Parlamentskorrespondenz Nr. 230 vom 08.03.2022

Finanzausschuss diskutiert EU-Vorhaben im Finanzbereich

Sicherstellung der Finanzierung der FMA

Wien (PK) - Der Finanzausschuss widmete sich heute den EU-Vorhaben im Finanzbereich sowie einigen Gesetzesvorlagen. Darin geht es unter anderem um Verwaltungsvereinfachungen bei der Feststellung der Einheitswerte von LandwirtInnen, die Finanzmarktaufsicht (FMA) als neue Abwicklungsbehörde für zentrale Gegenparteien und die Umsetzung von EU-Recht bei Finanzdienstleistungen.

Reform der Unternehmensbesteuerung: 2. Säule derzeit in Diskussion

Relevante EU-Vorhaben im Finanzbereich liegen in der Umsetzung der Aufbau- und Resilienzfazilität (RRF) sowie der Errichtung einer Banken- und Kapitalmarktunion, so die EU-Jahresvorschau für das Jahr 2022, die Finanzminister Magnus Brunner dem Finanzausschuss vorgelegt hat (III-580 d.B. sowie III-781-BR/2022 d.B.).

In ihrer aktuellsten Prognose (November 2021) erwartet die Europäische Kommission (EK) für das heurige Jahr ein reales Wirtschaftswachstum von jeweils 4,3% sowohl in der Euro-Zone als auch in der EU insgesamt. Franz Leonhard Eßl (ÖVP) geht davon aus, dass dieser Wert aufgrund der Ukraine-Krise revidiert wird. Der Abgeordnete interessierte sich auch für den Stabilitäts- und Wachstumspakt. Laut Finanzminister Brunner wird die Europäische Kommission bis Mai 2022 die weitere Vorgangsweise zur "general escape clause" (Ausweichklausel) vorlegen. Wichtig sei, in der Krise fiskalisch gegenzusteuern. Das System biete Flexibilität, diese Ausnahmen seien verführerisch, warnte er vor einem Freibrief für lockere Staatsfinanzen.

Reinhold Einwallner (SPÖ) kritisierte das strikte Festhalten der EU an Fiskalregeln. Dies würde im Umkehrschluss die Investitionspolitik hemmen. Kritisch sah er das zwei-Säulen-Modell in der Unternehmensbesteuerung. Bei dessen Reform unterstützt Österreich das Ziel einer möglichst baldigen Einigung über den Richtlinienvorschlag zur Umsetzung der 2. Säule, so Brunner zu Einwallner. Die Auffassung einiger anderer Mitgliedstaaten, wonach die Umsetzung der beiden Säulen verknüpft werden müsse, wird vom Finanzministerium nicht geteilt. Vielmehr würde dies zu Verzögerungen führen, sagte der Finanzminister. Derzeit stehe die 2. Säule in Diskussion, erfuhr Hubert Fuchs (FPÖ). Die Vorbereitungen für die 1. Säule seien im Gange.

Brunner: Entlastungspaket von 1,7 Mrd. € federt steigende Energiepreise ab

An Karin Doppelbauer (NEOS) gerichtet führte der Finanzminister aus, dass die vom Bund geschaffenen Hilfen gegen Preissteigerungen bei den Stromkosten treffsicher sind. Ein Entlastungspaket von 1,7 Mrd. € wurde wegen steigender Energiepreise beschlossen. Neben dem Energiekostenzuschuss gebe es auch den Teuerungsausgleich sowie Befreiungen von der Ökostrompauschale, entgegnete er den NEOS, die mehr Treffsicherheit forderten. Das Entlastungsvolumen sei riesig und es werde schnell umgesetzt, unterstrich der Finanzminister.

Die Europäische Zentralbank erarbeite derzeit das Design des digitalen Euro. Dazu müsse es eine Ratsentscheidung geben, so Brunner zu Doppelbauer. Das Finanzministerium hielt dazu fest, dass der digitale Euro einen Mehrwert für KonsumentInnen gegenüber dem jetzigen System bringen müsse.

BMF sieht keinen Mehrwert in Einführung einer Bargeldobergrenze

Kritisch steht Österreich der geplanten Einführung einer Bargeldobergrenze gegenüber, hielt das Finanzministerium in Richtung Elisabeth Götze (Grüne) fest. Der Wunsch komme vorrangig aus Frankreich, erklärte ein Mitarbeiter des Finanzministeriums. In Österreich sei Bargeld sehr beliebt. Jede Einschränkung würde Verschwörungstheorien hervorheben, sagte er und vermisste den Mehrwert der Einführung einer Obergrenze. Es gebe ohnehin die Verpflichtung, bei Barzahlungen über 10.000 € die Identität festzustellen. Aus Sicht des Finanzministeriums kommt Geldwäsche mit Bargeld keine große Bedeutung zu, da dies über andere Mechanismen einfacher umgesetzt werden könne. Als Beispiel nannte er Auf- und Abwertungen von Immobilien.

Jakob Schwarz (Grüne) interessierte sich insbesondere für den Green Bond der Republik Österreich, also einer grünen Anleihe, und dessen Ausgestaltung. Brunner erklärte, dass die Strukturierung im Gange sei. Solche Anleihen dienen der Kapitalbeschaffung zur Verhinderung oder Verringerung von Umwelt- und Klimaschäden. Für Österreich komme Nuklearenergie nicht in Frage, unterstrich Brunner.

Doppelbauer äußerte aufgrund der hohen Abhängigkeit von Gasimporten aus Russland Sorgen vor einem Stillstand der Industrie. Doppelbauer forderte zusätzliche Hilfen für Industrie und Wirtschaft im Falle von Lieferstopps. Das Finanzministerium hielt die möglichen Auswirkungen für noch nicht absehbar genug, um dies zu beurteilen. Der Finanzausschuss nahm den Bericht mit den Stimmen von ÖVP, Grünen und NEOS zur Kenntnis.

Verwaltungsvereinfachungen bei Feststellung der Einheitswerte von LandwirtInnen

Der Finanzausschuss hat heute Änderungen bei der Steuerpauschale für Bäuerinnen und Bauern nach reger Diskussion abgesegnet (1363 d.B.). Im Kern wird das bisherige System der Bewertung der Erträge der LandwirtInnen geändert, erklärte Franz Leonhard Eßl (ÖVP). Die bislang alle neun Jahre durchgeführte Hauptfeststellung der Einheitswerte soll künftig automatisiert erfolgen. Klimabedingte Veränderungen fließen neu ein. Der Einheitswert gilt als Ausgangspunkt für die Bemessung der Steuerschuld der LandwirtInnen.

Die Vereinfachungen werden in drei Stufen umgesetzt, erklärte der ÖVP-Abgeordnete. Zunächst soll die Ermittlung der Einheitswerte zum regulären Termin auf Basis eines Temperatur/Niederschlagsindex (T/N-Index) sowie der Betriebsgröße durchgeführt werden. In einer zweiten Stufe werden bei der Überarbeitung des Klimarahmens der Bodenschätzung aktuelle Klimadaten herangezogen und neu berechnet. Dieser Klimarahmen wird im Wege der Bodenschätzung festgelegt. Eine Evaluierung der Grundlagen der Bodenschätzung ist bis 31.12.2027 erforderlich. Da jedoch die seit der letzten Aktualisierung geltenden Regeln für die Bodenansprache dem aktuellen wissenschaftlichen Niveau entsprechen, könne sich diese Evaluierung auf die klimatischen Einflüsse beschränken. In einer dritten Stufe soll an Stelle der periodisch durchzuführenden Hauptfeststellung der Einheitswerte ab 2032 eine "rollierende Bewertung" treten, so Eßl. Clemens Stammler (Grüne) betonte, dass das Gesetz so real wie möglich das potentielle Einkommen pro Hektar feststellen möchte. Die Bodenbewertungskommission müsse erst über die neuen klimatischen Einflüsse beraten.

NEOS und SPÖ gegen Pauschalierung von LandwirtInnen

Für die FPÖ erklärte Hubert Fuchs die Zustimmung seiner Fraktion. Er kritisierte aber, dass die Wirkungsorientierte Folgenabschätzung (WFA) nicht gesetzmäßig durchgeführt und eine kurze Begutachtungsfrist von 11 Tagen gewählt wurde. Naturkatastrophen werden nicht weniger, argumentierte Fuchs. Die Einheitswerte werden geringer ausfallen, und so prognostizierte er sinkende Sozialversicherungsbeiträge. Die finanziellen Auswirkungen der Novelle seien beachtlich, unterstrich er. Dazu räumte das BMF ein, dass die WFA "ergänzungsfähig" ist. Konkrete Auswirkungen seien aber schwer zu beziffern. Der Gesetzesentwurf beschränke sich auf zwei Seiten, bewertete das Finanzministerium die Frist von zwei Wochen für ausreichend.

Die NEOS wollten von der Vollpauschalierung abgehen. Laut Karin Doppelbauer ist es BäuerInnen zumutbar, eine Einnahmen-Ausgaben-Rechnung zu führen. Sie trat dafür ein, LandwirtInnen wie UnternehmerInnen zu behandeln. Auch die SPÖ sah in der Pauschalierung eine "Anmaßung gegenüber anderen Betrieben". Christoph Matznetter forderte eine gleichmäßige Besteuerung von Betrieben. Die Preisentwicklung der letzten Monate sei zu berücksichtigen, sagte er und wollte die Einnahmen-Ausgaben-Rechnung regulär anwenden.

Ausschuss begrüßt Sicherstellung der Finanzierung der FMA

Eine EU-Rechtsumsetzung erfordert Anpassungen bei der Nachhaltigkeit von Finanzdienstleistungen. Um dieser Umsetzungsverpflichtung nachzukommen, erfolgen Änderungen im sogenannten Alternatives Investmentfonds Managergesetz, im Bankwesengesetz, dem Börsegesetz 2018 und anderen Gesetzen. Die Finanzmarktaufsicht (FMA) soll weitere Befugnisse erhalten (1364 d.B.). Ihre Finanzierung wird durch die Novelle erhöht. In Form einer Ausschussfeststellung begrüßte der Finanzausschuss die Sicherstellung der Finanzierung der Finanzmarktaufsicht (FMA). Der gesetzliche Kostendeckel für die Bankenaufsicht habe sich in jüngerer Vergangenheit als Engpass herausgestellt, argumentierten ÖVP, Grüne und FPÖ. Durch die Rechtsanpassung werden ausreichend Personal-Ressourcen für den Vollzug des Gesetzes oder die Erfüllung der gesetzlichen Aufgaben der FMA in anderen Bereichen geschaffen, so die Feststellung.

Während die SPÖ aufgrund von Bedenken beim Konsumentenschutz nicht zustimmte, befürworteten die NEOS die Regierungsvorlage, nicht aber die Ausschussfeststellung. Diese ist aus NEOS-Sicht widersprüchlich und nicht notwendig.

Die FMA wird künftig, neben ihrer Rolle als Abwicklungsbehörde für Kreditinstitute, auch die Aufgabe als Abwicklungsbehörde für zentrale Gegenparteien (central counterparty, CCP) übernehmen, so der einstimmige Beschluss im Finanzausschuss zur Novelle des Sanierungs- und Abwicklungsgesetzes sowie weiterer Gesetze (1329 d.B.). Im Zuge dessen erhält die FMA Sanktionsbefugnisse, die sie zur Verhängung von Aufsichtsmaßnahmen oder Geldstrafen ermächtigen. Vorgesehen werden auch unionsrechtlich vorgegebene Ausnahmeregelungen insbesondere im Gesellschaftsrecht. Laut Elisabeth Götze (Grüne) handelt es sich bei dem Gesetz um die Umsetzung von EU-Recht, das wenig Relevanz für Österreich hat. Im Finanzausschuss sprachen sich ÖVP, Grüne und FPÖ für die Novelle aus.

Internationale Entwicklungsfonds: Durch Pandemie höherer Finanzbedarf

Finanzminister Brunner informierte den Finanzausschuss in einem Bericht über den Stand internationaler Entwicklungsprojekte, bei denen sich Österreich finanziell beteiligt (III-581 d.B.). In dem Bericht wird Zwischen-/Bilanz über den Asiatischen Entwicklungsfonds, die Internationale Entwicklungsorganisation sowie den Afrikanischen Entwicklungsfonds gezogen.

Bei der Internationalen Entwicklungsorganisation sei der Finanzierungsbedarf krisenbedingt enorm gestiegen, so Selma Yildirim (SPÖ). Daher wurde beschlossen, die für drei Jahre anberaumte Laufzeit um ein Jahr zu verkürzen. Die Abgeordnete forderte den Fokus auf die Bekämpfung von Jugendarbeitslosigkeit und Gleichstellung von Frauen zu legen. Laut Brunner erfolgt die Schwerpunktsetzung durch die Nehmerländer. Das Projektportfolio hänge von den Projekten ab, die eingereicht werden, erklärte er. Die Projekte müssten mit dem Zielkatalog im Einklang stehen. Der Bericht wurde einstimmig zur Kenntnis genommen. (Fortsetzung Finanzausschuss) gla