Parlamentskorrespondenz Nr. 725 vom 21.06.2022

Wirtschaftsausschuss: Haftungsrahmen des KMU-Fördergesetzes wird auf eine Milliarde Euro ausgeweitet

Berichte zur Lage der KMU und zum Härtefallfonds für Selbständige zeigen laut Kocher, dass Unternehmen gut durch die Krise gekommen sind

Wien (PK) — Zwei Beschlüsse, die heute vom Wirtschaftsausschuss gefasst wurden, sollen laut den Koalitionsfraktionen die heimischen kleinen und mittleren Unternehmen bei der Bewältigung der Nachwirkungen der COVID-19-Krise unterstützen. Einstimmigkeit gab es zum Vorschlag der Koalitionsparteien, den Umfang des Haftungsrahmens für Garantien des Austria Wirtschaftsservice (aws) im KMU-Förderungsgesetz auf 1 Milliarde Euro auszuweiten. ÖVP und Grüne haben weiters einen Initiativantrag zur Verlängerung von COVID-19-Regeln für Buchhalter:innen, Wirtschaftstreuhänder:innen und Ziviltechniker:innen vorgelegt. Er wurde mehrheitlich, mit den Stimmen von ÖVP, SPÖ und Grünen, beschlossen.

Mit der Lage der kleinen und mittleren Unternehmen im vergangenen Jahr befasst sich der Bericht "KMU im Fokus 2021". Der Bericht wurde einstimmig zur Kenntnis genommen. Gemeinsam mit dem KMU-Bericht wurden die Monatsberichte des Wirtschaftsministeriums über Zahlungen des Härtefallfonds für Selbständige von Jänner bis April 2022 diskutiert. Diese Berichte wurden vom Ausschuss mehrheitlich, ohne die Stimmen der NEOS, zur Kenntnis genommen.

KMU-Förderungsgesetz: Haftungsrahmen wird auf 1 Mrd. € erhöht

Der im KMU-Förderungsgesetz vorgesehene Haftungsrahmen von 750 Mio. € soll auf 1 Mrd. € ausgeweitet werden. Ein Antrag von ÖVP und Grüne zur Änderung des KMU-Förderungsgesetzes wurde vom Wirtschaftsausschuss einstimmig beschlossen (2419/A). Im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie habe die Nachfrage nach Garantien des Austria Wirtschaftsservice (aws) zugenommen, begründen die Abgeordneten der Koalition die vorgeschlagene Erhöhung. Daher sei der im KMU-Förderungsgesetz definierte Haftungsrahmen bereits ausgeschöpft und solle aufgestockt werden, erläuterte Elisabeth Götze (Grüne).

Verlängerung von COVID-19-Regelungen für Wirtschaftsberufe und Kammern

Mit einem Initiativantrag der Koalitionsparteien ÖVP und Grüne sollen neuerlich Regelungen im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie verlängert werden (2648/A), und zwar bis Ende 2022. Die im Bilanzbuchhaltungsgesetz, Wirtschaftskammergesetz, Wirtschaftstreuhandberufsgesetz, Ziviltechnikergesetz und Arbeiterkammergesetz eingeführten Bestimmungen zur Pandemie laufen demzufolge mit 30. Juni 2022 aus. Es sei davon auszugehen, dass die Regelungen auch für den Rest des Jahres 2022 benötigt werden, führte Abgeordnete Elisabeth Götze (Grüne) aus. Dabei gehe es im Bereich der Bilanzbuchhalter:innen und im Wirtschaftstreuhandberufsgesetz etwa um die Hemmung von Fristen, beispielsweise zur Ablegung der Fachprüfung. Neben der Hemmung solcher Fristen betreffen die Regelungen im Ziviltechnikergesetz, aber auch für die Wirtschaftskammer und Arbeiterkammer unter anderem die Online-Durchführung von Sitzungen und Versammlungen.

Aus Sicht des Abgeordneten der NEOS Gerald Loacker ist der Schritt ein unnötiger Akt der "Pandemieverlängerung", der dazu führe, dass Diskussionen in den Kammern erschwert werden. Ähnlich sah es Erwin Angerer (FPÖ). NEOS und Freiheitliche stimmten der Fristverlängerung daher nicht zu.

Kleine und mittlere Betriebe sind im Allgemeinen gut durch die Pandemiekrise gekommen

Mit den kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) in Österreich befasst sich der Bericht "KMU im Fokus 2021" (III-672 d.B.). Im Jahr 2021 gab es in Österreich rund 358.600 Klein- und Mittelunternehmen (KMU). Die Auswirkungen der Corona-Krise war 2021 noch deutlich spürbar, insbesondere in der Beherbergungs- und Gastronomiebranche reichten die Zahlen im Jahr 2021 noch nicht an jene vor der Pandemie heran. Insgesamt haben laut dem Wirtschaftsministerium die Hilfsmaßnahmen aber gegriffen.

Die österreichischen KMU beschäftigen insgesamt 2 Mio. Erwerbstätige und bilden 52.400 Lehrlinge aus, das sei ein Anteil von 67% der Beschäftigten sowie 63% der Lehrlinge der marktorientierten Wirtschaft, heißt es im Bericht. 2021 habe sich der Umsatz von KMU auf 535,4 Mrd. €, also 62% der gesamten Umsätze der marktorientierten Wirtschaft und die Bruttowertschöpfung auf 137,4 Mrd. € und damit auf 61% der Wertschöpfung belaufen. Mit einem Anteil von 99,6% aller Unternehmen sind die KMU laut Wirtschaftsminister Martin Kocher "das Rückgrat der österreichischen marktorientierten Wirtschaft".

Der Bericht zeichne ein durchaus erfreuliches Bild, meinte der Wirtschaftsminister im Ausschuss. Er zeige auf, welche zentrale Rolle die KMU für die österreichische Wirtschaft spielen. Der akute Fachkräftemangel, verstärkt durch die Corona-Krise und den wiedereinsetzenden wirtschaftlichen Aufschwung, sei zugleich die größte Hürde für die Geschäftstätigkeit und Innovationsfähigkeit der Betriebe. Hier setze die Bundesregierung ein Paket von Maßnahmen. Weiters habe die aktuelle geopolitische Lage, insbesondere die Krise in der Ukraine, neben den humanitären Auswirkungen auch gravierende Effekte auf Wirtschaft und Gesellschaft. Eine Abfederung der Effekte steigender Energiepreise sei in einem ersten Schritt wesentlich. Deshalb habe die Bundesregierung ein Entlastungspaket auf den Weg gebracht, das Erleichterungen für jene KMU mit hohem Treibstoffaufwand, die Senkung der Erdgasabgabe und Elektrizitätsabgabe sowie eine Investitionsoffensive in Windkraft und Photovoltaik-Projekte vorsieht.

Der Bericht zeige, dass 2021 viele KMU die Corona-Krise bereits hinter sich lassen konnten, zeigte sich Laurenz Pöttinger (ÖVP) erfreut. Nach massiven Einbrüchen, pandemiebedingt im Jahr 2020, seien die kleinen und mittleren Betriebe 2021 wieder gewachsen. Ihre nominellen Umsätze und die Bruttowertschöpfung lagen demnach 2021 bereits wieder über dem Niveau von 2019. Die Beschäftigung in den KMU habe das Vorkrisenniveau bislang allerdings noch nicht wieder erreicht, hieran sei auch der Fachkräftemangel deutlich abzulesen.

Elisabeth Götze (Grüne) wies darauf hin, dass für die soziale Absicherung von Ein-Personen-Unternehmen (EPU) noch Einiges gemacht werden müsse. Sie regte auch an, Fördermöglichkeiten für so genannte "Social Entrepreneurs" zu erkunden, da diese Gruppe immer wichtiger werde.

Gerald Loacker (NEOS) sagte, Österreich hinke im Bereich der Digitalisierung und des Online-Handels anderen europäischen Staaten deutlich hinterher. Der Fachkräftemangel erkläre sich zu einem gewissen Teil auch daraus, dass zu wenig Wert auf die Ausbildung von Fachpersonal gelegt worden sei. Interessanterweise zeige der Bericht ein Ansteigen der Eigenkapitalquote vieler Unternehmen, aus seiner Sicht sei das ein Hinweis auf teils massive Überförderung, meinte der NEOS-Wirtschaftssprecher.

Erwin Angerer (FPÖ) stimmte Loacker zu und meinte, die Industrie habe teilweise Fachkräfte von KMU abgeworben, anstatt selber auszubilden. Er sprach auch die Frage der Planungssicherheit für Unternehmen an und wollte wissen, was aus einen geplanten Gesetz zum Abbau regulatorischer Hürden und zur Verbesserung des Marktzugangs von Unternehmen geworden sei, das offenbar in der Schublade liege.

Wirtschaftsminister Kocher erklärte, die bessere Absicherung von EPU sei ein wichtiges Thema für sein Ressort. Dem Fachkräftemangel wolle man durch ein großes Qualifizierungspaket begegnen. Dieses richte sich vor allem auch an Arbeitslose und Teilzeitbeschäftigte. Ein wichtiger Faktor werde auch die bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf sein. Völlige Planungssicherheit könne es in der derzeitigen geopolitischen Situation nicht geben, meinte der Wirtschaftsminister. Die Eigenkapitalquote der Unternehmen habe verschiedene Ursachen, sagte Kocher, eine Überförderung sehe er jedenfalls nicht als die wichtigste Ursache. Grundsätzlich sei es ein positives Zeichen, dass das Eigenkapital der Unternehmen weitgehend stabil geblieben sei. Das angesprochen Gesetz zum Abbau bürokratischer Hürden sei bereits in Begutachtung und werde bald vorliegen, teilte der Minister FPÖ-Abgeordnetem Angerer mit.

Härtefallfonds für Selbstständige: Auszahlungsberichte des Wirtschaftsministeriums

Gemeinsam mit dem Bericht zur Lage der KMU diskutierte der Wirtschaftsausschuss auch Berichte des Wirtschaftsministeriums über die Verwendung der Mittel des COVID-19-Krisenbewältigungsfonds im Rahmen des Härtefallfonds für Selbständige. Besprochen wurden die Berichte für Jänner (III-589 d.B.), Februar (III-610 d.B.), März (III-641 d.B.) und April 2022 (III-659 d.B.). Demnach waren für den Härtefallfonds für Selbstständige bis Ende April 2022 2.353.066 Anträge eingelangt, davon waren 2.035.712 positiv erledigt, mit Auszahlungen von knapp 2,4 Mrd. €. Die Abwicklung des Härtefallfonds erfolgt im Auftrag des Bundesministeriums für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort über die Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ). Fördernehmer waren laut dem Bericht vor allem die Branchen Gewerbe/Handwerk, Tourismus/Gastronomie, Handel sowie Soziales/Gesundheit/Pflege.

Um eine ordnungsgemäße Abwicklung und Abrechnung des Härtefallfonds zu gewährleisten, ist die Buchhaltungsagentur des Bundes (BHAG) mit der systemischen Prüfung der Abwicklung des Härtefallfonds durch die WKÖ beauftragt. Mit einem im Dezember 2021 angeschlossenen Prüfbericht zu Stichproben legt die Buchhaltungsagentur in der Zusammenfassung unter anderem dar, dass bei keiner der gezogenen Geschäftsfälle Abweichungen in der systemischen Abwicklung festgestellt werden konnte. Alle automatisierten Prüfschritte entsprachen laut den Berichten des Wirtschaftsministeriums den Vorgaben der Richtlinie oder dem Prüfkonzept der WKO.

SPÖ-Abgeordneter Christoph Matznetter setzte bei der Überprüfung der Förderungen an und sah sich in seiner Kritik an der Abwicklung der Zahlungen des Fonds durch die Wirtschaftskammer bestätigt. Hier sei ein bürokratisches Monster geschaffen worden, nicht nur bei der Fördereinreichung, sondern auch bei der nachträglichen Überprüfung der Förderberechtigung. Für diese ziehe die WKO eine amerikanische Wirtschaftsprüfungsfirma heran, die mit ihrem umfangreichen Fragenkatalog die Fördernehmer:innen offenbar nur "ärgern" wolle. Diese Überprüfungen müssten einfacher und effektiver werden. Diese Forderung erhob auch FPÖ-Wirtschaftssprecher Erwin Angerer.

Bundesminister Kocher sagte, die Entscheidung für die Form der Förderabwicklung sei vor seiner Amtszeit gefallen, als es darum ging, rasch Hilfen auf den Weg zu bringen. Unterdessen habe sich aber gezeigt, dass die Auszahlungen über die Wirtschaftskammer sehr gut funktioniert hätten. Eine überbordende Bürokratie könne er nicht erkennen. Die Kontrollen der Wirtschaftsprüfer:innen würden von der Wirtschaftskammer bezahlt. Sein Ressort evaluiere die Wirksamkeit der Fördermaßnahmen, da es auch darum gehe, für mögliche künftige Krisen zu lernen und besser darauf vorbereitet zu sein. (Fortsetzung Wirtschaftsausschuss) sox


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