Parlamentskorrespondenz Nr. 573 vom 25.05.2023

Inflation und Fachkräftemangel dominieren Fragestunde mit Arbeits- und Wirtschaftsminister Kocher

Opposition sieht mangelhafte Maßnahmen der Bundesregierung

Wien (PK) – Die Auswirkungen der Inflation und die Maßnahmen zu deren Bekämpfung waren zentrale Themen der Fragestunde mit Arbeits- und Wirtschaftsminister Martin Kocher am Beginn der heutigen Nationalratssitzung. Während die Opposition ein Fehlen "ernsthafter" Maßnahmen der Bundesregierung attestierte, verwies Kocher auf den begrenzten Handlungsspielraum der Bundesregierung angesichts der Inflation und plädierte für treffsichere Maßnahmen bei der Entlastung der Bevölkerung.

Zudem interessierten sich die Abgeordneten für die Pläne der Bundesregierung, dem Fachkräftemangel vornehmlich in den Bereichen Pflege und Green Jobs entgegenzutreten. Kocher nannte unter anderem Qualifizierungsmaßnahmen und Erleichterungen bei der Rot-Weiß-Rot-Karte als adäquate Mittel.

Inflationsbekämpfung: Kocher plädiert für treffsichere Maßnahmen

Die Inflation und die damit verbundene Teuerung war zentrales Thema der Fragestunde mit Arbeits- und Wirtschaftsminister Kocher. So erkundigte sich etwa SPÖ-Mandatar Christoph Matznetter, warum die Bundesregierung von "ernsthaften" ordnungspolitischen Maßnahmen in diesem Zusammenhang absehe. Im Austausch mit Expert:innen sei beschlossen worden, dass zunächst die Kaufkraft habe stabilisiert werden müssen, wie Kocher ausführte. Dies sei auch gelungen. Die nunmehr geringeren Erzeugerpreise müssten jetzt auch an die Unternehmen und Haushalte weitergegeben werden. In Österreich sei die Inflation in den letzten Monaten etwas höher ausgefallen als im EU-Schnitt. Dieser Entwicklung sei nun unter anderem mittels Gebührensenkungen entgegenzuwirken. Auf die Nachfrage Matznetters, warum nicht auch bei den Mieten angesetzt werde, antwortete Kocher, dass der Staat lediglich die Richtwertmieten beeinflussen könne, was eine Inflationsreduktion von nur 0,1 % bis 0,2 % bewirken würde. Man habe sich für das "treffsicherere Modell" entschieden, besonders Bedürftige etwa mittels Wohnkostenbeihilfe und mit einem "Schutzschirm" gegen Delogierungen zu unterstützen.

Auch Axel Kassegger (FPÖ) äußerte seine Unzufriedenheit mit den inflationsdämpfenden Maßnahmen der Bundesregierung, worauf Kocher auf die begrenzten Möglichkeiten verwies, direkt in die Preise einzugreifen. Die Geldpolitik werde nicht in Wien, sondern in Frankfurt bei der EZB betrieben. Speziell zur Senkung der Energiekosten - die den hauptsächlichen "Inflationstreiber" darstellten – plädiere Österreich auf EU-Ebene für eine Entkoppelung der Strom- und Gaspreise, wie Maria Theresia Niss (ÖVP) anmerkte.

Besonders von der Teuerung betroffen seien Haushalte mit mehr als drei Kindern, hielt Norbert Sieber (ÖVP) fest und fragte nach spezifischen Entlastungsmaßnahmen. Da kinderreiche Familien am stärksten unter den Auswirkungen der Inflation litten, habe die Bundesregierung etwa mit der 13. Familienbeihilfe oder der Indexierung der Familien- und Sozialleistungen einen besonderen Fokus auf diese gelegt, erklärte Kocher. Auch die Abschaffung der kalten Progression oder das letzte Woche vom Ministerrat beschlossene Paket zur Bekämpfung der Kinderarmut zielten in diese Richtung.

Kocher über die Hebel gegen den Fachkräftemangel

Auch der Fachkräftemangel in den verschiedenen Bereichen des Arbeitsmarktes wurde von den Abgeordneten thematisiert. So interessierten sich Christoph Zarits (ÖVP), Verena Nussbaum (SPÖ) und Gerhard Kaniak (FPÖ) speziell für die Maßnahmen im Bereich der Pflege. Arbeitsminister Kocher nannte unter anderem das Pflegestipendium und die Einführung der Pflegelehre als wichtige Schritte, um "alle Einflugschneisen" in den Pflegeberuf zu öffnen. Auch zielgerichtete Erleichterungen bei der Rot-Weiß-Rot-Karte sind laut Kocher notwendig. Von Gerhard Kaniak nach den Qualifikationskontrollen bei Pflegekräften aus dem Ausland gefragt, verwies Kocher auf streng geregelte Nostrifizierungsverfahren, die nicht abgekürzt werden könnten. Auch bei Unternehmen, die die Pflegelehre anbieten, würde es strikte Kontrollen bezüglich der Arbeitsbedingungen geben, wie Kocher Verena Nussbaum antwortete.

Generell sei die Reform der Rot-Weiß-Rot-Karte unter anderem auch für den Tourismus ein entscheidender Schritt im Kampf gegen den Fachkräftemangel gewesen. Vergleichbar mit dem kanadischen Einwanderungssystem, stehe damit qualifizierte Zuwanderung im Vordergrund, führte Kocher auch Nachfrage Rebecca Kirchbaumers (ÖVP) aus. Die Bewilligungen seien in den letzten Monaten bereits um 50 % gestiegen. Nun gehe es darum, die Verfahren auch bei den Bezirksbehörden zu beschleunigen.

SPÖ-Abgeordneter Michael Seemayer fragte nach den Möglichkeiten, vermehrt inländische Arbeitskräfte für die Mangelberufe zu gewinnen. Weitere Potenziale könnten hier vornehmlich durch Qualifizierungsmaßnahmen, eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie und Anreize, länger im Erwerbsleben zu verweilen ausgeschöpft werden, erklärte Kocher. Ebenso müsse bei den von Bettina Zopf (ÖVP) angesprochenen Langzeitarbeitslosen angesetzt werden, deren Anzahl unter anderem durch das AMS-Programm "Sprungbrett" auf 77.000 Personen fast halbiert habe werden können. Auch die Inklusion von Menschen mit Behinderung in den Arbeitsmarkt sei ihm – Kocher - ein großes Anliegen, wie Fiona Fiedler (NEOS) erfragte.

Rund 15.000 offene Stellen gebe es bei den 358 klimarelevanten Berufen und circa 1.000 im engeren Bereich der 128 Green Jobs berichtete Kocher Markus Koza (Grüne) und Yannick Shetty (NEOS). Hier setze man auf starke Qualifizierungsbemühungen etwa durch ein spezielles Fachkräftestipendium und Bewusstseinsbildungsmaßnahmen durch das AMS. Im Rahmen der Klima- und Transformationsoffensive, durch die die Wettbewerbsfähigkeit Österreichs gesichert werden soll, arbeite man eng mit Unternehmen zur Umsetzung von Qualifizierungsprojekten zusammen. 5,7 Mrd. € würden bis Ende des Jahrzehnts sowohl in diese als auch in die Forschungs- und Innovationsförderung investiert, sagte Kocher.

Weitere Themen

Weiters interessierten sich Dagmar Belakowitsch (FPÖ) für die Vorkehrungen zur Verhinderung des Förderungsmissbrauchs durch Scheinfirmen und Josef Muchitsch (SPÖ) für die Maßnahmen zur Erfassung unbezahlter Überstunden. In beiden Bereichen verwies Kocher auf bestehende Kontrollregelungen der Finanzpolizei bzw. der Arbeitsinspektorate, die laufend verbessert würden. Außerdem sprach Gerald Loacker (NEOS) eine Erweiterung der Kompetenzen der Bundeswettbewerbsbehörde, Jakob Schwarz (Grüne) den Umstieg von Fahrzeugherstellern auf elektrische Antriebsformen und Michael Bernhard (NEOS) die aus seiner Sicht hohen Kosten der Arbeitslosenversicherung an.

Zum Themenbereich Tourismus stand Staatssekretärin Susanne Kraus-Winkler den Abgeordneten Rede und Antwort. Sie gab Franz Hörl (ÖVP), Melanie Erasim (SPÖ) und Barabara Neßler (Grüne) etwa über die Herausforderungen der Branche insbesondere für Klein- und Mittelbetriebe, die Maßnahmen der Österreich-Werbung und den Stellenwert der Nachhaltigkeit im Tourismus Auskunft. (Fortsetzung Nationalrat) wit

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