Parlamentskorrespondenz Nr. 541 vom 16.05.2023

Rechnungshofausschuss: Generalsekretariate unter Schwarz-Blau und Telearbeit in den Bundesministerien im Fokus

Vizekanzler Werner Kogler und Rechnungshofpräsidentin Margit Kraker stehen Abgeordneten Rede und Antwort

Wien (PK) – Auf Verlangen von Abgeordneten der SPÖ prüfte der Rechnungshof die Generalsekretariate in den Bundesministerien während der ÖVP-FPÖ-Bundesregierung von Dezember 2017 bis Juni 2019. Der Bericht zur Sonderprüfung lag heute dem Rechnungshofausschuss vor. Im Fokus standen die Darstellung und Beurteilung der organisatorischen sowie dienst– und besoldungsrechtlichen Einrichtung der Generalsekretärinnen bzw. Generalsekretäre, ihrer Büros, ihrer Schnittstellen innerhalb der jeweiligen Ressorts, ihrer Ziele und Aufgaben sowie der Konferenz der Generalsekretäre.

In einem weiteren im Ausschuss behandelten Bericht analysierte der Rechnungshof die dienstrechtliche und technische Umsetzung von Telearbeit in ausgewählten Bundesministerien. Sowohl Vizekanzler Werner Kogler als auch Rechnungshofpräsidentin Margit Kraker plädierten im Ausschuss für einen positiven Zugang zur Telearbeit – nicht zuletzt um mit der Privatwirtschaft schritthalten zu können. Beide Berichte nahm der Ausschuss einstimmig zur Kenntnis.

Rechnungshofüberprüfung der Generalsekretariate während der ÖVP-FPÖ-Bundesregierung

Aus dem Bericht zur Überprüfung der zwölf Generalsekretariate in den Ministerien der Bundesregierung Kurz I geht hervor, dass deren Aufgaben und Ziele nicht klar definiert wurden (III-276 d.B.). Laut Rechnungshof habe dies das Risiko von Doppelgleisigkeiten durch Tätigkeiten in den Kabinetten sowie in den Büros der Staatssekretär:innen gegenüber den Generalsekretär:innen gesteigert. Zu vermeiden wäre das durch eine genaue Abgrenzung und Zuordnung der Aufgaben, etwa im Rahmen von Geschäftseinteilung und Geschäftsordnung der Ministerien. Der Rechnungshof empfiehlt unter Berücksichtigung der bestehenden Zuständigkeiten der Sektionen die geplanten Aufgaben einer Generalsekretärin bzw. eines Generalsekretärs zu definieren und diese als Entscheidungsgrundlage für die optionale Einrichtung der Funktion heranzuziehen. Im Falle der Einrichtung sollen darauf aufbauend strategische Ziele und Maßnahmen zur Überprüfung von deren Erreichung festgelegt werden.

Im Mai 2019 übten die fünf Generalsekretärinnen beziehungsweise Generalsekretäre im Sozial-, Bildungs-, Außen-, Verteidigungs- und Nachhaltigkeitsministerium ausschließlich diese Funktion aus. In den übrigen sieben Ministerien gab es Mehrfachverwendungen der Generalsekretäre. Der Rechnungshof weist auf die begrenzten zeitlichen Ressourcen bei der Ausübung mehrerer Funktonen hin. Es bestehe das Risiko, dass die Zeit zur vollinhaltlichen Wahrnehmung aller Funktionen nicht ausreiche. Zudem wird im Bericht bemängelt, dass die Einrichtung der Generalsekretariate mit umgerechnet rund 63 Vollzeitkräften keine Reduktion von Bediensteten in den Kabinetten zur Folge hatte, was dem Ziel einer sparsamen Verwaltung widerspreche. Von Dezember 2017 bis Mai 2019 betrug der Personalaufwand für Kabinette, Büros der Staatssekretäre und Generalsekretariate 50,64 Mio. €.

Überprüft wurde auch die Besoldung der Generalsekretärinnen und Generalsekretäre sowie ihrer Büros. Neben Fixgehältern auf dem höchstmöglichen Niveau einer Sektionsleitung wurden mitunter Belohnungszahlungen sowie Vergütungen für allfällige Nebentätigkeiten im Bundesdienst bezahlt, wie es im Bericht heißt. Der Rechnungshof führt außerdem übermäßige Überstundenbelastungen und –vergütungen von Generalsekretariatsbediensteten im Innenministerium an sowie die Zuweisung eigener Dienstkraftwagen mit Fahrern an die Generalsekretäre im Innen und Landesverteidigungsressort. Im Sinne einer sparsamen Verwaltung regt der Rechnungshof an, in einem Ministerratsbeschluss Rahmenbedingungen für die Personalkapazitäten eines Generalsekretariats und eines Kabinetts festzulegen. Bei der Einrichtung eines Generalsekretariats wäre zu berücksichtigen, dass die Anzahl der Bediensteten bedarfsgerecht angepasst wird.

Bei Generalsekretär:innen entfällt ebenso wie bei Leiter:innen von Kabinetten das im öffentlichen Dienst vorgesehene Verfahren zur Feststellung der Persönlichen und fachlichen Eignung. Die Besetzungen erfolgen laut Bericht ausschließlich aufgrund des Vertrauensverhältnisses zu den jeweiligen Minister:innen. Aus Sicht des Rechnungshofs sollten das Bundeskanzleramt und das Beamtenministerium qualitätssichernde Maßnahmen zur objektiven, transparenten und nachvollziehbaren Feststellung der Eignung der als Generalsekretär:innen vorgesehenen Personen ergreifen. Angeregt wird außerdem eine ressortübergreifende Abstimmung der internen administrativen Spitzen, um gemeinsame Verwaltungsreformprojekte abzuwickeln, wie aus dem Bericht hervorgeht.

Kogler: Rechnungshof als Impulsgeber für Reformschritte

Vizekanzler Kogler betonte im Ausschuss die Rolle des Rechnungshofs nicht nur als Kontrollorgan, sondern vor allem auch als "Impulsgeber". So sei die Möglichkeit der "Selbstverbeamtung" – der Anspruch von Generalsekretär:innen auf ein unbefristetes öffentliches Dienstverhältnis – Anfang 2020 abgeschafft worden, wie er auf Nachfrage von SPÖ-Rechnungshofsprecherin Karin Greiner und Wolfgang Zanger (FPÖ) ausführte. Die von Grünen-Mandatarin Agnes Sirkka Prammer angesprochene Anzahl an Generalsekretär:innen in den Ressorts der Grünen sei von 13 auf sieben reduziert worden. Ursprünglich sei diese Funktion als notwendig erachtet worden, um die Integration von unterschiedlichen Sektionen zu fördern, was sich aufgrund von Umstrukturierung der Ministerien ergeben habe, so Kogler. Die vom Rechnungshof angeregte ressortübergreifende Abstimmung der internen administrativen Spitzen sei bereits etwa in Form von Sektionschefkonferenzen Realität.

Die Frage der persönlichen und fachlichen Eignung brachten Yannick Shetty (NEOS), Johann Singer (ÖVP) und Karin Greiner aufs Tapet. Laut Kogler sei bereits vorgeschrieben, dass diese von denjenigen zu klären sei, die die Generalsekretärinnen und Generalsekretäre rekrutierten. Deren Aufgabendefinition sei der Geschäftseinteilung der jeweiligen Ministerien zu entnehmen.

Auch was ihre Anzahl sowie jene der Kabinettsmitarbeiter:innen betreffe, läge die Entscheidung bei den Ressorts und hänge in der Regel mit den jeweiligen Aufgaben wie dem Koordinierungsbedarf zusammen. Auch wenn Koglers Ministerium für den Öffentlichen Dienst zuständig sei, könne es den anderen Ministerien keine Anordnungen erteilen. Er verwies außerdem auch auf die nächste Dienstrechtsnovelle, in der etwa verstärkte Integritätsprüfungen für Führungskräfte vorgesehen seien.

Rechnungshofpräsidentin Kraker betonte die Relevanz der klaren Aufgabendefinition für Generalsekretär:innen, insbesondere in Abgrenzung zu den Kabinetts- und Sektionschefs. Grundsätzlich sei klar, dass nur Erstere über eine Weisungsbefugnis verfügten. Aus der Überprüfung gehe jedoch hervor, dass es trotzdem zahlreiche Überschneidungen und Unklarheiten gebe, was die Funktion betreffe. So sei nicht eindeutig, ob die Rolle der Generalsekretariate eher im Verwaltungsvollzug oder in der Ausweitung der Kabinette anzusiedeln sei, erklärte Kraker. Sie begrüßte die kommende Dienstrechtsnovelle, in der einige vom Rechnungshof aufgezeigte "Unzulänglichkeiten" aufgegriffen worden seien.

Bericht des Rechnungshofs über die Umsetzung der Telearbeit

Die dienstrechtliche und technische Umsetzung von Telearbeit in ausgewählten Bundesministerien ist Gegenstand eines weiteren Berichts des Rechnungshofs (III-739 d.B.). Von Juli bis Oktober 2021 wurden diesbezüglich die Zentralstellen des Bundeskanzleramts (BKA), des Bundesministeriums für Kunst, Kultur, öffentlicher Dienst und Sport (BMKÖS), des Bundesministeriums für Arbeit (BMA), des Bundesministeriums für Bildung, Wissenschaft und Forschung (BMBWF), des Bundesministeriums für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort (BMDW) und des Justizministeriums (BMJ) überprüft. Der überprüfte Zeitraum umfasste die Jahre 2020 und 2021.

Bedingt durch die COVID-19-Pandmie, erbrachten Bundesbedienstete ab dem 16. März 2020 ihre Leistungen im Homeoffice. Der reguläre Dienstbetrieb wurde im Juli 2021 wieder aufgenommen, allerdings mit der Möglichkeit einzelner Telearbeitstage. Der Rechnungshof sieht die Wahrung dienstlicher Interessen als zentrales Element der Aufgabenerfüllung durch öffentlich Bedienstete und empfiehlt, in den strategischen Überlegungen zur Telearbeit die zeitgemäße Aufgabenerfüllung, die Funktionsfähigkeit der jeweiligen Dienststelle sowie die gesetzlich festgelegten Voraussetzungen für Telearbeit in den Mittelpunkt zu stellen.

Der Anteil der für Telearbeit geeigneten mobilen IT-Arbeitsplätze lag Ende Februar 2020 in den überprüften Zentralstellen zwischen einem und zwei Drittel, weshalb im pandemiebedingten Home-Office auch private PCs eingesetzt werden mussten. Während der Pandemie erhöhten die Ministerien den Anteil an mobilen dienstlichen IT-Arbeitsplätzen durch Nachbeschaffungen, sodass Ende Juli 2021 eine weitgehende Vollausstattung gegeben war. Der Rechnungshof verweist bei der Nutzung privater IT-Ausstattung auf die Risiken für die IT-Sicherheit und empfiehlt dem BMBWF sowie dem BMKÖS und dem BMJ, auch im Hinblick auf mögliche weitere Phasen von krisenbedingtem Home-Office, die IT-Ausstattung der Arbeitsplätze künftig so einzurichten, dass eine Dienstverrichtung außerhalb der Dienststelle mit mobilen dienstlichen Geräten möglich ist.

Weiters regt der Rechnungshof für mehrere Ministerien an, die mit dem Einsatz von Telearbeit verfolgten Ziele klar zu definieren und deren Erreichung zu evaluieren. Bei Bediensteten mit Telearbeit wären zusätzlich zu der Leistungskontrolle im Rahmen der laufenden Dienstaufsicht, die Erfüllung der getroffenen Zielvereinbarungen mit besonderem Augenmerk auf den Einfluss der Telearbeit auf die qualitative und zeitgerechte Leistungserbringung zu analysieren. Dem BMKÖS wird empfohlen, die zukünftigen Entwicklungen beim Einsatz von Telearbeit in der Bundesverwaltung in Kooperation mit den anderen Bundesministerien zu beobachten und zu analysieren.

Kraker und Kogler: Brauchen positiven Zugang zur Telearbeit

Sowohl die Pandemie als auch die Notwendigkeit des Öffentlichen Dienstes, mit der Privatwirtschaft bezüglich Personalgewinnung schrittzuhalten, rücke die Telearbeit ins Zentrum politischer Überlegungen, führte Vizekanzler Kogler aus. Er plädierte für einen "positiven Zugang" zur Thematik, auch wenn sich dadurch besondere Fragen der Kontrolle für das Führungspersonal ergeben würden. Es gehe dabei nicht nur um Ergebniskontrollen sondern auch um die Entwicklung von Kriterien für die Zielerreichung, wie Kogler Andreas Kühberger (ÖVP) antwortete.

Für datenschutzrechtliche Fragen und den Sicherheitsaspekt interessierte sich Andreas Kollross (SPÖ). Kogler verwies auf den "rasanten Anstieg" der Anzahl von Dienstlaptops in allen Dienststellen, die für Telearbeit in Frage kämen. Deren Verwendung anstelle von privaten Geräten in Kombination mit Vorkehrungen wie der Zwei-Faktor-Authentisierung erhöhe die datenschutzrechtliche Sicherheit erheblich. Kollross kritisierte, dass die Möglichkeit, das Homeoffice im Falle besonderer Betreuungspflichten zu nutzen, dazu führen könne, dass fehlende Kinderbetreuungseinrichtungen dadurch kompensiert würden, und Frauen verstärkt zu Hause blieben. Auch Kogler sah dieses Risiko der Mehrfachbelastung für Frauen, verwies jedoch auch auf die Erleichterungen für eine Vollzeitbeschäftigung durch die Möglichkeit zur Telearbeit.

Vor der COVID-19-Pandemie hätten nur 6 % der Bundesbediensteten Telearbeit genutzt, führte Rechnungshofpräsidentin Kraker aus.  Dieser Anteil sei nun auf etwa 70 % angestiegen, was auch spezifische Problemstellungen etwa hinsichtlich der Leistungskontrolle mit sich bringe. Das Führungspersonal habe grundsätzlich seine Dienstaufsicht wahrzunehmen und bei einer fehlenden Erreichung der vereinbarten Ziele, Konsequenzen zu ziehen. Generell müsse sich jedoch auch der Öffentliche Dienst zeitgemäßen Arbeitsweisen anpassen, da er bezüglich der Fachkräfte in Konkurrenz zur Privatwirtschaft stehe. Kraker verwies auf weitere positive Aspekte der Telearbeit, wie eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben, die Reduktion von CO2-Emissionen wegen des Entfalls der Anfahrtswege oder die Optimierung der Raumnutzung an der Dienststelle. (Schluss Rechnungshofausschuss) wit