Parlamentskorrespondenz Nr. 134 vom 16.02.2022

Budgetausschuss: Weitreichende Auswirkungen der COVID-Krise auf laufende Budgetzahlen

Budgetausschuss diskutierte über Abschaffung der kalten Progression

Wien (PK) – Der Budgetausschuss diskutierte heute über den laufenden Budgetvollzug. Darin ging es neben den Monatserfolgsberichten von Oktober bis Dezember 2021 auch um die Mittelverwendungsüberschreitungen und Vorbelastungen im 4. Quartal 2021, um die Bundeshaftungen, die Finanzschulden sowie um die Euro-Krisenländer.

2021: Um 10,6 Mrd. € höhere Steuereinnahmen

Liest man den Monatserfolgsbericht des Finanzministeriums, so beläuft sich das Defizit des Bundes voraussichtlich auf -18,0 Mrd. € und ist damit um 4,5 Mrd. € besser als im Jahr 2020. Ohne Auszahlungen für die COVID-19-Krisenbewältigung gäbe es einen Überschuss von 1,0 Mrd. €, heißt es.

Die gesamten Auszahlungen betrugen im vorläufigen Erfolg 2021 104,0 Mrd. € und sind damit um 7,9 Mrd. € (+8,2%) höher als 2020. Der Anstieg wird hauptsächlich auf höhere Auszahlungen für die COVID-19-Krisenbewältigung zurückgeführt, die im Vorjahresvergleich um 4,5 Mrd. € angestiegen sind und in Summe 19,0 Mrd. € betrugen. Die Auszahlungen aus dem COVID-19-Krisenbewältigungsfonds stiegen dabei um 6,6 Mrd. €, insbesondere aufgrund von höheren Auszahlungen an die COFAG (+3,5 Mrd. €) und für den Bereich Gesundheit (+3,3 Mrd. €), wobei der Großteil für Tests und Impfungen angefallen ist. Zu Minderauszahlungen gegenüber 2021 kam es bei der Kurzarbeit (-1,8 Mrd. €) und bei sonstigen COVID-19-Maßnahmen (-0,3 Mrd. €). Die Auszahlungen ohne direkten Bezug zur COVID-19-Krisenbewältigung lagen bei 85,0 Mrd. € und stiegen im Vergleich zu 2020 um 3,3 Mrd. €. Mehr ausgegeben wurde insbesondere für Pensionen (1,8 Mrd. €).

Die Einzahlungen 2021 waren mit 86,0 Mrd. € um 12,4 Mrd. € (+16,8%) höher als im Jahr 2020. Das Finanzministerium schreibt davon 12,0 Mrd. € der besseren Konjunktur zu. 10,6 Mrd. € wurden mehr Steuern und Abgaben eingenommen (+13,9 Mrd. € bei den Bruttosteuern, insbesondere +3,5 Mrd. € Körperschaftsteuer, +3,1 Mrd. € Umsatzsteuer, +2,8 Mrd. € Lohnsteuer; demgegenüber gab es um 3,3 Mrd. € höhere Ab-Überweisungen an Länder, Gemeinden und die EU) (81/BA, 82/BA, 88/BA). Der Bericht wurde mit den Stimmen der Regierungsparteien zur Kenntnis genommen.

Karin Doppelbauer (NEOS) bewertete die Steuerentwicklung positiv, forderte aber erneut die Abschaffung der kalten Progression. Demgegenüber vertrat das Finanzministerium die Ansicht, die ökosoziale Steuerreform hätte mehr Entlastung gebracht. Dabei bezog sich Brunner auf die Analyse des parlamentarischen Budgetdiensts, die gezeigt habe, dass die Entlastung der BürgerInnen höher sei, als sie bei der Abschaffung der kalten Progression gewesen wäre. Dazu hielt Helmut Berger, Leiter des Budgetdiensts, fest, dass die Analyse unter Einbeziehung des Familienbonus erstellt wurde. Würde dieser als indirekte Förderung nicht eingerechnet, so werde die kalte Progression weiterhin meist ausgeglichen. Es gebe aber auch Fälle, bei denen sie nicht ausgeglichen werde, betonte Berger. Davon sei vorwiegend der obere Einkommensbereich ab einem Jahresgehalt von 50.000 € betroffen. Aufgrund der stark steigenden Inflation verpuffe die Steuersenkung deutlich schneller als davon ausgegangen wurde, so Berger.

Die FPÖ interessierte sich für die Bereiche Gesundheit und Pflege und wollte ausreichend Einnahmen sicherstellen. Das Coronavirus habe das Gesundheitswesen in den letzten beiden Jahren enorm gefordert. Das Finanzministerium stellt daher einen Pauschalbetrag von insgesamt 750 Mio. € zur Verfügung, um die Einnahmeausfälle und höhere Ausgaben in den Jahren 2020 und 2021 auszugleichen. Der Finanzminister betonte gegenüber Gerhard Kaniak (FPÖ) den aktiven Austausch mit den Bundesländern, weshalb rasch gegengesteuert werden könne, wenn zusätzliche Mittel für 2022 gebraucht werden.

Mittelverwendungsüberschreitungen und Vorbelastungen im 4. Quartal 2021

Im vierten Quartal 2021 wurden Mittelverwendungsüberschreitungen in Höhe von 6,750 Mrd. € im Finanzierungshaushalt und von 7,306 Mrd. € im Ergebnishaushalt genehmigt, informiert das Finanzministerium den Budgetausschuss in einem weiteren Bericht (87/BA). Die Mittelverwendungsüberschreitungen im Finanzierungshaushalt wurden zu 64% durch Kredite, zu beachtlichen 34% durch Mehreinzahlungen und zu 2% durch Umschichtungen gedeckt, betonte die ÖVP. Im vierten Quartal 2021 wurden Vorbelastungen in Höhe von insgesamt 3,787 Mrd. € genehmigt. Die betragsmäßig höchste Vorbelastung in Höhe von 1.793,8 Mio. € betrifft die Fachhochschulförderung. Das Ministerium wird dem Budgetausschuss auf Nachfrage der SPÖ weitere Informationen zukommen lassen. Der Bericht wurde mit den Stimmen von ÖVP und Grünen zur Kenntnis genommen.

Brunner: Bund auch bei steigenden Leitzinsen gut aufgestellt

Der Ausnützungsstand der Haftungen des Bundes für Kapital betrug zum 31. Dezember 2021 100,5 Mrd. € und reduzierte sich im Vergleich zu dem 2020 ausgewiesenen Haftungsstand um 872 Mio. €, informierte der Finanzminister (86/BA). Diese Reduzierung wird insbesondere auf die Verringerung des Haftungsstandes in den Bereichen Verkehr und Infrastruktur (1,7 Mrd. €) und Ausfuhrförderung (837 Mio. €) zurückgeführt. Die zur Bewältigung der COVID-19-Krisensituation im Jahr 2020 neu erlassenen Haftungsermächtigungen im Garantiegesetz 1977 und im KMU-Förderungsgesetz wurden verlängert, was zu einer Erhöhung des Haftungsstandes von 215 Mio. € geführt habe. Auch im Bereich der Wirtschaftsförderung zeigte sich ein Anstieg des Haftungsstandes (175 Mio. €). Der größte Zuwachs (1,3 Mrd. €) ergab sich bei Haftungsübernahmen zugunsten von Ausstellungen der Bundesmuseen, da im Herbst 2021 wieder größere Ausstellungen stattgefunden haben.

Karin Doppelbauer (NEOS) interessierte sich insbesondere für die Finanzschulden des Bundes. Diese erhöhten sich Ende 2021 im Vergleich zum Vorjahr von 238,0 Mrd. € auf 253,6 Mrd. € (83/BA). Das Zinsumfeld war 2021 von einem Anstieg der Kapitalmarktzinsen geprägt, so der Bericht des Finanzministeriums. Wesentlichen Einfluss auf die Zinsen hatte weiterhin die COVID-19-Krise und die damit verbundenen erhöhten Finanzierungen der Staaten. In der zweiten Jahreshälfte 2021 führten steigende Inflationszahlen in Kombination mit einem sich aufhellenden Konjunkturumfeld zu Erwartungen hinsichtlich globaler Leitzinserhöhungen im Jahr 2022, heißt es in dem Bericht.

Die EZB müsse mit Zinsänderungen sensibel vorgehen, so Brunner zu Doppelbauer, da jede Zinsänderung Auswirkungen in beide Richtungen habe. Bei hoch verschuldeten Staaten hätten geringe Änderungen große Auswirkungen, unterstrich er. Der Bund tätigte im Jahr 2021 seine Finanzierungen mit einer durchschnittlichen Rendite von -0,34% p.a. bei einer durchschnittlichen Laufzeit von 10,1 Jahren. Der Effektivzinsaufwand sank 2021 von 4,00 auf 3,48 Mrd. €. Die Effektivverzinsung sank ebenfalls weiter und lag Ende 2021 bei 1,17%. Die durchschnittliche Restlaufzeit des Finanzschuldportfolios stieg von 10,13 auf 10,60 Jahre, womit Österreich auch bei einer Anhebung der Leitzinsen gut aufgestellt sei, so Brunner.

Green Bond der Republik Österreich wird ausgestaltet

Nina Tomaselli (Grüne) interessierte sich insbesondere für den in Aussicht gestellten ersten Green Bond der Republik Österreich, also einer grünen Anleihe, und dessen Ausgestaltung. Brunner erklärte, dass die Strukturierung im Gange sei. Solche Anleihen dienen der Kapitalbeschaffung zur Verhinderung oder Verringerung von Umwelt- und Klimaschäden. Für Österreich komme Nuklearenergie nicht in Frage, unterstrich er. Der Green Bond werde in den nächsten Monaten ausgegeben, sagte er.

Österreich habe 2019 von den chinesischen Behörden die Zulassung für ein Panda Bond Programme erhalten. Laut dem genehmigten Programm hatte Österreich bis 10. Oktober 2021 Zeit, um Anleihen zu begeben. Generell erfolgt eine Emission – wie bei anderen Fremdwährungsemissionen auch – immer in Abhängigkeit des Marktumfeldes, erklärte ein Mitarbeiter des Finanzministeriums. Das zentrale Thema dabei war, ob die Finanzierungskosten (unter Berücksichtigung der Absicherung des Fremdwährungsrisikos) unter jenen einer vergleichbaren EUR-Finanzierung liegen. Da dies für Österreich seit Einführung des Programmes unerwarteterweise nicht der Fall war, sei das Programm mit Oktober 2021 ausgelaufen, so das Finanzministerium in Richtung Tomaselli. Die Berichte wurden mehrheitlich zur Kenntnis genommen.

ESM: Griechenland erhält für Reformen weitere 767 Mio. €

Laut dem Bericht über die Maßnahmen des Europäischen Stabilitätsmechanismus (85/BA) beträgt das Stammkapital des ESM Ende 2021 704,8 Mrd. € und der österreichische Anteil 19,4 Mrd. €. Von den rund 61,9 Mrd. € der ESM-Finanzhilfen an Griechenland sind noch 59,9 Mrd. € offen. Da Griechenland trotz der Pandemie Fortschritte bei den Reformen erzielt hat, wurden von der Eurogruppe im Dezember 2021 767 Mio. € an weiteren schuldenerleichternden Maßnahmen befürwortet, informierte der Finanzminister. Spanien erhielt 2012 41,3 Mrd. € an ESM-Finanzhilfen, wovon 23,7 Mrd. € offen sind, die 2022 bis 2027 zurückbezahlt werden sollen. Laut Bericht ist das Risiko, dass Spanien seinen ESM-Verbindlichkeiten nicht nachkommen kann, gering. Gleiches gilt für Zypern.

In einem weiteren Bericht informierte das Finanzministerium den Budgetausschuss über Maßnahmen, die aufgrund des Zahlungsbilanz-Stabilisierungsgesetzes im vierten Quartal 2021 getroffen wurden (84/BA). Österreich trug rund 1,56 Mrd. € zu dem Finanzhilfeprogramm für Griechenland bei. Nach rund 81,14 Mio. € an Rückzahlungen Griechenlands beläuft sich der ausstehende Darlehensbetrag auf 1,48 Mrd. €. Die Zinseinnahmen daraus betrugen Ende 2021 insgesamt 114,3 Mio. €. Für Irland und Portugal werden die Risiken für die Rückzahlung der EFSF-Darlehen als gering betrachtet. Der Budgetausschuss nahm die beiden Berichte mit den Stimmen von ÖVP, Grüne, SPÖ und NEOS ohne Wortmeldungen dazu zur Kenntnis.

Zahlreiche Berichte des Unterausschusses zur Kenntnis genommen

Zum Schluss der Sitzung widmete sich der Budgetausschuss zahlreichen Berichten des Unterausschusses, die er mit den Stimmen von ÖVP, SPÖ, Grünen und NEOS mehrheitlich zur Kenntnis nahm. Der Budgetausschuss nahm dabei folgende Vorlagen in Verhandlung: Förderungsbericht 2019 (III-214 d.B.), Beteiligungsbericht 2020 (22/BA), Bericht über die wirkungsorientierte Folgenabschätzung 2019 (23/BA), Bericht zur Wirkungsorientierung 2019 (39/BA), Bericht über die Ergebnisse des Beteiligungs- und Finanz­controlling zum Stichtag 30. September 2020 (43/BA), Vorläufiger Gebarungserfolg 2020 (59/BA), Monatserfolg März 2021 (62/BA), Genehmigung von Mittelverwendungsüberschreitungen und zugestimmte Vorbelastungen im 1. Quartal 2021 (63/BA), Bericht über die Ergebnisse des Beteiligungs- und Finanzcontrolling zum Stichtag 31. März 2021 (65/BA), Bericht über die Entwicklung des Bundeshaushaltes von Jänner bis April 2021 sowie COVID-19 Berichterstattung (66/BA), Bericht über die Entwicklung des Bundeshaushaltes von Jänner bis September 2021 (79/BA).

Schließlich wurde der Förderungsbericht 2020 (III-522 d.B.) sowie der Bericht über die Ergebnisse des Beteiligungs- und Finanzcontrolling zum Stichtag 30. September 2021 (80/BA) dem Budgetunterausschuss einstimmig zur weiteren Behandlung zugewiesen. (Fortsetzung Budgetausschuss) gla/pst

HINWEIS: Der Budgetdienst des Parlaments bietet ökonomische Analysen zur Budgetpolitik und zu Vorlagen des Bundesministeriums für Finanzen. Alle aktuellen Daten zum Budgetvollzug (Monatsberichte) finden Sie auf der Website des Finanzministeriums.