Parlamentskorrespondenz Nr. 415 vom 27.04.2022

Nationalrat einstimmig für Erstellung eines Frauengesundheitsberichts

SPÖ- und FPÖ-Forderungen zu Gewaltschutz sowie zu Studien über gendergerechte Medizin und Impfauswirkungen abgelehnt

Wien (PK) – Einstimmig forderten die Abgeordneten aller Parteien heute im Nationalrat die Erstellung eines Frauengesundheitsberichts. Damit soll die Frauengesundheit verbessert und die Gender-Medizin gestärkt werden.

Zwei FPÖ-Forderungen zur Erstellung von Studien über gendergerechte Medizin und zu den Auswirkungen von Impfungen fanden keine Mehrheit. In der Minderheit blieben auch zwei Anträge von SPÖ und FPÖ zum Thema Gewaltschutz von Frauen. Während die SozialdemokratInnen ein umfassendes Gewaltschutzpaket forderten, pochten die Freiheitlichen auf die Umsetzung einer SOS-App für Frauen.

Zustimmung zu Frauengesundheitsbericht von allen Fraktionen

Alle fünf Parlamentsfraktionen befürworteten heute einstimmig die Erstellung eines Frauengesundheitsberichts mittels eines gemeinsamen Entschließungsantrags. Demnach soll die Frauengesundheit verbessert und die Gender-Medizin gestärkt werden. Die Gesundheitsrisiken, das Gesundheitsverhalten und die Krankheitsverläufe seien bei Männern und Frauen unterschiedlich, begründen die Abgeordneten den Antrag. Die Fokussierung der Medizin, insbesondere der medizinischen Forschung als Standard für Diagnose und Therapie von Krankheiten, führe zu Fehldiagnosen bei Frauen. Die Corona-Pandemie habe die Relevanz von Gendermedizin besonders deutlich gezeigt, Frauen würden doppelt so oft an Long-COVID erkranken. Der Bundesminister für Gesundheit müsse daher umgehend einen aktuellen Frauengesundheitsbericht vorlegen, um daraus Maßnahmen zur Verbesserung der Frauengesundheit abzuleiten.

Die Berücksichtigung von geschlechtsspezifischen Unterschieden müsse in Diagnose und Behandlung eine zentrale Rolle einnehmen, hob Frauenministerin Susanne Raab hervor und zeigte sich überzeugt, dass der Frauengesundheitsbericht einen Beitrag zur Entwicklung von neuen zielorientierten Gesundheitsmaßnahmen leisten werde.

Frauen brauchen eine Behandlung, die auf ihre spezifischen Bedürfnisse eingeht, erklärte Elisabeth Pfurtscheller (ÖVP). Vor dem Hintergrund, dass Frauen zwar älter als Männer werden, aber weniger gesunde Jahre hätten, begrüßte die Abgeordnete die Erstellung des Berichts als Grundlage für neue evidenzbasierte Maßnahmen zur Verbesserung der Gesundheit von Frauen. Obwohl die Mehrheit der PatientInnen, des Gesundheitspersonals, der MedizinstudentInnen und JungärztInnen weiblich sei, würden Frauen nicht gleich gut wie Männer behandelt, bemängelte Werner Saxinger (ÖVP).

Der neue Frauengesundheitsbericht müsse einen Schwerpunkt auf reproduktive Rechte von Frauen legen, betonte Eva Maria Holzleitner (SPÖ) und forderte eine gesetzliche Regelung, die kostenlose, bundesweite sowie bedingungs-, druck- und einschränkungslose Schwangerschaftsabbrüche ermöglicht. Zudem setzte sich Holzleitner für eine flächendeckende, qualitätsvolle und offene Sexualpädagogik an allen Schulen als Präventionsmaßnahme ein.

Frauen seien mehr und länger aufgrund ihrer Mehrfachbelastung durch Familienarbeit und Pflege krank, erklärte Rosa Ecker (FPÖ) und forderte eine ambitionierte Umsetzung des Antrags.

Der neue Frauengesundheitsbericht sei wichtig, da die Gesundheit sehr vom sozialen und biologischen Geschlecht abhängig sei, meinte Meri Disoski (Grüne) und bemängelte, dass der männliche Körper nach wie vor als Norm für Diagnosen und Therapieformen gelte. Einen Handlungsbedarf zur stärkeren Förderung von Gender-Medizin sah auch Heike Grebien (Grüne).

Die Gesundheit werde durch gesellschaftliche Faktoren beeinflusst, meinte Henrike Brandstötter (NEOS). Als wesentlichen Faktor zählte sie die hohe Zahl an Frauen in schlecht bezahlten Berufen und die ungleiche Verteilung von Care-Arbeit zu Lasten von Frauen auf.

SPÖ-Forderung nach diskriminierungsfreier Blutspende

In der von der Bundesregierung angekündigten Neuregelung der Ausschlussregelungen bei Blutspenden sollen Personen nicht mehr aufgrund ihrer sexuellen Orientierung oder ihrer Geschlechtsidentität ausgeschlossen werden, forderte Mario Lindner (SPÖ) mittels eines im Zuge der Debatte zum Frauengesundheitsbericht eingebrachten Entschließungsantrag. Der Antrag blieb in der Minderheit.

Künftig soll beim Blutspenden das Risikoverhalten abgefragt und nicht mehr einzelne Gruppen ausgeschlossen werden, meinte Ewa Ernst-Dziedzic (Grüne) zum Antrag mit Verweis auf die derzeit dazu laufenden Verhandlungen.

SPÖ: Paket für umfassenden Gewaltschutz

Die Corona-Pandemie habe die Situation für gewaltbetroffene Frauen zusätzlich verschärft, begründet die SPÖ einen Entschließungsantrag mit der Forderung nach einem umfassenden Gewaltschutzpaket. Dafür sollen 228 Mio. € und 3.000 zusätzliche Arbeitsplätze zur Verfügung gestellt werden. Zudem soll unter anderem ein Gewaltschutz-Dialog mit allen relevanten StakeholderInnen eingerichtet und die Budgetmittel für die Akuthilfe erhöht werden. Der Antrag blieb in der Minderheit.

Ein weiterer im Zuge der Debatte zu diesem Tagesordnungspunkt eingebrachter Entschließungsantrag der NEOS blieb ebenso in der Minderheit. Darin forderte Henrike Brandstötter (NEOS) eine Verurteilung der durch die russische Armee in der Ukraine verübten sexualisierten Gewalt vonseiten der Bundesregierung und die Einrichtung einer Fact-Finding-Mission zur Dokumentation dieser brutalen Kriegsverbrechen.

FPÖ-Forderungen nach Studien über gendergerechte Medizin und Auswirkungen von Impfungen sowie einer SOS-App

Drei Entschließungsanträge der FPÖ blieben ebenso in der Minderheit und wurden abgelehnt. Darin forderten die Freiheitlichen die Umsetzung einer Studie über gendergerechte Medizin, die insbesondere die geschlechterspezifischen Auswirkungen von Krankheitsverläufen, Impfungen und Nebenwirkungen untersucht. Zudem soll der FPÖ nach eine Studie durchgeführt werden, die die Auswirkungen von Impfungen, insbesondere der COVID-19-Impfungen, auf Schwangere und Kinder untersucht.

Vor dem Hintergrund, dass EU-weit jede dritte Frau von Gewalt und jede Zehnte von sexueller Gewalt betroffen sei, fordern die Freiheitlichen in einem weiteren Antrag die Umsetzung einer SOS-App. Diese soll es betroffenen Frauen ermöglichen, rasch und unverzüglich Kontakt mit der Polizei aufzunehmen. (Fortsetzung Nationalrat) pst/wit

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