Parlamentskorrespondenz Nr. 251 vom 10.03.2022

Maßnahmenpaket zum Teuerungsausgleich passiert Bundesrat

Abgeordnete stimmen für Verlängerung der Freistellung von Schwangeren und Verbesserungen bei kleinsten bäuerlichen Pensionen

Wien (PK) – Zahlreiche Gesetzesänderungen im Sozialbereich standen heute auf der Tagesordnung des Bundesrats . Ein Maßnahmenpaket zum Teuerungsausgleich für jene Personengruppen, die besonders von der Inflation betroffen sind wurde mehrheitlich genehmigt. So erhalten unter anderem MindstpensionistInnen, LangzeitbezieherInnen von Kranken- oder Rehabilitationsgeld, sowie EmpfängerInnen von Arbeitslosengeld weitere finanzielle Unterstützung.

Grünes Licht gab es auch für eine Aufstockung der Saison-Start-Hilfe, ein Honorar für GynäkologInnen, die Schwangeren eine Ausnahmebestätigung von der Impfpflicht ausstellen und Angleichungen von Regelungen im Bauern-Sozialversicherungsgesetz (BSVG) und im Gewerblichen Sozialversciherungsgesetz (GSVG). Weiters stimmte der Bundesrat einstimmig einer Verlängerung der Freistellung von ungeimpften Schwangeren in körpernahen Berufen bis Ende Juni und einer Verbesserung bei den kleinsten bäuerlichen Pensionen zu.

Maßnahmen zum Teuerungsausgleich für bestimmte Gruppen

Mehrheitliche Zustimmung der BundesrätInnen erhielten heute zahlreiche Maßnahmen zur Unterstützung von besonders von der Teuerung betroffenen Personengruppen. Darunter fallen jene Menschen, die Anspruch auf eine Ausgleichszulage (Mindestpension) haben sowie LangzeitbezieherInnen von Kranken- oder Rehabilitationsgeld und BezieherInnen einer Unterstützungsleistung bei lang andauernder Krankheit nach dem GSVG. Diese erhalten mit Ende April eine Einmalzahlung von 150 € . Auch Menschen, die im Jänner und Februar 2022 arbeitslos waren und mindestens 30 Tage Krankengeld bezogen haben, sind anspruchsberechtigt. Teil des Beschlusses ist zudem ein Honorar für GynäkologInnen, die Schwangeren eine Ausnahmebestätigung von der Impfpflicht ausstellen und Angleichung von Regelungen im BSVG und GSVG.

Auch BezieherInnen von Arbeitslosengeld, Notstandshilfe, Pensionsvorschuss oder Umschulungsgeld erhalten eine weitere, unpfändbare Zahlung von 150 € , die für März geplant ist. Sozialhilfe- bzw. Mindestsicherungshaushalten wird ein Teuerungsausgleich von 300 € zugesprochen und Studierende, die Studienbeihilfe oder ein Mobilitätsstipendium beziehen, werden mit einer Zahlung von 300 € unterstützt. Weiters werden die Mittel zur Unterstützung von Saisonbetrieben (Saison-Start-Hilfe) von 60 auf 90 Mio. € aufgestockt. Pensionierte BezieherInnen von Ergänzungszulagen bekommen ebenfalls – analog zu MindestpensionistInnen - einen Teuerungsausgleich von zweimal 150 €.

In der Minderheit blieben zwei im Zuge der Debatte eingebrachte Entschließungsanträge der SPÖ. Zum einen wurde darin zur Abfederung der Teuerung gefordert, die Pensionsanpassung 2023 in der Höhe von mindestens 4% in das zweite Quartal 2022 vorzuziehen. Zum anderen sollte Armuts- und Ausgrenzungsgefahr von arbeitslosen Menschen und deren Familien durch ein Maßnahmenpaket entgegengewirkt werden, das die Erhöhung des Arbeitslosengeldes auf 70% des letzten Einkommens, dessen jährliche Valorisierung und die Verdreifachung des Familienzuschlages enthält.

Verlängerung der Freistellung von Schwangeren, Verbesserungen für kleinste bäuerliche Pensionen

Einstimmigkeit erreichte die Verlängerung der coronabedingten Freistellung von Schwangeren . Schwangere Frauen in körpernahmen Berufen ab der 14. Schwangerschaftswoche können damit bis Ende Juni 2022 weiterhin von der Arbeit freigestellt werden. Die Regelung gilt für geimpfte und für ungeimpfte Schwangere.

Eine Verbesserung bei den kleinsten bäuerlichen Pensionen fand ebenfalls mehrheitliche Zustimmung. Durch eine Änderung des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes schmälert das sogenannte "fiktive Ausgedinge" die Pensionen künftig nur noch um 7,5%. Dieser Pauschalbetrag nach Übergabe des Betriebs hat die Ausgleichszulage für BäuerInnen bisher um 10% geschmälert.

SPÖ: Maßnahmen reichen nicht, um Armutsgefährdung entgegenzuwirken

Eva Prischl (SPÖ/N) ging in ihrer Wortmeldung auf die Teuerung in verschiedenen Lebensbereichen ein. Der Anstieg der Verbraucherpreise um 5,9% belaste insbesondere Menschen mit kleinen und mittleren Einkommen schwer. Vor allem Frauen, PensionistInnen und junge Menschen könnten sich kaum noch das Nötigste leisten und benötigten dringend finanzielle Unterstützung. Die bisherigen Einmalzahlungen und die Ausgleichszulagen würden nicht ausreichen, um dem vorhandenen und drohenden Kaufkraftverlust entgegenzuwirken. Dementsprechend brachte sie einen Entschließungsantrag ein, der auf eine Vorziehung der Pensionsanpassung 2023 (von mindesten 4%) in das zweite Quartal 2022 abzielt. Nur so könne der Kaufkraftverlust von 2 Millionen PensionistInnen abgefedert werden, was auch der Wirtschaft helfe. Dieser Antrag fand keine Mehrheit.

Prischls Fraktionskollegin Korinna Schumann (SPÖ/W) wies auf die aus ihrer Sicht prekäre Situation der Arbeitslosen in Österreich hin. Neun von zehn Menschen ohne Beschäftigung seien armutsgefährdet und Sozialleistungen würden von der Inflation gegenwärtig "aufgefressen". Deshalb setzte sie sich in Form eines Entschließungsantrags für ein Maßnahmenpaket ein, das die Erhöhung des Arbeitslosengeldes auf 70% des letzten Einkommens, dessen jährliche Valorisierung und die Verdreifachung des Familienzuschlags beinhaltet. Auch dieser Antrag blieb in der Minderheit.

ÖVP und Grüne: Zielgerichtete Maßnahmen, ohne die Gießkanne auszupacken

Bei den vorliegenden Maßnahmen gehe es vor allem darum, den Schwächeren in unserer Gesellschaft schnell und unbürokratisch Hilfe zukommen zu lassen, führte der niederösterreichische ÖVP-Mandatar Eduard Köck aus. Diese würden eine Antwort auf die Lage der Ukraine-Krise darstellen. Zusätzlich zu diesen kämen Maßnahmen der Länder, wie der Heizkostenzuschuss, die wichtige Entlastungen schaffen würden. Köck kritisierte die SPÖ für ihre Ankündigung, bei der Schmälerung des "fiktiven Ausgedinges" nicht zustimmen zu wollen. Pensionierte BäuerInnen bekämen weniger als MindestpensionistInnen oder AsylwerberInnen, was dringend korrigiert werden müsse.

Das sei deshalb der Fall, weil bei pensionierten BäuerInnen in der Regel ein Vermögen angenommen wird, was jedoch nicht mehr den Tatsachen entspreche, ergänzte Andreas Lackner (Grüne/St). Die Schmälerung würde 8 Mio. € mehr für rund 30.000 MindestpensionistInnen bedeuten, von denen circa ein Drittel Frauen seien. Deshalb erklärter er sich die Ablehnung der SPÖ aus einem rein reflexhaften Verhalten, wenn es um bäuerliche Betriebe gehe. Lackner freute sich über die sonst breite Zustimmung zu den Maßnahmen und sprach die ökosoziale Steuerreform an, die noch weitere Entlastungen bringe. Die Regierung habe in den letzten beiden Jahren bewiesen, dass klare und zielgerichtete Maßnahmen zur Armutsbekämpfung möglich seien, ohne die "Gießkanne auszupacken".

FPÖ schlägt vorverlegtes Beschäftigungsverbot für Schwangere vor

Andrea Michaela Schartel (FPÖ/ST) bezog sich speziell auf die "gefühlt zehnte Novelle des Mutterschutzgesetzes". Die Sonderfreistellung sei wieder sehr kurzfristig verlängert worden und diese Verlängerung reihe sich in mehrere Maßnahmen ein, die darauf schließen ließen, dass die Bundesregierung weitere Pandemiewellen annehme. In diesem Fall sei die Verlängerung lediglich bis 30. Juni zu kritisieren. Als Gegenvorschlag regte sie ein vorverlegtes Beschäftigungsverbot für werdende Mütter an, das Frauen in dieser besonders sensiblen Phase am besten schützen würde.

Bundesminister Johannes Rauch und Martin Kocher: Betroffene werden in Unsicherheit nicht alleine gelassen

Der neue Gesundheits- und Sozialminister Johannes Rauch betonte nochmal die Notwendgkeit der vorliegenden Entlastungen, um die Menschen mit der Teuerungswelle nicht alleine zu lassen. Es seien neue Zielgruppen der Maßnahmen wie LangzeitbezieherInnen von Kranken- oder Rehabilitationsgeld dazugekommen, die nun ebenfalls profitieren würden. Beispielhaft für die Wirkung der Gesetzesänderung nannte er alleinerziehende Frauen, die im Vergleich zum Vorjahr 5,6% mehr Leistungen erhalten würden.

Eine sehr ambivalente soziale Situation beschrieb Arbeitsminister Martin Kocher. Einerseits sei die Arbeitsmarktlage besser als vor einem Jahr, andererseits würde die Unsicherheit aufgrund der Ukraine-Krise und der Teuerungen ansteigen. Deshalb halte auch er es für erforderlich, die Betroffenen in dieser Lage zu unterstützen. Es gehe jedoch auch um grundsätzliche Reformen, um die Menschen rasch wieder in Arbeit zu bringen.

In Richtung Sozialdemokratie merkte Kocher an, dass diese viele Jahre Verantwortung im Sozialbereich getragen haben und somit ihre Vorschläge, wie die Erhöhung des Arbeitslosengeldes auf 70% des letzten Einkommens, selbst hätten umsetzen können. Zur Verlängerung der Freistellung von Schwangeren betonte Kocher, dass diese die pandemiebedingte Unsicherheit besonders treffe und sie daher auch besonderen Schutz benötigten. Die Regelung sei deshalb und aufgrund der höheren Ansteckungsgefahr durch die Omikron-Variante auch auf geimpfte Schwangere ausgeweitet worden.

Mehrheitlich zur Kenntnis genommen wurde ein Bericht des Arbeitsministers bezüglich der EU-Jahresvorschau 2022 . Aus diesem geht hervor, dass sich Österreich für angemessene Mindestlöhne und die Förderung von Kollektivverträgen in der EU ausspricht, wobei auf die Absicherung des Subsidiaritätsprinzips und des in Österreich gut funktionierenden Kollektivvertragssystems zu achten sei. Zudem unterstütze Österreich Maßnahmen zur Förderung der Gleichstellung in der Arbeitswelt. (Schluss Bundesrat) wit

HINWEIS: Sitzungen des Nationalrats und des Bundesrats können auch via Livestream mitverfolgt werden und sind als Video-on-Demand in der Mediathek des Parlaments verfügbar.


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