Parlamentskorrespondenz Nr. 72 vom 26.01.2022

Klimaschutz: COVID-19-Pandemie lässt CO2-Emissionen 2020 sinken, Grenzwerte 2019 aber erneut überschritten

Aktueller Fortschrittsbericht des Klimaschutzministeriums zeigt langfristigen Einsparungsbedarf zur Erreichung der Klimaschutzziele

Wien (PK) – 2019 wurden 50,2 Mio. Tonnen CO2-Äquivalent emittiert und damit zum dritten Mal in Folge die für Österreich zulässige Emissionshöchstmenge überschritten. 2020 werden die Treibhausgas-Emissionen voraussichtlich aufgrund der COVID-19-Pandemie sinken. Das geht aus dem Fortschrittsbericht 2021 (III-517 d.B.) hervor, den Klimaschutzministerin Leonore Gewessler dem Nationalrat vorgelegt hat. Die Sektoren Verkehr, Landwirtschaft und Gebäude sind die größten Verursacher. Im Gebäudebereich konnten aber die stärksten Senkungen verbucht werden. Während die Bereiche Energie, Industrie, Gebäude und Abfallwirtschaft ihre Klimaziele erreichen, bleiben der Verkehr, die Landwirtschaft und fluorierte Gase hinter ihren Zielen zurück. Insgesamt erreicht Österreich, bedingt durch ein Emissionsguthaben aus der Vorperiode und den niedrigen Emissionen 2020, damit dennoch seine bis 2020 gesetzten Klimaschutzziele. Die derzeit gesetzten Maßnahmen zur Senkung der Emissionen reichen aber nicht aus, um die Ziele bis 2030 und 2040 zu schaffen. Es müssen daher weitere Maßnahmen gesetzt werden, so der Bericht.

Treibhausgas-Emissionen steigen seit 2015

Nach einem rückläufigen Trend bei den Treibhausgas-Emissionen von 2005 bis 2014 (inklusive Emissionshandel) steigen diese seit 2015. Dies sei unter anderem auf niedrige Preise für fossile Energie, eine gute konjunkturelle Entwicklung und auf die fehlende Umsetzung neuer, wirksamer Klimaschutzmaßnahmen zurückzuführen, wird im Bericht angeführt.

COVID-19-Pandemie lässt Emissionen 2020 sinken

2019 wurden 50,2 Mio. Tonnen CO2-Äquivalent emittiert und damit zum dritten Mal in Folge die für Österreich zulässige Emissionshöchstmenge überschritten. Für 2020 sei davon auszugehen, dass die Treibhausgas-Emissionen (außerhalb des Emissionshandels) um 7,3% gegenüber dem Vorjahr gesunken sind und unter dem Zielwert liegen. Als ausschlaggebend führen die AutorInnen im Bericht die COVID-19-Pandemie und die damit verbundenen massiven Auswirkungen auf Wirtschaft und Gesellschaft an.

Österreich erreicht Klimaschutzziele für 2020, braucht aber weitere Maßnahmen, um Ziele bis 2050 zu schaffen

Da die nationalen Emissionshöchstmengen in den Jahren vor 2017 (2013–2016) unterschritten wurden, konnte ein Guthaben aufgebaut werden, das in die Bilanz bis 2020 miteingerechnet werden kann. Zusammen mit den COVID-19-bedingten Reduktionen 2020 wird Österreich die Klimaschutzziele bis 2020 erreichen können.

Der derzeitige Emissionstrend sei allerdings nicht ausreichend zur Erreichung der Klimaschutzziele 2030 und 2040. Dies gilt ebenfalls für das Ziel des Europäischen Rats, bis 2050 keine Treibhausgasemissionen mehr freizusetzen. Daher seien laut Bericht rasch zusätzliche, konkrete Maßnahmen nötig.

Verkehr, Landwirtschaft und Gebäude sind die größten Verursacher, Gebäudebereich verbucht stärkste Senkungen

Die größten Verursacher von Treibhausgas-Emissionen (ohne Emissionshandel) waren 2019 die Sektoren Verkehr (47,8%), Landwirtschaft (16,2%), Gebäude (16,2%) sowie Energie und Industrie (10,8%). Die größten Reduktionen der Treibhausgas-Emissionen seit 2005 (ohne Emissionshandel) verzeichneten die Sektoren Gebäude (-36,0%) und Abfallwirtschaft (-29,7%). Einen leichten Rückgang gab es in den Sektoren Verkehr (-2,5%) sowie Energie und Industrie ohne Emissionshandel (-6,6%). Im Sektor fluorierte Gase kam es von 2005 bis 2019 zu einer Emissionszunahme (+28,2 %). In der Landwirtschaft ist die Emissionsmenge annähernd konstant geblieben (-0,4%).

Sektoren Energie, Industrie, Gebäude und Abfallwirtschaft erreichen Ziele

Der Sektor Energie und Industrie umfasst nach Klimaschutzgesetz jene Industrie- und Energiewirtschaftsanlagen, die aufgrund ihrer Größe nicht dem Emissionshandel unterliegen. Die Emissionen dieses Sektors lagen um 1,2 Mio. Tonnen CO2-Äquivalent unterhalb der Höchstmenge nach dem Klimaschutzgesetz. Eine nachhaltige Reduktion konnte bislang aber nicht sichergestellt werden.

Die Treibhausgas-Emissionen aus dem Sektor Gebäude lagen 2019 um 0,1 Mio. Tonnen CO2-Äquivalent unter der sektoralen Emissionshöchstmenge. Die Emissionen sind zwischen 2005 und 2019 um 4,6 Mio. Tonnen CO2-Äquivalent (-36%) gesunken. Die Reduktionen seit 2005 sind auf Maßnahmen im Bereich der thermischen Sanierung, auf den steigenden Anteil von erneuerbaren Energieträgern, die Erneuerung von Heizungsanlagen und den höheren Anteil von Fernwärme zurückzuführen. Es bestehe aber weiterhin ein erhebliches Reduktionspotenzial durch Sanierungsmaßnahmen.

Die Treibhausgas-Emissionen des Sektors Abfallwirtschaft sind 2019 weiter gesunken und liegen seit Beginn des Zielpfads des Klimaschutzgesetzes 2013 unter der sektoralen Höchstmenge. Dabei sinken die Emissionen aus der Deponierung und bei der Abfallverbrennung. Bei der biologischen Behandlung und der Abwasserreinigung steigen die Emissionen hingegen leicht an.

Verkehr größter Verursacher mit steigender Tendenz

Der Sektor Verkehr ist nicht nur der größte Verursacher von Treibhausgas-Emissionen, dessen Anteil steigt zudem seit 2014 kontinuierlich und überschreitet die Höchstmenge das vierte Jahr in Folge. Hauptgrund für den Emissionsanstieg ist die zunehmende Fahrleistung des Personen- als auch des Güterverkehrs. Der Großteil der Personenkilometer wird in Österreich ohne merkliche Veränderung mit dem Pkw (69%) und nur ein geringer Teil mit öffentlichen Verkehrsmitteln (Bahn, Bus und öffentlicher Nahverkehr 28%), Rad (1%) oder zu Fuß (1%) zurückgelegt. Für eine Trendwende im Verkehrsbereich sei es erforderlich, die Rahmenbedingungen für das Transportsystem deutlich zu ändern, fordern die BerichtsautorInnen. Es seien Rahmenbedingungen zu schaffen, die helfen, die Fahrleistung zu reduzieren und effiziente und klimafreundliche Technologien zu begünstigen.

Landwirtschaft und fluorierte Gase bleiben Problemkinder

Die Treibhausgas-Emissionen des Sektors Landwirtschaft liegen seit 2013 über dem sektoralen Ziel. Gründe dafür sind die stabilen Viehbestände sowie die seit 2005 wieder ansteigende Mineraldüngeranwendung. Die Emissionen des Sektors werden sich in den nächsten Jahren voraussichtlich nur wenig verändern. Es sei daher notwendig, noch stärker als bisher auf Kreislaufwirtschaft zu setzen. Zudem seien eine gesündere Ernährung mit hochwertigen Lebensmitteln und geringerem Fleischkonsum sowie eine Reduktion der Lebensmittelabfälle zu forcieren.

Fluorierte Gase überschritten laut dem Bericht die sektorale Höchstmenge zum dritten Mal in Folge. Hauptgrund ist der weiter steigende Bestand an Kälte- und Klimaanlagen. Die F-Gase-Verordnung der EU brachte aber 2019 erstmals leicht rückläufige Zahlen. (Schluss) pst