Parlamentskorrespondenz Nr. 804 vom 06.07.2023

Nationalrat will Förderung von Nachhaltigkeit in Schulen und mehr Wissensvermittlung zu Datensicherheit an Schüler:innen

Einstimmigkeit für präzisere Regelung der Voraussetzungen für die Promotion "sub auspiciis"

Wien (PK) – Mit Themen des Bildungsbereichs in der Zuständigkeit von Bundesminister Martin Polaschek befasste sich der Nationalrat am heutigen Sitzungstag. Einstimmigkeit gab es zu einer Initiative der Wissenschaftssprecher:innen aller fünf Parlamentsfraktionen zur Verleihung des Doktorates unter den Auspizien des Bundespräsidenten. Künftig wird den Universitäten genauer vorgegeben, was als "triftiger Grund" für eine noch zulässige Überschreitung der Studiendauer zu gelten hat.

Eine breite Mehrheit gab es für eine Entschließung der Koalitionsfraktionen, in der die Bundesregierung aufgefordert wird, Maßnahmen im Bereich Energieeffizienz und Nachhaltigkeit an den Schulen ausreichend zu unterstützen. Als einzige Fraktion verweigerten die Freiheitlichen ihre Zustimmung.

Ebenfalls mehrheitlich angenommen wurde ein auf einer SPÖ-Initiative basierender Antrag, der von den Regierungsparteien im Unterrichtsausschuss formuliert wurde. Die Abgeordneten von ÖVP und Grünen sprechen sich darin für den Ausbau der Online-Information zu den unterschiedlichen Ausbildungsoptionen in der Elementarpädagogik aus. Neben ÖVP und Grünen stimmten auch die NEOS für diese Formulierung. Der ursprüngliche Antrag der SPÖ, an den diese Entschließung anknüpft, wurde nur von den Oppositionsfraktionen unterstützt und blieb damit in der Minderheit.

Eine Mehrheit der Nationalratsabgeordneten befürwortete die von der SPÖ geforderte Implementierung der Wissensvermittlung über Datensicherheit und Datenschutz im Unterricht. Nicht mitgehen wollten die Freiheitlichen, die den Entschließungsantrag als zu wenig aussagekräftig bewerteten. Ein SPÖ-Antrag zur Kostenübernahme für Exkursionen zu Gedenkstätten fand keine Mehrheit.

Regelung der zulässigen Studienzeitüberschreitung bei Promotion "sub auspiciis"

Das Eintreten besonderer Lebensumstände und eine daraus entstehende Überschreitung der Mindeststudienzeit sollen künftig nicht dazu führen können, dass Studierenden die höchste Form der Würdigung eines herausragenden Studienerfolgs, die Promotion "sub auspiciis praesidentis", verwehrt wird. Der Nationalrat hat nun auf Basis eines Initiativantrags das Bundesgesetz, das diese Ehrung regelt, um eine genauere Auflistung der "triftigen Gründe" für eine Überschreitung der Studiendauer ergänzt. So werden etwa auch eine Schwangerschaft, Kinderbetreuungspflichten und das Vorliegen einer Behinderung von mindestens 25 % angeführt.

Rudolf Taschner (ÖVP) erklärte, die Erweiterung der Ausnahmengründe im Gesetz sei ein richtiger Schritt. Die Regelung könne nicht von den Universitäten selbst getroffen werden, da die Promotion "sub auspiciis" eine Auszeichnung des Staates sei, mit der die Leistungen der Universitäten gewürdigt und die Verbundenheit des Staates mit den Hochschulen zum Ausdruck gebracht werde. Maria Smodics-Neumann (ÖVP) erläuterte den Anlassfall für die Änderung und sah in den nun getroffenen Regelungen ein Signal für die Vereinbarkeit von Ausbildung und Familie. Zufrieden über die nun gefundene Lösung zeigte sich auch Eva Blimlinger (Grüne).

Andrea Kuntzl (SPÖ) erklärte, mit den nun getroffenen Regelungen werde darauf eingegangen, dass vor allem Frauen aufgrund besonderer Lebensumstände oft daran gehindert werden, das Studium in der Mindestzeit abzuschließen. Zu wünschen wäre aus ihrer Sicht, dass sich auch in anderen Bereichen rasch eine gute Lösung findet. Das betreffe etwa die ausreichende Finanzierung der Universitäten und die Verbesserung der Bedingungen für werktätige Studierende. Auch Petra Oberrauner (SPÖ) sah das Gesetz als Beitrag zu mehr Geschlechtergerechtigkeit und zur angemessenen Würdigung der Leistungen von Frauen im Studium. Leider habe sich in Österreich laut jüngsten Erhebungen die Gender-Gerechtigkeit im Bildungsbereich verschlechtert. Eva Maria Holzleitner (SPÖ) betonte, für exzellente Leistungen brauche es eine gute Ausstattung der Hochschulen. Sie wolle dabei besonders auf die schwierige Lage der Fachhochschulen hinweisen, deren Forderungen unzureichend berücksichtigt würden.

Energieeffizienz und Nachhaltigkeit an den Schulen sollen gefördert werden

Die unter dem Motto "Energie:bewusst" laufende Initiative zur Senkung des Energieverbrauchs an den Schulen soll ausgebaut werden. ÖVP und Grüne haben einen Entschließungsantrag dazu eingebracht, der einen Fokus auf Energiesparen und die Errichtung aller öffentlichen Schulneubauten nach dem "klimaaktiv Gold Standard" fordert. Auch sollen Bundesschulgebäude bis 2030 mit Photovoltaikanlagen ausgestattet und die Angebote im Bereich Nachhaltigkeit und Klimaschutz für Lehrer:innen und Schüler:innen ausgebaut werden.

Hermann Brückl (FPÖ) sprach von einem weitgehend "substanzlosen Antrag". Der Bildungsminister müsse nicht eigens von den Regierungsfraktionen aufgefordert werden, etwas umzusetzen, was bereits im Laufen sei. Er vermutete, dass der Antrag davon ablenken solle, dass Minister Polaschek bei der Verbesserung des Bildungssystems "endlich liefern" müsse.

Der Antrag habe sehr viel mit Bildung zu tun, hielt Gertraud Salzmann (ÖVP) der Kritik ihres Vorredners entgegen. Die Qualität der Räume, in denen Unterricht stattfinde, habe einen wichtigen Anteil am Lernerfolg. Energieeffizienz und Nachhaltigkeit seien ein großes Anliegen beim Um-, Aus- und Neubau von Schulen. Österreich wolle europaweit ein Vorbild für den bewussten Umgang mit Energie an seinen Schulen werden. Johann Weber (ÖVP) unterstrich, dass bereits zahlreiche Schulen auf einen nachhaltigen und sparsamen Umgang mit Energie setzen würden. Bei den Bundesschulen gebe es allerdings noch Nachholbedarf. Agnes Totter (ÖVP) meinte, bei der Vermittlung der Themen Nachhaltigkeit und Klimaschutz sei es wichtig, den Schüler:innen jenes Grundwissen über Landwirtschaft und Lebensmittelproduktion zu vermitteln, das sie im Elternhaus meist nicht mehr erhalten.

Die Adaptierung der Schulgebäude sei zweifellos wichtig, meinte Petra Tanzler (SPÖ). Ihre Fraktion unterstütze den Antrag inhaltlich, auch wenn sich die Frage stelle, welchen Effekt er haben könne. Der Bildungsbereich stehe vor großen Problemen. Zahlreiche Betroffene hätten bereits Forderungen an den Bildungsminister herangetragen, ohne dass sich eine Umsetzung abzeichne.

Was in den Schulen passiere, habe Signalwirkung, meinte Sibylle Hamann (Grüne). Das gelte auch für die Schulbauten. Sie müssten Orte sein, an denen man sich wohlfühle. Nachhaltiges Baues, Energieeffizienz und Umweltschutz seien Themen, die man in vielfältiger Weise in den Unterricht einbauen könne.

Martina Künsberg Sarre (NEOS) sagte, die Kritik ihrer Fraktion am Antrag ziele darauf, dass die Aufforderung an den Bildungsminister reine Selbstverständlichkeiten formuliere, während es keine Initiativen des Ressorts zur Lösung der vielfältigen Probleme des Bildungsbereichs gebe. Das Bildungssystem in Österreich habe viele Defizite, etwa in der Frage der Bildungsgerechtigkeit. Besonders enttäuscht zeigte sich Künsberg Sarre darüber, dass der Unterrichtsausschuss die Behandlung einer Bürger:inneninitiative zum Recht auf ein 11. und 12. Schuljahr für Kinder mit Behinderung einmal mehr vertagt hat. Bei ihr entstehe der Eindruck, dass Bildungsminister Polaschek kein Interesse an der Umsetzung dieser Forderung habe, meinte Künsberg Sarre. Auch Yannick Shetty (NEOS) vermisste Initiativen der Bildungspolitik zu mehr Chancengleichheit. Als Beispiel, wie man mit Brennpunktschulen umgehen könne, verwies er auf das Beispiel Londons, das unter dem Titel "London School Challenge" einen Chancenindex umgesetzt und die Finanzierung der Schulen völlig neu aufgestellt habe. Daran sollte sich der Bildungsminister ein Beispiel nehmen.

Entschließungsanträge zu mehr Informationen über Elementarpädagogik-Ausbildung

Breite Zustimmung gab es für das Anliegen der SPÖ, besser über die Ausbildungsmöglichkeiten in der Elementarpädagogik zu informieren. Ein Entschließungsantrag von SPÖ-Abgeordnetem Christian Oxonitsch für die Schaffung eines Online-Tools, das Interessierten Orientierung über Ausbildungsprogramme in der Elementarpädagogik geben soll, wurde zwar mehrheitlich abgelehnt. Die Regierungsfraktionen griffen das Anliegen mit einem im Unterrichtsausschuss dazu formulierten Ausschussantrag aber auf, der die Notwendigkeit des Ausbaus der Online-Informationen zu den verschiedenen Ausbildungswegen im Bereich der Elementarpädagogik betont. Vor allem sollten die Ausbildungsmöglichkeiten für Quereinsteiger:innen aktiv beworben werden.

Der kompliziert formulierte Antrag der Koalitionsfraktionen belege im Grunde, wie wichtig das von ihm geforderte einfache Tool zur Information über die verfügbaren Ausbildungswege in der Elementarpädagogik wäre, meinte SPÖ-Abgeordneter Oxonitsch. In einem Entschließungsantrag, der keine Mehrheit fand, forderte er einmal mehr die Abschaffung der Deutschförderklassen und die Implementierung eines neuen Konzepts zur Sprachförderung an österreichischen Schulen. Ein ganzheitliches Modell solle eine langfristige, individuelle und inklusive Sprachförderung zu ermöglichen. Elisabeth Feichtinger (SPÖ) unterstützte den Plan eines Online-Tools, das helfen könne, mehr Personal für die Elementarpädagogik zu finden.

Agnes Totter (ÖVP) wies darauf hin, da es nun eine große Zahl von Ausbildungswegen in der Elementarpädagogik gebe, sei eine umfassende Informationskampagne, wie sie der Antrag von ÖVP und Grünen fordere, sehr wichtig. Die Abgeordnete sprach sich grundsätzlich für eine Entlastung der Schulen von Bürokratie und eine Ausweitung der Schulautonomie aus.

Martina Künsberg Sarre (NEOS) bezeichnete es als verwunderlich, dass das von der SPÖ geforderte Tool nicht bereits umgesetzt sei. Im Bereich der Elementarbildung sei es wichtig, dem immer größer werdenden Bedarf an gut qualifizierten Pädagog:innen mit einer angemessenen Ausbildung zu entsprechen.

Die Ausbildungsoffensive in der Elementarpädagogik sei im Regierungsprogramm verankert und werde weiter vorangetrieben, sagte Sibylle Hamann (Grüne). Das geforderte Tool sei eine gute Anregung und solle daher umgesetzt werden. Leider sei kein gemeinsamer Antrag zustande gekommen.

Schüler:innen sollen für Datenschutz und Datensicherheit sensibilisiert werden

Eine breite Mehrheit fand sich auch für einen Vorstoß der SPÖ, in dem die Implementierung einer angemessenen Wissensvermittlung über Datensicherheit und Datenschutz im Unterricht für Schüler:innen der Altersgruppen 6 bis 10 und 10 bis 14 Jahren gefordert wird.

Aus Sicht der Freiheitlichen werde dem Schutz privater Daten viel zu wenig Bedeutung beigemessen, meinte Gerald Hauser (FPÖ). Insofern gehe den Freiheitlichen der Entschließungsantrag auch nicht weit genug. Seine Fraktion sei die einzige, die noch für den Schutz der Privatsphäre eintrete. Ein Beispiel dafür seien die Pläne der EU zum umfassenden Austausch von Gesundheitsdaten, denen alle Fraktionen außer den Freiheitlichen zustimmen würden. Hier sei ein skandalöser Angriff auf die Privatsphäre der Bürger:innen geplant, darauf müsse deutlich hingewiesen werden.

Die "Durchflutung aller Lebensbereiche" mit digitalen Anwendungen sorge dafür, dass unterdessen gelte, "alles Private digital". Daher stelle der Schutz der Privatsphäre die Gesellschaft vor große Herausforderungen, betonte Rudolf Taschner (ÖVP). Es sei wichtig, auch junge Menschen möglichst frühzeitig für diese Fragen zu sensibilisieren.

Christian Drobits (SPÖ) zeigte sich erfreut über die breite Zustimmung zu dem von ihm eingebrachten Antrag. Bereits Kinder und Jugendliche seien aufgrund einer unbedachten Herausgabe oder illegalen Weitergabe ihrer Daten mit schwerwiegenden Problemen, wie etwa Internetbetrug und Identitätsdiebstahl, konfrontiert. Daher sei es wichtig, sie möglichst früh über mögliche Gefahren aufzuklären.

In Reaktion auf Aussagen des Abgeordneten Hauser, dass seine Fraktion als einzige für umfassenden Datenschutz eintrete, erinnerte Katharina Kucharowits (SPÖ) an einstige Pläne des Innenministeriums unter der Führung von Bundesminister Herbert Kickl, einen "Bundestrojaner" einzuführen. Was die Schulen betreffe, so müsse auch dort die digitale Souveränität durch die vermehrte Verwendung von Open-Source-Programmen forciert werden. Zudem sollten die Gefahren, aber auch die Chancen der künstlichen Intelligenz umfassend im Unterricht behandelt werden.

Sibylle Hamann (Grüne) sagte, die Schaffung des Bewusstseins für Datensicherheit sei bereits in vielfacher Weise in den Lehrplänen verankert. Der Antrag der SPÖ habe einen wichtigen Anstoß gegeben, noch weitere Initiativen in dieser wichtigen Frage zu setzen.

SPÖ fordert volle Kostenübernahme bei Gedenkstätten-Exkursionen

Keine Mehrheit fand ein Entschließungsantrag der Abgeordneten Sabine Schatz (SPÖ), in dem eine Kostenübernahme des Bundes für Exkursionen zu Gedenkstätten gefordert wird. Unwissen über die Gräuel des NS-Regimes trage zur Verstärkung von Antisemitismus und Geschichtsrevisionismus in der Gesellschaft bei, meinte Schatz.

Mit einem Fonds sei man der SPÖ-Forderung bereits nachgekommen, hieß es dazu seitens der Koalitionsparteien. Ab dem kommenden Herbst werde sich zeigen, wie dieser angenommen werde. Sollte sich herausstellen, dass die zur Verfügung gestellten Mittel zu knapp seien, wolle man Wege finden diese zu erhöhen. Zudem signalisierten ÖVP und Grüne Gesprächsbereitschaft bezüglich der Erweiterung der Liste jener Gedenkstätten, für deren Besuch die finanzielle Unterstützung durch den Fonds beantragt werden kann. (Fortsetzung Nationalrat) sox/bea

HINWEIS: Sitzungen des Nationalrats und des Bundesrats können auch via Livestream mitverfolgt werden und sind als Video-on-Demand in der Mediathek des Parlaments verfügbar.


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