Parlamentskorrespondenz Nr. 1113 vom 12.10.2022

Pensionen: Nationalrat beschließt Erhöhung der Ausgleichszulage um 7,74% und weitere Einmalzahlung

SPÖ und FPÖ sehen Teuerung unzureichend abgegolten

Wien (PK) – Um die aktuelle Teuerung abzufedern, werden Bezieher:innen kleiner und mittlerer Pensionen über die allgemeine Pensionserhöhung von 5,8% hinaus im kommenden Jahr wieder eine Einmalzahlung von bis zu 500 € erhalten. Außerdem wird die Ausgleichszulage außertourlich um 20 € erhöht und somit mit Jahresbeginn um insgesamt 80 € auf knapp über 1.110 € steigen. Das entspricht einem Plus von 7,74%. Einen diesbezüglichen Beschluss hat der Nationalrat in seiner heutigen Sitzung gefasst. Bezieher:innen besonders hoher Pensionen über 5.670 € müssen hingegen Abstriche bei der Inflationsabgeltung hinnehmen.

Kritik am Gesetzespaket äußerte die Opposition. So sehen SPÖ und FPÖ die Teuerung unzureichend abgegolten, konnten sich mit eigenen Anträgen aber nicht durchsetzen. Konkret hatte die SPÖ vorgeschlagen, die Pensionen künftig jeweils mit dem zu erwartenden Jahresinflationswert zum Stand Ende Dezember zu erhöhen, was ihren Berechnungen nach für 2023 ein Plus von 8,4% - statt 5,8% - bedeutet hätte. Die FPÖ forderte mit Hinweis auf die Preisentwicklung im Warenkorb für Pensionist:innen gar eine Pensionserhöhung von mindestens 10% und drängte auf weitere Begleitmaßnahmen.

Demgegenüber wertete es NEOS-Abgeordneter Gerald Loacker als positiv, dass die Regierung den seiner Ansicht nach "absurden" Forderungen der Seniorenvertreter:innen nicht nachgegeben habe. Aus Sicht der NEOS ist es allerdings nicht gerechtfertigt, dass alle Personen, die 2022 in Pension gegangen sind, mit Jahresbeginn 2023 eine Pensionserhöhung von zumindest 2,9% erhalten, selbst wenn sie die Pension erst im November oder Dezember angetreten haben. Ein von den NEOS dazu eingebrachter Abänderungsantrag fand bei der Abstimmung jedoch keine Mehrheit.

Einmalzahlung wird im März überwiesen

Basis für den vom Nationalrat gefassten Beschluss bildete eine Initiative der Koalitionsparteien, zu der auch ein ergänzender Antrag zum Thema Sonderpensionen vorlag. Dieser enthält eine Verfassungsbestimmung, die dafür sorgen soll, dass der beschlossene Deckel für die Pensionserhöhung von 329 € auch für Sonderpensionen im Kompetenzbereich der Länder gilt. Hierfür stellten Teile der Opposition bei der Abstimmung die erforderliche Zweidrittelmehrheit sicher.

Die Einmalzahlung wird laut Gesetzesbeschluss im März überwiesen, wobei den Maximalbetrag von 500 € Pensionist:innen mit einer monatlichen Bruttopension zwischen 1.667 € und 2.000 € erhalten. Für niedrigere Pensionen ist ein einmaliger Zuschlag von 30% vorgesehen, bei Pensionen über 2.000 € sinkt die Einmalzahlung sukzessive ab. Leer geht aus, wer eine Bruttopension von mehr als 2.500 € bezieht. Allgemeine Voraussetzung für den Erhalt der steuer- und abgabenfreien Direktzahlung ist ein gewöhnlicher Aufenthalt im Inland. Zudem wird gesetzlich festgeschrieben, dass diese weder auf die Sozialhilfe angerechnet noch gepfändet werden darf. Mitberücksichtigt worden war bei der Abstimmung auch ein Abänderungsantrag mit redaktionellen Korrekturen und Klarstellungen.

Im Plenum mit zur Diskussion standen darüber hinaus zwei weitere – erfolglose – Oppositionsanträge: Die FPÖ plädierte in einem Antrag dafür, Zuverdienstmodelle für Pensionist:innen durch den Abbau bürokratischer und finanzieller Hürden attraktiver zu machen, und begründete das mit dem verbreiteten Arbeitskräftemangel. Den NEOS geht es um die Einführung einer Flexipension mit Pensionsautomatik nach skandinavischem Vorbild, um besser auf eine steigende Lebenserwartung oder andere Pensions-Parameter reagieren zu können.

SPÖ und FPÖ halten Pensionserhöhung für unzureichend

Im Zuge der Debatte wies Jörg Leichtfried (SPÖ) darauf hin, dass die Durchschnittspension in Österreich bei 1.400 € bzw. 1.130 € für Frauen liege. Damit müsse das Leben finanziert werden, skizzierte er. Angesichts der aktuellen Teuerung bräuchten die Menschen rasche Hilfe. Mittlerweile liege die Inflation bereits bei 10,5%, da sei eine Pensionserhöhung von 5,8% völlig unzureichend. Die vorgesehene Einmalzahlung wertete Leichtfried als "Unfug", seiner Ansicht nach ist "das System der Einmalzahlungen gescheitert". Es brauche Stabilität, zudem wäre es wichtig, "die Preise runterzubringen".

Der Kritik Leichtfrieds schlossen sich auch seine Fraktionskolleg:innen Dietmar Keck, Verena Nussbaum und Rainer Wimmer an. Viele Pensionist:innen wüssten nicht, wie sie sich den kommenden Winter leisten sollen, ist Nussbaum überzeugt. Wimmer sprach von einer "Mogelpackung".

Ähnlich argumentierte FPÖ-Abgeordneter Peter Wurm. "Wir haben außergewöhnliche Zeiten" mit einer aktuellen Inflationsrate von 10%, da wäre die von seiner Fraktion geforderte Pensionserhöhung von 10% angemessen, argumentierte er. Damit würde man den Pensionist:innen ausreichend Spielraum für das kommende Jahr eröffnen. Zudem sieht es Wurm kritisch, dass ein Durchschnittspensionist im kommenden Jahr nur um rund 100 € monatlich mehr erhält, "Luxuspensionist:innen" hingegen ein vielfaches davon. Er warb auch für die Wiedereinführung der sogenannten "Hacklerregelung" und warf der Regierung darüber hinaus vor, mit ihrer Corona-Politik und den Russland-Sanktionen für die hohe Inflationsrate verantwortlich zu sein.

Die Regierung habe so viel Geld für die - aus ihrer Sicht völlig verfehlte - Corona-Politik ausgegeben, dass keine Reserven mehr für Pensionist:innen vorhanden seien, beklagte auch FPÖ-Abgeordnete Dagmar Belakowitsch.

ÖVP und Grüne erachten Pensionspaket für treffsicher und sozial ausgewogen

Die Koalitionsparteien halten das Pensionspaket hingegen für treffsicher und sozial ausgewogen, wie etwa ÖVP-Klubobmann August Wöginger erklärte. Schließlich decke man für einen Großteil der Pensionist:innen die Inflation des heurigen Jahres ab, machte er geltend. Zudem dürfe man die bisher geleisteten Einmalzahlungen nicht ausklammern. Wöginger zufolge erhalten Bezieher:innen einer Mindestpension heuer in Summe 1.948 €, das seien fast zwei zusätzliche Nettopensionen. Bei einer Brutto-Pension von 1.500 € seien es 1.605 €. Die Forderungen von SPÖ und FPÖ wertete der ÖVP-Klubobmann als unseriös.

Grünen-Sozialsprecher Markus Koza rechnete vor, dass die Mindestpensionen im kommenden Jahr um mehr als 10% steigen, wenn man die Einmalzahlung mitberücksichtige. Durchschnittlich komme es zu einer Erhöhung von 8,2%, was in etwa der aktuellen Jahresinflation entspreche. Das sei eine sozial gerechte Staffelung, bekräftigte er. Er sieht mit dem Pensionspaket zudem alle vier wesentlichen Aufträge, die die Politik in Zusammenhang mit der Pensionserhöhung hat – eine Wertsicherung der Pensionen, die Vermeidung von Altersarmut, die Stabilisierung der Wirtschaft durch Kaufkraftstärkung und die Sicherung der nachhaltigen Finanzierbarkeit des Pensionssystems – erfüllt. Die Pensionist:innen könnten sich auf die Regierung verlassen, ergänzte seine Parteikollegin Bedrana Ribo. Das bekräftigte auch ÖVP-Abgeordnete Bettina Zopf.

Zopf und ÖVP-Jugendsprecherin Carina Reiter hoben zudem die Notwendigkeit hervor, das "große Ganze" zu sehen und im Sinne von Nachhaltigkeit und Pensionengerechtigkeit auch die Jungen im Blick zu haben.

NEOS nur teilweise zufrieden

Seitens der NEOS wertete es Abgeordneter Gerald Loacker ausdrücklich als positiv, dass sich die Regierung bei der Pensionserhöhung im Wesentlichen am gesetzlichen Anpassungsfaktor orientiert habe. Dennoch seien die NEOS mit dem Pensionspaket "nicht ganz glücklich", sagte er. So würden etwa auch Pensionist:innen, die 30 Jahre in der Schweiz und zehn Jahre in Österreich gearbeitet haben, eine Einmalzahlung bekommen, weil sie nur eine kleine österreichische Pension beziehen. Zudem sieht er nicht ein, dass auch Personen, die erst seit einem Monat in Pension sind, 2023 eine Pensionserhöhung bekommen.

Generell gab Loacker zu bedenken, dass das Pensionsloch in den nächsten Jahren weiter "aufreißen" werde. So würden die Pensionszuschüsse in vier Jahren von 22,7 Mrd. € auf 32,7 Mrd. € steigen. Man müssen den Menschen klar machen, dass sie – wie etwa in Schweden oder der Schweiz – künftig länger arbeiten werden müssen, mahnte er. Das Pensionssystem werde zum Nachteil der Jungen an die Wand gefahren, bekräftigte sein Parteikollege Yannick Shetty.

Rauch: "Kluger" Anpassungsmechanismus garantiert Wertsicherung der Pensionen

Sozialminister Johannes Rauch hob hervor, dass durch den gesetzlichen Anpassungsmechanismus sichergestellt sei, dass niemand einen Wertverlust bei den Pensionen habe. Zudem würden Bezieher:innen geringer Pensionen, die von der Inflation besonders betroffen sind, mit den Einmalzahlungen eine zusätzliche Unterstützung erhalten. Man müsse neben der sozialen Gerechtigkeit aber auch die budgetäre Nachhaltigkeit des Pensionssystems im Auge behalten, betonte er. Schließlich würden 2040 voraussichtlich zwei Erwerbstätige einen Pensionisten finanzieren, während das Verhältnis 2015 noch vier zu eins gewesen sei. (Fortsetzung Nationalrat) gs

HINWEIS: Sitzungen des Nationalrats und des Bundesrats können auch via Livestream mitverfolgt werden und sind als Video-on-Demand in der Mediathek des Parlaments verfügbar.


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