Parlamentskorrespondenz Nr. 431 vom 19.04.2023

Verfassungsausschuss bringt Novelle zum Medientransparenzgesetz auf den Weg

Notwendige Zweidrittelmehrheit im Nationalrat noch offen

Wien (PK) – Ministerien und andere öffentliche Stellen, die größere Werbekampagnen schalten, müssen künftig öffentlich über Inhalt, Laufzeit und Budget der Kampagne informieren und darlegen, warum die Kampagne nötig ist. Zudem ist zu beschreiben, wer die Zielgruppen sind und nach welchen Kriterien die Medienauswahl erfolgte. Übersteigt die Kampagne den Betrag von 1 Mio. € ist zusätzlich eine Wirkungsanalyse durchzuführen. Eine entsprechende Novelle zum Medienkooperations- und -förderungs-Transparenzgesetz hat heute mit den Stimmen von ÖVP und Grünen den Verfassungsausschuss des Nationalrats passiert. Gleichzeitig werden einige Lücken im Medientransparenzgesetz geschlossen.

Noch offen ist, ob die SPÖ dem Entwurf im Nationalrat zustimmen wird. Ihre Unterstützung wird für die erforderliche Zweidrittelmehrheit benötigt, nachdem sich die FPÖ im Ausschuss generell skeptisch gezeigt hat. SPÖ-Abgeordneter Christian Drobits begrüßte die Gesetzesnovelle zwar grundsätzlich, ortet aber noch den einen oder anderen Mangel. Auch die NEOS halten weitere Verbesserungen für notwendig.

Mehr Transparenz bei öffentlichen Inseraten

Die von den Koalitionsparteien vorgeschlagene Gesetzesnovelle (3294/A) gehört zu einem dreiteiligen Medienpaket, das auch einen neuen Fördertopf für Qualitätsjournalismus und ein neues Geschäftsmodell für die Wiener Zeitung umfasst (siehe dazu Parlamentskorrespondenz Nr. 430/2023). Staatliche Stellen und andere unter das Gesetz fallende Rechtsträger werden demnach künftig alle entgeltlichen Inserate und Einschaltungen an die KommAustria melden müssen. Die Bagatellgrenze von 5.000 € und die bisherige Beschränkung der Bekanntgabepflicht auf periodische Medien entfallen. Damit sind künftig etwa auch Beilagen zu Zeitungen, Plakate, Bücher, Schaukästen und Public Screens von der Meldepflicht umfasst. Außerdem werden auch die einzelnen Werbesujets zu veröffentlichen sein, wenn die Gesamtsumme der Aufträge pro Halbjahr den Betrag von 10.000 € überschreitet.

Bei größeren Werbekampagnen ab einem Auftragsvolumen von 150.000 € sind weitere Informationen über einen Zeitraum von 10 Jahren auf der eigenen Website zugänglich zu machen. Das betrifft etwa Inhalt, Laufzeit und Budget der Kampagne, die Definition der Ziele und der Zielgruppen, beigezogene externe Agenturen und die Gründe für die erfolgte Medienauswahl. Gleiches gilt für die Messmethoden und das Ergebnis der Wirkungsanalyse, welche bei Kampagnen mit einem Gesamtbetrag von 1 Mio. € durchzuführen sein wird.

Um die betroffenen Rechtsträger und die KommAustria im Gegenzug administrativ zu entlasten, sieht der Gesetzentwurf eine Umstellung der Meldepflicht von quartalsweisen auf halbjährliche Meldeintervalle vor. Zudem werden die meldepflichtigen Institutionen künftig vier – statt wie bisher zwei – Wochen Zeit für die Bekanntgabe der Daten haben. Leermeldungen entfallen. Dafür muss die KommAustria die gemeldeten Daten künftig übersichtlicher aufbereiten und zehn Jahre bereitstellen, wobei letzteres für alle Meldungen ab dem Jahr 2020 gilt.

Weitere Neuerungen betreffen die Erhöhung der Transparenz bei staatlichen Medienförderungen sowie die Ausweitung des für Inserate geltenden Sachinformationsgebots und des "Kopfverbots" auf weitere Rechtsträger. So soll es künftig etwa auch Gemeindeverbänden dezidiert untersagt sein, reine Imagewerbung zu machen. Zudem werden auch Plakate, Citylights und Flugblätter in das Sachinformationsgebot mit einbezogen. Verschärft werden schließlich auch die Strafdrohungen: Wer gegen das Gesetz verstößt, muss in Hinkunft mit einer Verwaltungsstrafe von bis zu 50.000 € (derzeit 20.000 €) bzw. 100.000 € im Wiederholungsfall rechnen. In Kraft treten soll das Gesetz Anfang 2024, wobei für Meldungen des vierten Quartals 2023 noch die alte Rechtslage gelten wird.

Mitverhandelt mit dem Koalitionsentwurf wurde ein Entschließungsantrag der FPÖ (2002/A(E)) und eine gemeinsame Initiative der Oppositionsparteien (2138/A(E)), die beide keine Mehrheit fanden. Konkret schlägt die FPÖ in ihrem Antrag u.a. eine Deckelung der Inseratenausgaben der Regierung vor. Zahlungen für Werbung und Inserate sollten demnach nicht höher sein dürfen als die staatliche Presseförderung. SPÖ, FPÖ und NEOS wollen überdies durch präzisere Gesetzesbestimmungen sicherstellen, dass Inserate tatsächlich nur zur Information der Bevölkerung geschaltet werden. Zudem wird auch im gemeinsamen Oppositionsantrag eine Reduktion des Vergabevolumens von Schaltungen sowie ein Transparenzbericht der Regierung zu Zielen und Umfang der Inserate gefordert.

SPÖ und NEOS sehen einige positive Punkte

Die von den Regierungsparteien vorgeschlagene Gesetzesnovelle wurde grundsätzlich auch von SPÖ und NEOS begrüßt. Es sei positiv, dass man dem langjährigen Druck endlich nachgegeben habe, sagte Henrike Brandstötter (NEOS). Allerdings fehlen ihr noch ein paar Dinge. Der Ansatz sei zwar gut, das Gesetz gehe aber nicht weit genug.

Brandstötter vermisst insbesondere eine Obergrenze für Inserate. Auch dass die Veröffentlichungen künftig nur noch halbjährlich erfolgen, bedauerte sie. Zudem plädierte sie dafür, auch für Schaltungen unter 150.000 € zumindest "einen Mini-Transparenzbericht" zu verlangen.

SPÖ-Abgeordneter Christian Drobits sieht ebenfalls etliche positive Punkte im Gesetzentwurf. Man sei auf dem richtigen Weg, die Transparenz werde durchaus erhöht, meinte er. Allerdings fragt er sich, warum Medien, die zu Hass und Gewalt aufrufen, nicht von Inseratenvergaben ausgenommen sind. Auch braucht es aus seiner Sicht noch mehr Transparenz beim Werbebudget der Ministerien. Die SPÖ werde heute noch nicht zustimmen, sagte Drobits, bis zum Plenum sei noch Zeit für Gespräche.

FPÖ: Regierung kauft Medien "systematisch ein"

Seitens der FPÖ hielt Christian Hafenecker fest, der vorliegende Gesetzentwurf (FPÖ) verhindere nicht, dass die Inseratenausgaben der Regierung "weiter eskalieren". Sie hätten sich seit dem Jahr 2019 verdreifacht, kritisierte er. Seiner Meinung nach hat die Regierung die Corona-Pandemie dazu genutzt, um sich gewogene Medienberichterstattung "zu erkaufen". Er selbst hält die gestiegenen Inseratenausgaben für nicht zu rechtfertigen.

Raab: Mit Gesetzespaket werden Lücken geschlossen

Eva Blimlinger (Grüne) zeigte sich gegenüber der Opposition gesprächsbereit. Allerdings hielt sie SPÖ-Abgeordnetem Drobits entgegen, dass es in Einzelfällen durchaus zweckmäßig sein könnte, auch in Medien mit rechtsextremer oder homophober Leserschaft zu inserieren, beispielsweise wenn man diese für Impfungen gewinnen wolle. Mit der Novelle werde deutlich mehr Transparenz geschaffen, zeigte sich Kurt Egger (ÖVP) überzeugt.

Medienministerin Susanne Raab machte geltend, dass mit dem Gesetzespaket einige Lücken geschlossen würden, die in der Vergangenheit genutzt worden sind. Mit dem Paket gehe man auch weit darüber hinaus, was europäische Standards seien. Dass öffentliche Stellen ein Inserat schalten, sei per se aber nichts Anrüchiges, betonte Raab. So sei es etwa sinnvoll, Frauen darüber zu informieren, wo sie Hilfe bei häuslicher Gewalt finden. (Fortsetzung Verfassungsausschuss) gs