Parlamentskorrespondenz Nr. 164 vom 23.02.2022

Finanzausgleich: Nationalrat verlängert Bund-Länder-Vereinbarungen um zwei Jahre

Abwicklung von angekündigter Gutschein-Lösung für Energiekostenausgleich mittels Abänderungsantrag beschlossen

Wien (PK) - Aufgrund der Verlängerung der laufenden Finanzausgleichsperiode um zwei Jahre bis zum Ende des Jahres 2023 passte der Nationalrat heute auch mehrere Vereinbarungen gemäß Art. 15a B-VG zwischen dem Bund und den Ländern an. Kritisch diskutiert wurde über einen Initiativantrag von ÖVP und Grünen zur Sicherstellung einer COVID-19-Compliance im Transparenzdatenbankgesetz. Im Detail geht es um die Rückforderung von zu Unrecht bezogenen Corona-Hilfsgeldern. Darüber hinaus wurde mittels Abänderungsantrag die Datenübermittlung aus dem Melderegister für die Abwicklung des von der Regierung angekündigten Energiekostenausgleichs beschlossen.

Die Abgeordneten nahmen außerdem Beendigungsabkommen zu bilateralen Investitionsschutzverträgen in Umsetzung eines EuGH-Urteils einhellig zur Kenntnis.

Vereinbarungen über die Zielsteuerung-Gesundheit, Basisbildung und Pflichtschulabschluss verlängert

Von 50 bestehenden Vereinbarungen zwischen dem Bund und den Ländern werden heute drei verlängert, erläuterte Elisabeth Götze (Grüne). Konkret geht es um die Vereinbarungen zwischen dem Bund und den Ländern über die Organisation und Finanzierung des Gesundheitswesens, über die Zielsteuerung-Gesundheit und über die Förderung von Bildungsmaßnahmen im Bereich Basisbildung sowie von Bildungsmaßnahmen zum Nachholen des Pflichtschulabschlusses für die Jahre 2018 bis 2021, so Finanzminister Magnus Brunner. Damit werden Gelder, die der Bund einhebt, auf die Länder und Gemeinden verteilt, erklärte Götze das System des Finanzausgleichs. Die heute verlängerten Vereinbarungen sind im Zusammenhang mit dem Finanzausgleich zu sehen, führte Brunner aus. Ausreichend Mittel werden für diese Bereiche und Projekte zusätzlich zu den COVID-Hilfen bereitgestellt.

Für den Gesundheitsbereich sind in mehrfacher Hinsicht budgetäre Anpassungen vorgesehen. So sollen beispielsweise die Mittel für überregionale Vorhaben bei Bedarf in den Jahren 2022 und 2023 von 10 Mio. € auf bis zu 20 Mio. € jährlich erhöht werden können. Damit wären allfällige höhere Kosten für nicht vorhersehbares hohes Patientenaufkommen bzw. für teure Medikamente abzudecken. Gespräche über weitere Nachbesserungen bei den Vereinbarungen laufen, führte Götze aus.

Während die NEOS die Verlängerung nicht befürworteten, sprach sich die SPÖ für die Verlängerung aus. Karin Doppelbauer (NEOS) übte harte Kritik am System. Der Bund zahle Mittel an die Länder, ohne dass diese Rechenschaft ablegen müssen. Es fehle ein effizienter Mitteleinsatz. Laut Doppelbauer braucht es eine Reform des Finanzausgleichs. Notwendig seien klare Zielvorgaben und Kontrolle. Auch Gerald Loacker (NEOS) fehlten die Qualitätskriterien. Die FPÖ sprach von einer "sinnlosen Fortschreibung von 15a-Vereinbarungen für weitere zwei Jahre". Die Fortschreibungen seien "nicht sinnlos, aber auch keine Gesundheitsreform", betonte Brunner. Bei der Abstimmung sprachen sich ÖVP, Grüne und SPÖ für die Verlängerung der Vereinbarungen aus.

FPÖ für gratis Kindergarten für alle, SPÖ will Gemeindefinanzen sichern

Die Verhandlungen über neue Vereinbarungen über die Elementarpädagogik sowie über eine Novellierung des Bildungsinvestitionsgesetzes werden derzeit geführt. Nurten Yılmaz (SPÖ) sprach sich für eine bessere Ausgestaltung der Verträge aus. Zudem trat sie für kleinere Kindergartengruppen und eine bessere Entlohnung der PädagogInnen ein. Sie forderte gleiche Chancen für jedes Kind, "ohne Lotterie" in welchem Bundesland es zur Welt kommt.

Geht es nach Erwin Angerer (FPÖ), so soll das COVID-19-Zweckzuschussgesetz schrittweise auslaufen, und durch ein Kinderbetreuungs-Zweckzuschussgesetz abgelöst werden. Dieses sollte die Grundlage für ein bundesweites Gratis-Kindergartenangebot und der Ausgabe eines "Kinderbetreuungsschecks" sein, forderte er mittels Entschließungsantrag. Der Antrag blieb bei der Abstimmung in der Minderheit und wurde ebenso abgelehnt wie ein Entschließungsantrag der SPÖ. Andreas Kollross (SPÖ) machte sich darin für die Sicherung der Gemeindefinanzen in der Krise stark. Er forderte ein Gesetzespaket in Form eines kommunalen Investitionsgesetzes für die Jahre 2022 bis 2024 in der Höhe von jährlich 1 Mrd. €, das konkrete kommunale Projekte im Bereich Klima- und Energiewende fördert.

Anpassungen beim Vollzug von COVID-Hilfen für Spitäler

Beschlossen wurden Anpassungen beim Vollzug des Krankenanstalten- und Kuranstalten-Gesetzes (KAKuG). Darin geht es um die bei der Verlängerung des Finanzausgleichs beschlossenen Finanzzuweisungen an die Länder in der Höhe von insgesamt 750 Mio. € als Ausgleich für die Auswirkungen der COVID-19-Pandemie. Ralph Schallmeiner (Grüne) hob dabei insbesondere Long-Covid als komplexe Erkrankung hervor, die das österreichische Gesundheitssystem stark und lange belasten werde. Unterschiedliche Therapieformen müssten angeboten werden, um auf das breite Spektrum an Auswirkungen eingehen zu können. Die Änderungen wurden vom Plenum mehrheitlich beschlossen.

Energiekostenausgleich: Datenübermittlung aus Melderegister

ÖVP und Grüne schafften durch einen Abänderungsantrag zum Transparenzdatenbankgesetz die notwendige Rechtsgrundlage, um den Energiekostenausgleich in Form der geplanten Gutscheinlösung abwickeln zu können. Darin geregelt ist die Übermittlung von Daten aus dem Melderegister an den Finanzminister im Wege des Bundesrechenzentrums. Übermittelt werden dürfen nur jene Daten, die zur Zustellung des Energiekostenausgleichs an alle Haushalte unbedingt notwendig sind. Klargestellt wird, dass Namen nicht übermittelt werden. Die übermittelten Adressdaten müssen unverzüglich nach Ende der Abwicklung gelöscht werden. Laut Gabriel Obernosterer (ÖVP) wird dadurch der Energiekostenausgleich den Haushalten unbürokratisch zur Verfügung gestellt. Der Abänderungsantrag wurde mehrheitlich beschlossen. Kritik gab es von der Opposition, allen voran von Gerald Loacker (NEOS), der mit dem 150-Euro-Gutschein einen hohen Grad an Bürokratieaufwand verbunden sah.

Sicherstellung einer COVID-19-Compliance im Transparenzdatenbankgesetz

Sowohl im Nationalrat als auch im Budgetausschuss diskutierten die Abgeordneten kritisch über einen Initiativantrag von ÖVP und Grünen, womit eine COVID-19-Compliance im Transparenzdatenbankgesetz verankert wird. Vorgesehen werden Überprüfungsmechanismen zur Sicherstellung der COVID-19 Förderungsbestimmungen und die Möglichkeit der Rückforderung durch die COFAG. Die Bestimmung soll rückwirkend mit 1. November 2021 in Kraft treten.

Obernosterer zufolge sind die Regelungen bereits in den Förderrichtlinien verankert. Nun werde nur der Datenfluss und der Informationsaustausch geregelt. Franz Hörl (ÖVP) will gegen jene wenigen vorgehen, die sich bewusst entgegen der Regeln verhalten. Abgeordneter Christoph Stark (ebenfalls ÖVP) sah darin die Möglichkeit, dem Missbrauch von Förderungen bestmöglich entgegenzutreten.

Demgegenüber stand die FPÖ dem Antrag kritisch gegenüber. Aus Sicht von Hubert Fuchs sei die Regelung alles andere als harmlos. Fuchs hegte datenschutzrechtliche Bedenken und übte Kritik an dem rückwirkenden Inkrafttreten. Seitens der NEOS kritisierte Karin Doppelbauer erneut die COFAG und trat für die Abwicklung durch das Finanzministerium ein. Problematisch sah sie die zivilrechtliche Verfolgung durch die COFAG.

Dem hielt der Finanzminister die "fachlich und sachlich hervorragende Leistung" der COFAG entgegen. Es brauche ein Regelwerk, das auch Kontrollen im Nachhinein zulasse. Die Auszahlung von Hilfen sei an Bedingungen geknüpft, diese müssten eingehalten werden, so Brunner. Wo Hilfen zu Unrecht bezogen wurden, werde rückgefordert, unterstrich er.

NEOS fordern Abschaffung der kalten Progression

Nicht durchsetzen konnte sich ein Entschließungsantrag der NEOS. Karin Doppelbauer (NEOS) setzte sich erneut dafür ein, die kalte Progression abzuschaffen. Ihr zufolge müsste die kalte Progression abgeschafft werden, indem die Steuer-Tarifstufen an die Inflation angepasst werden. Die Steuereinnahmen sprudeln, unterstrich sie, die Steuerreform führe sich ad absurdum.

Beendigungsabkommen zu bilateralen Investitionsschutzverträgen

Zur Umsetzung eines EuGH-Urteils betreffend bilaterale Investitionsschiedsklauseln lagen dem Nationalrat heute weitere Beendigungsabkommen zu bilateralen Abkommen Österreichs über die Förderung und den Schutz von Investitionen vor. Die Abgeordneten nahmen die Beendigungsabkommen mit der Tschechischen Republik, mit Rumänien, Bulgarien, Estland und Litauen einhellig zur Kenntnis.

Von dem EuGH-Urteil sind sämtliche in bilateralen Abkommen über die Förderung und den Schutz von Investitionen zwischen Mitgliedstaaten der Europäischen Union enthaltenen Bestimmungen zur Investor-Staat-Schiedsgerichtsbarkeit betroffen, so die Erläuterungen. Die bisher dazu vorgelegten Beendigungsabkommen betrafen die Slowakei, Kroatien, Slowenien und Malta.

Es handle sich derzeit um die Beendigung von insgesamt zwölf Investitionsschutzabkommen, die innerhalb der EU keine Gültigkeit mehr haben, erläuterte Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck. Drei davon seien nunmehr noch offen. Schramböck sieht aber auch innerhalb des Binnenmarkts durchaus noch Bedarf, daran zu arbeiten, dass Unternehmen, die investieren wollen, in allen Ländern gute Voraussetzungen vorfinden - zumal es sich oft auch um mittelständische Unternehmen handle.

Johann Höfinger (ÖVP) betonte, in dieser Phase gelte es weiterhin, Rechtssicherheit bei Investitionen zu geben. Er strich die Bemühungen Österreichs zur Verstärkung des Investitionsschutzes und bilaterale Gespräche mit den betreffenden Ländern hervor.

Christoph Matznetter pochte ähnlich wie Petra Oberrauner seitens der SPÖ in diesem Zusammenhang darauf, dass die Entscheidungen auch beim Investitionsschutz bei nationalen Gerichten bleiben müssen und es keine Sondergerichtsbarkeit geben dürfe.

Mit hunderten Investitionsschutzabkommen seien weltweit Inseln für Konzerne geschaffen worden, um in Länder mit niedrigen Standards zu gehen, kritisierte Michel Reimon (Grüne). Es sei daher vollkommen richtig, innerhalb der EU auf Rechtsstaatlichkeit zu setzen und die Investitionsschutzabkommen zu beenden. Außerdem gelte es, sich auch auf internationaler Ebene für hohe sozial- und umweltpolitische sowie arbeitsrechtliche Standards einzusetzen. (Fortsetzung Nationalrat) gla/mbu

HINWEIS: Sitzungen des Nationalrats und des Bundesrats können auch via Livestream mitverfolgt werden und sind als Video-on-Demand in der Mediathek des Parlaments verfügbar.