Parlamentskorrespondenz Nr. 356 vom 29.03.2023

Nationalrat beschließt Aufstockung der Wohn- und Heizkostenzuschüsse um 225 Mio. €

Wohnschirm zum Schutz vor Delogierungen wird um zusätzliche 25 Mio. € erweitert

Wien (PK) - Zur Abfederung der ab 1. April geltenden 8,6-prozentigen Inflationsanpassung bei den Richtwertmieten sowie der generell stark gestiegenen Wohnkosten, hat der Nationalrat heute mit den Stimmen von ÖVP und Grünen die Ausweitung der Wohnkostenunterstützung beschlossen. So sollen die für 2023 von den Bundesländern ausbezahlten Wohn- und Heizkostenzuschüsse von Seiten des Bundes um 225 Mio. € aufgestockt werden. Zudem wird der sogenannte "Wohnschirm", der vor Delogierungen schützen soll, für das Jahr 2024 um 25 Mio. € erweitert. Als Grundlage für den von den Regierungsparteien im letzten Finanzausschuss eingebrachten Antrag diente eine formale Änderung im Einkommensteuergesetz.

Die Mittel sollen zu dem bereits Ende Jänner beschlossenen Zweckzuschuss in der Höhe von 450 Mio. € hinzukommen und im Juni an die Länder übermittelt werden. Die Zuschüsse müssen wie bisher von den Betroffenen im jeweiligen Bundesland beantragt werden. Das ärmste Viertel aller Haushalte werde dadurch mit durchschnittlich 225 € unterstützt, heißt es von Koalitionsseite.

Die Vertreter:innen der Oppositionsparteien kritisierten die von den Regierungsparteien gewählte Vorgangsweise. Während SPÖ und FPÖ weiter auf eine Mietpreisbremse drängen und von Almosen und einem "faulen Kompromiss" sprachen, verwiesen die NEOS auf eine Neuaufstellung des geförderten Wohnbaus im Bundesland Salzburg. Die ÖVP-Vertreter bezeichneten die Aufstockung der Wohnkostenzuschüsse hingegen als zielgerichtete und sozial treffsichere Maßnahme für alle Wohnformen, egal ob Eigentum oder Miete. Für die Grünen ist eine Mietpreisbremse, weiterhin die "bessere Lösung". Die Mieter:innen könnten jedoch nichts für den "schlechten Stil der ÖVP", weshalb man zustimmen würde.

Mit einem im Ausschuss eingebrachten Abänderungsantrag zum Einkommensteuergesetz wurde zudem eine ökologische Maßnahme für Betriebe auf den Weg gebracht. Demnach kann für die Anschaffung und Herstellung von klimafreundlichen Heizungen (Wärmepumpen, Biomassekessel, Fernwärmetauscher, Fernwärmeübergabestationen und Mikronetze) ein Investitionsfreibetrag geltend gemacht werden.

SPÖ: Statt einer Mietpreisbremse werden Almosen verteilt

"Statt einem Stopp der Mieterhöhungen werden nun Almosen aus dem Steuertopf verteilt", zeigte sich SPÖ-Klubobfrau Pamela Rendi-Wagner über den "faulen Kompromiss" der Regierungsparteien, der niemanden in Österreich helfe, enttäuscht. Die getroffene Regelung dämpfe die Inflation nicht und steigere den Schuldenstand sowie die Armut in Österreich, warnte Rendi-Wagner. Es sei nicht überraschend, dass die ÖVP nicht auf Expert:innen hören wolle. Laut der SPÖ-Chefin hätten jedoch die Grünen dem nichts entgegengesetzt, was ein "trauriger Beweis des wirkungs- und ergebnislosen Arbeitens der Grünen in der Regierung" sei. "Gerechte Politik heißt, Schwächere vor den Stärkeren zu schützen", betonte Ruth Becher (SPÖ). Die SPÖ-Mandatarin ortete eine Schieflage, da nach der Anhebung der gesetzlichen Mieten im Vorjahr, die Richtwertmieten nun um weitere 8,6 % angehoben würden. Die nun insgesamt in die Hand genommenen 250 Mio. € würden sich schlussendlich die Mieter:innen über die Steuerabgaben selbst bezahlen. Becher brachte dazu auch einen Entschließungsantrag ein, in dem ein Mietpreisstopp für alle Mieten sowie die Wiedereinführung der Wohnbauinvestitionsbank gefordert wird. Die ÖVP als "die Partei der Erbenden und Vermögenden" blockiere eine Regelung zulasten von "Millionen Menschen", schloss sich Christoph Matznetter (SPÖ) an.

ÖVP: Zielgerechte und sozial treffsichere Ausgestaltung für alle Wohnformen

"Die ÖVP steht zu den Vermieter:innen und den Mieter:innen, die ÖVP steht zum Eigentum!", hielt Johann Singer (ÖVP) dagegen. Es handle sich um eine zielgerechte und sozial treffsichere Ausgestaltung für alle Wohnformen, da sowohl jene, die in Miete, als auch jene die in Eigentum seien, von der Teuerung betroffen wären. Bei der Aufstockung der Wohn- und Heizkostenzuschüsse handle es sich um einen ausgehandelten Kompromiss. Singer begrüßte zudem die Änderungen beim Investitionsfreibetrag, da man nun auch klimafreundliche Heizungen miteinbeziehe. Christoph Zarits (ÖVP) schlug in eine ähnliche Kerbe und sprach ebenfalls von einem zielgerichteten und sozialen Eingriff zur Bekämpfung der Teuerung. Der ÖVP-Abgeordnete zeigte sich über die Ausbezahlung durch die Bundesländer erfreut, da man auf regionaler Ebene am besten wüsste, wer Unterstützung brauche.

FPÖ: Fauler Kompromiss und Placebo-Politik

Der von ÖVP und Grünen paktierte Kompromiss sei symptomatisch für das Versagen der Bundesregierung, hielt Hubert Fuchs (FPÖ) fest. Die Regierung sei nicht in der Lage die Inflation zu bekämpfen und sei selbst "der größte Inflationstreiber", da sie sich anstatt mit den Ursachen, nur mit den Folgen der Krise beschäftige, weshalb der FPÖ-Vertreter einmal mehr Neuwahlen forderte. Eine "echte Mietpreisbremse" wäre laut Fuchs ein "wichtiger Schritt" im Kampf gegen die Inflation gewesen, auch Expert:innen hätten diese vorgeschlagen. Auch Hermann Brückl (FPÖ) sprach von einem "faulen Kompromiss" und von "Placebo-Politik", mit dem alleinigen Zweck, dass die Regierungsparteien ihr Gesicht wahren könnten. Dies bedeute, dass die Mieten auf Jahre hinaus steigen würden, obwohl die Menschen nicht mehr wüssten, wie sie sich ihr Leben leisten können. Zudem ortete Brückl durch die vorgesehene Antragstellung einen massiven Bürokratieaufwand in den Bundesländern. Die Bevölkerung würde so zu "Bittstellern degradiert".

Grüne kritisieren "schlechten Stil" der ÖVP

Nina Tomaselli (Grüne) ließ die "monatelangen Verhandlungen zur Mietkostenbremse" mit der ÖVP revuepassieren. Die Mandatarin sprach von "schlechtem Stil" der ÖVP, die Politik für eine kleine privilegierte Gruppe mache, "damit für Wohlhabende alles so bleibt wie es ist". Für Tomaselli ist eine Mietpreisbremse, die schnell und inflationsdämpfend wirken würde, weiterhin die "bessere Lösung". Die Mieter:innen könnten jedoch nichts für das Verhalten der ÖVP, weshalb die Grünen heute "mit Überzeugung" zustimmen würden. Elisabeth Götze (Grüne) meldete sich zur Ausweitung des "Öko-Investitionsfreibetrag" zu Wort. Dieser sei im Rahmen der ökosozialen Steuerreform eingeführt worden, wobei ein wichtiger Teil hinzukomme. Auch für Investitionen in Gebäudebestandteilen, wie nachhaltige Heizungen, könne dieser nun angewendet werden. Dadurch könnten Unternehmen bei Investitionen in die Dekarbonisierung zusätzlich Geld sparen.

NEOS: Salzburg Vorbild bei der Neuaufstellung des geförderten Wohnbaus

Gerald Loacker (NEOS) kritisierte den von den Grünen im Rahmen der Verhandlungen zur Mietpreisbremse formulierten Vorschlag, zur Gegenfinanzierung der Streichung der Grunderwerbssteuer auf das erste Eigenheim, bei teureren Grundstücken, die Grunderwerbssteuer zu erhöhen. Dies würde bedeuten, dass jeder Bauträger, der für eine Wohnanlage ein Grundstück kauft, eine erhöhte Grunderwerbssteuer zahlen müsste, was wiederum an die zukünftigen Bewohner:innen weitergegeben werde. Wer sehen wolle, wo Kosten für die Mieter:innen wirklich gesenkt wurden, müsse nach Salzburg sehen. Dort habe man durch die Neuaufstellung der Finanzierung des geförderten Wohnbaus die Mieten für jede und jeden elften Salzburger:in gesenkt. (Fortsetzung Nationalrat) med

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