Parlamentskorrespondenz Nr. 1494 vom 21.12.2022

Bundesrat: Anhebung der Zuverdienstgrenzen beim Kinderbetreuungsgeld einstimmig beschlossen

Vereinfachte Zuerkennung der erhöhten Familienbeihilfe soll bürokratische Entlastung bringen

Wien (PK) – Einstimmig sprach sich heute der Bundesrat nicht nur für die Anhebung der Zuverdienstgrenzen beim Kinderbetreuungsgeld, sondern auch für  Verfahrenserleichterungen bei der Beantragung der erhöhten Familienbeihilfe aus. Im Konkreten soll die Verpflichtung für minderjährige Behindertenpassinhaber:innen entfallen, einen zusätzlichen Nachweis des Sozialministeriumservices zu erbringen, da die nötigen Daten ohnehin schon dem Finanzamt vorliegen. Dies stelle eine wichtige bürokratische Entlastung für Familien mit erheblich behinderten Kinder dar, zeigten sich die Ländervertreter:innen unisono überzeugt.

Mehrheitlich keinen Einspruch erhob zudem die Länderkammer gegen eine umfassende Schulrechtsnovelle, die neben zusätzlichen Leistungsmessungen auch den Abschluss des "Hochschullehrgangs Quereinstieg Elementarpädagogik" ermöglicht. Außerdem wurden die Neuerungen beim Österreichischen Austauschdienst wie zum Beispiel die Eingliederung des Vereins "erinnern.at" von allen Fraktionen mitgetragen.

Anpassungen der Zuverdienstgrenzen im Kinderbetreuungsgeldgesetz

Anknüpfend an das vor Kurzem beschlossene dritte Teuerungs-Entlastungspaket, das jährliche Valorisierungen zahlreicher Familien- und Sozialleistungen ab dem Jahr 2023 enthält, schlugen ÖVP und Grüne weitere Änderungen beim Kinderbetreuungsgeldgesetz vor. Um eine geringfügige Beschäftigung während des Bezugs des Kinderbetreuungsgeldes und der in bestimmten Fällen vorgesehenen Beihilfe weiterhin zu ermöglichen, sollen die diesbezüglichen Grenzbeträge von 7.600 € auf 7.800 € (einkommensabhängige Variante) bzw. von 16.200 € auf 18.000 € (pauschale Variante) erhöht werden.

Diese Änderungen kommen vor allem Jungfamilien und speziell den Frauen zugute, meinte Bundesrätin Heike Eder (ÖVP/V). Generell stellte sie jedoch mit Bedauern fest, dass in Österreich beim Anteil der Väterbeteiligung an der Kinderbetreuung ein kontinuierlicher Trend nach unten zu bemerken sei. Wahrscheinlich brauche es noch stärker lenkende Maßnahmen und Anreize, urteilte Eder, die auf das Modell in Island verwies.

Maria Huber (Grüne/St) wies darauf hin, dass 94 % der Bezieher:innen des einkommensabhängigen Kinderbetreuungsgeldes Frauen seien. Es sei daher noch ein weiter und "steiniger Weg", um mehr Männer in die Betreuungs- und Familienarbeit einzubinden.

Daniela Gruber-Pruner (SPÖ/W) stand der Erhöhung der Zuverdienstgrenzen beim Kinderbetreuungsgeld positiv gegenüber. Interessant sei die Tatsache, dass das einkommensabhängige Kinderbetreuungsgeld mittlerweile schon von 40 % der Antragsteller:innen in Anspruch genommen werde. Dennoch müsse noch mehr geschehen, um die Väterbeteiligung an der Kinderbetreuung zu erhöhen. Handlungsbedarf sah sie zudem noch beim flächendeckenden Ausbau der Kinderbetreuungsangebote vor allem im ländlichen Raum, der Umsetzung der Unterhaltsgarantie sowie der Bekämpfung der Armut, von der vor allem Alleinerziehende betroffen seien.

Andrea Michaela Schartel (FPÖ/St) sprach einen Automatismus bei der Anpassung der Grenzbeträge an, um nicht jedes Mal das Gesetz ändern zu müssen. Beim Thema Kinderbetreuung war ihr die Gewährleistung der Wahlmöglichkeit ein wichtiges Anliegen, da es viele Familien gebe, die sich um ihre Kinder selbst kümmern wollen. Diese Familien würden vom Staat aber nicht ausreichend finanziell unterstützt, kritisierte Schartel.

Reduktion des Verwaltungsaufwands bei Beantragung der erhöhten Familienbeihilfe wird von allen Fraktionen begrüßt

Die von ÖVP und Grünen angestoßene Initiative zur Änderung des Familienlastenausgleichsgesetzes basiert auf einer im Juni 2022 von allen Fraktionen beschlossenen Entschließung. Durch die Novelle soll das Verfahren für die Zuerkennung der erhöhten Familienbeihilfe bei minderjährigen Antragsteller:innen, die zugleich Behindertenpassinhaber:innen sind, vereinfacht werden. Für erheblich behinderte Kinder wird zusätzlich zur allgemeinen Familienbeihilfe ein Erhöhungszuschlag gewährt, der derzeit 155,90 € pro Monat beträgt. Für dessen Zuerkennung ist ein Behinderungsgrad von mindestens 50 % nach der Einschätzungsverordnung des Behinderteneinstellungsgesetzes sowie bei volljährigen Familienbeihilfebezieher:innen der Nachweis, dass die Person voraussichtlich dauernd außerstande ist, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, erforderlich.

Minderjährige Behindertenpassinhaber:innen mussten bisher jedoch einen zusätzlichen Nachweis des Sozialministeriumservice erbringen, obwohl die Voraussetzungen für die erhöhte Familienbeihilfe und den Behindertenpass für die Personengruppe ident sind. Da nunmehr das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (Sozialministeriumsservice) die nötigen Daten aus dem Behindertenpassverfahren an das Finanzamt übermittelt, ersparen sich die Betroffenen nicht nur die bisher nötige gesonderte ärztliche Untersuchung, sondern auch zusätzliche Behördenwege. Weiters werden die Parteienrechte erweitert, indem in Verfahren ohne Vorliegen eines Behindertenpasses die Übermittlung der Gutachten an alle antragstellenden Personen durch das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen automatisch erfolgen soll.

Heike Eder (ÖVP/V) begrüßte die vorgeschlagenen Änderungen, die eine deutliche Erleichterung für Familien mit behinderten Kindern bringen werden. Dies bedeute "mehr Geld und weniger Aufwand", fasste die Bundesrätin den Inhalt des Antrags zusammen. Dieser Meinung schloss sich auch Bundesrätin Maria Huber (Grüne/St) an.

Wenn es Entlastungen für Kinder mit Einschränkungen gebe, dann könne man das nur unterstützen, meinte Sandra Gerdenitsch (SPÖ/B) . Noch immer ausständig seien aber die vor über einem Jahr versprochenen One-Stop-Shops für Menschen mit Behinderung, um den Zugang zu den verschiedenen Leistungen leichter zugänglich zu machen. Weiters würden spezielle Betreuungsangebote für Kinder mit Handicap vor allem in den Sommermonaten fehlen, zeigte Gerdenitsch auf. Der Umgang mit Menschen mit Behinderung in Österreich lasse ihrer Meinung nach generell zu wünschen übrig, da deren Grundrechte nicht ausreichend respektiert würden.

Es sei positiv, wenn unnötiger Verwaltungsaufwand reduziert und Verfahren beschleunigt werden, konstatierte Bundesrätin Marlies Steiner-Wieser (FPÖ/S). Es brauche aber weitere Erleichterungen für Familien wie etwa die befristete Erhöhung der Zuverdienstgrenze im Rahmen der vorzeitigen Alterspension auf 1.000 € bis Ende 2024. Ein dazu von ihr eingebrachter Entschließungsantrag fand keine Mehrheit. 

Der Blick in die aktuelle Familienstatistik zeige, dass die Menschen in Zeiten von multiplen Krisen noch mehr zusammenrücken, urteilte Bundesministerin Susanne Raab. Es sei daher sehr erfreulich, dass in der letzten Zeit einige familienpolitische Meilensteine erreicht worden seien, die von der deutlichen Anhebung des Familienbonus Plus, der Bereitstellung der sogenannten Kindergartenmilliarde bis hin zur Valorisierung der Unterstützungsleistungen an die Teuerung reichten. Die vorliegende Vereinfachung bei der Beantragung der erhöhten Familienbeihilfe stelle eine weitere wichtige Entlastung für die Betroffenen dar, da nun keine zusätzliche Untersuchung mehr durchgeführt werden müsse, stellte die Ressortchefin fest.

Schulrechtsnovelle bringt neue Kompetenzmessungen und Hochschullehrgang für Elementarpädagogik

Mehrheitliche Zustimmung erhielt im Bundesrat eine umfangreiche Schulrechtsnovelle . Damit werden ab 2023 mit der "iKMPLUS-Testung" an den Schulen zusätzliche Leistungsmessungen ohne Notengebung eingeführt. Die Schulen erhalten dabei ein evidenzbasiertes Bild vom Leistungsniveau ihrer Schüler:innen zur zielgerichteten Förderung. Seitens des Ressorts will man auf Grundlage anonymisierter Daten aus den Schulen das Bildungsmonitoring und die Qualitätssteuerung des Schulwesens ausrichten.

Darüber hinaus ermöglicht die Novelle den Abschluss "Hochschullehrgang Quereinstieg Elementarpädagogik" an den Pädagogischen Hochschulen. Zudem ist die Abgeltung der steigenden Mehrbelastung der Prüfer:innen bei Externist:innenprüfungen sowie bei Eignungsfeststellungsverfahren von Quereinsteiger:innen in den Lehrberuf vorgesehen. Ebenso verankert wird die Legitimierung von Finanzamtsabfragen zur Familienbeihilfe-Bezugsberechtigung.

Neuerungen für den Österreichischen Austauschdienst

Auf Neuerungen beim Österreichischen Austauschdienst zielte eine weitere Vorlage der Regierung ab, die von der Länderkammer einstimmig angenommen wurde. Diese sieht unter anderem ein Vorschlagsrecht des Bundeskanzlers für ein Mitglied im OeAD-Aufsichtsrat vor. Außerdem dient die Novelle der rechtlichen Absicherung der Datenverarbeitung zum gesamten Erasmus-Programm. Überdies wird der Verein "erinnern.at", der Unterrichtsmaterialien zu Nationalsozialismus und Holocaust zur Verfügung stellt, in den OeAD eingegliedert.  (Fortsetzung Bundesrat) sue

HINWEIS: Sitzungen des Nationalrats und des Bundesrats können auch via Livestream mitverfolgt werden und sind als Video-on-Demand in der Mediathek des Parlaments verfügbar.


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