Parlamentskorrespondenz Nr. 1496 vom 21.12.2022

Bundesrat: Mehrheit für Gewinnabschöpfung von Öl- und Gasfirmen und Deckelung der Erlöse von Stromerzeugern

Stromverbrauch soll in Spitzenzeiten um 5 % reduziert werden

Wien (PK) - Aufgrund der stark angestiegenen Energiepreise werden die entstandenen hohen Gewinne von Öl- und Gasfirmen abgeschöpft und die Erlöse von Stromerzeugern gedeckelt. Der Bundesrat hat heute einen entsprechenden Gesetzesentwurf der Koalitionsparteien mehrheitlich befürwortet. Darin enthalten sind unter anderem die Einführung eines Energiekrisenbeitrags für fossile Energieträger sowie eines Energiekrisenbeitrags für Strom.

Zudem soll durch die Einführung eines Stromverbrauchsreduktionsgesetzes, das zuvor im Nationalrat in der Fassung eines Abänderungsantrags von ÖVP, Grünen und NEOS beschlossen worden war und heute in der Länderkammer eine Mehrheit fand, der Stromverbrauch in teuren Spitzenzeiten gesenkt oder in andere Tagesstunden verlagert werden. Den Rahmen für beide Gesetzesanträge bildet die im Oktober beschlossene EU-Notfallmaßnahmenverordnung.

Abschöpfung der krisenbedingten Gewinne bzw. Deckelung der Erlöse

Vorgesehen wird mit der Gesetzesinitiative zur Gewinnabschöpfung unter anderem, dass die krisenbedingten Gewinne von Öl- und Gasfirmen im zweiten Halbjahr 2022 sowie 2023 besteuert werden. Als Vergleichszeitraum soll der Durchschnittsgewinn der Jahre 2018 bis 2021 herangezogen werden. Liegt der aktuelle Gewinn um mehr als 20 % über diesem Durchschnitt, so sollen 40 % davon abgeschöpft werden. Um Investitionen in erneuerbare Energien und Energieeffizienz zu unterstützen, soll jedoch ein Absetzbetrag vorgesehen werden, der den Beitragssatz auf 33 % reduziert.

Weiters soll der Erlös von Stromerzeugern mit einer Kapazität von mehr als 1 MW mit 140 € pro MWh gedeckelt werden. Dies betrifft die Veräußerung von im Inland erzeugtem Strom aus Windenergie, Solarenergie (Solarthermie und Fotovoltaik), Erdwärme, Wasserkraft, Abfall, Braunkohle, Steinkohle, Erdölerzeugnissen, Torf und Biomasse-Brennstoffen - ausgenommen Biomethan. Der maximale Erlös steigt auf 180 € pro MWh, wenn in den Jahren 2022 und 2023 Investitionen in erneuerbare Energien geltend gemacht werden können. Der Energiekrisenbeitrag-Strom beträgt 90 % der Überschusserlöse und soll von 1. Dezember 2022 bis Ende 2023 gelten. Bei der Ermittlung der Einkommensteuer- oder Körperschaftssteuerbemessungsgrundlage soll der Energiekrisenbeitrag-Strom als Betriebsausgabe abgezogen werden können.

Finanzminister Magnus Brunner betonte, dass außergewöhnliche Zeiten auch außergewöhnliche Maßnahmen erfordern. Das Energiekrisenbeitragspaket stelle eine solche dar, zumal sie ein Beitrag zur Gegenfinanzierung der Entlastungsmaßnahmen sei. Entsprechender Kritik entgegnete er, dass Österreich eines der Länder in der EU sei, das am meisten dieser notwendigen Maßnahmen setze. Was die Abschöpfung betrifft, sei es bei der hohen Belastung durch die Energiekosten eine Frage der Fairness, dass der Staat hier eingreife. Zentral sei bei der Umsetzung aber auch gewesen, dass die Investitionsfähigkeit der Unternehmen beibehalten werden kann.

Als richtig erachtet es Otto Auer (ÖVP/N), dass Gewinne, die nicht marktbedingt sind, abgeschöpft werden. Die Beiträge würden zur Unterstützung der Bürger:innen verwendet und würden zum fairen Ausgleich beitragen. Adi Gross (Grüne/V) sieht die entsprechenden EU-Vorgaben im positiven Sinn ambitioniert umgesetzt. Es sei "recht und billig", wenn Profiteure der Krise einen Beitrag leisten. Die Abschöpfung sei als Finanzierungsbeitrag für sozialpolitische Maßnahmen gedacht und bremse zugleich den Drang, den Strompreis künstlich nach oben zu schrauben, so Gross. Beim Beitrag der Unternehmen im fossilen Bereich befinde man sich deutlich über den Mindestvorgaben der EU.

Ingo Appé (SPÖ/K) wandte etwa kritisch ein, dass die entsprechenden Durchführungsverordnungen noch offen seien. Außerdem stellen ihm zufolge die Einnahmen ausschließlich Bundesabgaben dar und würden den Ländern und Gemeinden nicht zugute kommen. Michael Bernard (FPÖ/N) sprach sich gegen die Gewinnabschöpfung aus, da nur "Krisengewinner" profitieren würden bzw. sie nur dem Finanzminister helfen würde. Die "leidgeprüfte Bevölkerung" gehe hingegen leer aus. Der einzige Weg, die Menschen zu entlasten, wäre aus seiner Sicht die Halbierung oder gänzliche Streichung der Mehrwertsteuer. Karl-Arthur Arlamovsky (NEOS/W) bezeichnete es demgegenüber als positiv, dass die Möglichkeiten ausgeschöpft worden seien und ein Anreiz gesetzt werde, in Erneuerbare zu investieren. Er wies aber auch auf eine Reihe an Verbesserungsmöglichkeiten aus seiner Sicht hin.

Senkung des Stromverbrauchs in Spitzenzeiten um 5 %

Primäres Ziel des Stromverbrauchsreduktionsgesetzes ist, den Stromverbrauch in "Spitzenzeiten" um durchschnittlich mindestens 5 % zu reduzieren. Dadurch soll der Verbrauch von fossilen Brennstoffen minimiert und das Risiko von Versorgungsengpässen herabgesetzt werden. Die Einsparungen sollen in erster Linie durch freiwillige Maßnahmen erreicht werden: einerseits gezielte Sparaufrufe an die Bevölkerung, andererseits Energiespar- und Energieeffizienzmaßnahmen, wie die Optimierung von Geräten und Nutzerverhalten, die Durchführung von Energieaudits und Energiemanagementsystemen in betrieblichen Prozessen.

Sollte dies nicht ausreichen, sollen wöchentlich marktbasierte Ausschreibungen über Stromverbrauchsreduktionen als zusätzliche Maßnahme eingesetzt werden. Die teilnahmeberechtigten Unternehmen müssen dabei die technischen Voraussetzungen erfüllen und zudem in der Lage sein, ihren Verbrauch mittels Fahrplänen zu prognostizieren und die Einsparungen nachzuweisen. Zuschlagskriterium wäre der angebotene Preis je Megawattstunde. Eine Vergütung soll nur ausbezahlt werden, wenn die Ausschreibung kausal zu einer zusätzlichen Stromverbrauchsreduktion in den Spitzenzeiten geführt hat. Vorgesehen sind dafür Bundesmittel in der Höhe von 100 Mio. €. Mit der Abwicklung soll die Austrian Power Grid beauftragt werden.

Die Maßnahme stelle auch einen Weg dar, den Strom- vom Gaspreis zu entkoppeln, zumal es für die Bedarfsdeckung in Spitzenzeiten auch Gaskraftwerke brauche, erörterte Umweltministerin Leonore Gewessler. Es gehe um einen Zeitraum von vier Monaten von Dezember bis März, in denen man sich auf EU-Ebene zu dieser Reduktion von 5 % verpflichtet habe. Mit ersten Ausschreibungen rechne sie im Jänner. Insgesamt stelle dieses völlig neue Instrument auch eine gute Testmöglichkeit für solch flexible Regelungen im Sinne einer Neufassung des Elektrizitätswirtschafts- und –organisationsgesetzes dar, an der laufend gearbeitet werde.

Auch Otto Auer (ÖVP/N) betonte, dass mit dem Instrument eine EU-Vorgabe umgesetzt werde, wonach der Stromverbrauch freiwillig eingeschränkt werden soll. Die Preise steigen Adi Gross (Grüne/V) zufolge gerade zu Spitzenzeiten in absurde Höhen. Wenn weniger abgerufen werde, könne damit einerseits der Preis gedrückt, andererseits die Versorgungssicherheit erhöht werden, so Gross.

Aus Sicht von Karl-Arthur Arlamovsky (NEOS/W) geht es im Wesentlichen um eine zeitliche Verlagerung des Stromverbrauchs, weg von den Spitzenzeiten. Die Methode sei gut, besser wäre aus seiner Sicht allerdings insgesamt, den Stromverbrauch nicht nur zu verlagern, sondern zu senken. Ingo Appé (SPÖ/K) kritisierte etwa, dass sich ihm der Budgetbedarf für die Maßnahme in keiner Weise erschließe. Er bemängelte, dass sich damit das "energiepolitische Flickwerk" der Bundesregierung fortsetze. Aus Sicht von Michael Bernard (FPÖ/N) bleiben etwa Fragen zum Ablauf und zur Ermittlung der Spitzenzeiten offen.

Erhöhung der pauschalen Reiseaufwandsentschädigung für Sportler:innen 

Sportvereine können derzeit im Rahmen einer pauschalen Reiseaufwandsentschädigung Aufwandsentschädigungen steuerfrei an Sportler:innen, Schiedsrichter:innen und Sportbetreuer:innen auszahlen. Einstimmig sprach sich die Länderkammer für die Erhöhung dieser pauschalen Reiseaufwandsentschädigung für Sportler:innen auf maximal 120 € pro Tag bzw. 720 € pro Monat aus, die auch eine Novellierung des ASVG erforderlich machte.

Finanzminister Magnus Brunner bezeichnete diese Erhöhung als Meilenstein, zumal es wichtig sei, dass die ehrenamtlich Tätigen entsprechend abgegolten werden. Auch Ingo Appé (SPÖ/K), Markus Steinmaurer (FPÖ/O) und Karl-Arthur Arlamovsky (NEOS/W) begrüßten die Erhöhung als wichtige Anpassung im Hinblick auf ehrenamtliche Arbeit.

Neues Wertpapierfirmengesetz sorgt für neuen Aufsichtsrahmen

Ein neues Wertpapierfirmengesetz (WPFG) soll einen Aufsichtsrahmen für Wertpapierfirmen schaffen. Dafür sprach sich die Länderkammer mehrheitlich aus. Im Gesetzesentwurf, der auch Änderungen in anderen Finanzmaterien vornimmt, werden die unterschiedlichen Risikoprofile von Wertpapierfirmen bewertet und abgestufte Aufsichtsvorschriften, die auf die spezifischen Risiken von Wertpapierfirmen zugeschnitten sind, festgelegt. Darüber hinaus wird der Tätigkeitenkatalog von Wertpapierfirmen ausgeweitet, heißt es in der Regierungsvorlage, die auf einer europäischen Verordnung basiert und mit 1. Februar 2023 in Kraft treten soll. Zudem wird festgelegt, dass die Kontrolle der ordnungsgemäßen Verwaltung von Sondervermögen jährlich durch einen Wirtschaftsprüfer zu erfolgen hat.

Im Konkreten sind in der Sammelnovelle Bestimmungen zu Befugnissen der FMA, zu Anfangskapital und Liquidität, zur Beurteilung der Angemessenheit des internen Kapitals, zur internen Risikobewertung, zum Überprüfungs- und Bewertungsverfahren und zur Beaufsichtigung von Wertpapierfirmengruppen enthalten. Von kleinen und nicht-verflochtenen Wertpapierfirmen sind gewisse Mindeststandards einzuhalten, da von diesen Unternehmen keine oder nur minimale Gefahr für die Finanzmarktstabilität ausgeht. Festgehalten wird zudem, dass der Markt im Inland von kleinen und nicht-verflochtenen Wertpapierfirmen geprägt ist und diese nur bestimmte Mindeststandards einhalten müssen.

Kein Einspruch Österreichs gegen den Beitritt der Dominikanischen Republik zum Haager Beglaubigungsübereinkommen

Einhellige Zustimmung gaben die Bundesrät:innen zu einer internationalen Erklärung, womit der bisherige Einspruch Österreichs gegen den Beitritt der Dominikanischen Republik zum sogenannten Haager Beglaubigungsübereinkommen zurückgenommen wird. Damit soll die Beglaubigung öffentlicher Urkunden zwischen Österreich und der Dominikanischen Republik ab 1. Dezember 2022 vereinfacht werden. Als Grund für die Rücknahme des Einspruchs wird eine verbesserte Dokumentensicherheit angeführt.

Burgenland wird mit 1. Jänner Vorsitz im Bundesrat übernehmen

Ab 1. Jänner 2023 wird den Vorsitz in der Länderkammer das Burgenland innehaben, es löst damit turnusmäßig das Land Wien ab. Neuer Bundesratspräsident wird Günter Kovacs (SPÖ/B) und löst mit 1. Jänner Korinna Schumann (SPÖ/W) in dieser Funktion ab. Daher waren zum Abschluss der heutigen Bundessratssitzung die Vizepräsident:innen, die Schriftführer:innen und die Ordner:innen der Länderkammer neu zu wählen. Zu den Vizepräsident:innen wählten die Bundesrät:innen einstimmig Harald Himmer (ÖVP/W) und Andrea Kahofer (SPÖ/N). (Schluss Bundesrat) mbu

HINWEIS: Sitzungen des Nationalrats und des Bundesrats können auch via Livestream mitverfolgt werden und sind als Video-on-Demand in der Mediathek des Parlaments verfügbar.


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