, mit dem u.a. bei einigen Maßnahmen eine Sunset-Klausel eingezogen wird.

Weitreichende Maßnahmen im Justizbereich

Ein wesentlicher Eckpfeiler des 2. Covid-19-Gesetzespakets sind Sonderregelungen für die Justiz, inklusive der Höchstgerichte. Dabei geht es unter anderem um die vorübergehende Unterbrechung von Verfahren, die Hemmung von Fristen, die Einschränkung des Gerichtsbetriebs und des Besuchsrechts in Haftanstalten, den Einsatz von Videotechnologie bei Einvernahmen und Verhandlungen sowie die Möglichkeiten von Beschlüssen im Umlaufweg sowohl für den Verfassungsgerichtshof als auch für den Verwaltungsgerichtshof.

Konkret ist etwa vorgesehen, alle Zivilprozesse, Außerstreitverfahren, Grundbuchs- und Firmenbuchverfahren sowie Exekutions- und Insolvenzverfahren grundsätzlich bis zum 30. April zu unterbrechen, wobei diese Frist von Justizministerin Alma Zadić bei Bedarf weiter verlängert werden kann. Ausgenommen sind nur Verfahren, die eine freiheitsentziehende Maßnahme betreffen. Im Einzelfall kann das zuständige Gericht die Verfahrensunterbrechung aber verkürzen, wenn dies aus Dringlichkeitsgründen geboten ist. Mündliche Verhandlungen und persönliche Einvernahmen sollen so weit wie möglich vermieden und beispielsweise durch Videokonferenzen ersetzt werden.

Um die Gefahr eines Übergreifens des Coronavirus auf Haftanstalten zu minimieren, ist vorgesehen, Besuche weitgehend durch Telefonate zu ersetzen. Zudem erhält Justizministerin Alma Zadić weitreichende Verordnungsermächtigungen, etwa was das vorübergehende Aussetzen von Strafvollzugsanordnungen oder die Qualifizierung von infizierten bzw. in Quarantäne befindlichen Personen als vollzugsuntauglich betrifft. Wer zu einer Freiheitsstrafe von weniger als drei Jahren verurteilt wurde, könnte demnach etwa seine Haft erst später antreten müssen. Auch sollen TrägerInnen einer Fußfessel, die wegen der Corona-Krise ihren Job verlieren, nicht zwingend wieder in Haft kommen. Gelten sollen die Verordnungsermächtigungen bis Ende des Jahres.

Ausweitung des Haftungsrahmens für kleine und mittlere Unternehmen

Um kleine und mittlere Unternehmen zu unterstützen, ist vorgesehen, den Haftungsrahmen sowohl der Österreichischen Hotel- und Touristikbank (ÖHT) als auch des Austria Wirtschaftsservice (AWS) auszuweiten. Eine Novelle zum KMU-Förderungsgesetz sieht entsprechende Verordnungsermächtigungen für den Finanzminister – in Einvernehmen mit den zuständigen FachministerInnen – vor. Damit will man auf drastische Einnahmenausfälle und damit verbundene ernsthafte Liquiditätskrisen von Unternehmen durch Konsumeinbruch und Zurückhaltung bei Investitionen reagieren. Eine Novelle zum Arbeitsmarktservicegesetz stellt darüber hinaus sicher, dass Unternehmen im Falle von Kurzarbeit auch die erhöhten Aufwendungen, die ihnen aufgrund der im vollen Umfang zu leistenden Sozialversicherungsbeiträge entstehen, im Rahmen der Kurzarbeitsbeihilfe ersetzt bekommen.

Wer im Zuge der Sanierung eines Unternehmens mit Schuldenrückzahlungen in Verzug gerät, soll gemäß Insolvenzordnung eine vorübergehende Verschnaufpause bis 30. April erhalten. Im Gesellschaftsrecht wird die grundsätzliche Möglichkeit geschaffen, Gesellschaftsversammlungen während der Corona-Krise auch ohne physische Anwesenheit der TeilnehmerInnen, also etwa per Videokonferenz, durchzuführen, wobei Details durch das Justizministerium festzulegen sind. Die Frist, innerhalb der die ordentliche Hauptversammlung einer Aktiengesellschaft durchzuführen ist, wird bis Ende 2020 auf zwölf Monate verlängert.

Schaffung eines Härtefallfonds

Durch die Schaffung eines sogenannten Härtefallfonds sollen EPU, freie DienstnehmerInnen, NPO und Kleinstunternehmen Zuschüsse gewährt bekommen, wenn diese durch rechtliche oder wirtschaftliche Folgen von Covid-19 verursacht wurden. Abgewickelt werden sollen die Förderungen durch die Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ), maximal 1 Mrd. € sollen vom Covid-Krisenbewältigungsfonds dafür zur Verfügung stehen.

Erleichterungen für die Baubranche

Zur Entlastung der Baubranche entfallen für Bauunternehmer zwei Monate lang gewisse Zahlungsverpflichtungen an die Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungskasse (BUAK), was laut Erläuterungen zu Einnahmenausfällen von insgesamt rund 60 Mio. € führt. Außerdem müssen Unternehmen im Falle von Covid-Kurzarbeit ohne Arbeitsleistung keine Urlaubs-Zuschläge an die BUAK entrichten, wobei in diesem Fall die ArbeitnehmerInnen auch keinen Urlaubsanspruch für diesen Zeitraum erwerben.

Pflicht zum Verbrauch von Urlaub

Können Dienstleistungen einzelner Betriebe, die aufgrund der Coronavirus-Maßnahmen nicht mehr oder nur mit Einschränkungen betreten werden dürfen, nicht mehr zustandekommen, sollen ArbeitgeberInnen den Verbrauch von Urlaubs- und Zeitguthaben von bis zu zwei Wochen aus dem laufenden Urlaubsjahr verlangen können, maximal aber nicht mehr als 8 Wochen.

Stundung von Sozialversicherungsbeiträgen

Durch Änderungen im Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz sollen aus dem Covid-19-Krisenbewältigungsfonds 60 Mio. € in die Österreichische Gesundheitskasse fließen. Außerdem soll es beitragsrechtliche Erleichterungen für DienstgeberInnen geben. Von Februar bis April sollen so etwa die Sozialversicherungsbeiträge für Unternehmen, die wegen der Corona-Krise geschlossen sind, gestundet werden.

Verlängerte Anfechtungsmöglichkeit von Kündigungen

Die mit dem ersten Covid-19-Gesetz eingeführten Sonderurlaubs-Bestimmungen für die Betreuung von Kindern bis 14 Jahren (Sonderbetreuungszeit) werden auf die notwendige Betreuung von Menschen mit Behinderung ausgedehnt. Zudem wird Vorsorge dafür getroffen, dass sich eine vorübergehende Unterbrechung des Dienstverhältnisses infolge der Corona-Krise nicht nachteilig auf eine vereinbarte Altersteilzeit auswirkt. Demnach werden die Leistungen des Altersteilzeitgeldes während der Unterbrechung des Dienstverhältnisses zwar eingestellt, leben danach aber im selben Ausmaß wieder auf.

Wer eine Kündigung anfechten oder arbeitsrechtliche Ansprüche geltend machen will, bekommt durch eine bis zum 30. April geltende Fristhemmung länger Zeit. Diese Frist könnte durch Verordnung auch noch weiter verlängert werden. Müssen Betriebsratswahlen verschoben werden, bleiben die gewählten Organe länger im Amt.

Erleichterter Zugang zum Unterhaltsvorschuss

Erleichterungen bringt das Gesetzespaket auch für Kinder, denen von Gesetzes wegen Unterhalt zusteht. Sie können bis Ende April auch ohne Nachweis der Exekutionsführung gegenüber dem unterhaltspflichtigen Elternteil einen staatlichen Unterhaltsvorschuss beantragen. Durch die Coronakrise werde es vermehrt Fälle geben, in denen an sich zahlungswillige Personen ihrer Unterhaltspflicht mangels liquider Mittel nicht nachkommen können, wird dieser Schritt in den Erläuterungen begründet. Durch die Maßnahme werde nicht zuletzt auch Druck von den betroffenen Kindern genommen. Die Gewährung eines derartigen Unterhaltsvorschusses ist allerdings auf sechs Monate befristet.

Tabaksteuererhöhung wird auf Herbst verschoben

Die für 1. April geplante Erhöhung der Tabaksteuer wird auf 1. Oktober verschoben. Darüber hinaus kommt es auch im Bereich der Bundesabgabenordnung und des Finanzstrafgesetzes zu Fristunterbrechungen, wodurch sich etwa die Frist für Einsprüche gegen Steuerbescheide verlängert.

Verschiebung von Aufnahmeprüfungen an Universitäten und Fachhochschulen

Um zu verhindern, dass sich die Verschiebung der Zentralmatura oder anderer Abschlussprüfungen negativ auf den weiteren Bildungsweg auswirkt, wird der Bildungsminister mit einem eigenen Gesetz ermächtigt, Eignungs-, Aufnahme- und Auswahlverfahren an Universitäten, Pädagogischen Hochschulen und Fachhochschulen zu verschieben, wobei einheitliche Termine und Fristen festgelegt werden sollen. Dieses Gesetz soll Ende 2021 automatisch außer Kraft treten.

Hilfe für Künstlerinnen und Künstler

Zur Unterstützung von Künstlerinnen und Künstlern erhält der Sozialversicherungsfonds heuer zusätzliche Mittel von bis zu 5 Mio. €. Außerdem können künftig auch KulturvermittlerInnen unterstützt werden.

Vorübergehende Sonderregelungen für den Zivildienst und für ÄrztInnen

Um drohenden Personalengpässen im Bereich des Sanitätsdienstes und der Pflege entgegenzuwirken, sollen auch Personen, die einen außerordentlichen Zivildienst leisten, unbürokratisch einem Rechtsträger zugewiesen werden können. Zudem dürfen Zivildiener vorübergehend auch für Hilfstätigkeiten im Bereich der Daseinsvorsorge oder der kritischen Infrastruktur eingesetzt werden. Ebenso wird deren Zuweisung an gewinnorientierte Unternehmen temporär erlaubt, diesfalls ist jedoch eine volle Kostenerstattung an den Bund vorgesehen.

Auch im medizinischen Bereich werden Sonderregelungen geschaffen. Das betrifft etwa die Aufhebung von Sonderfachbeschränkungen für FachärztInnen in Epidemiezeiten, die Heranziehung veterinärmedizinischer Einrichtungen für Labortests und die Möglichkeit der Abstrichnahme aus Nase und Rachen für diagnostische Zwecke durch SanitäterInnen. Weiters können pensionierte ÄrztInnen, ausländische ÄrztInnen und TurnusärztInnen – in Zusammenarbeit mit berechtigten MedizinerInnen – für ärztliche Tätigkeiten herangezogen werden, auch wenn sie (noch) nicht alle besonderen Erfordernisse für die Berufsausübung besitzen. Wer ein naturwissenschaftliches oder veterinärmedizinisches Studium abgeschlossen hat, darf gegebenenfalls Laboruntersuchungen durchführen.

Im Bereich der Gesundheits- und Krankenpflege und des gehobenen medizinisch-technischen Dienstes können vorübergehend auch Personen eingesetzt werden, die noch nicht im Gesundheitsberuferegister eingetragen sind, sofern sie entsprechend qualifiziert sind. Darüber hinaus wird klargestellt, dass temporäre Einrichtungen zur Aufnahme minderschwerer Covid-19-Erkrankter keine Krankenanstalten im Sinne des Krankenanstaltenrechts sind. Herstellern und Verkäufern von Medizinprodukten sollen in Katastrophen- und Epidemiefällen ähnliche Bereitstellungs- und Versorgungspflichten auferlegt werden können wie Arzneimittelherstellern.

Um ältere Personen oder andere besonders gefährdete Gruppen zu schützen, sind Erleichterungen bei der Ausstellung von Rezepten bzw. bei der Abholung von Medikamenten vorgesehen. Für Apotheken können im Bedarfsfall generell geänderte Öffnungszeiten festgelegt werden. Schließlich wird die längerfristige Verschreibung von Suchtmittelsubstituten erleichtert.

Durch eine Änderung im Pflegefondsgesetz soll den Ländern nach Maßgabe der aus dem Krisenfonds zur Verfügung stehenden Mitteln insbesondere für Ersatzbetreuungseinrichtungen und Clearingstellen ein zweckgebundener Zuschuss zur Verfügung gestellt werden können. Es sei zu erwarten, dass durch die Zunahme von Erkrankungsfällen Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen überlastet sein werden. Ein weiteres Problem stelle die Versorgung von pflege- und betreuungsbedürftigen Personen daheim dar. Das betreffe sowohl private Pflege und Betreuung durch Angehörige wie auch 24-Stunden-Betreuung, heißt es dazu in der Begründung.

Warnungen per SMS

Telekom-Betreiber werden mit dem Gesetz verpflichtet, Warnungen der Bundesregierung bzw. von Behörden per SMS an ihre KundInnen weiterzuleiten. Das gilt auch bei lokalen Gefahrensituationen, etwa bei der Suche nach Kontaktpersonen einer erkrankten Person. Bei Nichtbefolgung droht eine Verwaltungsstrafe von bis zu 37.000 Euro. Diese Maßnahme gilt bis Jahresende befristet.

Verbrauch von Alturlaub im öffentlichen Dienst

Im Bereich des öffentlichen Dienstes wird die Möglichkeit geschaffen, MitarbeiterInnen anzuordnen, Resturlaub aus den Vorjahren aufzubrauchen. Damit soll sichergestellt werden, dass nach der Krise wieder möglichst hohe Arbeitskapazität zur Verfügung steht, heißt es dazu in den Erläuterungen. Die neue Bundesdisziplinarbehörde soll ihre operative Tätigkeit nicht wie geplant mit 1. Juli, sondern erst mit 1. Oktober 2020 aufnehmen, da der Rekrutierungsprozess u.a. aufgrund nicht möglicher Bewerbungsgespräche derzeit stockt.

Schließlich enthält das Gesetzespaket noch Erleichterungen in eigener Sache: Auch die Bundesregierung soll demnach Beschlüsse im Umlaufweg oder über Videokonferenz fassen können. Zudem wird die Möglichkeit geschaffen, die Frist für die Umsetzung von VfGH-Erkenntnissen von Seiten des Verfassungsgerichtshofs in Ausnahmesituationen zu verlängern.

Blümel: 38 Mrd. € sollten aus heutiger Sicht ausreichen

Geht es nach Finanzminister Gernot Blümel, ist Österreich mit dem bis zu 38 Mrd. € berechneten "Schutzschirm über die Volkswirtschaft" nunmehr gut aufgestellt. "Klotzen, nicht kleckern", halte er für die richtige Strategie, aus heutiger Sicht würden die zur Verfügung gestellten Mittel ausreichen. Sollte es mehr Geld brauchen, um die Gesundheit der Menschen zu sichern und Unternehmen durch die Krise zu bringen, werde es das auch geben. Auch Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck betonte, dass durch das zweite Covid-19-Gesetzespaket der wirtschaftliche Schutzschirm auf EPU, freie DienstnehmerInnen, NPO und Kleinstunternehmen ausgeweitet werde.

Auf die Kritik der Opposition, warum die WKÖ für die Abwicklung des Härtefallfonds vorgesehen ist, sagte Schramböck, dass die Wirtschaftskammer immer wieder mit Aufgaben im Namen des Bundes betraut werde, beispielsweise zur Lehrstellenförderung. Es gelte, rasch zu handeln und Gelder zur Verfügung zu stellen.

Der medizinisch-ärztliche Bereich, die Gesundheitsberufe oder die Möglichkeit schneller Testungen würden durch das neue Gesetzespaket so ausgestattet, dass das Gesundheitssystem in einer Krisensituation handlungsfähig ist, sagte Gesundheitsminister Rudolf Anschober. Man werde damit rechnen müssen, dass die Corona-Krise Österreich mit unterschiedlicher Intensität und notwendigen Maßnahmen auch noch in den nächsten Monaten beschäftigen werde. Die Strategie der Bundesregierung beruhe mit Blick auf Italien darauf, schnelle Zuwächse von Neuinfektionen zu vermeiden, um das heimische Gesundheitssystem nicht zu überlasten.

Geht es um mögliche Medikamente gegen das Coronavirus, zeigte sich der Sozialminister leicht optimistisch. Diese seien absehbar, er rechne in drei bis vier Monaten damit. Allerdings gebe es derzeit keine bestätigten Zusammenhänge zwischen höheren Temperaturen und der Ausbreitung des Virus.

Auf Nachfrage der FPÖ, welche gesetzliche Grundlage für die in Tirol vom Landeshauptmann erlassene Quarantäne gelte, sagte Anschober, dass für das gesamte Bundesgebiet die Covid-19-Gesetzesmaßnahmen gelten würden. "Mir ist ein Landeshauptmann, der schnell und gesetzeskonform handelt lieber, als einer, der nicht handelt", so Anschober angesichts der aktuellen Lagen. Tirol habe nichts Illegales gemacht, aufgrund der rapiden Zuwächse an Neuerkrankungen müsse mit hohem Tempo gearbeitet werden.

Opposition vermisst klarere Regelungen

Viel Detailkritik an dem Gesetzespaket kam von der SPÖ. So kritisierte SPÖ-Budgetsprecher Kai Jan Krainer nicht nur, dass beim Härtefallfonds keine Berichtspflicht an das Parlament vorgesehen ist, sondern unter anderem auch, dass unklar ist, ob für UnternehmerInnen bei Zahlungsschwierigkeiten für Geschäftsraummieten im Zusammenhang mit der Coronakrise das ABGB zur Anwendung kommen kann oder nicht. Er sprach sich für die Notwendigkeit einer klaren gesetzlichen Regelung aus.

Unerklärlich erschien Krainer auch, warum die Wirtschaftskammer mit der Abwicklung der Härtefallfonds-Anträge betraut werden soll. Das Finanzamt erschien ihm hierfür als die weit logischere Variante. Bei mehreren Maßnahmen, die auf die Auswirkungen der Coronakrise zeitlich beschränkt seien, wurde zudem auf ein datiertes Außerkrafttreten vergessen, so ein weiterer Kritikpunkt. Christoph Matznetter (ebenfalls SPÖ) machte geltend, dass man durch intensivere parteiübergreifende Zusammenarbeit einige Maßnahmen bereits früher hätte beschließen können. Bei den Details zum Härtefallfonds blieben für SPÖ-Abgeordnete Sonja Hammerschmid einige Fragen offen, etwa in Hinblick auf Weisungsketten. Hier müsse man klarere Bedingungen und Transparenz schaffen, meinte sie.

Die NEOS fühlten sich durch das zweite Coronavirus-Gesetzespaket in ihrer Annahme bestätigt, dass die ursprünglich anberaumten 4 Mrd. € nicht zur Bewältigung der wirtschaftlichen Folgen ausreichen werden. Zum Glück plane die Regierung nun eine wesentlich höhere Summe ein, sagte NEOS-Mandatar Nikolaus Scherak. Er bemängelte unter anderem die schwer überschaubare Vielzahl an unterschiedlichen Fördermöglichkeiten, die vielen auszahlenden Stellen und die Antragsstellung für den Härtefallfonds über die WKÖ. Er stellte klar, dass seine Fraktion dem Gesetzesbündel trotz vieler guter Elemente aufgrund der fehlenden Sunset-Klauseln in der derzeitigen Form nicht zustimmen könne.

Die FPÖ trug den Großteil der neu geschaffenen Gesetzesmaßnahmen mit, wenngleich FPÖ-Budgetsprecher Hubert Fuchs ebenso wie die anderen Oppositionsparteien die Abwicklung des Härtefallfonds durch die WKÖ nicht nachvollziehen konnte. Er habe kein gutes Gefühl dabei, dass Daten, die dem Steuergeheimnis unterliegen, an die Wirtschaftskammer weitergeleitet werden. Unverständlich ist für Fuchs auch, dass bei den Vorauszahlungen der Einkommenssteuer und Körperschaftssteuer nicht automatisiert vorgegangen wird, sondern erst Anträge gestellt werden müssen. Dies sei nicht im Sinne der Entbürokratisierung und Verwaltungsvereinfachung, so der FPÖ-Mandatar. Das Coronavirus-Kurzarbeitsmodell sei schwer zu durchblicken, meinten Dagmar Belakowitsch und Harald Stefan (beide FPÖ).

Die Regierungsfraktionen pflichteten der Schwerpunktsetzung der Covid-19-Maßnahmen bei. Man habe ein substantielles und vollumfängliches Paket geschaffen, um allen Unternehmensformen zu helfen, konstatierte ÖVP-Finanzsprecher Karlheinz Kopf. Um insbesondere Kleinstunternehmen zu unterstützen, müsse der Härtefallfonds schnell auf die Beine gestellt werden, meinte er.

ÖVP-Klubobmann August Wöginger hielt fest, dass der Fonds sehr zielführend sei. Man arbeite ständig daran, dass die Mittel so schnell wie möglich ausbezahlt werden können. ÖVP-Fraktionskollegin Michaela Steinacker betonte, dass das Funktionieren des Rechtstaats durch das Justizpaket auch in der Krisensituation gewahrt bleibe.

Die Klubobfrau der Grünen Sigrid Maurer sprach über die Zielsetzung des Gesetzes. Man wolle damit möglichst alle Betroffenen erreichen, meinte sie. Kleine Unternehmen seien beim Härtefallfonds daher explizit als Anspruchsberechtigte erwähnt worden. Maurer stellte der Opposition in Aussicht, dass noch zusätzliche Regelungen für ein Außerkrafttreten (Sunset-Klauseln) der zeitlich begrenzenden Maßnahmen vorgesehen werden sollen. Die Vertagung der SPÖ-Anträge begründete sie mit der kurzfristigen Einbringung unmittelbar vor Ausschussbeginn.

"Die Krise betrifft uns alle", sagte Justizministerin Alma Zadić, insbesondere viele UnternehmerInnen. Bei der Frage, ob für UnternehmerInnen bei Zahlungsschwierigkeiten für Geschäftsraummieten im Zusammenhang mit der Corona-Krise das ABGB zur Anwendung kommen kann, erläuterte Zadić die Rechtsmeinung des Justizministeriums. Demnach könnten mehrere Paragrafen daraus zur Anwendung kommen, letzten Endes entscheide aber jeweils die unabhängige Rechtsprechung. Dieser könne man nicht vorgreifen.

Arbeitsministerin Christine Aschbacher berichtete, dass in Bezug auf die Kurzarbeit bereits sehr viele Anträge eingereicht worden seien. Schon jetzt stelle das Arbeitsmarktservice nützliche Informationen zur Verfügung, ab morgen werde es zusätzlich einen Rechner für Unternehmen geben, mit dem sie Gehälter von MitarbeiterInnen in Kurzarbeit oder damit verbundene Zuschüsse vom Staat berechnen könnten.

Vor dem Budgetausschuss trat der Nationalrat zu formalen Sitzungen zusammen, die der Einbringung des Gesetzespakets sowie der Zuweisung an den Ausschuss dienten. (Schluss) fan/keg/gs