Parlamentskorrespondenz Nr. 313 vom 24.03.2022

Nationalrat beschließt Neuausrichtung der Corona-Teststrategie, Zuschüsse für Länder und Wohnzimmertests

Anträge der FPÖ zu Maßnahmen für einen Teuerungsausgleich abgelehnt

Wien (PK) — Die gesetzliche Grundlage für die Adaptierung der Corona-Teststrategie hat der Nationalrat mit mehreren Beschlüssen in seiner heutigen Sitzung auf den Weg gebracht. So werden ab 9. April in den Apotheken wieder fünf kostenlose SARS-CoV2-Antigentests pro Person und Monat erhältlich sein. Die Umsetzung für die Bereitstellung von fünf Gratis-PCR-Tests wird laut Gesundheitsminister Johannes Rauch auf dem Verordnungsweg erfolgen. Die Beschlüsse fielen mit der Mehrheit der Abgeordneten der Koalition. Die Opposition hielt an ihrer Kritik am Corona-Management der Regierung fest.

Je ein Antrag der SPÖ und der FPÖ aus dem Sozialausschuss kamen auf die Tagesordnung des Nationalrats, um an andere Ausschüsse zugewiesen zu werden. Für eine Reihe von FPÖ-Anträgen, die auf Maßnahmen gegen den Anstieg der Lebenshaltungskosten drängen, fand sich keine Mehrheit im Nationalrat.

Neue Regelungen für Zugang zu Tests und Finanzierung durch Bund und Länder

Ausgangsbasis für die heutigen Beschlüsse des Nationalrat bildeten drei Initiativanträge der Regierungsparteien, die Änderungen im ASVG, dem COVID-19-Zweckzuschussgesetz und im Gesundheitstelematikgesetz enthalten. Im Sozialausschuss hatten ÖVP und Grüne noch Abänderungen der Initiativanträge vorgenommen. Auch im Plenum wurden von den beiden Parteien noch weitere Abänderungsanträge eingebracht. So erfolgt im ASVG eine Ausweitung des Kreises der Personen, der für die SARS-CoV-2-Antigentests zur Eigenanwendung bezugsberichtigt ist und eine Verordnungsermächtigung für den Sozialminister, die eine Verlängerung der Bestimmungen bis Ende des Jahres 2022 vorsieht, falls die Pandemie bis dahin andauern sollte. Außerdem werden die Honorare für die Abgabe von COVID-19-Heilmitteln in öffentlichen Apotheken und ärztlichen Hausapotheken geregelt.

Im Sozialausschuss war von den Koalitionsparteien in Anknüpfung an die Novellierung des ASVG noch ein Antrag zur Anpassung diverser Sozialgesetze formuliert worden. Damit wird festgelegt, dass die Apotheken ab dem 9. April 2022 wieder fünf SARS-CoV-2-Antigentests zur Eigenanwendung pro Person und Monat an die Bezugsberechtigten (alle Krankenversicherte und deren Angehörige ab 10 Jahren) abgeben können. Für die Abwicklung erhalten die Apotheken ein pauschales Honorar in Höhe von zehn Euro pro Packung. Die Regelung soll Ende Juni wieder außer Kraft treten. Im Plenum brachten ÖVP und Grüne auch dazu einen Abänderungsantrag ein, um die Abänderungen im ASVG in Hinblick auf bezugsberechtigte Personen von Selbsttests, die Verordnungsermächtigung des Sozialministers und Honorare auch in diesen Gesetzen nachzuvollziehen. Somit gibt es hier nun keine Altersgrenze mehr für den Bezug der Selbsttests.

Die Änderungen im COVID-19-Zweckzuschussgesetz wurden in Hinblick darauf vorgenommen, dass den Ländern und Gemeinden aufgrund der angepassten Teststrategie ein Mehraufwand entsteht. Dabei geht es um die Abgeltung der Ausgaben für jene Personen, die nicht bei gesetzlichen Krankenversicherungsträgern versichert sind, sondern bei Krankenfürsorgeeinrichtungen der Länder oder Gemeinden anspruchsberechtigt sind. Im Gesundheitstelematikgesetz wurde erneut die rechtliche Grundlage für die Abgabe der sogenannten Wohnzimmertests, die mit Ende Dezember 2021 außer Kraft getreten ist, verankert. Außerdem werden die Regelungen betreffend die Speicherung von Testdaten und der Zugriffsmöglichkeit auf ELGA verlängert. Durch einen Abänderungsantrag von ÖVP und Grünen im Plenum wurde das Datum der Verlängerung mit 31. Dezember 2022 festgelegt.

Koalition sieht Anpassung an Pandemiesituation, Opposition kritisiert "Blindflug" der Bundesregierung

Ein Rekordwert an Neuinfektionen zeige, dass die Lockerungen der COVID-19-Maßnahmen verfrüht war, merkte Josef Muchitsch (SPÖ) kritisch an. Nun reagiere die Bundesregierung chaotisch, viel zu spät und limitiere noch dazu die Gratistests. Die Regelung sei nur ein politischer Kompromiss der Koalition, aber keine Lösung für das überlastete Gesundheitssystem und die ArbeitnehmerInnen. In einem von Muchitsch eingebrachten Entschließungsantrag forderte die SPÖ vom Gesundheitsminister Maßnahmen zur Sicherung des Gesundheitssystems. So müsse die 2-G-Regel in der Gastronomie reaktiviert und ein umfassendes Testsystem mit PCR- und Antigen-Tests aufrechterhalten werden. Zudem braucht es aus Sicht der SPÖ gezielte Impfanreize und Impfkampagnen zur Erhöhung der Impfrate. Der Antrag fand keine Mehrheit.

Bedrana Ribo (Grüne) erklärte, mit der neuen Teststrategie gehe man von den Massentests zu gezielten Testungen über. Grundsätzlich gelte, dass man ein Grundangebot an Tests sicherstelle, das bei Bedarf wieder ausgeweitet werden könne. Mit den Abänderungen, die man noch vornehme, werde die Abgabe von Gratistests auf weitere Personengruppen ausgedehnt. Zudem löse man das Versprechen ein, die COVID-19-Medikamente, die nun zur Verfügung stehen, den Menschen zugänglich zu machen.

Die zahlreichen kurzfristig eingebrachten Abänderungsanträge seien ein Zeichen dafür, dass die Bundesregierung eine unübersichtliche legistische Strategie fahre, die nur mehr Verunsicherung schaffe, sagte Gerhard Kaniak (FPÖ). Die einfachere Lösung wäre es, die COVID-19-Tests und Medikamentenabgabe gänzlich dem Gesundheitssystem und den Sozialversicherungsträgern zu übertragen, anstatt alles im Detail über eine verwirrende Anzahl von Gesetzen und Verordnungen regeln zu wollen. Kaniak brachte einen Abänderungsantrag seiner Fraktion mit der Forderung ein, Apotheken in Hinblick auf die Dateneinsicht mit allen anderen ELGA-Gesundheitsdiensteanbietern gleichzustellen. Der Antrag blieb in der Minderheit.

Josef Smolle (ÖVP) führte aus, da die angekündigte Abgabe kostenloser PCR- und Antigen-Tests über die Sozialversicherungsträger erfolgen werde, regle man mit den nun getroffenen Neuerungen die Abrechnung und die Ersetzung des Mehraufwands. Nachdem die COVID-19-Medikamente noch sehr teuer seien, übernehme der Bund die Beschaffung, die Verteilung erfolge aber über die Apotheken. Die Änderung der Teststrategie reagiere auf eine dynamische und stark veränderte Pandemiesituation. COVID-19 sei zwar noch immer nicht harmlos, die anfänglich dramatisch hohe Sterblichkeitsrate sei aber drastisch gesunken. Vorsicht sei weiterhin angebracht, aufgrund der breiten Grundimmunität in der Bevölkerung sehe er aber Grund zu vorsichtigem Optimismus. Auch Kira Grünberg (ÖVP) meinte, da die Pandemie in eine neue Phase eingetreten sei, sei ein Abgehen von den Massentests gerechtfertigt. Gleichzeitig werde Vorsorge getroffen, damit besonders vulnerable Personengruppen gut geschützt werden können.

Abgeordneter Gerald Loacker (NEOS) kritisierte, die Bundesregierung agiere "im Blindflug" und habe keine Teststrategie. Obwohl Österreich bereits Milliarden für Tests ausgegeben habe, hätten andere Länder ähnlich hohe Prozentraten an Corona-Toten bei viel geringeren Testkosten. Der Mehrwert der Tests sei also nicht sichtbar. Die Bundesregierung werfe viel Geld zum Fenster hinaus, habe aber gleichzeitig keinen Plan, wie sie mit Blick auf den Herbst die Impfrate deutlich erhöhen könnte.

Rauch: Grundangebot an Tests bleibt aufrecht

Die Neuausrichtung der Teststrategie gehe "den Weg der Mitte", betonte Gesundheitsminister Johannes Rauch. Man halte ein Testangebot aufrecht, das man bei Bedarf im Herbst wieder hochfahren könnte. Ob das tatsächlich notwendig sein werde, werde davon abhängen, ob eine neue, gefährliche Virusvariante auftauche, oder ob das Virus endemisch werden und sich wie eine Grippe verhalten werde. Das erfordere auch, den Maßnahmenkoffer und das Testregime an verschiedene mögliche Szenarien anzupassen. Wichtig sei es, dass man die guten Erfahrungen der einzelnen Bundesländer mit ihrem jeweiligen Testregime mitnehme. Die COVID-19-Medikamente, die man nun habe, seien ein wichtiger Faktor in der Bekämpfung von Erkrankungen, die durch Virusinfektionen auftreten können. Künftig gelte, dass der Bund zwar die Beschaffungskosten trage, die Sozialversicherungen aber die Kosten für den Vertrieb der Medikamente übernehmen. Diese Regelung sei aus seiner Sicht gerechtfertigt und für die Träger auch leistbar, meinte der Gesundheitsminister.

Oppositionsforderungen zu Sozialthemen neu zugewiesen oder abgelehnt

Vom Nationalratsplenum dem Ausschuss für Konsumentenschutz zugewiesen wurde ein SPÖ-Antrag, um Kreditvergaben an PensionistInnen zu erleichtern. Die FPÖ-Forderung nach einem 1.000-Euro-Gutschein für alle ÖsterreicherInnen wurde dem Wirtschaftsausschuss zugewiesen. Ein Antrag der FPÖ, der sich für die Beibehaltung des Vergabemodus von Trafiken ausspricht, wurde dem Finanzausschuss zugewiesen.

Mehrere Anträge der FPÖ wurden mehrheitlich abgelehnt. Die Freiheitlichen forderten Schritte gegen Preiserhöhungen bei Strom und Gas, um Energiearmut zu verhindern. Weitere Anliegen, mit denen die FPÖ sich nicht durchsetzen konnte, waren die Forderung nach einem staatlichen Preismonitoring und "Inflationsstopp" sowie nach einer Pensionserhöhung um 4% zum Inflationsausgleich. Die SPÖ unterstützte die Anträge der FPÖ, die NEOS lehnten sie wie die Koalitionsparteien ab. Sozialminister Rauch betonte, dass Österreich zahlreiche Schritte der Armutsbekämpfung gesetzt habe und damit gut durch die Krise gekommen sei. (Fortsetzung Nationalrat) sox

HINWEIS: Sitzungen des Nationalrats und des Bundesrats können auch via Livestream mitverfolgt werden und sind als Video-on-Demand in der Mediathek des Parlaments verfügbar.