Parlamentskorrespondenz Nr. 270 vom 10.03.2023

Katholische Studentenverbindungen im Widerstand: Digitale Stolpersteine gegen das Vergessen

Gedenkveranstaltung auf Einladung von Nationalratspräsident Sobotka im Palais Epstein

Wien (PK) - Über 730 weibliche und männliche Mitglieder katholischer Studentenverbindungen waren zwischen 1938 und 1945 im Widerstand gegen den Nationalsozialismus. Unter dem Titel "Katholische Couleurstudentinnen und Couleurstudenten in Widerstand und Verfolgung" lud Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka gemeinsam mit dem Denkmalbauverein Katholiken im Widerstand und dem Verein Modern Society zu einer Veranstaltung in das Palais Epstein. Im Fokus stand unter anderem die Freischaltung der Website www.niemalswieder.at der beiden Vereine mit der ab heute des damaligen Widerstands in Form von "digitalen Stolpersteinen" gedacht werden soll. Anknüpfungspunkt war der 85. Jahrestag des Einmarsches der Wehrmacht in Österreich. Ein Kooperationspartner für die Website ist das Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstands.

"Wir sind dazu verpflichtet, das erinnernde Gedenken an eines der dunkelsten Kapitel der Menschheit hochzuhalten und den Bezug zur heutigen Lebenswelt — gerade jener junger Menschen — herzustellen", betonte Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka in seinen Eröffnungsworten per Videobotschaft. Es gelte, die Demokratie immer wieder aufs Neue zu stärken und gegen ihre Feinde zu verteidigen. "Demokratie ist kein Geschenk, aber alternativlos", so Sobotka.

Markus Kroiher, Präsident des Vereins Modern Society, erinnerte in seinen einleitenden Worten an die tragende Rolle, die Couleustudentinnen und -studenten sowohl im Widerstand gegen den Nationalsozialismus als auch beim Wiederaufbau Österreichs nach dem Zweiten Weltkrieg spielten. Die "digitalen Stolpersteine" seien ein gutes Mittel, um jene Leidenschaft für die Freiheit Österreichs in die Gegenwart zu tragen, die die Widerstandskämpfer:innen auszeichnete.

Podiumsdiskussionen über die Rolle katholische Studentenverbindungen gestern und heute

Am Podium diskutierten zu den Themen "Katholische Studentenverbindungen als Kämpfer gegen den Nationalsozialismus" und "Es braucht eine Flamme, um ein Feuer zu entzünden! Studentenverbindungen als gesellschaftspolitische Kraft" neben Staatssekretär für Digitalisierung Florian Tursky und dem Bezirksvorsteher des ersten Wiener Gemeindebezirks, Markus Figl, unter anderem Vertreter:innen des Staatsarchivs, des Dokumentationsarchivs des österreichischen Widerstands sowie von Schüler- und Studentenverbindungen.

So drückte Staatssekretär Tursky seine Freude über die Stolpersteine als digitale Form der Weitergabe von Erfahrungen und Werten aus. Es sei wichtig, auch künftigen Generationen zu vermitteln, was die Coleurstudent:innen bereit waren, für die Freiheit zu Opfern. Das Thema dürfe nicht allein der politischen Linken überlassen werden, so Tursky. Markus Figl, der auch Großneffe des ehemaligen österreichischen Bundeskanzlers und von den Nationalsozialisten deportierten Couleurstudenten Leopold Figl ist, illustrierte anhand seiner Familiengeschichte die Relevanz der generationenübergreifenden Weitergabe von Werten, wie diese in den Studentenverbindungen praktiziert werde.

Nach dem "Ende der Zeitzeugenschaft" müssten neue Formen der Überlieferung überlegt werden, erklärte Helmut Wohnout, Historiker und Generaldirektor des Staatsarchives. Dafür sei es notwendig, niederschwellig und emotional anzusetzen, wie Stephan Roth vom Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes ergänzte. Verbandsseelsorger Gregor Jansen sprach über das Widerstandspotenzial, das im Glauben stecke und das die widerständigen Couleurstudent:innen demonstriert hätten.

Verfassungsministerin Karoline Edtstadler unterstrich in ihrer Videobotschaft zur Eröffnung der Website www.niemalswieder.at ebenfalls die Bedeutung des Widerstandes katholischer Student:innen. Sie erinnerte an Arthur Lanc (1907-1995), der Jüdinnen und Juden mit Arzneimitteln versorgte und dreien von ihnen zur Flucht verhalf, wofür ihm die israelische Gedenkstädte Yad Vashem den Ehrentitel "Gerechter unter den Völkern" verlieh. (Schluss) wit/mbu

HINWEIS: Fotos von dieser Veranstaltung finden Sie im Webportal des Parlaments.